seiner Untergebenen zu besänftigen. Dürf­tigen eine Unterstützung zu verschaffen, und überhaupt wohlthätig auf die Son­derbarkeiten seines Charakters hauptsäch­lich zur Unterdrückung unpassender Aus­brüche seines Adelstolzcs zu wirken, der gar zu grell mit dem Geiste der Zeit im Widerspruche stand.

Es wurde auch wirklich eine auffal­lende Verwandlung in dem Benehmen und den Aeußerungen des Barons von S. sichtbar, und e.u paar alte Freunde gaben ihm treuherzig zu verstehen, daß sic recht gut wüßten, wem er dieß zu verdanken habe, und erschöpften sich da­bei in Lobeserhebungen seiner liebenswür­digen Hausgenossin. Man scherzte sogar in ihrer Gegenwart mit ihm: daß er wohl bald zu einer zweiten Ehe schreiten werde, und gab dabei nicht undeutlich zu verstehen, aus wen seine Wahl fallen müße. Der Baron lehnte dieß nur halb und halb ab, und diese Anspielungen so­wohl, als auch dcks zuvorkommende Be­nehmen desselben erweckten endlich in dem wcitkundigen Mädchen den Gedanken, daß diese Scherze wohl Wirklichkeit werden könnten. Arm und elternlos sah sie da­rin» für sich und ihre vcrwaiseten hülse- losen Geschwister ein unerwartet großes Glück, und wenn sie gleich keine leiden­schaftliche Liebe für den Baron fühlte, so hegte sie doch keine entscheidende Abnei­gung gegen ihn. Ihr Herz war noch frei, seine zuvorkommende Güte schmei­chelte ihrem Stolze, denn tief in ihrer Seele lag ein geheimer Keim dazu, der aber durch die Grundsätze einer trefflichen Erziehung unterdrückt worden warund sie überredete sich,- daß eine höhere Macht ihrem Schicksale eine günstige Wendung geben würde.

Durch das tägliche Beisammenschn wuchs das Vertrauen zwischen beiden im­mer mehr, und immer deutlicher verrieth sich die Leidenschaft des Barons. Das

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junge Mädchen hielt ihn'Lurch ihren ed­len Ernst und ihre Einsamkeit zwar im­mer in Schranken, aber dieß geschah mit jener zarten Schonung, die ihre Verhält­nisse zu ihm und ihre heimlichen Hoffnun­gen, ihrer Meinung nach, erheischten. Er ward dringend, und bei einer förmlichen Erklärung seiner Liebe machte er zugleich das unzweideutige Versprechen, sie zu ehe­lichen. Dieß letzte nahm sie an, und hielt sich von diesem Augenblicke an für seine verlobte Braut. Ihre Schüchtern­heit und ihre Zurückgezogenheit schwand nach und nach immer mehr: er benutz­te einen schwachen Augenblick und ward Sieger ihrer Unschuld.

Die Folgen dieses Fehltrittes zeigten sich bald, und sie drang nun auf die Er­füllung seines Versprechens. Er hatte seinen Zweck erreicht und mit ihm war auch das, was er fälschlich für wahre Lie­be gehalten, verschwunden. Anfänglich suchte er ihre Annage durch falsche Vor­spiegelungen von Hindernissen, bis auf ei­ne schicklichere Zeit abzulchnen; als sie aber immer dringender ward, und seine treulose Absicht ahnete, sie durch Täu­schungen hinzuhaltcn, überhäufte sie ihn, im Gefühl der durch ihn gemordeten Un­schuld, mit den bittersten Vorwürfen. Kalt erklärte er ihr nun bestimmt: wie sie so thöricht hatte scpn können, sich ein- zubilden, daß er, ein Mann von altem Adel, je eine bürgerliche hcirathcn würde. Schonungslos setzte er hinzu: Sie habe kein schriftliches Eheversprechen von ihm, und also könne ihm kein Gericht etwas anhabcn. Er wolle ihr jedoch eine Ent­schädigung an Geld geben, und für das von ihr zu gcbährende Kind sorgen. Auf bas Innerste empört, und erschüttert, wies die Unglückliche dieß schnöde Anerbieten mit stolzer Verachtung zurück. Sie ver­ließ ihn mit einem Fluche der Verzweif­lung, und eilte auf ihr Zimmer. Ihr Zustand war fürchterlich; sie fühlte alle