6. Seite Nr. 132

Nagolder TagvlattDer Gesellschafter'

Der Krieg ist hart und gewaltig, aber ist es nicht schön,^ wenn trotzdem am Rande von Völkerstrsit und Waffenlärm eim kleines liebliche» Idyll erblühen kann? AlexSeling. Z

Me Stunde der belgischen Unterwerfung

Me die belgische Armee kapitulierteSans conidtion"

5. Juni. (PK.)

In kaum 18 Stunden rollt ein Geschehen von historischer Be­deutung ab. Am 27. Mai fährt der Oberbefehlshaber der gegen Belgien eingesetzten Stotzarmee in den späten Vormittagsstun­den zu den Korps und Divisionen. Das gehört zum täglichen Programm. Der große offene Wagen fährt durch flämische Dör­fer und Städte hinein in das Land der großen Schlachten, in das Kampfeld von Paschendaele, Houthem, Hpern, Langemarck. Wieder wird hier wie vor 25 Jahren gekämpft, wieder wird der Boden Flanderns von Granaten und Bomben aufgewühlt. Der Oberbefehlshaber steht gegen 17 Uhr noch auf dem Ee- fechtsstand einer Division, die hier erbittert kämpft. Schon in dieser Stunde beginnt das Ende der belgischen Armee. Wäh­rend der Oberbefehlshaber durch das Scherenfernrohr nach dem im Weltkrieg so hart umkämpften Kemmel blickt, rollt ein bel­gischer Wagen aus dem feindlichen Lager den deutschen Linien entgegen. Er trägt eine weiße Flagge. In ihm sitzt der stellv. Chef des belgischen Eeneralstabs, General Deroussaux. Er kommt als Unterhändler. Die Unterwerfung und Kapitulation der bel­gischen Armee steht bevor. ' '

Kurz danach fährt der Oberbefehlshaber über Menin nach dem Hauptquartier der Armee zurück. Hinter Men in liegt die Straße frei für den Beschuß aus der französischen Bnnkerlinie. Und zwei Minuten vor dem Eintreffen rast das feindliche Feuer in eine Eruvve von deutschen Sanitätssoldaten hinein. Ein Schwerverwundeter liegt im Graben, Z.nnin, steig ein, Junge!" sagt er zu dem Verwundeten, den die Kameraden Heranschlep­pen. Und weiter geht die Fahrt. Der Feind schießt erst, als der Wagen bereits außer Sicht ist.Schwein gehabt!" sagt man.

Wieder fahren, fahren, fahren durch das flämische Land. Dann rollt der PKW. endlich dnrch die Pforte des Hauptquartiers. Hier ist man in höchster Spannung. Der Oberbefehlshaber wird schon auf dem Platz vor dem Schloß empfangen. Gruppen bil- oen sich. Ein Ordonnanzoffizier ruft dem Fahrer zu:Nicht parken! Tanken und warten! Wahrscheinlich fahren wir wieder weg!" Dann sickert die Nachricht durch:General Deroussaux ist in H. beim xten Korps. Er bittet um Waffenruhe. Er will verhandeln.

Der Oberbefehlshaber bespricht sich kurz mit den Offizieren seines Stabes. Er ist vollkommen ruhig, als er sagt:Ich habe telephonisch gefragt, ob der Unterhändler mit Vollmachten tcmmt. Das ist nicht der Fall. Ich habe sagen lassen, daß es nur eine Möglichkeit gibt: Bedingungslose Uebergabe!"

Drüben in H. fällt zum erstenmal das harte und gerechte Wort: Sans condition!"Ohne Bedingung!" Der Dolmetscher hat es dem General übersetzt. So endet der 27. Mai 1910: Der Un­terhändler bringt seinem König den Entschluß der deutschen Ar- mecsllhrung:Sans condition!"

Am 28. Mai, nachts um 4 Uhr, wird ein belgischer Funkspruch ausgenommen. Er besagt, daß um 6 Uhr früh ein Parlamentär die Grenze zwischen de» Armeen überschreiten wird. Wieder er­scheint der belgische Wagen, ein großer brauner PKW. mit einem Einschuß an der rechten vorderen Tür. In ihm sitzen wieder Ge­neral Deroussaux, sein Dolmetscher, Kapitän Liagre, und zwei Fahrer. Diesmal kommt der General mit Vollmacht, er kommt, um sich zu ergeben. Sein König schickt ihn.

9 Uhr 35. Hauptquartier. In der Vorhalle und auf dem freien Platz ordnen sich die Gruppen der Offiziere. Der Posten am Tor gibt ein Zeichen. Er kommt. Zwei Wagen biegen ein. Geleitet vom Kommandierenden General des Korps, in dessen Bereich der belgische Wagen über die deutschen Linien fuhr, erscheint der Bevollmächtigte des belgischen Königs. Der Chef des Stabes empfängt ihn. Der Belgier ist ein schmaler, aufgeschossener Mann. Er ist sehr ernst. Der Chef des Stabes führt ihn sofort in das Verhandlungszimmer, einen Raum im Rokokostil blaue Türen mit weißer Stückarbeit, ein reizender Kamin, Bilder im Stile der galanten Zeit. Die Tür zum Nebenraum öffnet sich. Heraus tritt unser Oberbefehlshaber. Kurze Begrüßung. Dann spricht der Oberbefehlshaber das erste Wort:Ich habe ein Protokoll ausgearbeitet, das ich die Ehre habe. Ihnen, Herr General, vor­zulegen, in dem die Bedingungen für die Uebergabe sestgelsgt sind!"

Nun sitzen die beiden Herren an dem großen braunen blank­polierten Tisch; der belgische General zur Rechten des Ober­befehlshabers. Mit lauter Stimme verliest ein Offizier das Pro­tokoll, ein anderer Offizier trägt Absatz für Absatz die llever- setzung vor. Und da fällt das Wort wieder:Sans condition!" Ohne Bedingung!"

Nach der Verlesung tritt eine tiefe Stille ein vielleicht nur eine Sekunde. Aber diese Sekunde ist unendlich lang. Sie ist schicksalsschwer.

Dann spricht als erster der Oberbefehlshaber:Sie haben, Herr General, noch einige Fragen an mich?"

Der Belgier sagt nicht viel. Seine Gedanken kreisen nur um einen Punkt, das ist die Ehre, das ist jenes schwere, aber gerechte: Sans condition!" Er habe nicht damit gerechnet, so sagt er, daß die belgische Armee eine solche Erniedrigung erfahren würde. Eie habe sich tapfer geschlagen und nur ihren Heimatboden ver­teidigt. Die Antwort, die ihm unser Oberbefehlshaber offen, klar und ehrlich gibt, lautet:Jeder deutsche Soldat erkennt die Tapferkeit der belgischen Armee an. Wir hegen keinerlei Ge­fühle der Feindschaft gegen sie, ganz bestimmt haben wir die größte Achtung vor ihrer Tapferkeit. Aber die besonderen Be­dingungen, unter denen dieser Waffenstillstand zustande kommt, und die Tatsache, daß wir es nicht allein mit der belgischen Ar­mee zu tun haben, sondern auch mit den Streitkräften der Alli­ierten, zwingen uns, diese Bedingungen zu formulieren. Es soll darin keine Erniedrigung für die belgischen Offiziere und Sol­daten gesehen werden!"

Diese Worte verfehlen ihren Eindruck nicht. Dann die nächste Frage:Welche Absichten haben die Deutschen mit dem belgi­schen König?" Unser Oberbefehlshaber sagt, daß er darüber kei­nerlei Anweisungen habe, er müsse darüber mit dem Führer sprechen. Und dann fragt der Oberbefehlshaber, wie beiläufig, nach der Stärke der belgischen Armee, die sich jetzt ergibt.Etwa 500 000 Mann!" antwortet General Deroussaux. 500 000 Mann! Jeder spricht für sich diese ungeheure Zahl nach: 500 000 Mann!

Dann kommt der feierliche Augenblick der Unterzeichnung. Groß und kräftig steht der Name des Oberbefehlshabers unter dem Protokoll, einfach und klar; der Namenszug des Belgiers ist fast zierlich, sehr vornehm mit einem leichten Schnörkel, der merk­würdig erinnert an die Stückarbeit über der Tür.

Es ist geschehen. Die belgische Armee hat kapituliertsans condition" ohne Bedingung.

.Einzelfragen werden besprochen. Dann geht der Funkspruch an die belgischen Trupppen: Jede Bewegung ist einzustellen! Die deutschen Truppen sind durchzulassen bis zur Küste!

10 Uhr 30. Die Verhandlungen sind abgeschlossen. Belgien ist besiegt. 11 Uhr 40 meldet der deutsche Rundfunk der Welt diesen großen Sieg. . ^ Kriegsberichter H e l m u t I a h n.

Das Ehrenzeichen des Soldaten

Aus der Geschichte des Eisernen Kreuzes

Von Adolf Neß

' 10. März 1813. Es war der Geburtstag der vor drei Jahren verstorbenen Königin Luise. In Breslau Unterzeichnete König Friedrich Wilhelm III. das Dekret derStiftung des Eisernen Kreuzes".

Drei Wochen später, am 2. April 1813, wurde dem Vataillons- kommandeur von Vorcke das erste Eiserne Kreuz zweiter Klasse verliehen; es bestand aus zwei kreuzweise übereinander gelegten schwarz-weißen Bändern. Im weiteren Verlauf der Befreiungs­kriege wurden 568 Offiziere mit der ersten und 3456 mit der zweiten Klasse ausgezeichnet. An Mannschaften und Unteroffi­zieren erhielten 67 die erste, 12 014 die zweite Klaffe. Mit dem Eroßkreuz wurden fünf Offiziere geschmückt. Das Eiserne Kreuz mit goldenen Strahlen erhielt Blücher nach der Schlacht bei Belle-Alliance. Aber auch am schwarz-weiß-gelben Bande wurde das Eiserne Kreuz einmal verliehen. Das war an dem denk­würdigen Tage, als sich unter der Führung Joseph Ennemosers tapfere Tiroler Freiheitskämpfer auf die Seite der Lützower stellten und gemeinsam mit ihnen den Sieg erzwangen. Die ein­zige Frau, die in den Befreiungskriegen das Eiserne Kreuz er­hielt, war Friederike Krüger. Wegen Tapferkeit vor dem Feinde wurde sie zum Unteroffizier befördert. Einwände gegen die Ver­leihung des Eisernen Kreuzes wies der König zurück:Hat sie am Feldzug als Soldat teilgenommen, so soll sie auch als Sol­dat ausgezeichnet werden." 1848 starb dieser einzige weibliche Ritter des Eisernen Kreuzes in Templin.

*

Am 19. Juli 1870, dem 60. Todestage der Königin Luise. Am Grabe seiner Mutter betete König Wilhelm. De» Reichstag wurde eröffnet und am gleichen Tage dieStiftung des Eisernen Kreuzes" für die Dauer des deutsch-französischen Krieges er­neuert:Angesichts der ernsten Lage des Vaterlandes und in dankbarer Erinnerung an die Heldenthaten unserer Vorfahren in den großen Jahren der Befreiungskriege, will ich das von meinem in Gott ruhenden Vater gestiftete Ordenszeichen des Eisernen Kreuzes in seiner ganzen Bedeutung wieder aufleben lassen."

Neben König Wilhelm sewst, der das Kreuz von Eisen als Siebzehnjähriger am blutigen 27. Februar 1814 bei Var sur Aube erworben hatte, lebten damals als Träger des Eisernen Kreuzes auch noch die bekannten Generale Vogel von Falkenstein und Steinmetz, die es im gleichen Alter nach den Kämpfen bei Mont- mirail und Laons erhalten hatten.

Im ganzen sind im deutsch-französischen Kriege rund 150 000 Eiserne Kreuze verliehen worden.

5. August 1914. Ein Mittwoch. Seit wenigen Tagen befand sich Deutschland im Kriegszustand mit seinen Feinden. Wieder wurde dieStiftung des Eisernen Kreuzes" erneuert. Die Auszeich­nung wurde nicht nur auf die preußische, sondern auf die ge­samte Wehrmacht und später auch auf die verbündeten Heere ausgedehnt. Kaum lassen sich bestimmte Zahlen angeben, wie viele Krieger es als Anerkennung für kühnste Taten und Ein­satzbereitschaft bis zum Letzten erhalten haben. Fest steht j doch, daß das Eiserne Kreuz erster Klasse 218 000mal verliehen wurde, und mehr als 5 Millionen tapferster Kämpfer dürften es gewiß gewesen sein, die mit der zweiten Klaffe ausgezeichnet wurden. Im Weltkriege aber geschah es auch, daß zum zweitenmal das Blücherkreuz als höchstes Ehrenzeichen verliehen wurde. Nach der großen Osfensivschlacht des Frühjahrs 1918 erhielt es am 21. März 1918 der Sieger von Tannenberg. Eeneralfeldmarschall von Hindenburg.

1. September 1939. Auf Befehl des Führers und Obersten Befehlshabers hat die Wehrmacht den aktiven Schutz des Reiches übernommen. Am gleichen Tage wird die Verordnung über die Erneuerung des Eisernen Kreuzes bekanntgegeben. In seinen verschiedenen Stufen ziert es heute den Kämpfer des Polenfeld­zuges wie die Tapferen im Westen, den U-Boots-Mann wie den kühnen Flieger.

Wie ein Feldwebel einen Zerstörer vernichtete

Von Kriegsberichter Walter Enz

(PK.) Eine Kradschlltzenkompanie und ein Pionierstoßtrupp baben das Fort de La Cheche nördlich von Boulogne genom­men. Das Fort ist bestückt mit schweren Küstenbatterien und Flakbatterien. Die Besatzung hat sich zunächst tapfer gewehrt, hat sich aber ergeben, bevor es zu spät für sie gewesen ist. Ihr

__S amsta g, den 8. JunitOtg

Pech ist es gewesen, daß die schweren Geschütze nicht um 180 Grad schwenkbar und zur Abwehr gegen einen Angriff von der Flankenseite eingerichtet gewesen sind. Offensichtlich haben die Franzosen nicht damit gerechnet, daß wir auf dem Landweg bis nach Calais vorstotzen würden. Jetzt haben sie den Salat...

Die Kompanie besetzt das Fort. Die Männer haben kurz Zeit ihre Zigarette zu rauchen und in den englischen Magazinen zu blättern, die in wilden Haufen umherliegen. Ein Mann ist an das Fernrohr gesetzt worden, mit dem man bis zur englischen Küste sehen kann.

Und nun passiert eine tolle Geschichte. Der Mann am Fern­rohr meldet das Herannahen von Schiffen. Es sind englische Zerstörer. Da gibt's auch schon Zunder.Gib ihm Saures!", pflegt einer der Zugführer in solchen Fällen zu sagen. Man möchte den Zerstörern schon Saures zurückgeben. Leider hat aber die Besatzung des Forts und zum Teil unsere eigene Artillerie die schweren Geschütze unbrauchbar gemacht.

Da macht sich ein Feldwebel der Kradschützenkompanie an eines der Geschütze, und während vom Meer Granate um Gra­nate in das Fort saust, die Männer zum größten Teil in den Unterständen Deckung suchen müssen, bringt der Feldwebel mit ein paar fixen Jungs eines der schweren Geschütze in Ordnung. Er tut das mit einer Seelenruhe, raucht dazu eine Pipe. Er schwitzt, ist schwarz vor lauter Dreck und Oel, muß ein paarmal blitzschnell in Deckung springen, aber nach einer halben Srunoe kann er den ersten Schuß rausjagen, nach kurzer Zeit den zwei­ten. Und der dritte sitzt auf einem der Zerstörer, die draußen Zickzackkurs fahren. Der vierte Schuß: haargenau auf denselben Zerstörer. Beim fünften Schuß fängt der Zerstörer an zu bren­nen und kentert.

Die Männer auf dem Fort sind toll vor Freude. Die Eng­länder sind unsicher geworden. Sie wissen ja nicht, was nun auf dem Fort eigentlich los ist. Sie ziehen sich zunächst einmal zurück und leiten eine Bergungsaktion für den gekenterten Zer­störer ein. Das dauert immerhin so lange, bis unsere Stukas erscheinen und den Engländern die Lust nehmen, das Fort und die Kradschützenkompanie noch weiter zu behageln.

Ein paar hundert Meter vor der Küste liegen die vernichteten Zerstörer, darunter der, der auf Konto des schneidigen Feld­webels geht. Die Fortbesatzung ist schwer begeistert von ihrem Feldwebel.

Me Kunst -es Sparens

Von Bruno Wv lfgang

Wenn alles das als Kunst angesehen wird, was gekonnt, also auch gelernt sein muß, dann darf man getrost non einer Kunst des Sparens reden. Diese Kunst mutz der Mensch oft erst spät erlernen, und zwar auf Grund eigener Lebenserfahrung Die Natur ist ihm hier kein Vor­bild. Sie ist großzügig und verschwenderisch, wie es ja auch Naturmenschen und Kinder sind.

Es ist auch dem Menschen sehr angenehm, aus dem Vol­len zu schöpfen, sich keinen Wunsch versagen zu müssen und sich um das Gleichgewicht im Haushalt nicht zu bekümmern.

Und andererseits ist es unangenehm, sparen zu müssen, sich vieles zu versagen und sich ewig mit Sorgen herumzuschla­gen. Der Ueberflutz ist ein Wunschtraum, dem die Volks­phantasie die verschiedensten Formen gegeben hat: im Tisch­lein deck dich, im Schlaraffenland und nicht zuletzt in dem berühmten Esel, der auf eine einfache, aber ungewöhnliche Art Dukaten von sich gibt, seit manchem Jahrhundert den Neid jedes Finanzministers erweckend.

Das sind schöne Träume. Die Wirklichkeit unserer Zeit heißtSparen". Heute muß ein jeder die Kunst des Spa­rens erlernen. Es gibt schon jetzt wahre Künstler des Spa­rens, Professionals, die es sogar so weit bringen, daß ihnen das Sparen Vergnügen bereitet. Und es gibt Amateure, die sparen, obwohl sie es gar nicht nötig hätten. Manche sparen aus Geiz, viele aus Armut. Blanche sind nur auf einem bestimmten Gebiet sparsam, sonst aber haben sie irgend eine Schwäche, eine kleine oder große Leidenschaft, und da rinnt, wie durch ein Loch im Topf» das mühsam Zusammengehaltene wieder aus.

Um es in der Kunst des Sparens zu einiger Fertigkeit ^ zu bringen, muß man zunächst irgend ein System in die Sache bringen. Es ist vor allem erforderlich, den Sinn des Sparens und seine Notwendigkeit zu begreifen und zu be­jahen. Denn alle Unannehmlichkeiten erträgt der Mensch leichter, wenn er sie versteht. Darum ist sehr weise vor­geschrieben, daß jedes richterliche Urteil seine Begründung haben muß.

Laßen wir also einmal unsere persönlichen Bedürfnisse zu einem Appell antreten und scheiden wir offne Vorein-

Mei Karlena hol Einquartierung

Mei Karlena Hot Einquartierong, Sanitäter ond an Grofa, dear ischt au Sanitäter. Schbäter sends Dotier. Dohoba ra aus am Preußischa send se, aber mei Karlena ischt es etzat schau gwent, dia verschtohts guat, i be no et so guat dra, dia Kerle kennat oifach koi richtigs Deitsch. Miar Schwoba ond Badenser send do vo dr Natdur doch begenschtigter, miar schwätzat wenig- schtens so, daß oin älles verschtoht. Gangat Se heit middag au mit ge ELlla füahra?, Hot mei Karlena zom Grofa gsait. Wozu soll ich gehen, sait des Eräfle wieder. Zom Eüllafüahra, sait mei Karlena. -- Kenn ich nich. Ha no, sait dr Dokter, dees ischt a Bayer, an Odel hoit außi doan. Kenn ich nich. Miar langst, sait dr Dokter, oisa baß auf, ob sie auch mitgehen, um die Abfallprodukte des Rindviehes auf den Acker zu fahren? Ah? vaschtann'n, Sie meenen: Jauche fahren? Selbstvaständ- lich mach ich mit. Gott sei Dank, mr Hend alle aufgschnauft, daß dr Graf endlich begriffa Hot om was es goht. Am Middags send dia zwoi komma, schee em Drillich ond arbeitseinsatzbereit. I hau meine Roß gnomma, 's Eiillafatz ischt vool gsei ond miar send auf da Britacker, dees ischt mei graischter beim Haus. Auf am Acker haune zom Grofa gsait, er soll ällamal hende am Zapfa zieha, bis des Faß wieder voll sei ond däa mas mit deam graußa Schapf mit am lange Stiel, längs und reachts onder de Bäum verwerfa. Doch doch, hat er gsait, dees kenn er schon, wir sollten nun ruhig das zweite Güllenfaß holen. Dr. Dokter ond i send hoim, hend's ander Faß gfüllt auf am Waga ond wieder naus. Wia mr naus kommat, schtoht do dr Graf ond senniert de ganze Zeit en oi Loch nei. Ha no, haune gsait, was isch denn, ischt dia ganz Eülla schau vrworfa?,, das nich, ich Hab noch gar nich angefangen, ich wollte da mit dem Schapf mal umrühren und ist mir mein Ring in die Masse ge­fallen und nun trau ich mich nich, das Zeug auszuwerfen, vielleicht ist der Ring mit bei und ich krieg ihn nicht wieder. Ha, haune gsait, dees ischt aungschickt, wa machat dr do. Zom Glück handelt fichs en deem Fall bloos oms Auswurffäßle, do kennat mr noits macha, als daß mr halt jedan Schapf voll ondrsuachat, ob dr Reng drbei ischt, anders woitz i noits.

Aus Kameradschaft mach i mit, sait dr Dokter, Herr Knöxfle,

etzat müassens Eahne hoid a bissel geduldn, dees wern ma schon glai hobn.

Mit zwoi Holzschtecka hend dia Zwoi geduldig Schapf om Schapf ondersuacht ond's Glück ischt ehna au no hold gsai, em zehnta Schapf ischt dr Reng gsai. Dees kon i dr fei söge, Gros, Hot dr Dokter gsait, heidzmiddag kon i nix eassn, so hob i den Odl noch in dr Nosn, do muaßt Heid zoabed em Ochsan an Roscht- brotn bschtein. Aber sicher und gerne, Hots Gräfle gsait, dett Ham wa vadient. Wia ne meir Karlena dees Deng vrzellt hau, auhne daß dia boide dees ghairt hend, Hot se doch au an Scholla nausglachat ond gsait, ma sieht halt doch, daß gebildete Leit send.

Voar a baar Däg send se furt komma,ma Hot et gwißt mona, ond mei Karlena Hot Rotz ond Wasser gheilat, wia se Adje gsait hend, i hau au et viel gschwätzt, miar isch bloos so komisch voarkomma.daß dees Eräfle sein Affa Hot schiar et vrschloifa kenna. Wia ne en mei Raicherkammer nausguck, na haunes begriffa, i glaub mei Karlena Hot de halb Sau deane Soldata neipackt ond miar kennat em Sommer no wieder schnarrmaula, wenn ma ens Feld muß. So ähnlich haune zua meira Karlena gsait, etzat sait dia ganz erbost, wiaso, dia müassat doch au ens Feld ond ganz anderscht, als miar em Sommer no wieder. S'ischt et so gmoit, haune gsait, aber eisane Soldata send so guat verpfleagt, dees woiß e aus Erfahreng, daß mana außer Schleckwar zom Eaffa noitz schicka oder eipacka braucht.-Ah wa, Hot mei Karlena gsait, zom Gräfle haune ausdrücklich gsait, dr soll zua seim Barras au ällamal wieder a Schtückle Rauchfleisch na- drucka, dr schlupf no besser, dear Barras. Als ob se sealber Soldat gsei wäar, so bewandert ischt mei Karlena von ihrer Einquartiereng her mit am Kommisbrauch.

Se hend sech et schleacht bedankt, dia zwoi, wia se dieser Dääg furtkomma, ma Hot halt doch gseah, daß es lauter anschtändige Kerle send. Mei Karlena Hot Rotz und Wasser gheulat, daß so a jongs Bluat etzat ens Feld soll, ond blich weils dia donderschlächtige Engländer so hau wellet.

(Aus demSchwarzwälder Boten").