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wurden ausgelöscht, bas Gemurmel er­hob sich wieder, auch die ganze Menge stürzte zur Kirche hinaus und eilte lär­mend dem Meere zu.

Jetzt erhob sich der alte Prediger und eilte nach seinem Dorfe. Dort erweckte er Freunde und Nachbarn, indem er ih- nen, was ihm Wunderbares und Unglaub­liches begegnete, noch von schrecken er­griffen, erzählte. Aber so ruhig, stille, durch die gewohnten Grenzen des Her­kömmlichen bestimmt, war Alles, was die­sen einfachen Menschen entgegen trat, daß sie von einem so ganz andern Entsetzen ergriffen wurden. Sie glaubten nämlich, daß irgend ein unglücklicher Zufall die Einbildungskraft dcö geliebten Lehrers in Unordnung gebracht hätte, und nur mit vieler Mühe, und indem sie sich nach sei­nen vermeinten Phantasien richten woll­ten, überredete er einige, sich mit Brech- eisen und Schaufeln zu versehen und ihm nach der Kirche zu folgen.

Indessen war die Nacht verschwunden, die Sonne zeigte sich schon, und als der Prediger mit seinen Begleitern zur Kirche hinauf stiegen, erkannten sie ein Kriegs­schiff unter Vollen Segeln, welches sich vom Ufer entfernte, und nach Norden hin- stcuerte. Ein so überraschender Anblick in dieser einsamen Gegend machte die Be­gleiter schon zweifelhaft; aber noch geneig­ter waren sie, dem Greise Glauben bei­zumessen, als'sie die Nebenthüre der Kir­che gewaltsam erbrochen fanden. Voller Erwartung betraten sie die Kirche. Der Prediger zeigte ihnen nun das Grab, welches er in der Nacht aufwühlen gese­hen hatte. Man erkannte leicht, daß der Stein abgewalzt und von neuem hingelcgt war. Das , Brecheisen war angelegt und in dem eröffneten Grabe fand man einen neuen rcichgeschmückten Sarg. Mit fast jugendlicher Ungeduld stieg der Greis selbst mühsam in das Grab hinab, andere folg, ten ihm, der Deckel ward abgehoben und

der alte Prediger fand seine entsetzliche Ahndung bestätigt. In dem Sarge lag die Braut ermordet. DaS prächtige Diadem war verschwunden. Die Kugel war in der Gegend des Herzens durch die Brust gegangen. Die entstellenden Züge des tiefen Grames waren aus ih­rem Antlitz entschwunden, ein himmlischer Friede hatte das schöne Gesicht verklärt und wie ein Engel lag sie da. Der alte Greis stürzte lautweinend neben dem Sar» ge nieder und betete für die Seele der Ermordeten, und stumme Verwunderung und Grauen ergriff die Begleiter.

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Der Prediger fand sich verpflichtet, dieses Ereigniß dem Bischofs Von Seeland, als seiner höchsten Behörde, ungesäumt und umständlich zu melden, und bis er aus Koppenhagcn Nachricht erhielt, nahm er den Freunden einen Eid ab, daß sie stille schwiegen.

Das Grab ward wieder zugedeckt und keiner wagte was zu sprechen. Plötzlich erschien ein angesehener Mann aus der Hauptstadt, erkundigte sich genau nach Al- lem, ließ sich das Grab zeigen, lobte das bis dahin beobachtete Stillschweigen, for­derte strenge, daß der Vorfall beständiges Geheimniß bleiben soll, indem er jeden, der davon zu sprechen wagte, milder här­testen Strafe bedrohte.

Nach dem Tode des Predigers fand man einen schriftlichen Aufsatz, dieses Er­eigniß erzählend, dem Kirchenbuche beige­fügt. Einige glauben, daß es mit den schnellen und gewaltsamen Thronverände­rungen nach Peter des Ersten und Katha­rinens Tode in irgend einer geheimen Be­ziehung stehen mag. DaS tiefe Räthsel dieser schauderhaften Thal zu lösen, wird schwer, wo nicht unmöglich sepn.

Auflösung der Charade rn Nro. 45. Minn esä nger.