Düs neue Aegypten.

" Aegypten ist gegenwärtig ein Brennpunkt weltpolitischer Kräfte und ein empfindsames Sorgenkind der englischen Di, plomatie. Diese auch einem Deutschland, das in die internatio­nal« Politik zurückkehrt, nicht gleichgültigen Probleme sollen hier in ihrer Entwicklung- und Spannweite untersucht werden.

Eine ägyptische Frage gibt es. seit 1889 der Suez-Kanal dem Mittelländischen Meere einen künstlichen Ausgang nach Südosten verschaffte, der das bisherige Binnenmeer zur Durchs gangsstratze wandelte. Dieser genieä erschaffene Weg in, die Weite der außereuropäischen Welt eröffnet« einen Horizont, vor dem alles versank, was das Mittelländische Meer in den Epochen des Altertums und des Mittelalters an gigantischen politischen Versuchen und Verwirklichungen hatte entstehen, blühen und »mtergehen sehen. Jetzt geht es um die politische und wirt­schaftliche Verknüpfung von, Erdteilen. Insbesondere wurde der Suez-Kanal der kürzeste Weg zum stets begehrten Wunder­land Indien, der reichsten Ausbeutungskolonie Englands. Die Benutzbarkeit des neuen Weges zur englischen Schatzkammer hing vonder Beherrschung Aegyptens ab, dieserTorwärter« stube zwischen Europa und Asien". Langsam, konsequent, die Nacktheit des Interesserisdandpunktes hinter anerkennenswerten Motiven verbergend, errang sich England nach der 1882 begon­nenen Okkupation den maßgebenden Einfluß in dem türkischen Vasallenstaat. Natürlich konnte auch die Türkei keinesfalls in die Aufgabe des ihr als morgenländischer Macht weit eher zu­fallenden Einfluhgebietes einwilligen, und so verschwand diese englisch-türkische Differenz nicht eher aus der internationalen Diskussion, bis der Weltkrieg neue Tatsachen schuf.

Er verwandelte die Türkei in einen offenen Gegner. Be­nachbarte vorderasiatische Interessensphären Englands, wie der Irak, wurden Kampfgebiete. Da glaubte England mit der mehr unsichtbar ausgeübten Beherrschung nicht mehr «mszukommen und verkündete öffentlich das Protektorat, das die militärische Macht völlig in seine Hand legte und ihm in der Außenpolitik und im zivilen Leben genügenden Einfluß verschaffte. Die Nie­derlage der Türkei, die Aufteilung ihrer Rand-Provinzen in Mandatgebiete Europas erledigte ihren Anspruch auf Aegypten völlig. Aber es trat keineswegs ein problemloser Zustand ein; denn nun regt« sich sehr bald nicht zuletzt unter dem Einfluß der in den Friedensverträgen des Weltkriegs Mar angekündig- tcn, aber nicht ausgeführten hohen Ideen der Völkerfreiheit und Selbstbestimmung der Drang des ägyptischen Volkes nach dem Eigenbesitz seines so bedeutungsvollen Landes. Es bildete sich unter dem bis in die letzten Tage vielgenannten Zaghlul Pascha, einer ausgezeichneten Führernatur, die stets wechselnde Partei der Wafdisten, die die restlose Unabhängigkeit Aegyp­tens fordert. Der Umfang dieser Bewegung, die durch eine mo- natelange Gefangennahme Zaghluls besonders zunahm, veran- laßte England Anfang 1922 zur offiziellen Aufhebung des Pro­tektorates und RückgeLe der Selbstverwaltung an die Aegypter. Auf dieser Basis sollte das Kompromiß zwischen ihren Wünschen und den Aegypten als Mittel zum Zweck benützenden Ansprü­chen der Engländer geschlossen werden. Unter diesen stand im Vordergrunds das Interesse am Suezkanal und damit an der Sicherheit Aegyptens. Dazu wurde die gerade für ein empfind­liches Staatsbewußtst!» so schwer annehmbare Forderung des Ausländerschutzes durch England selbst gestellt. Endlich spielte die Sudamfrage hinein, die noch besprochen werden soll. Zaghlul Pascha verhandelte als Ministerpräsident sowohl mit dem so­zialistischen Kabinett Macdonald, als auch mit dem konservati­ven Kabinett Baldwin im wesentlichen erfolglos über diese Punkte. Er erkannte Englands Interesse am Suez-Kanal durch­aus an und war bereit, auf dem Wege eines Earantievertrages eine beiderseits tragbare Lösung zu finden. Aber das Hinein- rcden in den Schutz des Landes und di« Angelegenheiten der Landeshoheit wies er zurück. Da wurde im November 1924 der englische Gouverneur des Sudan, Sir Lee Stack in Kairo er­mordet,' der Mörder ist bis heute nicht einwandfrei festgestellt. England ergriff die ihm günstig erscheinende Gelegercheit, zur Politik der starken Kolonialfaust zurückzukehren, lieh das Par­lament auflösen und zum ihm genehmen Ministerpräsidenten Ziwar Pascha ernennen, der sich mit der Union-(Jttihad-)Partei auf eine kleine Gruppe von Grohgrundbesitzern und Hofgängern des Königs Fuad stützte, lieber verschiedene Zwischenstadien hat es diese Taktik der Regierung des Volkswillens bis Anfang die­ses Jahres fortgesetzt mit dem Erfolge, daß sich nach und nach die in ihrer Stellungnahme zur Fremdherrschaft noch schwanken­den Mittelparteien mit der ausschlaggebenden Wafd-Grupp« Zaghluls zu einer geschlossenen und bedrohlichen Opposition zu­sammengeschloffen haben. Der neue britische Oberkommissar Lord Lloyd bequemte sich daher nach vergeblichen Versuchen der Spal­tung dieser nationalen Front zu ihrer Anerkennung schrieb Wah­len aus und erlebte prompt vor einigen Wochen den fast hun­dertprozentigen Sieg dieser den Volkswillen durchaus repräsen­tierenden Gruppe von Parteien, von den die Mehrheit unter ihnen bildenden Wafdisten über die Konstitutionell-Liberalen bis zu den extremen nationalen Watanisten, dem Rest einer 1906 von Kemal Pascha ins Leben gerufenen radikalen Gruppe. In ihnen allen verkörpert sich der fortdauernde Wille zur volklichen und staatlichen Unabhängigkeit.

Die Auseinandersetzung damit ist die eine Seite des ägyp­tischen Problems. Di« andere liegt im Sudan, dem südlichen Quellgebiet des Nils. Er stand von 1882 ab, als er sich in den Mahdi-Aufständen vom Mutterlande loszureitzen versuchte und von diesem und England unterworfen wurde, unter ihrer ge- meinsmnen Herrschaft, bis England nach dem Morde von Sir Lee Stack die praktische Alleinherrschaft übernahm. Die Bedeu­tung des Sudan liegt in seiner Schlüsselstellung zu Aegypten. Von hier aus ist der Nil mit seinen di« weiten Ebenen Aegyp­tens befruchtenden Wassermengen regulierbar. Hier kann er jetzt mit Hilfe des neuerbauten Staudammes von Sennar- Makwar aufgehalten werden, um di« fruchtbare Halbinsel Mi­schen weißem und blauem Nil also in der Mitte des eng­lischen Sudangebietes in eine Baumwallplantage zu verwan­deln, die der englischen Baumwollindustrie ihr Streben nach Un­abhängigkeit vom amerikanischen Markt« schätzenswert erleich­tern würde. Aber wesentlicher als diese großzügige Wirtschasts- arbeit, die erst in der Zukunft die Pfunde in Bewegung brin­gen wird, ist di« äußerst aktuelle politische Macht dieses Stau­dammes: er kann den unbeugsainsten Widerstand Aegyptens in wenigen Monaten niederzwingen, weil es ohne das lebenspen­dende Wasser verdorren, verhungern mühte. So herrscht Eng­land durch die Nilwasser, deren Bewirtschaftung in der Tat ein­heitlich sein muß, vom Sudan aus über Aegypten und damit über den Suezkanal, auf den es ihm ankommt. Deshalb fordert Zaghlgrl als Wnäsentant seimrs Do.fkes die, UntremKaffseit -es

Oberhoheit die wurde.

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stärkste außenpolitische Bedrohung verewigen

Weng England nur diesen einen wunden Punkt in der Kon­struktion seines Weltreiches hätte, würde er machtpolitisch zu zwingen sein. Die Fülle der kolonialen Gegenwartsprobleme wird England drängen, die endgültige Lösung in Aegypten auf diplomatischem Wege zu suchen. Die Anwendung von Zwangs­mitteln mag vorübergehenden Erfolg haben, die Volksbewegung des Freiheitswillens wird sie nie mehr töten. Zudem ist Aegyp­ten die Brücke vom mohammedanischen Vordereren zum er­wachenden Afrika. In Leiden ist England außenpolitisch stark engagiert. Heber Palästina und Irak gilt es die Landbrücke nach Indien, in Afrika von Kairo zum Kap die große Nordsüd­achse auszubauen. Diese weitgespannten Ideen bedingen gewiß eine unantastbare Sicherheit im Gebiet des Suezkanals, aber sie verlangen eine Durchführung mit Mitteln, di« der Tatsache der Sensibilität der Völker Vordemsiens und Afrikas Rechnung tra­gen und nicht einen Leerlauf kolonialer Kämpfe auslösen, der jede wirtschaftliche und kulturelle Aufbautätigkeit unmöglich macht. Aegypten dagegen, das keine weltpolitischen Aspiratio­nen hegt, wird bedenken müssen, wie stark es durch Kapital­bedarf, Baumroollabsatz und Einfuhr von industriellen Fertig­produkten vom Ausland«, und zwar insbesondere von England abhängig ist. In der realpolitischen Erkenntnis der Bedürfnisse des Partners wie der Widerstände, die er dem eigenen Handel bereiten kann, weiden Leide Länder zur notwendigen Einigung kommen müssen.

England und die Abesfinienfrage.

TU Genf, 10. Aug. Das Völkerbundssekretariat veröffent­licht nunmehr die.vom 3. August datierte Antwort des eng­lischen Außenministeriums auf die Zuschrift des Sekretariats vom 22. Juli, worin die abessinischen Beschwerden über den englisch-italienischen Vertrag über den Tsana-See behandelt werden. In dem Schreiben wird zunächst die ganze Angelegen­heit als Mißverständnis erklärt. Weiter heißt es, daß Eng­land und Italien keinen Zwang beabsichtigten. Die Praktischen Arbeiten seien für alle 3 Teile nützlich. Abessinien blerbe auf alle Fälle volle Entscheidungsfreiheit. Der britische Geschäfts­träger habe am 14. Juli den telegraphischen Auftrag erhalten, diese Erklärung dem Kronprinzen Dafari mitzuteilen. Ferner widerlegt das Schreiben den Abessinischen Vorwurf, wonach England und Italien eine zu rasche Antwort verlangten. Die Verhandlungen hätten zwischen Groß-Britanien und Abessinien bereits am 18. März 1902 angefangen und schon damals habe Kaiser Menelik die Konzession des Tsana-Sees an England und den Sudan zugesagt. Die Verhandlungen, die 24 Jahre dauer­ten, könnten also nicht als überstürzt bezeichnet werden. Be­merkenswert ist weiter, daß die englische Note behauptet, es handle sich um keine wirtschaftliche Uebertragung eines Teiles von Abessinien an eine bestimmte Macht- Sir Austin Cham- berlain unterstreicht die Tatsache, daß mit der englischen An­erkennung eines ausschließlichen italienischen Einflusses in Westabessinien und dem Gebiet der italienischen Eisenbahnen niemand anders als England allein gebunden sei, das als Ge­genleistung für die italienische Zusicherung über den Tsana-See sich verpflichtete, mit den italienischen Unternehmungen nicht zu konkurrieren und Konkurrenten nicht zu unterstützen. Das Schreiben schließt mit der Erklärung, Chamberlain wäre glück­lich, in der nächsten Ratssitzung diese Versicherung Abessinien gegenüber wiederholen zu können.

Die Liquidationsschüden

des ehemaligen Kaisers.

Ex-Kaiser Wilhelms Klage wegen der südafrikanischen Besitzungen abgewiesen.

TU Berlin, 11- Aug. Nach einer Meldung der Morgen­blätter aus London berichtete Daily Telegraph aus Kapstadt, daß der Prozeß des früheren deutschen Kaisers auf Zurückgabe seiner Farmen in Südafrika, die auf Grund des Versailler Vertrages konfisziert worden sind, erfolglos verlaufen sei. Der Richter erklärte, daß er dem Ansuchen auf Rückerstattung nicht stattgeben könne.

Verkauf des Achilleion.

Wie die Morgenblätter aus Athen melden, beschloß der grie­chische Ministerrat endgültig, das früher dem deutschen Kaiser gehörige Schloß Achilleion, auf Korfu zu verkaufen. Der Erlös soll gemäß dem Versailler Vertrag für Entschädigungen verwen­det werden, die durch das Haager Gericht den griechischen Un­tertanen zugebilligt worden sind, die in Deutschland oder andern früheren feindlichen Staaten Schaden erlitten haben.

Polnische Mißwirtschaft.

Die Verwendung der polnischen Flüchtlingsgelder.

TU Beuthen, 11. Aug. Die Verwendung der für die Flücht- lkngsfürsorge vom oberschlestschen Sejm zur Verfilzung gestell­ten 3 Millionen Zloty hat sich als ein Skandal erster Ordnung herausgestellt. Der im Sejm erstattete Bericht muß selbst zuge­ben, daß mit den Geldern eine unerhörte Mißwirtschaft getrie­ben wurde. Aus dem Bericht ergibt sich, daß der Geschäftsfüh­rer, ein Wojewodschaftsbeamter, eine ganze Anzahl von Schecks gefälscht hat, indem er nachträglich höhere Beträge einsetzte. Schließlich ist er nach Unterschlagung von 100000 Zloty ins Ausland geflüchtet. Große Summen sind in der Flüchtlings­fürsorge durch falsche Anlegung der Beträge verloren gegangen, so in einem Einzelfalle 265 000 Zloty. In Bielitz haben die Vorstandsmitglieder des Vereins für Flüchtlingsfürsorge, die selbst keine Flüchtlinge waren, sich Unterstützungen von 46 000 Zloty bewilligt. Auch ein Sejmabgeordneter, der polnische Pfarrer Matheja ist in die Angelegenheit mitverstrickt. Ein pol­nisch-sozialistischer Antrag, die Angelegenheit dem Gericht zu übergeben, verfiel der Ablehnung. Dagegen ist ein Antrag des Korfantyblocks, die Sache zuliquidieren" gegen die Stimmen des Deutschen Klubs und der Sozialdemokraten angenommen worden. - - - .. - - ^

Kleine politische Nachrichten.

Urlaubsreise des Reichspräsidenten. Reichspräsident vor Hindenburg wird am 15. August nach Pommern reisen, um an der Hochzeit eines Enkels teilzunehmen. Der Reichspräsident begibt sich dann zu eintägigem Slufenthalt wieder nach Berlin zurück, um darauf seinen Urlaub in Oberbayern zu verbringen-

Aufhebung des Sichtvermerks zwischen Deutschland und Luxemburg. Zwischen dem Deutschen Reich und Luxemburg ist ein Abkommen getroffen worden, nachdem mit dem 1. Sep­tember der beiderseitige Sichtvermcrkszwang aufgehoben worden ist-

Unterzeichnung eines deutsch-japanischen Farbstoffabkom- mens. In Tokio ist ein deutsch-japanisches Farbstoffabkommen unterzeichnet worden. Damit ist ein wesentlicher Fortschritt in den deutsch-japanischen HandeiLvertragsverhandlungen erzielt morden, sodaß damit zu rechnen ist, daß es auch in den übrigen Fragen bald zu einer Einigung kommen wird. Der Stand der Verhandlungen kann im allgemeinen als günstig bezeichnet werden.

Englische Kritik an Po.ncares Finanzmaßnahmen. Die Entscheidung Poincares, die Ratifizierung des Abkommens zu verschieben, wird in den maßgebenden englischen Kreisen als höchst unglücklich bezeichnet. In britischen Finanzkretsen, wo man auf eine baldige Stabilisierung des Frankens größten Wert legt, will man nicht anerkennen, wie dieses Ergebnis erreicht oder selbst eine Erholung des Frankens behauptet werden kann, solang das franz Schatzamt nicht neue Einnahmequellen sichert- Auch die in der vergangenen Woche erfolgte neue Notenausgabe in Höhe von IX Milliarden Franken und die erhöhte Inan­spruchnahme der Bank von Frankreich durch das Schatzamt wer­den keineswegs als wirksame oder gesunde Faktoren zur Be­kämpfung der Inflation bezeichnet-

Italienisch-englische Note an Abessinien. Dieser Tage wird Jialien gleichzeitig mit der britischen Regierung durch seinen Geschäftsträger in Avis Abeba Abessinien eine Note zustellen lassen, die das Befremden über die Auslegung des englisch- italienischen Paktes und den Schritt der Ras Tafari beim Völ­kerbund zum Ausdruck bringt. Der Note ist, wie besonders be­tont wird, ein reger Gedankenaustausch mit London vorausge­gangen.

Ein gesetzgebender Rat für das Tanganjika-Gebiet. Daily Mail berichtet aus Dares-Salam, daß jetzt die königliche Zustim­mung zur Schaffung eines gesetzgebenden Rates für das Tail- ganjikaGebiet erteilt wurde. Dieses sei das wichtigste Ereig­nis in der Geschichte dieses Gebiets seit der Mandatsübernahme durch Großbritannien.

Die Truppen Wu Per Fus auf dem Rückzug. Nach einer Reutermeldung aus Peking ist bei der Regierung ein Telegramm des Generalstabs eingelaufen, in dem über die Niederlage der Trupen Wu Per Fus an der Jangtse-Front in Nordhonan berichtet wird. Die geschlagenen Truppen ziehen sich nach Nor­den zurück.

Abberufung des amerikanischen Botschafters aus Mexiko? Die Sun veröffentlicht am Montag eine Meldung ihres Washingto­ner Korrespondenten (für die eine Bestürzung noch abgewartet werden muß), in der es heißt, daß die amerikanisch-mexikani­schen Beziehungen einen Gefahrenpunkt erreicht hätten und seit der Präsidentschaft Wilsons nie so gespannt gewesen seien. Es verlautet, daß die Abberufung des amerikanischen Botschafters aus Mexiko kurz bevorstehe. ^

Vermischtes.

Die atmende Erde, eine neue astronomische Entdeckung

Kürzlich tagte in Washington ein Kongreß der amerikani­schen Naturforscher, bei dem der bekannte Astronom Dr. E. W. Brown, der Leiter der Jalesternwarte, einen aufsehenerregen­den Vortrag hielt. Brown behauptete darin, daß die Erde in periodischen Abschnitten, deren Dauer auf 34 Jahre zu schät­zen ist, sich zusammenzieht und wieder ausdehne. Dadurch erge­ben sich Veränderungen an der Länge der Erdachse und in dem Volumeninhalt der Erdkugel. Man könnte diesen Vorgang mit der Tätigkeit einer riesenhaften Lunge identifizieren, könnte sagen, daß die Erde atme. Nach der Ansicht des Professors Brown steht der geschilderte Vorgang mit dem Erdbeben in engem Zusammenhang. Ein Studium der Erderschütterungen« die sich in den letzten 20 Jahren ereignet hätten, führte Profes­sor Brown zur Hypothese, daß die Ursache dieser Katastrophen! darin zu suchen sei, daß sich die äußere Erdrinde nicht im sel­ben Maße wie die dickflüssige Masse, die das Inner« der Erd­kugel ausfüllt, ausdehne. Mit dieser Taffache bringt Dr. Brown auch die Bewegungen des Mondes, vte sich nicht ganz im Sinne der astronomischen Berechnungen abspielen, in Zusammenhang. Der Mond scheint einmal zu eilen, das andere Mal sich zu verspäten. Die Zeitdifferenzen heben jedoch einan­der auf, so daß die Stellung des Mondes stets vorausgesagt werden kann. Lange Zeit hindurch gelang es nicht, die Ursache dieser Anomalie zu klären. Nach Beobachtungen, die fast zwei Jahrzehnte in Anspruch nahmen, gelangte Brown zum Ergeb­nis, daß es eigentlich keine Anomalie gebe, die Mondbewegunz gehe genau im Sinne der astronomischen Kalkulationen vor sich. Nicht die Mondbahn weise Unregelmäßigkeiten auf, sondern die Stelle verschiebe sich, von der aus die Asttonomen ihre Messun­gen vornehmen. Der Standort der Sternforscher, die die Ent­fernungen messen, ändere sich infolge der Zusammenziehung und Ausdehnung der Erde. Ebenfalls verhält es sich so mit der scheinbaren Sonnenbahn und ihren Abweichungen von den astro­nomischen Berechnungen. Die angeblichen Anomalien erklären! sich gleicherweise durch die Ausdehnung und Zusammenziehung

der Erde. _Bei allen diesen Erwägungen bleibt freilich die

Frage offen, welche Kräfte die Atmung der Erde verursache«. Nach Ansicht Dr. Browns könne man hierüber nur unsicher« Vermutungen aufstellen.