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ftl'n Blick zufällig nach der Waldung gerichtet war, welche die Felder jenseits der Hütte in ei­nem weiten Halbzirkcl umgab, zwei Männer, in weiße Mäntel gehüllt, die aus dem Gebüsch her­vortraten. der Gegend aber, wie ihr neugieriges Umhcrspäden vcrrietb, unkundig zu seyn schienen. Sein scharfes, geübtes Auge ließ ihn jedoch so- glcichseinen dritten bemerken, der eifrig und angele­gentlich sich mit ihnen besprach, indem er mit er­hobenem Arme fortwährend nach der Festung hin- teutele. Nach einigen Augenblicken schlugen sie Beide die ihnci^ bezeichnelen Richtungen ein, fleh mit starken Schritten der Burg zu nähern, während der Wegweiser selbst sich in die Dunkel­heit des WaldcS zurückzvg.

Da geschah cs zum erstenmal, daß den Grau­kopf auf seinem Posten ein Zittern überfiel; nicht aber, weil die Furcht ihn beschlich, sondern weil das redliche Herz, von auswallender Ah­nung ergriffen, mit jugendlicher Unruhe ihm in der Brüst zu Hüpfen anfing. Leise »ahm er die Flinte von der Schulter, mit gekrümmtem Rü­cken und schleichenden Ganges begab er sich in das am untern Ende der Schanze befindliche Schilderhaus, und als die Fremdlinge bis an die Zugbrücke gekommen waren,, rief er plötzlich ihnen ein so donnerndes: Werda! entgegen, daß sic vor Schreck um einige Schlitte zurück­prallten. Sic faßten sich jedoch sogleich wieder, und stellten sich, dem Schilderhaufe gegenüber, hart an den Wallgraben-

,,Wcnn ihr der Feldwebel Drossig seyd;" rief der eine mir barschem Ton,so ergebt euch in Güte, oder wir brauchen Gewalt!"

Himmelelcment I" erklang cs ans dem Schil­derbau,'c zurück;habt ihr die Laufgräben schon eröffnet? habt ihr schon Bresche geschossen? daß ihr mit solcher Keckheit von Uebergabe zu spre­chen euch crdrcistet, bevor die Belagerung noch begonnen hat?

Von euch allein wird es abhängcn," war die Antwort," ob es zur förmlichen Belagerung kommen soll, oder nicht. Eben deßwcgen läßt unser Befehlshaber nach seinem in jener Wal­dung aufgeschlagenc» Feldlager zur gütlichen Un- tcrhandlung euch cinladcn, damit, wenn anders ein für beide Thcile befriedigender Vergleich zu Stande kommen kann, nicht muthwilliger Weise des Mcnschenblutcs noch mehr vergossen werde!"

Das ist ein Anders! das mag denn gelten und geschehen !" rief Drossig kurz und trocken, indem er die Zugbrücke niedcrließ, und vor die Festung hinaustrat. Schweigend nahmen die Ahgeordnc- > '"-iluo Mitte, und hinter einem edlen -Trotz m Mienen und Gcberden die Bewegung seiner inner» Gefühle verbergend, schritt er in stolzer Haltung neben ihnen der Waldung zu.

Schon aus der Ferne tönte ihm, während sei­ne Twgletter durch die dicht verwachsenen Zwei­

ge ihm Bahn brachen, und die Dämmerunz Mehr und mehr zu tagen bcga >n, ein dumpfes Getöse von Waffen entgegen; welch ein Anblick aber ward ibm zu Theil, als er jetzt au- dem dunklen Dicktgt plötzlich auf dicb-eire, querdurch dcn Wald führende Heclstraße hinaus, al! Au beiden Seiten de,selben standen von der eben aus­gehenden Sonne fraulich bcleuchiei, bewaffnete Reiben in kriegerischer Ordnung ausgestellt, wel­che den Alten, sobald er m ihrer Mitte sich be­fand , linker dem Geklirr der Waffcn und den Lärm einer zu gleicher Zeit sich erhebenden, rau­schenden Musik mit einem freudigen Hnrrahl begrüßten. Rührend war cs anzusehen, wie der Ucdcrraschte, betäubt und erschüttert, mit aller Macht auf die äk rücke sich stützen mußte, weil die schwankenden Kniec unter ihm cinzudrechen drohte», wie die besten Thräncn ihm ans dcn Augen hervorquollc» und wie er zugleich mir zit­ternden Händen bemüht war, sich der Papiere zu entledigen, vermittelst welcher er, wen» nicht etwa ganz besonders festliche Gelegcnhciicn dies unthunlich machten, die langen Scitenhaare be­ständig aufgewickclt zu tragen pflegte.

Platz dem Hauptman» !" riefen jetzt mehrere Stimmen in seiner Nähe. Drossig suchte sich möglichst zu richten. In dem nämlichen Augen­blick theiltcn sich die seitwärts befindlichen Glie­der und unter dem jauchzenden Zuruf:Gott segne dich, Vater Drossig!" stürzte sei» Anton ihm an die Brust.Hauptmann!" stotterte der Alte mit gebrochenem Laut unter dem grauen Knc- dclbarke hervor.Und du allein," versetzte je­ner, indem er die Arme noch inniger ihm um dcn Nacken schlang; ,^du redlicher Graukvpf bist es allein dem ich mein Glück zu verdanken ha­be!"Von neuem erfüllte ei» dreimaliges, stür­misches: Hnrrah! die Luft, und Drossig, der, un­fähig sich länger aufrechtst! halten, in seiner Erschöpfung nach einem Sessel umhcrzublickcn schien, ward nach einem Zelte hingcführt, das, unter dcn Baumzweigcn aufgcschlagen, die ge­wünschte Rast und Erholung ihm darbot.

Hier berichtete ihm Anton, als die betäubende Ueberraschung, die das Bewußtsein! des Alten ver­dunkelte, endlich einer gefaßter» Stimmung Raum zu vergönnen anstng, wie er, von dcn bereits frü­her erworbenen Kenntnissen und Geschicklichkeiten wunderbar unterstützt, im Laufe des nun beendig­ten Feldzuges, die Stufen der Ehre und des Ruh­mes allmählich bis zudieser Höhe erstiegen habe! wie er nach jener großen, das Schicksal des Va­terlandes entscheidenden Schlacht fort und fort zu anhaltend in Verfolgung des flüchtige» Fein­des mit begriffen gewesen, nm für anderweitige Gedanken und Angelegenheiten Zeit gewinne» zu können ; und wie dann zuletzt, als die Kricgsar- dcitcn sich zu ihrem Ende geneigt hätten, der Vor­satz, die überraschende Nachricht von den ihm zu