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Nagolder Tagvlatt „Der Gesellschafter'
Dienstag, den 30. April ISt«
Franz Lehar
Zu seinem 7V. Geburtstag am 3V. April 1S4V
Von Professor Dr. Karl Heinz Dworczak.
'„Lanzi will!" Das waren die ersten Worte, die Franz Lehar als Kind herausbrachte. Ja, er will mit seiner Musik ernst genommen werden: „Wenn ich eine Operette komponiere, denke ich an moderne Opern; andere erinnern sich dabei alter Operetten." Seine ersten Arbeiten waren denn auch durchaus ernster Natur. Sonaten, einige Violinkonzerte, ein Capriccio, eine romantische Serenade für Violine mit Streichquartettbegleitung sowie die Opern „Rodrigo" und „Tatjana". Doch war diesen Kompositionen kein dauernder Erfolg beschieden; der ehrgeizige Militärkapellmeister vollzog daher im Jahre 1903 eine entscheidende Schwenkung zur leichten Muse: „Wiener Frauen", „Der Rastelbinder". Immer wieder aber zog es ihn auf die andere Seite, und so entstanden im Verlauf der Jahrzehnte auch Operetten, die er bewußt als drammatische Musik gewertet wissen wollte: „Endlich allein", „Der Zarewitsch" und „Giuditta".
Franz Lehar ist uns mehr als ein Name; er wurde ein Begriff. Wo blieb der unbekannte Geiger, der am ersten Pult des Theaters von Barmen-Elberfeld saß, glücklich über die 150 Mark, die ihm zu Monatsbeginn ausbezahlt wurden. Der unscheinbare Militärkapellmeister des österreichischen Infanterieregimentes Nr. 26 konnte nach einem bewegten Wanderleben endlich in Wien Fuß fassen, das auch jeinen Vater so mächtig angezogen hatte. Schon damals erklärte er, sein Sinnen und Trachten sei, sich einen Namen zu machen. Heute steht der Siebzigjährige auf dem Gipfel seines Ruhmes. Der begann mit dem Nechledil-Marsch, dem Girardi zur Volkstümlichkeit verhalf. Seit zwei Jahrzehnten gilt Lehar als der „Puccini der Operette". Er hat sich in der Tat alle Erdteile erobert. Franz Lehar vermochte bis schon tot geglaubte Operette zu neuem Leben zu erwecken, er hat sie durch sein begnadetes Künstlertum geadelt, indem er sein Talent an ihr steigerte. Ungeheurer Fleiß, Ehrgeiz und restlose Hingabe zwangen ihn, sich selbst das Letzte abzuringen. „Die Operette", das betont er immer wieder, „stirbt nicht; es sterben nur die, die mit ihr nichts anzusangen wissen, die Klischeeschreiber und Nachbeter. Jeder wahre Künstler ist ein Tunnelsprenger, durch den dunklen Berg zum Licht. Neue Stoffe, neue Menschen, neue Formen. Ein Künstler kann kein Mandarin der Tradition sein wie Herr Tschang. Ein Künstler muß ein Führer aus unbekannte Gipfel sein. Er steigt voraus, die anderen kommen langsam nach, je nach Temperament und geistiger Gesundheit. Es gibt keine letzte Welle der Kunst, so wie es keine letzte Welle in der Traun gibt, die an meiner Villa vorbeisließt. Eine einzige Instanz gibt es nur, vor der ich mich beuge, das ist mein Gewissen."
Der Weg zum Erfolg ist immer hart und schwer. So war es auch bei Lehar. Aber geradeaus ist er seinen Weg gegangen, sobald er ihn einmal als den richtigen erkannte. Hellsichtig fast, möchte man sagen, unbekümmert und allen denen zum Trotz, die ihm ihre Ratschläge und Erfahrungen ausdrängen wollten. Er komponierte seine Musik für wirkliche Sänger und erwies sich auch dadurch als ein erfolgreicher Neuerer, der Schule machte. Seine Musik ist, wenn auch „nur" für die leichte Muse geschrieben, wirkliche Kunst. Lehar ließ selbst in der Zeit der Alleinherrschaft des Jazz die Geigen singen wie ein Johann Strauß. Diese Feststellung sei doppelt unterstrichen.
Seine Musik ist melodische Süße, ist weiches Dur-Moll, das — am deutlichsten im „Zarewitsch" — vom Sehnen der endlosen Steppe mit dem Zauber ihrer Tiefeinsamkeit spricht. Und wir erinnern uns, daß Lehar schon mit sechs Jahren sein erstes Lied schrieb. Er widmete es der Mutter. Es beginnt mit den Worten: „Ich fühle, daß ich tief innen kranke." Mit der gleichen Schwermut singt im „Land des Lächelns" Sou-Chong: „Doch wie's da drinnen aussieht, geht niemand was crn." In diesem leisen Hauch von slawischer Schwermut liegt auch der unnachahmliche und unwiderstehliche Zauber von Lehars Musik.
Berühmt wurde Franz Lehar durch die „Lustige Witwe".
Im Dezember 1905 hatten die Direktoren des Theaters in Wien, als ihnen der Fünsunddreißigjährige diese Operette vorspielte, enttäuscht ausgerusen: „Das is ka Musik!" Das ablehnende Urteil aber konnte nicht verhindern, daß nach der Uraufführung das Publikum das Vilja-Lied und die anderen Schlager vor sich hinsummte, daß die Operette einen Siegeszug durch die ganze Welt antrat und bis heute über dreißigtaüsend Aufführungen erzielte. Nicht genug an dem. Das Werk wurde bahnbrechend für den Stil und die Geschichte dieses Genrees. Daß Lehar damit auch das Orchester der Operette gehoben und ihm eine entscheidende Nolle zugewiesen hat, darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.
Lehar hat nie die Feile aus der Hand gelegt. Er geizte mit der Zeit wie selten einer und opserte, wie jeder Ganze, sein Herz auf dem Altar der Kunst, damit sich Millionen an seinen Tönen erfreuen. Seine werbende, zärtlich bestrickende und suggestiv wirkende Musik mit ihrer farbigen Melodik, mit dem Schmeicheln und Glühen des Orchesters sviegelt die schwermütige Lyrik des Slawen, das feurige Blut des Ungarn und den lebensbejahenden Rhythmus der Stadt um den Stefansturm wider, und sie verrät, daß sie mit Herzblut und restloser Hingabe geschrieben wurde. Nur dadurch ist aus dem einstigen kleinen Militärkapellmeister der große Franz Lehar geworden.
Nächtlicher Neberfall
Reiseerzählung von Sven Hedin
Der große Forscher und treue Freund Deutschlands, Sven Hedin, beging vor kurzem seinen 75. Geburtstag.
Unser heutiges Nachtquartier lag offen auf der flachen Landzunge zwischen den Seen, nur im Südosten erhoben sich etliche niedrige Hügel. Menschenspuren hatten wir nicht gesehen und die Hunde verhielten sich völlig ruhig; die Gegend schien also vollkommen sicher zu sein. Gegen 5 Uhr erhob sich ein heftiger Nordsturm, der ganze Wolken von Sand und Staub über den See und Lagerplatz hinjagte. Wir hielten uns daher in unserem Zelt, wo wir plauderten und rauchten, bis wir um 8 Uhr nichts Besseres zu tun wußten, als uns schlafen zu legen. Oerdek sollte zweihundert Schritt westlich vom Lager die ganze Nacht unsere Tiere bewachen, damit wir noch einmal, zum letztenmal für lange Zeit, ruhig ausschlafen konnten; am Morgen sollte er auf einem der vier Pferde nach dem Hauptquartier zurllckreiten.
Um Mitternacht wurde das Zclttuch zurückgeschlagen; Oerdek, auf allen Vieren kriechend, steckte den Kopf herein und zischelte mit bebender Stimme: „Ein Mann ist dagewesen!" Wir griffen sofort zu den Waffen und stürzten in die Nacht hinaus. Der
Geflügelzüchterin ein dankbarer und aussichtsreicher Frauenberuf
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Sturm tobte mit ungeschwächter Heftigkeit, der Mond glänzte matt zwischen schnell dahineilenden, zerrissenen Wolken. Oerdek führte uns zu den am entferntesten weidenden Pferden, zwischen denen er eine dunkle Gestalt hatte herumschleichen sehen. Bei diesem Anblick hatte unser Held vollständig den Kops verloren, und statt Lärm zu schlagen, war er zu uns ins Zelt gerannt. Wir kamen infolgedessen zu spät. In dem matten Mondlicht sahen wir eben zwei dunkle Reiter, die zwei ledige Rosse vor sich herjagten, über die Hügel davcnsprengen. Schagdur schickte ihnen ohne Erfolg eine Kugel nach. Er, Oerdek, und der Lama verfolgten die Spur, während ich bei den übrigen Tieren blieb, die vielleicht von einer ganzen Räuberbande umringt waren. Nach einer Stunde aber kamen die drei wieder, ohne natürlich in der Dunkelheit sonst irgend etwas Verdächtiges gefunden zu haben.
Wir gingen zu der ruhig weidenden Herde zurück; alle fünf Maulesel und die beiden schlechtesten Pferde waren da, aber mein Reitpferd, mein treuer Schimmel, und Schagdurs Falber waren fort. Wie der Ueberfall vor sich gegangen war, ergab sich am Morgen deutlich aus den Spuren. Drei tibetische Reiter, gewerbsmäßige oder Gelegenheitsdiebe, hatten uns augenscheinlich den Tag über verfolgt bis zu unserem Lager. Während wir im Zelt schliefen, war einer von ihnen in einer versteckten Bodenfalte gegen den starken Nordwind nach der Herde hingekrochen; durch plötzliches Aufspringen hatte er die beiden nächsten Pferde scheu gemacht und nach dem Ufer hingejagt; dort waren die zwei anderen Räuber mit ihren Pferden zur Hand, worauf alle drei über die Hügel flüchteten.
Nie in meinem Leben fühlte ich eine solche Wut in mir, wie über diesen Diebstahl, der sich vor der Na>e des Nachtwächters und obendrein zweier großen, bissigen Hunde in aller Gemütlichkeit abspielte! Zuerst hatte ich nur den einen Gedanken: die Reise nach Lhasa aufzuschieben, die Schurken zu verfolgen und sie ihren Streich teuer büßen zu lassen. Den einfältigen Oerdek, der sich sonst bisher sehr tüchtig erwiesen hatte, gebührend auszuzanken, vergaß ich in meiner Erregung ganz. Auch Schagdur war außer sich, die Flinte brannte ihm in den Händen. Als ich dann aber mit wiedergewonnener Ruhe die Sachlage erwog, sah ich das völlig Aussichtslose dieses Planes. Die Tibeter waren selbstverständlich so klug, nicht vor dem nächsten Abend zu rasten. Sie mit unseren ermüdeten Tieren in unbekanntem Gelände einzuholen, war ganz unmöglich; unsere beiden besten Nenner hatten sic ja mitgenommen! Und wenn zwei von uns sie verfolgten und zwei im Lager blieben, zersplitterten wir unsere geringen Streitkräfte gerade jetzt, da wir offenbar unter feindlicher Beobachtung standen Wir mußten noch froh sein, daß sich die Räuber mit zwei Pferden begnügt hatten; wäre ich an ihrer Stelle gewesen — so tröstete ich jetzt Schangdur, der den Verlust seines mit besonderer Liebe gepflegten Tieres nicht verschmerzen wollte —, ich hätte alle vier genommen, um jede Verfolgung unmöglich zu machen. Nein, da war nichts mehr zu machen. Jeden Augenblick konnten wir eines neuen Ucker, alles gewärtig sein; es galt also, unausgesetzt und besser als vorher die Augen offenzuhalten.
Aus dem Schlaf wurde diese Nacht nichts mehr. Wir setzten uns, in unsere Mäntel gehüllt, um ein kleines Kohlenfeuer, zündeten unsere Pfeifen an und plauderten, wahrend unheilverkündende Wolken in eilender Fahrt unter dem Monde hinsegelten. Nachher wurde Tee gekocht, üer nebst Reis und Brot unser Frühstück bildete. Beim ersten Morgengrauen sattelten wir die beiden uns gebliebenen Pferde und den Maulesel des Lamas und packten unsere Sachen zusammen.
Als das Morgenrot die unbekannten Hügel im Osten purpurn färbte, saß Oerdek weinend am Feuer. Er flehte und bat, uns begleiten zu dürfen, statt allein, und noch obendrein jetzt zu Fuß, 70 Kilometer zurücklegen zu müssen durch dieses heimtückische Land, wo Räuber wie Schatten aus der Erde ausstiegen. Als ich jedoch fest blieb, bat er, wenigstens den Revolver mitnehmen zu dürfen. Auch das mußte ich ihm versagen, denn jetzt wußten wir ja, daß wir selbst der Feuerwaffen bedürfen könnten. Auf ein Blatt Papier schrieb ich einige Zeilen an Sirkin und empfahl ihm, größte Wachsamkeit zu beobachten. Ferner befahl ich, Tscher- don, Li Loje und noch einer sollten eine ganze Woche daran wenden, unter Oerdeks Führung d-.e Spur der Pferdediebe zu verfolgen.
(Mil besonderer Genehmigung des Verlags F A. Brockhaus. Leipzig, dem Werk „Abenteuer in Tibet" von Sven Hedin im Auszug entnommen.)
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Karner
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(66. Fortsetzung.)
Mit diesem Ergebnis mußte der Minister nach Berlin zurückfahren. Sein Bericht erregte die größte Sensation.
Wo aber war Karner gewesen?
Die Berichterstatter überliefen Hallendach, der aber niemand vorließ. Mit steinernem Gesicht tat er seinen Dienst.
Wenn er durch die Hallen schritt, sahen die Arbeiter scheu zur Seite. War das der allzeit frohgemute Hallenbach, der Chef, den sie alle liebten?
Keiner sah ihm an, was in seinem Innern vorging. Er litt gleich Anne Walthaus Höllenqualen um Karner. Das Warten, das endlose, bange Warten riß und zerrte an seinen Nerven.
Es war ein Wunder, daß er noch die Kraft zum Schaffen fand.
Tag um Tag verging, und Hallendach fragte Karsavari, der säst nicht von Karners Krankenlager wich, täglich umsonst.
Der schweigsame Inder schüttelte nur den Kopf.
Aber Hallenbach glaubte fest.
So waren nach der Unglücksnacht zehn Tage vergangen, zehn endlose Tage des Wartens
Und anp zehnten Tage, kurz vor sieben Uhr, trat Karsavari zu Hallenbach-
Hallenbach sah ihn angstvoll an, versuchte aus den undurchdringlichen Zügen zu lesen.
Da öffnete Karsavari den Mund und sagte langsam: »Herr Karner wünscht Sie zu sprechen "
Hallendach stand unbeweglich an seinem Schreibtisch. Der so ruhig hingeworfene Satz erschlug in ihm ieden Gedanken.
Karner lebt!
Als er das endlich erfaßt hatte, zitterte er, dann stürzte «r aus dem Zimmer Es war ihm, als habe er Blei an den Füßen, das ihn am Gehen hindere.
Karner lebt! Wie ein beglücktes Kind war er, als er die Schwelle des Zimmers überschritt.
Und dann sah er Karner!
Er sah im Lehnstuhl und schaute ihn an.
Da packte es den blonden Hünen und ließ ihn zurücktaumeln. Voll Entsetzen waren seine Augen, und er mühte sich umsonst, seinen zuckenden Lippen ein Wort zu entreißen.
Das war Karner?
Diese entsetzliche, graueneinflößende Mumie im Sessel, die starr und steif dasaß, deren Augen nur lebten?
Das Antlitz war eingefallen, wie zusammengeschrumpft, ganz dunkel, fast schwarz.
Auch die Gestalt schien zusammengeschrumpft, schien kleiner geworden zu sein, und die Kleider schlotterten, um den Körper.
Nur die Augen lebten, lebten, unheimlich stark wie früher. Jetzt bewegte er die Lippen.
„Herr Karner!" sagte Hallendach, und das zuckende Herz in der Brust schlug so heftig, daß er glaubte, es müsse zu hören sein wie der Schlag einer Uhr.
Er wankte näher zu Karner.
Hinter ihm stand Karsavari, der langsam an seine Seite trat.
Wieder bewegte Karner die Lippen,- sah ihn bittend an. Doch Hallenbach verstand ihn nicht.
Da klang Karsavaris Stimme an sein Ohr: „Beugen Sie sich nieder zu Herrn Karner. Er will es Ihnen in das Ohr sagen. Herr Karner ist . . . gelähmt."
Gelähmt! Hallendach fuhr unter dem unbarmherzigen Wort zusammen, aber er folgte und beugte sich zitternd nieder.
Er sah, wie sich Karner quälte. Mit jedem Nerv horchte er.
Endlich verstand er.
„Mein . . . Werk," hauchte Karner verzweifelt. „Mein Werk . . . einstehen! . . . Nicht . . . nachgeben . . nicht nachgeben!"
Hallendach nickte und sagte feierlich: „Ich werde nach Ihren Worten handeln. Ihr Programm: „Freiheit der Welt!", ist mein Programm. Ich halte daran fest, Herr Karner."
Des Gelähmten Augen leuchteten dankbar auf.
„Alle Vollmacht . . . Sie . . . Sie! Vertraue Ihnen . . . alles an."
Eine Schwäche schien ihn zu überfallen, seine Lider zuckten und schlossen sich. Hallendach wollte noch sprechen, doch Karsavari führte ihn hinaus
Draußen faßte Hallendach des Inders Rechte und drückte sie ungestüm. Das Grauen zitterte noch in ieiner Stimme, als er fragte: „Was wird werden, Karsavari?"
„Ich weiß es nicht, Herr!" antwortete der Inder traurig.
„Es gelang mir, sein Leben wieder zu wecken. Ob es mir aber gelingt, ihn wieder ganz gesunden zu lassen, das weiß nur Brahma. Ich erwarte jede Stunde Bruder Karma und den großen Arzt Abade."
„Ich will glauben, so fest wie ich an Gott glaube, daß Herr Karner wieder gesundet. Wenn ich nur helfen könnte!"
Wieder verging ein Tag.
Der alte Musiker Cramer saß zusammengesunken im Lehnsessel.
Er hörte nicht, was seine Enkel ihn fragten. Er dachte nur an Karner.
Und er hörte und sah nicht, daß Hallendach seine Schwelle überschritt. Er schrak zusammen, als sich eine Hand aus seine Schulter legte.
Dann erkannte er, daß Hallenbach vor ihm stand.
„Herr Cramer," sagte Hallendach mit bebender Stimme, „Ziehen Sie sich an. Kommen Sie mit. Herr Karner hat nach Ihnen verlangt. Sie sollen ihm spielen."
„Er lebt?"
„Er lebt!" sagte Hallendach in tiefem Ernst.
Da sprang der Alte aus dem Sessel Kindfreude war in seinem Antlitz. Dann begann es in den zerfurchten Zügen zu arbeiten. Ein kurzes, stoßweises Schluchzen erschütterte ihn.
„Herr Karner . . . lebt! Herr Karner . . . lebt! Wohl zehnmal sprach er die Worte vor sich hin. Er war so verwirrt, daß es geraume Zeit dauerte, ehe er sich fertig angezogen hatte.
Dann nahm er seine beiden Enkelkinder an der Hand und führte sie zu Anne Walthaus.
„Fräulein Anne!" sagte der alte Musiker mit zitternder Stimme „Ich bringe Ihnen meine beiden Enkel! Behalten Sie beide jetzt! Ich ... ich muß zu . , . Herrn Kav- ner. Er lebt! Ich muß ihm spielen."
* *
Anne Walthaus antwortete nicht.
Sie starrte dem Alten entgeistert nach, der mit freundlichem, glücklichem Gesicht hinausging.
Dann faltete sie die Hände und betete. Und dabei liefen ihr die Tränen der Erlösung über das bleiche Antlitz.
Er lebt! Gott war gütig gewesen.
„Tante, warum weinst Du?" fragte das kleine Mädchen. „Hat dir der Großpapa wehgetan?" (Fortsetzung folgt.)