Schmeicheleien gewesen wäre, die sie bei jeder Gelegenheit erfuhr, und sollte es auch nur auf dem Wege zum heiligen Dome gewesen sepn, wenn sie daselbst beichten und beten wollte. Mit fleißiger Hand suchte sie das zu erwerben, was das Leben bedurfte: aber freilich — es reichte doch nicht hin, ein Darlehen zu bezahlen, das auf dem Häuschen ruhte, welches sie und ihre Mutter barg. Der Gläubiger, der es in früheren Zeilen vorgeschossen hatte, und es jetzt zurück verlangte, konnte leicht Nachsicht haben. An Neichthum fehlte es ihm nicht; wohl aber hatte er zu einer solchen Handlungsweise nicht Edclmuth genug. Ließmal aber hinderte ihn vollends ein unseliger Leichtsinn, und die Sucht, seinen Sinnen zu fröhnen.
Der Termin, an welchem die Zahlung geleistet werden sollte, war nichts mehr ferne. Der Gläubiger wollte sich selbst von den Umstanden seiner Schuldnerin überzeugen, und trat daher, als er einmal in der Nahe war, in das Haus herein, die bekümmerte Frau an ihre Pflicht zu erinnern. Hier sah er den holden Engel, ihre Tochter, die in Schönheit ihren Neichthum, in Sittsamkeit und Bescheidenheit ihren Schmuck suchte. Im Augenblicke erglühte in seinem Herzen der scheußliche Gedanke, aus der bedrängten Lage dieses Engels Vortheil zu ziehen. Er drang mit größerer Strenge, als es wohl sonst der Fall gewesen sepn würde, auf seine Zahlung, und drohte mit den härtesten Maaßregeln, wenn er nicht befriedigt würde.
Man stelle sich die Lage der unglücklichen Mutter und ihrer Tochter vor! Ohne Aussicht, das Geld auftreiben zu können, sahen sie nur den Verkauf ihres Häuschens vor Augen, das ihnen so lange Jahre der einzige Ort der Ruhe und süßen Erholung gewesen war. Klagen und Weinen konnten ihr Schicksal nicht an
dern. Es mußte gehandelt werden, und so entschloß sich die Mutter, zu dem reichen Wüstling hinzugehen, unk? zu sehen, was Bitten vermöchten.. Wenigstens hoffte sie, einigen Aufschub zu erlangen. In der gewonnenen Zeit konnte sich doch vielleicht ein Ausweg finden, oder verdoppelter Fleiß Vielleicht das Geld selber schaffen..
Die arme geängstigte Wittwe erschien. Sie schilderte dem Hartherzigen ihre Lage und stellte ihm mit der Beredsamkeit, die das Unglück so rührend zu machen weiß, den Dank vor, zu dem sie sich verpflichtet fühlen würde, wenn er noch einige Zeit harren wolle. Er schien in der That gerührt zu werden. Indessen der Wolf kam gar bald hervor. „Ihr habt ja, sprach er freundlich, einen Schatz, an den ihr noch nicht gedacht habt. Eure reitzende Tochter — versteckt ihr in die Einsamkeit, die für sie am wenigsten geeignet ist. Sie könnte in' einer andern Lage mehr erwerben, als sie mit euch bedarf, und ich würde mit Freuden einen Theil zu dem hergeben , was eure Lage sorgenfrei machen könnte. Denkt über meinen Vorschlag nach, und sagt mir Antwort."
Und damit ließ er die Arme erschrocken und in der größten Bestürzung stehen, denn sie war außer Stande, etwas zu erwidern. Mit wundem Herzen gieng sie nach Hause, und weinte heiße Thrä- ncn am Busen ihrer Tochter. Es fiel mir ein, daß es in Rom einen Mann gab, der seine Freude darin suchte. Unglückliche zu retten. Die großherzige Denkungsart des Kardinals Farnese war eben so bekannt, als seine Menschenfreundlichkeit. Jede Woche hatte er einen Tag bestimmt, an welchem jeder Bedrängte sich ihm nahen durfte. Das einzige, was ihren Entschluß, ihm zu sagen, wie unglücklich sie setz, wankend machte, war die allgemeine Meinung, daß die Tugend eines Kardinals selten, wie ein weißer Sperling, und ihre Tochter diesem Herrn vor-