er würde von der steilen Höhe hernnterstürzen. Aber nach wenig Minuten kam er glücklich zurück und brachte mir den Hui voll des klarste» und frischesten Qucllwassers. was mir köstlich mundete. Als ich mich gestärkt hatte, fragte ich ihn: ob er mich auf den rechten Weg nach dem Kloster führen könne't Er antwortete mit 2«, faßte mein Roß am Zügel und leitete es behutsam auf dem steilen Pfade. Das frcimüthige, kühne und doch dabei vorsichtige Wesen des Knaben, so wie auch sein schönes, blühendes Gesteht gefielen mir gar sehr. Ich fragte ihn um Manches und er gab mir so kluge und paffende Antworte» , daß ich auf den Gedanken kam: Der Junge könne einst ei» recht tüchtiger'und gescheiter Mann werden. Ich be­schloß im Stillen, mich seiner anzunchmcn, und forschte »ach seinen Ellern. Da erfuhr ich: daß er der Sohn eines Bauern von Töppliwoda scy, und daß ihn sein Vater seit geraumer Zeit gar nicht mehr so liebreich behandle, wie früherhin; ja daß der Alic ihn bisweilen ohne Ursache auS- schelte oder schlage, und ihm täglich verwerfe: er sei das Brod nicht werth, das er esse. Das er­barmte mich, und als ich nach drei Lage» mich von dem Abte zu Hcinrichau, bei dem ich zum Besuch gewesen war, beurlaubte und gen Nimptsch ritt, nahm ich meinen Weg durch das DortTöoP- liwoda kehrte bet dem Bauer des hübsche» Bauer- knaben ein und fragte ihn, ob er gegen ein Ge­schenk den Buben mir überlaffen wolle, für dessen bessere Erziehung ich sorgen würde. Der Bauer wiliigic nach kurzem Bedenken ein, und auch Franz war mit meinem Vorschläge zufrieden. Der Letz­tere folgte mir sogleich, und ich ließ ihn ins- gustinerklvster nach Strehlen bringen, wo er zum geistlichen Stande erzogen werden soll, da die from­men Väccr sogleich große Anlage» zur Gelahrtheit in ihm wahrgcnommrn haben. Nun sprich selbst Vollrath, da Du dieß alles aus meinem Munde gehört hast: wie kann dieser Franz der Sohn ei­nes Bauern aus Töppliwoda, Dein Bruder seyn 's!"

Und doch ist er das. cntgegnckc der Stallmeister, ich selbst Hab cs erst in späterer Zeit erfahren. Wie könnt' ich mich unterfange», in einem so ernsten Gespräche, wie das unsrige jetzt ist, spaßhafte Kurz­weil mtt Luch zu treibeu., edlsr Herzog, die­ser Franz ist mein Bruder, aber auf seinem Lebe» ruht die Schmach einer unehlichen Geburt.

Der Herzog sah de» Sprecher voll Erstaunen an; dieser fuhr jedoch,folgendermaßen fori: Mein Water wurde einst von eurem erlauchten Vorgän­ger mit Aufträgen an den Herzog von Münsterderg gesandt und mußte sich geraume Zeit an dem Hofe desselben aufhaltc». Er machte bei dieser Gelegen­heit mehrere Streifereien in die Umgegend, und es bcgad sich, daß er auf einer derselben eine Bauern- Dirne in Töppliwoda kennen lernte, für die sei» Herz in heftiger, obwohl unerlaubter Liebe entbrann­te. Der gewandte Mann wußte das arglose Na­turkind bald zu täuschen, so daß es seinen Verst- ! cherunge» traute und sich seiner Liebe hlngab. Dieß

Verhältnis; würbe jedoch bald aufgehoben, da meln Vater von Münsterberg zurückberufe» ward. Doch es war nicht ohne Folgen geblieben und nach eini­ger Zeit erhielt Caspar von Pogrell die Nachricht: daß die schöne Dirne von Töppliwoda von einem Knaben genesen >ci. Er reifete sogleich nach jenem Dorfe, bewog durch Geschenke den Bruder der Verführten, daß er Mutter und Kind zu sich nahm, und Beide gegen eine jährliche Entschädigung ver­pflegte. Die Erstere starb nach ein paar Jahren, und Franz, die Frucht der heimlichen, sündhaften Liebe, wurde von seinem Oheim, der von meinem Vater ein ansehnliches Jahrgeld für den Knaben erhielt, an Kindesstatt angenommen. Er nannte den, in dessen Hause er wohnte, und an dessen Ti­sche er, Vater; und dieser ließ ihn bei dem Wahne, da sich, nach seinem Dafürhalten, der Kleine doch nie Hoffnung würde mache» dürfen, von seinem wahren Erzeuger anerkannt zu werden. So vergiengen mehrere Jahre. Caspar von Po- grell hakte seine ehemalige gcheinir Liebesgeschichte und die Folgen derselbe» lange sehr sorgfältig ge­heim gehalten. Endlich aber war doch meine Mut­ter durch einen Zufall Himer das Geheimuiß ge­kommen und ihr stolzer Sinn wurde über die einst von ihrem Ehehcrr» begangene Untreue heftig em­pört. Seitdem konnte mein Vater seine Verpflich­tung gegen d>n Sohn seiner Liebe nur sehr verstoh­len und unregelmäßig ec füllen; als er aber »ach ein paar Jahren starb. da erhielt der Bauer in Töppliwoda für sein Pffcgkind gar keine Unterstü­tzung mehr; weßwegen es auch gekommen seyn mag, daß er im Unmuth darüber, de» Knaben von da an, schlechter behandelte. Meine Mutter be­kümmerte sich um den verworfenen Bastard kso nannte sie den armen Franz) gar nicht. Als sie aber von einer langen und schmerzhaften Krankheit hcimgesncht ward, die nach aller Voraussetzung den Ted zur Folge Huben mußte, da erwachte ihr Gewissen und sie bcrcnete die, gegen ihren verstor­benen Gemahl und -essen lincbcndüriigeS schuldlo­ses Kind bewiesene Härte. Sie wollte an dem Letzter» einiges wieder gut machen, und bai ihren ältesten Sohn, den Besitzer des väterlichen Gutes: er möge sich des armen 'verstoßenen Kleinen anneh- mcn. Aber Christoph, mein ältester Bruder, halte ihr stolzes Herz und ihren unbeugsamen Sinn em­pfangen, und mit Schrecken mußte nun die be­reuende Mutter in seinem Charakter ihr eignes früheres Bild, wie in einem Spiegel wieder erbli­cke». Er schlug ihr die Mtt ängstlicher Hoffnung ausgesprochene Bitte kurz und bestimmt ad. Da wandic sie sich an mich, den sie sonst weit weniger geliebt Uno begünstigt hatte und ließ mich von Brieg nach Pogrell rufen. Ich war schon seit mehre.en Jahren vom Vatcrhause entfernt gewesen, und hatte von den Vorgängen in demselben wenig oder gar nichts vernommen. Daher wußte ich auch nicht, daß ich »och einen Bruder habe. Ich fand meine Mutter dem Tode nahe und hörte aus ihrem Munde die, mich in das größte Erstaunen