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Ragolder TagblattDer Gesellschafter'

Dienstag, den 1t. Mai 1910

Bericht des Reichsministers des

Berlin, 29. März 1940.

Auszug aus dem Bericht

1. Schon während des Weltkrieges arbeitete der englische Nach­richtendienst nicht nur mit dem England verbündeten Belgien eng zusammen, sondern er konnte sich der Unterstützung matz- gcblichster amtlicher Stellen des auch damals neutralen Hol­lands versichern. Auch damals konnte England und der eng­lische Nachrichtendienst mit bewußter Unterstützung des neu­tralen Holland seinen Krieg mit den Mitteln der Zersetzung, Bestechung, Sabotage und Blockade führen.

2. Es ist bekannt, daß nach dem Weltkrieg diese enge Arbeits­gemeinschaft mit dem neutralen Holland und mit dem heute neutralen Belgien nicht aufgegeben wurde, sondern bestens aus­gebaut und mit Duldung amtlicher Stellen immer weitergesiihrt wurde und heute den englischen Befehlen gehorchend, mit Hoch­druck arbeitet.

Die Organisation des Secret Intelligence Service, die mit Offizieren, Vertrauensmännern und englischen sowie ausländi­schen Agenten in England mehr innerpolitische Funktionen, außerhalb des englischen Weltreiches nachrichtendienstliche, wirt­schaftspropagandistische und Sabotagefunktionen politischer und militärischer Art ausübt, wurde bisher von dem am 4. November 1889 verstorbenen Admiral S i n c l a i r (C. S. S.) geleitet. Die Geschäfte hat zurzeit sein ständiger Vertreter, Oberst Stuart Menzies, übernommen. Das organisatorische Gerippe im eng­lischen Reich wie in den außerenglischen Ländern bilden die sog. Paßstellen (Patzport-Control-Office-P. C. O.), an deren Spitze je­weils erfahrene Nachrichtenoffiziere stehen, die zur Tarnung .amtlich beglaubigte diplomatische Beamte sind. Wie z. B. Dun- derdale in Paris, Pearson in der Schweiz, war Major Stevens als Paßport-Control-Officer bei der englischen Gesandtschaft in Den Haag als deren erster Eesandtschaftssekretär offiziell be­glaubigter Diplomat.

Als wichtige Ergänzung dieseramtlichen" Nachrichtenorgani­sation der P. C. O. gibt es eine unmittelbar von London aus geleitete Sonderorganisation im S. I. S. zuweilen auch Z-Organisation genannt, in der eine maßgebliche Rolle der frühere Paßport-Control-Officer Colonel Dansey in der Schweiz spielt. Diese Sonderorganisation übernimmt poli­tische Aufträge von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig obliegt ihr eine gewisse Form der internen lleber- wachung des Service selbst.

Die Z-Organisation steht in Friedsnszeiten in keinem Zu­sammenhang mit den P. C. O.s und kann im Kriege im Bedarfs­falls zur technischen Sicherstellung einer Kurierverbindung und zur Vermeidung von sich gegenseitig gefährdender Agenten­doppelarbeit mit der P. C. O.-Organisation gekoppelt werden. Dies hatte man in Holland durchgeführt. Wichtiger Beauf- rragter dieser Z-Organisation war der im Haag befindliche Mister B est mit dem Sitz in Den Haag, der wie bekannt schon im Weltkrieg als Eeneralstabshauptmann in Holland im englischen Nachrichtendienst tätig war. Cptn. Best übte als Mann dieser Sonderorganisation unter ausgesprochener kauf­männisch-wirtschaftlicher Tarnung unter Benutzung seiner jahre­langen Holland-Erfahrung, seine Tätigkeit im Rahmen einer von ihm gegründeten Holding-Gesellschaft aus. Die Holding- Gesellschaft ist die Aktiengesellschaft der N. V. Haandelsdienst vcor Het Continent, Continental Trade Service. Firmenteil- haber sind die Holländer Heus und van der Willi k. Sein Komplice war vor allem van der Willik, der politischen Nach­richtendienst und aktive Spionage zu Ungunsten Deutschlands laufend verübte. Das Büro der Gesellschaft befand sich in Den Haag, Nielwe Uitlege.

Bests Arbeit ist typisch für die Methoden des englischen Ge­heimdienstes: Die wichtigsten Auskünfte durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Verbindungen h'erauszuarbeiten. Seine Be­ziehungen zu holländischen Regierungsstellen, offiziell wie in­offiziell, waren äußerst gut und wurden verstärkt durch seine gesellschaftlichen Verbindungen, die ihm seine holländische Frau (die Tochter des bekannten holländischen Generals van Rees) als Porträtmalerin sie malte den verstorbenen Prinzgemahl Heinrich und im Aufträge des englischen Königs die Prinzessin der Niederlande schaffte, falls die kaufmännischen oder ille­galen nicht ausreichten. Vor Kriegsbeginn stand Cpt. Best un­mittelbar mit London bzw. mit dem Leiter der Z-Stelle in Brüssel (Dansey) in Verbindung. Dansey war im Laufe einer Woche drei Tage in London und Stevens drei Tage in Brüssel! Kurz vor Kriegsbeginn wurde Cpt. Best mit Major Stevens zusammengekoppelt. Cpt. Best benutzte von diesem Zeitpunkt ab die technischen Vergünstigungen (Kurier, Code Telegramm pp) der P. L. O.-Dienststelle des Majors Stevens.

In der Dienststelle des Majors Stevens sind tätig: 1. Cptn. zur technischen Vereinfachung der Arbeit durch Befehl Londons Kendricks, früher belgischer Staatsangehöriger, jetzt Eng­länder, war Vertreter von Stevens. Er ist der Hauptverbin­dungsmann als früherer belgischer Staatsangehöriger, der auch während des Weltkrieges in der belgischen Armee gedient hatte, zum belgischen Nachrichtendienst und dem P. C.-Ofsicer Oberst Calthrope. 2. Cptn. Rodney Dennys, offizieller Bearbeiter der Paßkontrolle und Leiter der Ueberwachung. 3. Cptn. Lionel Loews, Jude, Bearbeiter der Heeresfragen und Haupt­verbindungsmann zum holländischen Eensralstab. 4. Vrin - t-rn, pensionierter holländischer Polizeibeamter, mit hervor­ragendsten Beziehungen, ist der eigentliche Hauptagent und Agentenwerber (Recruter), seit dem Weltkriege in englischen Diensten; Verbindungsmann zu sämtlichen holländischen Polizei­behörden. 5. Newhouse, britischer Pilotoffizier (Luft­nachrichten). 8. Posthuna, Holländer, Agent und Paß­kontrollen!. 7. Rhodes, 8. Steetman, 9. Brewer, Eng­länder, die rein nachrichtendienstlich unter der Tarnung des Paß­kontrolle! tätig waren. 10. Jnman, 11. Wal sh, Funker der Dienststelle. Das Büro befindet sich in Den Haag, Nieuwe Parklaan 57.

3. In Holland bedient sich der englische Nachrichtendienst, sofern er nicht in der Lage ist, deutsche Verräter anzuwerben, überwiegend holländischer Staatsangehöriger zur Erfüllung sei­ner Aufträge in und gegen Deutschland. Nach der gleichen Methode verfährt der S. I. S. auch in Belgien, wo man sich überwiegend der Belgier bedient.

Das englische System kann nur wirksam arbeiten, weil es die restlose Unterstützung und Billigung seiner Arbeit maßgeblicher, amtlicher, militärischer und politischer Stelle» Hollands und Belgiens genießt.

Aehnlich dem selbstverständlichen Nachrichtenaustausch zwischen Ttevens und seinem französischen Kollegen in Holland, Major "utat, über alle militärischen und politischen Nachrichten aus Deutschland, hatten auch Stevens und Trutat mit Genehmigung des Oberkommandos der holländischen Land- und Seestreitkräfte k'ven solchen Austausch mit dem inzwischen aus seinem Dienst entlassenen Chef des holländischen Informationsdienstes im niederländischen Eeneralstab. Generalmajor van Oorkckiot. ver-

ilen des Secret Service

Innern an die Reichsregierung

embart. Erleichtert wurde diese Aufgabe dadurch daß Oorfchots Frau Engländerin und er selber Vorsitzender der holländisch­englischen Gesellschaft in Den Haag ist. General van Oorschot Hai Stevens die Bekanntschaft des Juden von Blankenstein, eines fanatischen Deutschenfeindes, vermittelt, und zwar in voller Kenntnis der Tatsache, daß Stevens nachrichtendienstliche Ver­bindungen gegen Deutschland suchte. General von Oorschot trat stets gegen jedermann als gewichtiger und ehrenwerter Zeuge iür die ausschließlich gegen Deutschland gerichtete Tätigkeit des britischen Nachrichtendienstes in Holland ein. Dieses Bild wird durch die Tatsache abgerundet, daß der Leiter des holländischen Nachrichtendienstes, der Angehöriges des holländischen General­stabes van Oorschot, für den britischen P. C. O. in Den Haag die Agentennummer 930 führte.

Die gleiche Zusammenarbeit besteht über den Austausch von Nachrichten zwischen dem belgischen und französischen Nachrichten­dienst sowohl als auch dem englischen Nachrichtendienst mit dem Chef des belgischen General st abes, Gene­ralmajor Michem bzw. dem Lieutnant-gensral van den Bergen E. N., Verbindungsoffizier zum holländischen General­stab. Cpt. Lionel Loewe arbeitete als Spezialist für Heeres­fragen besonders eng mit seinem Kollegen, dem holländischen Hauptmann Olifiers, zusammen, der wiederum besonderer Spezialist in Fragen der deutschen Wehrmacht im niederländi­schen Eeneralstab war bzw. ist. Major Roseboom, Leiter des holländischen militärischen Nachrichtendienstes (Abwehr), stand und steht noch in Verbindung mit dem nächsten Mitarbeiter und jetzigen Vertreter des Stevens, Hendricks, die beide aufs engste lausend gut Zusammenarbeiten. Verbindungsmann des franzö­sischen Nachrichtendienstes zum holländischen Eeneralstab ist Major Trutat, der wiederum besonders eng mit seinem Kollegen, dem Major van der Plaasche, im holländischen Eene­ralstab, zusammenarbeitet und darüber hinaus gut befreundet ist.

Auf diesem Wege erhielten wie die Aussage der beiden hier in Haft befindlichen Nachrichtenoffiziere bestätigt Eng­land und Frankreich maßgebliches Geheimmaterial über wichtige Dislokationen der deutschen Wehrmacht. Best charakterisiert die Zusammenarbeit wörtlich wie folgt:Stevens arbeitete in Holland so, als ob er Offizier des holländischen Eeneralstabes gewesen sei."

Die Zusammenarbeit mit dem englischen Nachrichtendienst- osfizier Cptn. Dunderdale in Paris war naturgemäß sehr eng. Cpt. Dunderdale zog z. B. gemeinsam mit Major Stevens und Cpt. Best ein Agentennetz in Deutschland auf.

Besonders wichtig in der Arbeitsverbindung zwischen Major Stevens und Cpt. Best und Cpt. Dunderdale war ein ehemaliger holländischer Marineoffizier namens Paul Koster, der in Frankreich lebt. Er ist von Beruf Waffenhändler (Millionär). Koster hat hervorragende Verbindungen zur holländischen Wehr­macht. Seine Freundschaft mit dem holländischen Vizeadmiral I. Th. Furstner auch eng befreundet mit Carstens ist so eng, daß er diesem den Plan eines Marine-Küsten-Nachrichten- d'enstes für die Engländer, gegen Deutschland gerichtet, bis ins einzelne mit Agenten, Sendern und Kurierwegen ausgearbeitet, vortrug. Admiral Furstner deckte das Vorgehen des Koster. Für Sabotageakte stellte er laufend Agenten.

Daß aber nicht nur das Oberkommando der hollän­dischen Land- und S e est r eitkr äfte bewußt mit Eng­land gegen Deutschland arbeitete, sondern auch andere maßgebliche Stellen gleichfalls mit England zusammenwirkten, erhellen folgende Tatbestände:

Der holländische Justizminister des Jahres 1938, Dr Goeseling, war es, der auf Ersuchen des holländischen Gene­ralstabes dem Wunsche Stevens' entsprechend die Enthaftung dos im Aufträge Englands arbeitenden und in Dänemark wegen englischer Spionage verhafteten Emigranten und Schiffssabo­teurs Poetsch veranlagte. Poetsch unterhielt im Auftrag des englischen Nachrichtendienstes ein ausgebautes Netz von Sabo­teuren u. a. auch in den nordischen Ländern, das eine dauernd erhöhte Abwehrtätigkeit bis zu seiner Verhaftung in Dänemark erforderlich gemacht hatte.

So wie in Holland arbeitete der Service auch in Bel­gien mit den amtlichen Stellen.

4. Der Tradition und den Erfahrungen der englischen Politik und des englischen Geheimdienstes entsprechend, versucht die Londoner Zentrale (hier Lord Halifax) seit längerer Zeit, mit allen Mitteln Verbindung zu deutschen Oppo­sitionsgruppen aufzunehmen, mit dem Ziel, die natio­nalsozialistische Regierung zu stürzen. Nach der Vorstellung der überwiegend von Emigranten unterrichteten englischen Re­gierungskreise soll in Deutschland eine genügend starke Oppo­sition bestehen. So erhält im Oktober 1939 Cpt. Best von der Zentrale in London den Auftrag, Verbindungen mit Mittels­männern aufzunehmen, die bis dahin über den deutschen Emi­granten, früheren, Zentrumsmann und Ministerialdirektor Karl Spiecker an der englischen Z-Organisation angekoppelt ge­wesen war.

Best erhält folgenden Auftrag: Vertiefung der Verbindung zur deutschen Opposition, möglichst Verhandlung mit einem von allen Oppositionellen in Deutschland bevollmächtigen hohen Be­auftragten; Ziel der Verhandlung sollte sein: Völliger politischer -Umsturz in Deutschland, Beseitigung des Führers und seiner engsten Mitarbeiter, Friedensschluß gemäß den englischen Kriegs­zielen, d. h. Wiederherstellung des Status quo, insbesondere hin­sichtlich der Tschechoslowakei. Oesterreichs, Danzigs, Polens usw. Grundgedanke war, das; England in der Wiederholung früherer Eedankengänge durch innerdeutschen Umsturz den Krieg, den es fürchtete, militärisch nicht führen zu können, zu seine« Gunsten entscheiden wollte.

Sicherheitsdienst der (( und Geheime Staatspolizei erhielten rechtzeitig durch ihre Nachrichienverbi-.dungen Kenntnis von diesen Plänen, schalteten sich ein und meldeten den Vorgang der

Reichsregierung. Die Reichsregierung befahl das Wcitersprslen dieses von England erstrebten Umsturzplanes, dis und einschließ­lich der Arretierung der englischen Nachrichtenoffiziere zum doku­mentarischen Beweis.

Stevens erkannte die hohe politische Bedeutung dieser Ver­handlungen und bemühte sich darum, daß die Londoner Zentrale (Sinclair bezw. Halifax) die Verhandlungen dem englischen Ge­sandten in Den Haag, Sir Biens, übertrüge. London lehnt in Uebereinstimmung mit der Ansagung dcs -nglijchen Gesandten diese Uebertragung ab und beau weiterhin den englischen Nachrichtendienst mu den Vw.,.mS!ungcü mit dem Befehl, lau­fend telephonische und telegraphische Unterrichtung zu --eben.

Zur reibungslosen Durchführung dieser wichtigen Umsturzver­handlungen (in der Note des englischen Außenamtes alsFrie­densverhandlungen" zugegeben!) sucht Stevens den General von Oorschot auf und unterichtet ihn über den beabsichtigten Umsturzplan van Oorschot unterrichtet den Chef des Stabes des Oberkommandos der holländischen Land- und Seestreitkräfte Carstens, und der.n Vorgesetzte über die Absichten deo englischen Geheimdienstes und beteiligt sich auf Wei­sung seiner Vorgesetzten durch Entsendung des holländischen Ke- neralstabsoffiziers Klcp an den Umsturzverhandlungen, wobei er diesem ganz bestimmte Weisungen gab: 1. alle Kontrollschwie- rigkeiten im Zusammenh,ng mit den Umsturzverhandlungen zu beseitigen; 2. den persönlichen Schutz der englischen Nachrichten­offiziere zu garantieren und 3. feine Vorgesetzten laufend über den Stand des Umsturzplancs zu unterrichten.

Um die Partnerschaft des neutralen Hollands an diesen llm- sturzverhandlungen auf seiten Englands auch den deutschen Mit­telsmännern zu verheimlichen, erhielt der holländische Gene­ralstabsoffizier Klop von General van Oorschot vor­sorglicherweise den Auftrag, als englischer Offizier aufzutreten und den englischen Decknamen Cpt. Copper an­zunehmen.

Durch Vermittlung und Unterstützung des Klop konnte es zum fünfmaligen Zusammentreffen von Stevens, Best, Copper (in Wirklichkeit Klop) mit den deatichen Mittelsmännern, und zwar am 21. Oktober in Zutphea und Arnheim am SO. Oktober in Den Haag, am 7. November in Backhus bei Vcnlo, am 8. No­vember in Backhus bei Venlo, am 9 November in Vackhus bei Venlo, kommen.

Bei allen Zusammenkünften war Copper-Klop zugegen, be­teiligte sich aktiv an den Verhandlungen, beseitigte alle polizei­lichen und soweit holländisches Operations- und Ueberschwem- mungsgebiet gegenüber der deutschen Grenze berührt wurde auch militärische Kontrollschwierigkeiten durch persönliches Ein­greifen. Kopper-Klop erwirkte die Freilassung der vermeintlichen Mittelsmänner der deutschen Opposition, als sie zur Feststellung ihrer Identität auf holländischem Boden einmal verhaftet wor­den waren. Er übergab auch den deutschen Mittelsmännern eine mit Copper unterschriebene Bescheinigung, in der alle hollän­dischen Organe ersucht werden, dem Inhaber dieser Bescheinigung die Möglichkeit zu geben, eine Eeheimnummer in Den Haag (558, 351) anzurufen: die Nummer des englischen Geheimdienstes.

Für die beiden letzten Zusammentreffen hatte Copper-Klop nach seinen eigenen und der Engländer Angaben zur Vorsicht ermahnt und gewarnt, eine größere Anzahl holländischer Ee- heimposten zur Sicherung vorgezogen. Er war es auch, der beim letzten Zusammentreffen in Erkenntnis der unangenehmen Fol­gen seiner drohenden Verhaftung als erster Feuer gab.

Die Verhandlungsgrundlage bildeten die von der englischen Regierung durch Funkspruch an Best gegebenen und von diesem den deutsche» Mittelsmänner» übergebene» Weisungen. Diese Weisungen basierten ans folgenden englischen Vorschlägen: Be­seitigung des Führers, Beseitigung des-heutigen deutschen Re­gimes sowie aller führenden Männer und Ersetzung durch eine England genehme Regierung. Ferner wurde bei den Bespre­chungen verlangt die Aufgabe der derzeitigen deutschen Wirt­schaftspolitik und die Rückkehr Deutschlands zum Goldstandard. Wie aus diesen Verhandlungen hervorging, war das Endziel der britischen Forderungen nicht nur die Rückkehr zum Versailler System, sondern darüber hinausgehend die Auflösung des Reiches und die Errichtung eines föderativen Staatensystems; Deutsch­land sollte aus alle Zeit ohnmächtig gemacht werden. Die deut­schen Mittelsmänner gingen scheinbar auf den Plan ein, sie be­hielten sich die Genehmigung derdeutschen Oppositionsführung" vor; daraufhin wurden sie von den Engländern ersucht, einen hohen Bevollmächtigten beizuvringen, der sich mit den englischen Agenten nochmals in Holland treffen sollte.

Nachdem die englischen Agenten diesen Berhandlungsverlauf an die britische Regierung durch ein Telephongespräch des Herrn Stevens nach London im Beisein eines der vermeintlichen deut­schen Oppositionsmitglieder berichtet hatten, erklärte der der- malige Chef des englischen Nachrichtendienstes, Admiral Sin­clair, telephonisch das Einverständnis des eng­lischen Außenministers Lord Halifax mit dem bis­herigen Gang der Verhandlungen.

Stevens gab nunmehr zur gefahrloseren Aufrcchterhaltung des Verkehrs wie bereits bekannt ein englisches Sende- und Empfangsgerät und einen Geheimcode, um mit der im Haag stationierten, unter dem belgischen Rufzeichen ON 4 arbeitenden englischen Leitfunkstelle Verbindung zu halten.

In Ausführung des ihnen erteilten Befehls gelang es dem Sicherheitsdienst des Ne'chsführers U und der Geheimen Staats­polizei unter Vortäuschung von Grenz- und Veobachtungsschwie- rigkeiten die Engländer dreimal in ein als Schmugglerlokal bekanntes Gasthaus nach Venlo zu locken, 10 Meter von der offiziellen Grenze entfernt. Befehlsgemäß arretierten sie hier nach einem Feuergeiecht den englischen Nachrichtenoffizier, de« fchwerverwundetcn holländischen Gcneralstabsoffizier und den holländischen Chauffeur der englischen Nachrichtenoffiziere» Lem- mens.

In dem festen Glauben, mit einerdeutschen Oppositions­gruppe" Verbindung zu haben, läßt der Vertreter Stevens' in Den Haag, Cptn. Hendrick, noch am 16. November 1939, also sieben Tage nach der Verhaftung von Best und Stevens um 12.30 Uhr mittags der vermeintlichen deut-

Rsichsminister des Auswärtigen von Ribbentrop sprach im Aus­wärtigen Amt zu den Vertre­tern der in- und ausländischen Presse über die neue politische Lage.

(Presse-Hoffmann. Z.-M.-K.)