Die Trauung.

(Beschluß.)

Der Prediger, vor Schrecken gelahmt, blieb einige Zeit siumm, als ein wilder Blick von dem Bräutigam ihn an die Trauung mahnte. War ihn in neue Ver­wirrung brachte, war die Ungewißheit, ob das Brautpaar seine Sprache verstehen würde. Es wär ihm nicht wahrscheinlich. Dennoch faßte er sich, und wagte es, den Bräutigam nach dem Namen des Braut­paars zu fragen.Neander, Feodo- r a" antwortete dieser mit rauher stimme.

Der Prediger fing nun an, die Trauung», forme! herzulesen, indem seine Stimme schwankte, und er, oft sich irrend, die Worte wiederholen mußte, doch ohne daß das Brautpaar seine Verwirrung zu be- merken schien, wodurch er in seiner Ver- muthung, daß Beiden die Sprache, wenn auch nicht völlig, unbekannt scpn müßte, bestätigt ward. Als er nun fragte:Ne- ander, willst Du die hier neben Dir knieen­de Feodora für dein rechtmäßiges Eheweib erkennen?" Da zweifelte er, ob der Bräutigam, der Sprache unkundig, ant­worten würde; aber zu seinem Erstaunen sprach dies r laut, ja fast schreiend, das Ja, in einem furchtbar gellenden Tone, der durch die ganze Kirche drang. Tiefe Seufzer, die allenthalben aus der Menge hervordrangen, begleiteten dieses entsetzli­che Ja, und ein stilles Zucken, wie ein entfernter Blitz, setzten die todtenbleichen Züge der Braut in vorübergehende Be­wegung. Er wandte sich darauf, lauter redend, als wollte er sie aus dem Todes- schlummer wecken, an die Braut, indem er sagte:Willst Du, Feodora, den ne­ben Dir knieendcn Neander für Deinen rechtmäßigen Ehegemahl erkennen, so ant­worte durch ein vernehmliches Ja." Da erwachte die entseelte Braut, ein tiefes, grauenhaftes Entsetzen bewegte die er­schlafften Wangen, die erblaßten Lippen

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bebten, ein schnell verfliegendes Feuer blitzte aus den Augen, die Brust hob sich, rin gewaltsamer Thränenguß löschte die Glut der Augen, und das Ja ließ sich hören, wie daß Angstgeschrei einer Ster­benden, und schien in den unwillkührli- chen Tönen des Schmerzes, die aus.jeder Brust der Menge hervorbrachen, ein tie­fes Echo zu finden. Die Braut sank der widrigen Alten in die Arme. Einige Mi­nuten in furchtbarem Stillschweigen. Da sah der Prediger die leichenblasse Braut wie vorher in tiefer Betäubung knieen und beendigte die Trauung. Der Bräu­tigam erhob sich und führte die schwan­kende Braut nach ihrem vorigen Platze; die Alte und der riesenhafte Mann folg­ten. Die Begleiter des Predigers erschie­nen wieder, verbanden ihm die Augen, zogen ihn nicht ohne Mühe durch das Gedränge, und nachdem sie ihn aus der Thür gestoßen Men, verriegelten sie diese inwendig und überließen ihn sich selber.

Hier stand er nun einsam und unge­wiß, ob dar schauderhafte Ereigniß, mit allen seinen furchtbaren, ja gespensterähn­lichen Umständen nicht ein Traum wäre, der ihn ängstigte. Als er aber die Binde aus den Augen gerissen hatte, als er die hellerleuchtetc Kirche vor sich sah, und das Gemurmel der Menge hörte, mußte er sich wohl von der Wirklichkeit der räth- selhastcn Begebenheit überzeugen. Um den Erfolg so viel möglich zu erfahren, verbarg er sich in einem Winkel der Kir­che, an der entgegengesetzten Seite, und indem er hier lauschte, hörte er, wie daS Gemurmel immer stärker ward. Es war, als cntspönne sich ein heftiger Streit; er glaubte die rauhe Stimme des Bräuti­gams zu erkennen, die gebieterisch Still­schweigen gebot. Ein Schuß fiel, daS Geschrei einer weiblichen Stimme ließ sich hören. Darauf wieder eine Pause. Dann ein Wühlen und Arbeiten, welches fast eine Viertelstunde dauerte. Die Lichter