Stadt und Kreis Calw
Lunie Skumen tüe rkie Z^eont
VSK- Wenn Sie mal unter Ihren Bekann- ten die Rundfrage tun, welches die schönste Beschäftigung am Wochenende sei, so werden Sie se nach Temperament und Neigung der einzelnen die verschiedensten Antworten bekommen. Dem einen, und das ist bei uns Schwaben sicher sehr häufig, gilt das Wandern als das Schönste, der andere freut sich aufs Ausschlafen, auf das warme Bad oder ein gutes Buch. Sicher aber werden Sie oftmals auf Ihre Frage die Antwort bekommen, das; das Packen der Feldpostpackchen die 'chönste Wochenends-Beschäftigung sei. Spange die Zigaretten, Briefpapier und Gebäck n die kleinen Schachteln sorgsam verpackt aerden, wandern die Gedanken hinaus zu den sieben in Ost und West, Nord und Süd.
Uebrigens wollen wir Ihnen da gleich einen Vorschlag machen. Wie wäre es, wenn Sie m Ihre Felüpostpäckchen auch mal Blumen legten? Sie meinen, die zarten Blüten würden welk sein, bis sie ihren Bestimmungsort erreicht haben? Oh, die Blumen, die wir meinen, welken nicht. Es sind entzückende bunte Margeriten, die in beinahe unbegrenzter Zahl zur Verfügung stehen. Denn 68 Millionen Margeriten wurden m den vergangenen Wochen und Monaten von fleißigen Händen hergestellt und — Sie haben's wohl schon erraten — kommen am Wochenende bei der zweiten Straßensammlung des Kriegshilfswerks für das Deutsche Note Kreuz als Abzeichen zum Verkauf. Wenn Ihnen die Angehörigen von DRK., HI-, BDM., NS.- KOV-, des NS.-Reichskriegerbundes und des Schwäbischen Sängerbundes die Abzeichen anbieten, dann werden Sie noch freudiger als sonst und noch reichlicher Ihre Spende in die Sammelbüchse legen in dem Gedanken, daß diese Blüten ein lieber Gruß für unsere Soldaten in der Ferne sein werden.
Strafrechtspflege weiter vereinfacht
Auf Grund des Führererlasses vom 21. März 1942 bringt eine Verordnung des Reichsministers der Justiz eine Reihe sehr wesentlicher Vereinfachungen des Strafverfahrens. Das bisherige Zwischenverfahren zwischen der Erhebung der Anklage durch den Staatsanwalt und der gerichtlichen Hauptverhandlung, das zur Eröffnung oder zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens führte, fällt jetzt bei allen Gerichten fort. Die Gerichte setzen nunmehr in aller Regel nach Anklageerhebung sofort Termin zur Hauptverhandlung an. Die Strafbefugnisse des Amtsrichters werden erweitert. Er kann aus Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkennen und Strafbefehle bis zu sechs Monaten Gefängnis auch bei Verbrechern erlassen. Der Staatsanwalt braucht in der Hauptverhandlung vor dem Amtsrichter nicht mehr in allen Fällen mitzuwirken.
Von weittragender Bedeutung ist die Umgestaltung der Rechtsbeihilfe. Berufung und Beschwerde bedürfen fetzt, wenn sie vom Angeklagten eingelegt werden, einer besonderen Zulassung. Diese wird bei der Berufung durch den Vorsitzer der Berufungsstrafkammer und bei der Beschwerde durch den Vorsitzer des erkennenden Gerichts erteilt, wenn ihre Versagung unbillig wäre. Dieser Einschränkung der Rechtsmittel steht eine Ausgestaltung der Nichtigkeitsbeschwerde des Oberreichsanwalts gegenüber.
Weitere Vereinfachungen im Privatklageverfahren bezwecken, den im Krieg besonders notwendigen friedlichen Ausgleich zwischen den Streitenden so schnell wie möglich herbeizuführen. So darf eine Privatklage wegen Beleidigung und übler Nachrede fetzt regelmäßig erst nach Ablauf eines Monats erhoben werden.
WHAS-Spenden ohne Kriegszuschlag
Die Mittel für das mit dem 1. September 1942 beginnende Winterhilfswerk werden in der gleichen Weise wie im Vorjahre aufge
bracht. Die Empfänger von lohnsteuerpfttq- tigen Versorgungsbezügen und Militarrenten werden an das Abzugsverfahren angeschlossen. Für die Beteiligung der Bediensteten des öffentlichen Dienstes und der erwähnten Ver- sorgungs- und Militärrentenempfänger gilt, daß die Spende monatlich 10 v. H. der Lohnsteuer, jedoch ohne Kriegszuschlag, mindestens aber 0,25 Mark beträgt. Lohn- und Gehaltsempfänger sowie Empfänger von Versor- gungsbczügen und Militärrenten, die wegen ihres geringen Einkommens nicht zur Einkommensteuer herangezogen werden, wiro empfohlen, monatlich 25 Pfennig zu spenden. Von Festbesoldctcn, die neben ihrer Lohnsteuerleistung noch zur Einkommensteuer veranlagt werden, wird erwartet, daß sie neben ihrer monatlichen Spende von 10 v. H. der Lohnsteuer (ohne Kriegszuschlag) noch monatlich 0,7 v. H. ihres für 1941 veranlagten Einkommensteuerbetrages an das WSW. entrichten, soweit die Steuerschuld nicht durch Lohnabzug getilgt ist.
Ausgabe von Kartoffelstarkemehl
Der Reichsernährungsminister hat zur Verbesserung der Versorgung mit Nährmitteln abermals erweiterte Bezugsmöglichkeiten geschaffen. Neben dem bereits bekanntgegebcncn Einsatz von Weizenmehl der Type 1050 wird jetzt auch Kartoffelstärkemehl ausgegeben werden. Die Verbraucher können das Kartoffelstärkemehl auf alle zum Bezug von Getreide- erzeugnifsen berechtigten Einzelabschnitte der Nährmittelkarten beim Kleinverteiler beziehen, soweit diesem für diese Zwecke Kartoffelstärkemehl geliefert worden ist. Die Nährmittelbezugscheine der Kleinvertciler werden von den Grohverteilern außer mit Nährmitteln zum Teil mit Weizenmehl der Type 1050, das hierfür ausdrücklich freigegeben wird, und zum Teil mit Kartoffelstärkemehl beliefert werden. Die Abgabe von Kartofsel- stärkeerzeugnissen auf die St-Abschn!tte der Nährmittelkarten bleibt von dieser Regelung unberührt.
Oer Rundfunk am Mittwoch
NeichSprogramm: 15 bis 16 Ubr: Das „Kleine Konzert" fübrt von Beethoven bis Sibelius. 16 bi-
17 Ubr: Orchesterwerke ostvrciihifcher Komvoinslen. 26 26 biS 21 Ubr: Beliebte Toiiiilmmeiodicn. — Deutschlandsender: 17.15 bis 18.86 Uhr: Chöre und svmvbonische Musik. 26.15 bis 21 Ubr: „Klingender Reigen". 21 bis 22 Ubr: Erster Akt der Kaaner- Over „Der sliegende Holländer" in der Inszenierung von Heinz Tietien und unier musikalischer Leitung von Richard KrauS. als Ainsnalnne aus den Vavreuther Blibnenfestsviclen gesendet.
Dicnstnachricht. Zum Oberpostinspekror befördert wurde Postinspektor Hagcnlocherin Calw.
Leichtathletik-Vergleichskampf in Neuenbürg.
Am vergangenen Sonntag hatte der Turnverein Neuenbürg die Nachbarvereine des Enztals zu einem Leichtathletik-Vcrgleichskampf eingeladen. Zahlreich waren die Wettkämpfer der Vereine TV. Wildbad, VfL. Calmbach und FC. Birkenfeld der Aufforderung gefolgt und warteten in allen Sportarten mit ausgezeichneten Leistungen auf. Erstmals traten auch die DJ.-Sport- oienstgruppen zu einem Wettkampf an.
Ergebnisse: 1. Mannschaft des TV. Neuenbürg 9333,5 Punkte; 2. Mannschaft des TV. Wildbad/VfL. Calmbach 8428,0 P.; 3. Mannschaft des FC. 08 Birkenfeld 8106,5 P. DJ.- Sportdienstgrnppen der Fähnlein 5/401 und 12/401: 1. Mannschaft des TV. Neuenbürg 6127 Punkte; 2. Mannschaft des VfL. Calmbach 5678 Punkte.
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Martinsmoos. Am Sonntag vollendete Oberlehrer i. R. Schmerle sein 80. Lebensjahr. Seinen Lebensabend verbringt er in stiller Zurückgezogenheit in Wendlingen am Neckar.
Unterjettingcn. Der 76 Jahre alte Landwirt und frühere Oberholzhauer Michael Niethammer stürzte bei den Erntearbeitcn vom Wagen und verunglückte tödlich. Man nimmt an, daß er die Halswirbelsäule gebrochen hat.
Pforzheim. Am 8. August wurden durch Einsteigen in die Wohnung eines Tabakwarenhändlers 1000 Zigaretten entwendet. Der Täter konnte in der Person eines jungen Burschen ermittelt und festgenommen werden. Der Abnehmer des Diebesgutes wurde wegen Hehlerei ebenfalls festgenommen und ins Gerichtsgefängnis eingeliefert.
Kartoffeln richtig aufbewahren!
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Um Verluste bet der Kartoffeiemiagerung zu vermeiden, wird empfohlen, die folgenden zehn wichtigen Leitsätze auszu schnei den, aufzuheben und in allen Einzelheiten zu beachten:
1. Speisekartoffeln sind wertvolle Volksnah- rung, müssen sorgfältig aufbewahrt und dürfen nicht an Kleintiere verfüttert werden.
2. Lagere grundsätzlich nur gesunde Kartoffeln von mittelspüten und späten Sorten ein. Nicht ganz einwandfreie Kartoffeln müssen im Haushalt zuerst verwendet werden.
3. Benütze zur Lagerung des Winterbebarfs nur Keller- und Erdgeschosse, die luftig, trok- ken, kühl und dunkel gehalten werden können, sonst gibt es Verluste durch Fäulnis, Frostschäden und Geiltricbe (Keime).
4. Die Fenster oder Luftschächte sind möglichst lange offen zu halten und dann erst zu schließen, wenn stärkere Frostgefahr droht.
5. Beachte die günstigste Aufbewahrnngs- tcmperatur. Sie liegt zwischen 4- 2 und 4 Grad C. (Thermometer im Keller.)
6. Böden und Wände aus Beton oder anderen Feuchtigkeit anziehenden Steinen oder Platten sind mit Brettern, Lattenrösten oder Pappe zu belegen.'
7. Wein und Most, besonders wenn diese noch gären, sollte man nicht im Kartoffelraum lagern, dagegen können Kohlen ohne Bedenken neben den Kartoffeln gestapelt werden.
8. Die Schichtung soll nicht über 60 Zentimeter hoch sein.
9. Ueberprüfe durch Verlesen Deinen Kartoffelbestand zwei- bis dreimal im Laufe des Winters.
10. Kartoffclkistcn erleichtern die zweckmä- ' ßige Lagerung und ermöglichen auch eine gute
Sortierung in große und kleine Knollen. Verwende je nach Zubereitungsart die einen oder anderen. Bei getrennter Zubereitung kannst Du so auch Gas oder anderes Feuerungsmaterial sparen.
Bei sachgemäßer Lagerung in einwandfreiem Keller und nach wiederholter Durchsicht Während des Winters soll man im Frühjahr die Restbcstände unberührt liegen lassen und erst kurz vor dem Kochen jeweils die Keime entfernen. Bei weniger vorteilhafter Lagerung dagegen müssen die Restbestände immer wieder verlesen und die Keime abgezupft werden.
Obstsendungen gut verpacken!
Die Verpackung von weichem Obst, Pilzen usw. muß unbedingt den Anforderungen der Post entsprechen. Die Sendungen können andernfalls nicht zur Beförderung angenommen werden. Es müssen insbesondere Sendungen mit einem Inhalt, der unter Druck Feuchtigkeit absetzt, in Kisten oder Körben verpackt sein, die mit einer genügenden Menge aufsangender Stoffe oder mit undurchlässigem Papier abgedichtet sind. Für Beeren ist Verpackung in Blechgefäßen (Eimern usw.) erforderlich.
Die Freiwilligen
Die Front über den Heimatcinsatz
In einer der Frontzeitungen, die unsere Soldaten mit der Heimat und ihrem Geschehen verbunden halten, lasen wir einen Artikel, in dem die Pflichterfüllung der Heimat vom Standpunkt der Frontsoldaten beurteilt wird. Fragen, die den Volksgenossen in der Hei» mat oft unbeantwortet bewegen, behandeln diese auf» schlußretchen Ausführungen, die wir deshalb in ihren wesentlichen Teilen wiedergeben.
Was liegt uns Soldaten näher als die mat mit all ihren Schönheiten und Alltag! gen, mit ihren Zukunftswünschen und Ge Wartsnöten, und was ist — an seelischen i kleinen — wichtiger für uns als der däne- innere Kontakt mit dieser Heimat und das l standnis für ihre kriegsbedingten Besonder ten. Diese Kriegsprobleme und -aufgaben Hemmt wollen wir uns, die wir in den lei drei 'l ohren viel Großes und Schweres er ^ ^ oufs Wesentliche zu lenken gel haben, manchmal gar klein und belanglos Ammen; dennoch aber müssen wir, wenn Band zwischen uns und denen daheim r locker werden soll, uns alle Mühe geben Dinge der Heimat auch mit den Maßstäben Heimat und nicht mit denen der Front zu , sen. Man kann das von „ns verlangen; d wir haben ein erlebnisbedingtes Verhältnis wohl zur Heimat als zur Front; jene aber i nen in Wirklichkeit nur das eine, wenn i auch unter den Aspekten des Krieges Wir wollen uns deshalb davor hüten - sehr es an sich menschlich verständlich ist von unserem anspruchsvollen Frontkämp standpunkt ans gewisse Dinge, Einrichtun und Erscheinungen, die der Krieg in die
mat getragen hat, herablassend zu beurteilen! Es soll dabei heute einmal an jene gedacht werden, die in der Heimat auch so etwas Achnli- ches wie „Soldaten" sind, auch wenn ihnen keine Maschinenpistole um die Schulter hängt und in ihrer Brust vielleicht gar kein rauhes Kriegerherz schlägt. Wir meinen das Heer jener freiwilligen Helfer, die heute in der Heimat über ihre Berufs- und Alltagspflichten hinaus all die manigfachen Aufgaben erfüllen, die der Krieg unabwendbar mit sich gebracht hat, die gelöst werden müssen, und zwar um des ganzen Volkes willen.
Es gibt heute in der Heimat viele neue Tätigkeiten, die nach ihrer Bedeutung und ihrem Umfang eigentlich volle Berufe sein müßten, die aber in Wirklichkeit keine sind, weil die Kräfte dazu fehlen und die deshalb zusätzlich und ehrenamtlich erfüllt werden müssen. Diese Menschen gleichen fenen von uns, die nach einem schweren, kampfreichen, nervenverzehrenden Tag eine Rast verdient hätten und dann doch, obwohl sie todmüde sind, dein Ruf: „Freiwillige vor!" Folge leisten, weil es gilt, der Kompanie oder dem Bataillon die Nachtruhe zu sichern. Jawohl, wir dürfen nicht davor zurr'ickschrecken, diesen kühn erscheinenden Vergleich anzuwenden, gerade deshalb nicht, weil denen daheim die aufputschende Wirkung der unmittelbaren Gefahr, der direkte Anstoß der eigenen Lebenserhaltung fehlt und sie darum erst recht aus bloßem Pflicht- und Verantwortungsgefühl heraus handeln müssen.
Was wissen wir, was es heißt, nach Feier- abend, am Samstagnachmittag oder Sonntag treppauf, treppab zu gehen und Lebensmittel- karten zu verteilen, Hinweise und Nachrichten abzugebcn, für den Kriegs- und Ernteeinsatz zu
organisieren, Front und Heimat zu sammeln, Not und Sorge aufzuspüren und zu beheben, die vormilitärische Ausbildung zu leiten, Luftschutzdienst zu versehen und was dergleichen hundert andere Dinge mehr sind!
Wir wollen hier absehen von dem Vergleich mit unseren eigenen Strapazen und schlaflosen Nächten. Wir sind Soldaten und gehorchen einem Befehl, auf uns blickt das stolze Bewußtsein der ganzen Nation; jene gehorchen allein einer inneren Weisung, sie tun es neben ihren sonstigen ohnehin schon erhöhten Alltagspslich- ten; sie tun es namenlos und bescheiden, ohne Entschädigung und Auszeichnung, oftmals sogar ohne besonders geachtet zu sein und aus das Podest öffentlicher Herausstellung gestoben zu werden. Ihre Aufgabe ist in vielen Fällen weder populär noch dankbar; sie ist nichts als eben notwendig. Mag sein, daß die jüngsten unter diesen freiwilligen Helfern einfach aus Tatendrang oder „Spaß an der Sache" handeln; die älteren aber und ältesten — und sie sind in diesen Zeiten selbstverständlich weit in der Mehrzahl — tun es mit einem herben Ernst und tiefem sittlichem Bewußtsein, mit mancher Selbstüberwindung und viel innerer Härte.
Dabei ist es nicht so, daß diese Volksgenossen auf sich zeigen und sagen: Seht, was wir für Kerle sind! Gerade deshalb, weil sie im Frontgeist ihr Vorbild, in unserem eigenen Einsatz ihren Ansporn sehen, würden sie es ablehnen, mit uns verglichen und als Soldaten bezeichnet zu werden. Zollt ihnen einer ein Lob, vielleicht gar einer von uns, so verweisen sie fast beschämt auf das Beispiel unseres Fronteinsatzes. Und dann erst merken wir, wie unrecht cs von uns wäre, ihre Leistung aus der Frontperspektive zu unterschätzen.
VON DkkVi Evb
! Truppet sprang auf. Er schlug mit der Faust § auf den Tisch, daß einige der darauf ousgebreite- ! ten Papiere jäh aufflogen
„Niemals! Ich hätte jedem die Faust aufs lose Maul gesetzt, wenn er mir gegenüber einen derartigen Verdacht ausgesprochen hätte!"
„Das aus Ihrem Munde zu hören, Truppe!, freut mich aufrichtig!"
„Sasso ist ein guter Junge. Ein braver, treuer Kamerad", fuhr der einstige Kriegsflieger heftig fort. „Ich lege meine Hand für ihn ins Feuer! Er ist zwar wie ein junges Pferd, das manchmal gerne ein bißchen herumtvllt und deshalb hin und wieder fester an die Kandare genommen werden müßte — aber einer gemeinen Tat ist er nicht fähig. Auch wenn ein Weib dazwischen steht —"
„Ein — Weib?" unterbrach ihn Albrecht Na» min erstaunt.
Krischan Truppel kaute noch emsiger auf dem Strunk seiner inzwischen unförmlich gewordenen Zigarre herum. Man sah es ihm an, daß er über sich selbst wütend war, weil ihm ein Wort entschlüpfte. das er lieber für sich behalten hätte. Aber vor dem klaren, fordernden Blick des Werkbesitzers gab es kein Ausweichen mehr.
„Wie kommen Sie auf diese Mutmaßung, mein lieber Truppel?" fragte Albrecht Ramin drängend, den das offensichtliche Zögern seines Besuchers noch stutziger hatte werden lassen.
„Je nun —", bemerkte Truppel langgedehnt, „man macht sich eben so seine Gedanken über die jungen Leute. Ich meine, es sah doch früher, ehe Harald Boysen hier austauchte, ganz so aus, als ob Sasso Folkening und —"
Er brach ob.
Albrecht Ramin nickte ihm verstehend zu.
„Sie haben recht, Truppel. Daran habe ich noch gar nicht gedacht."
„Ich muß ins Werk", erklärte Truppel eifrig. „Der neue S-Motor steht auf dem Prüfstand. Will sehen, daß die Burschen mir da keinen Bockmist machen. Cs ist besser, wenn meine Augen überall sind."
Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen» als Ulla Ramin an der Seite des Rechtsanwaltes Dr. Woldscn das Haus betrat.
„Er hat mit Sasso sprechen dürfen!" rief sie j aus, als sie auf ihren Bruder zustürmte. „Ich glaube, es wird noch alles gut für Sasso werden!"
^ Das Gesicht des Mädchens war stark geriet» die Augen glänzten fast wie im Fieber. Ulla befand sich in großer Aufregung. Mit nervöser Hast griff sie nach der Zigarettendose, eine Bewegung, die Albrecht Ramin früher nie an ihr gesehen hatte.
„Bitte, berichten Sie, Herr Doktor!" forderte der Werkbesitzer ihn auf, den er seit Jahren als einen tüchtigen Rechtsberater schätzte.
„Von welcher Seite die Anzeige erfolgte, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen", begann Woldsen. „Der Untersuchungsrichter schwieg sich darüber beharrlich aus. Die Angaben dieses Unbekannten scheinen noch eine Ueberraschung zu bergen, von der wir vorderhand nichts ahnen. Man sagte mir lediglich, daß die Verdachtsgründe schwerwiegender Natur seien. Immerhin habe ich den Eindruck gewonnen, als ob man sich vorerst nur auf Indizienbeweise stütze."
„Trotzdem schreckte man vor einer Verhaftung Folkenings nicht zurück?"
„Man weiß in solchen Fällen ja nie, über welches Material die Untersuchungsbehörden bereits verfügen", antwortete Woldsen. „Mein Antrag auf vorläufige Haftentlassung Ihres Chefpiloten wurde abgelehick. Es scheint ein ausführlicher Bericht aus Audschila vorzuliegen, vermutlich ein dort aufgenommenes Protokoll."
„Richtig!" bemerkte Ulla lebhaft. „Leutnant Gadoni befragte Sasso über den Vorfall in den Dünen von Eldeyen. Er legte die Aussagen des Ueberlebcnd^i schriftlich nieder."
„Wissen «ie, welche Angaben Folkening dem Italiener gegenüber machte?"
„Nein. Ich durste bei der Besprechung nicht zugegen sein."
„Schade", bemerkte Woldsen sinnend. „Jedenfalls scheinen die deutschen Behörden bereits seit einiger Zeit mit der Untersuchung beschäftigt zu sein. Sie erbaten sich nicht nur das Protokoll aus Audschila, sondern befinden sich zur Zeit auch im Besitz jenes Revolvers, den man neben Harald Boysen fand."
„Meiner Bitte, Herrn Folkening sprechen zu dürfen, wurde stattgegeben", fuhr Woldsen schließlich in seinem Bericht fort.
„In welcher Gemütsverfassung fanden Sie Sasso vor?" warf Ulla rasch ein, und aus ihrer Stimme war tiefste Besorgnis zu hären.
„Herr Folkening machte einen ruhigen und gefaßten Eindruck", antwortete der Rechtsberater, während Albrecht Ramin einen prüfenden Blick aus seine Schwester geworfen hatte.
„Kann er nichts zum Beweise seiner Unschuld anführen?" fragte Ulla weiter.
„Er sagte mir, daß Harald Boysen stets ein kleines Taschentagebuch mit sich geführt habe. Als Herr Folkening den Toten fand, lag neben dem Broiyning auch jenes Tagebuch. Es war aufge- schlasrii. s-rilltz Löysen harre in der letzten Stunde, in der er zu klarem Bewußtsein gekommen sein mochte, ein paar Worte in das Buch geschrieben.' An den genauen Text vermag sich Herr Folkening nicht mehr zu erinnern, da er selbst damals im Fieber lag. Boysen solle jedenfalls zum Ausdruck gebracht haben, daß er an keine Rettung mehr glaube, und daß er einen schnellen Tod der Qual des langsamen Berdur- stens vorziehe."
Albrecht Ramin sprang aus und stützte sich schwer mit den Armen aus die Tischplatte.
„Also ein offenes Bekenntnis zu dem nachfolgenden Selbstmord des Fliegers!" rief er aus. „Und wo ist dieses Buch?"
Woldsen zuckte mit den Schultern.
„Verschwunden. Folkening konnte über den Verbleib dieses ungeheuer wichtigen Beweismittels keinerlei Angaben machen. Vermutlich liegt es noch in der Wüste irgendwo im Sand. Man müßte unter den Männern nachforschen, die Fol- kening und den Toten auffanden."
Ulla zerdrückte ihre Zigarette im Aschenbecher,
„Es gibt nur einen Weg für uns" erklärte sie.
(Forst, jolgt -