z. Seite Nr. 28g

Nagolder TagblattDer Gesellschafter

Freitag, den 15. November 191V

Falsche Freunde

Frankreichs Schuld und späte Erkenntnis

NSK. Seit geraumer Zeit erforschen die Franzosen mit Eifer die Vergangenheit, um die Fehler festzustellen, die zum Zusam­menbruch ihres Landes geführt haben. Kürzlich nahmen mehrere Persönlichkeiten, so der ehemalige französische Außenminister Bonnet und der Botschafter Fernand de Vrinon, zu dieser schwer­wiegenden Frage Stellung, wobei auch die Rolle Amerikas vor dem Ausbruch des Krieges geklärt wurde. Mit nüchternen Wor­ten gesagt: Hohe und höchste amerikanische Persönlichkeiten, von denen Fäden zum Freimaurertum und Judentum laufen, haben im Sommer 1939 nichts unversucht gelassen, um Frankreich in den Krieg hineinzutreiben. Der Satz:Wir werden Sie zwingen, Krieg zu führen", den damals der polnische Botschafter Lukasiviecs Laval entgegengeschleudert hat. erhellt blitzartig die Situation dieser Zeit.

Es ist den Franzosen, die den Krieg begonnen und verloren und jetzt die Folgen zu tragen haben, nun um die Erforschung der Wahrheit zu tun, und wenn sie jetzt das Schweigen brechen, das die Vorgeschichte ihres Kriegseintritts und das Werden ihrer Schuld bisher umhüllt hat, so ist das für ihre Einsicht be­stimmt nützlich. Merkwürdig aber mutet es an, wenn Brinon in seiner Veröffentlichung erklärt, daß diese Kriegshetzer heute noch einen Druck auf Frankreich ausüben und die französischen Staatsmänner gezwungen wären, dagegen Pro­test zu erheben, um das Recht Frankreichs, seine Zukunft selbst zu bestimmen, zu verteidigen. Das ist eine sehr harte Anklage gegen alle, die es angeht, besonders diejenigen, die sonst immer fiir die Unverletzlichkeit der Souveränität anderer Völker ein­zutreten pflegen.

Aber waren die Franzosen nicht seit jeher im Schlepptau fal­scher Freunde? Das hat selbst Laval, der jetzige französische Außenminister, eingestanden, wie es in dem soeben erschienenen BuchDie Wahrheit" von Jean Montigny dargestellt wird, aus dem die französische Presse jetzt ganze Kapitel abdruckt. Der Ver- sasser, früher Rechtsabgeordneter und heute Leiter der for- mationsabteilung der französischen Regierung, stützt sich auf amt­liche Aktennotizen, das aufsehenerregende Buch hat also amtlichen Charakter.

Mit geradezu dramatischer Spannung ist das vierte Kapitel geschrieben, in dem Lavals Bemühungen um die Errichtung eines neuen Regimes nach der Katastrophe* des mili­tärischen Zusammenbruchs geschildert werden. Es ist Hochspan­nungszeit, in der die Verwirrung in Frankreich aufs höchste ge­stiegen war. Gegen Petain, der um Waffenstillstand nachsuchte, lief eine großangelegte Intrige des bestochenen Freimaurers Herriot und anderer, die im Aufträge Englands ver­suchten, die französische Regierung nach Nordafrika zu verschlep­pen, also das belgische und polnische Beispiel zu wiederholen.

Lebrun, damals noch die höchste Spitze des Staates, war zu diesem völlig zwecklosen, aber für Frankreich sehr gefährlichen Schritt schon bereit, als Laval dazwischentrat. In der Nacht zum 20. Juni 1940 begaben sich Daladier, Mandel, Jean Zay und 80 Parlamentarier bereits an Bord derMasstlia", um nach Nordafrika überzusetzeu. Am nächsten Morgen erschien bei Le­brun, der seine Abreise nochmals um kurze Zeit verschoben hatte, eine Erurwe von Abaeordneten mit Vonnet und Laval an der

Der Schillerfilm

Welturaufführung in Stuttgart

Stuttgart, 14. Nov. Auf ein filmisches und künstlerisches Er­eignis erster Ordnung können wir zurückblicken: Im festlich ge­schmückten Universum fand vor zahlreichen Ehrengästen, dar­unter die führenden Männer aus Staat, Wehrmacht und Par­tei, so vor allem Reichsstatthalter Murr, Ministerpräsident Mergenthaler, der stell«. Kommandierende General des V. Ar­meekorps, General d. Inf. Oßwald, ^-Gruppenführer Kaul, Oberbürgermeister Strölin, am Mittwoch Abend die Urauffüh­rung des FilmesFriedrich Schiller der Triumph eines Genies" mit stärkstem Erfolge statt. Stuttgart und das Schwabenland waren der rechte Boden für diese llrauffüh- nmg, denn nirgendwo in deutschen Landen ist Schiller und sein dichterisches Schaffen so stark verankert und so lebendig, wie etwa da, wo seine Heimat war und sein Gedächtnis im Schiller­verein und im Nationalmuseum in Marbach mit Liebe gepflegt wird. Nimmt man dazu, daß der Rahmen der filmischen Hand­lung ganz ins Württemberger Land verlegt ist und der Film den Durchbruch der Dichterpersönlichkeit in der Hohen Karls­schule zum Inhalt hat, so wird es leicht verständlich, daß bei diesem Filmwerk für den Schwaben der Stolz auf den großen Lohn der Heimat mitschwingt neben dem Lokalinteresse, das durch die Filmaufnahmen am und im Neuen Schloß, in der Akademie, auf der Solitude und auf Hohenasperg geweckt wurde. Hatten doch auch Hunderte von Stuttgartern als Komparsen bei den Filmaufnahmen mitgewirkt! Kein Wunder, daß die Er­wartungen auf den Film hochgespannt waren, die nun eine Erfüllung gefunden haben, wie wir es kaum zu hoffen gewagt hatten, eben weil Schillers Sturm- und Drangzeit unter Herzog Karl Eugen uns so lebensnahe ist.

Man darf die Tobis beglückwünschen, daß sie diesen Film drehte, beglückwünschen den Filmdichter Dr. Cremers, der bch tief in den gewaltigen Stoff eingefühlt und ihn geschichtlich in großen Linien wahrheitstreu verarbeitet hat, wenn auch durch die filmische Handlung einzelne dichterische Ausschmückungen und Feinheiten nicht zu umgehen waren, beglückwünschen vor allem den Spielleiter Herbert Maisch, einen Stuttgarter, der von seiner Tätigkeit am Staatstheater noch in bester Erinnerung lieht und der in der Besetzung der Hauptrollen eine überaus glückliche Hand hatte und die historischen Stätten neu belebte. Den» nur dem Zusammenwirken dieser drei Faktoren ist es zu danken, daß ein Filmkunstwerk vollkommenster Art entstand, das im ganzen Schwabenkand und darüber hinaus im ganzen Aeich stärkstes Echo und freudigen Beifall wecken wird.

sind nun zum kurzgefaßten Inhalt des Films! Die Zeiten Wzog Karls erstehen im Film, der hinter dem Neuen Schlosst ^ der heutigen Akademie die Karlsschule als soldatische Er- itzehungsanstalt nach Art der späteren Kadettenanstalten hielt, nm den Nachwuchs an Offizieren und Beamten selbst zu formen, ^hen und Treiben der Eleven wird sehr hübsch lebendig/das Kommando regierte die Stunden im Schlassaal, beim Gebet, beim Unterricht, beim militärischen Dienst. Fritz Schiller fällt nuf durch den Freiheitsdrang gegen die harte Knechtung jeder geistigen Eigenart und Persönlichkeit, er schreibt heimlich Verse, svm die Freunde sagen, und er verfaßt dort heimlich fein erstes TheaterstückDie Räuber". Zwar wird die erste Vorlesung nicht Vopserwald, wie das geschichtlich nachgewiesen ist, sondern nn tiesen Keller der Akademie unter stürmischer Begeisterung norgenommen. In einer Fülle prächtiger Szenen wurden die oUsainmenstöße des Herzogs Karl mit Schiller herausgearbeitet, lv m der Unterrichtsstunde in der Akademie, wie bei der Preis- "ftteilung, wo Schiller durch sein offen freies Wort den Un­sren des Herzogs erregt und em Jahr länger die Karlsschule

Der Führer empfing in der Neuen Reichskanzlei

den sowjetrussischen Außenkom­missar Molotow.

(Presse-Hosfmann. Z.-M.-K.)

WZU

Spitze, um den Saatspräsideuten zum Bleiben zu bewegen. Es entspann sich ein dramatischer Dialog.

Laval begann ohne Umschweife:Wir sind hier, um gegen Ihren Abreiseplan zu protestieren und Sie zu beschwören, ihn nicht auszuführen."

Lebrun bleibt schweigsam.

Laval:Sie können und dürfen nicht abreisen. Wir dulden es nicht, daß mit diesem fast betrügerischen Manöver die Regie­rung nach Afrika geht, um einen Kampf sortzusetzen, der sich als unmöglich erweist."

Lebrun erwidert:Die Situation ist nicht so einfach: Einige können abreisen, andere können bleiben."

Aber Laval unterbricht ihn.Indem der Präsident der Repu­blik die Staatssiegel mitnimmt, nimmt er auch die Regierung des Landes mit sich. Wollen Sie die Politik Reynauds und Chur­chills mit Hilfe einer Abreise nach Amerika wieder aufnehmen? Ich erkenne Ihnen das Recht dazu unter keinem Vorwand an."

Laval senkt jetzt seine'Stimme und sagt:Ich komme von der Straße, von Clermont. Ich habe das Schauspiel der Niederlage gesehen. Wir sind geschlagen." Dann mit fester Stimme: Wir müssen von diesem Lande jetzt retten, was noch gerettet werden kann. Man dient nicht Frankreich, indem man es verläßt."

Lebrun bleibt ohne Reaktion und scheint ungerührt. Er macht weitere Ausflüchte mit unsicheren Gesten.

Laval dringt jetzt wieder auf ihn ein:Ihre Pflicht ist es, Herr Präsident, dem Beispiel des Marschalls zu folgen. Wenn Sie abreisen wollen, so ist das Ihr Recht, aber Sie dürfen das nur als Privatmann tun. Geben Sie Ihre Demission." Zum Präsi­denten niedergebeugt fügt er beschwörend hinzu:Hören Sie nicht die Ratschläge jener, die unser Land zum Abgrund geführt haben! Warum haben Sie ihnen so lange gefolgt?"

Lebrun antwortet klanglos:Die Verfassung hat es mir zur Pflicht gemacht!"

Laval schreit:Ich hasse jene für all das Böse, was sie Frank­reich angetan haben!"

Damit endete das erregte Gespräch, und die Abgeordneten ver­abschiedeten sich einer nach dem anderen von Lebrun. Nur Laval wandte sich grüß- und wortlos zur Saaltür. In diesem Augen­

besuchen mutz, um dem Medizinstudium obzuliegen. Verse schreibt Schiller auch an Laura, die Tochter des Generals Rieger, die ihm als liebende Freundin zur Retterin des Manuskriptsder Räuber" wird. Dazu reicht auch des Herzogs Geliebte Franziska von Hohenheim die Hand. In wirklich frei dichterisch geschaffe­nen Episoden spielt dieFränzel" ihremKarlmann" gegenüber eine feine Rolle, zugleich als Beschützerin des Genius Schiller. Ganz prächtig sind die Szenen im Schloß, wo der Herzog in einer Trinklaune dem Eleven Schiller befiehlt, die Rolle des Herzogs zu spielen. Auch die Dichtergestalt und das bittere Schicksal Schubarts ist in den Film ausgezeichnet hineingewo­ben: die Flucht nach Ulm, die Verlockung nach Blaubeuren und seine Verhafttmg. Ganz filmdichterisch gestaltet ist der Besuch Schillers auf^em Hohenasperg auf Befehl des Herzogs. Schil­lers Freiheitsdrang wird dadurch gestärkt, die Zusammenstöße mit dem Herzog werden häufiger, der herzogliche Despotismus verstärkt sich und trotz aller Ueberwachungen werden die Räu­ber in Mannheim aufgeführt. Schiller kann der Aufführung anwohnen und die Huldigung der Zuschauer entgegennehmen. Endlich wird Schiller von der Karlsschule entlassen und als Re- gimentsmedicus in Stuttgart angestellt: DieRäuber" erschei­nen im Druck, die Freude der Freunde in derKrone" ist gren­zenlos. Nach dem Besuch der zweiten Räuberaufführung in Mannheim erhält er 14 Tage Arrest, da reift der Entschluß zur Flucht, unterstützt durch Freund Andreas Streicher. In wirklich zarten und feinen Episc,en werden die Vorgänge bis zum Ab­schied von der Mutter auf Solitude dargestellt, nachdem der Vater Schiller wiederholt mit dem Herzog und sehr deutlich mit dem Sohn Auseinandersetzungen geführt hat. Ein Fest zu Ehren des russischen Großfürsten Paul auf der Solitude schafft die Gelegenheit zur Flucht, aber nicht ohne daß Laura, Freund Streicher und die Reichsgräfin Franziska ihre Hand im Spiele gehabt hätten. Gerade die letztere gibt dem erzürnten Herzog das erlösende Wort, daß erst durch die herzoglichen Erziehungs­maßnahmen der Freiheitswille und das Talent Schillers geweckt und gefördert worden seien. Mit der Flucht durch das Eßlinger Tor schließt der Film ab Schiller hat seinen Weg aus der Enge in die Weite gefunden.

Es ist schwer zu sagen, welche Bilder und Szenen des Filmes die eindrucksvollsten sind; fürs Auge zweifellos der prächtige Aufmarsch der Eleven vor dem Schloß, die Verlesung und Preis­verteilung in der Karlsschule, das glänzende Fest auf der Soli­tude, fürs Ohr und Herz aber die zahlreichen Bilder mit der geistigen Auseinandersetzung, der Weltanschauungskampf, zwi­schen Herzog und Schiller und die Episoden mit Laura. Der Beifall, den der Film fand, war groß, zahllose Hervorrufe für die anwesenden Hauptdarsteller Heinrich George (Herzog Karl) und Lil Dagover (Franziska) sowie den Spielleiter Herbert Maisch, den Filmdichter Dr. Cremers, den Komponisten Windt, nebst Vlumengaben brachten den Dank der Zuschauer zum Ausdruck. Leider konnte Horst Caspar, der Träger der Titelrolle (Schiller), nicht anwesend sein. Von der Fülle der Mitwirkenden seien nur noch genannt der schwäbische Lands­mann Eugen Klöpfer als Dichter Schubart, Hannelore Schroth als Laura, Friedrich Kayßler als Vater Schiller und in einer Nebenrolle Artur Anwander vom Staatsthea­ter als Schillers Bursche. Diese hervorragenden schauspielerischen Kräfte gaben dem Schillerfilm die Gewähr für das Gelingen, während die filmisch-bildliche Leistung des Kammeramannes Wagner der Tobis nicht minder zu schätzen ist. Alles in allem: ein Filmwerk, das höchste Anerkennung verdient, weil es un­serem Volk die Geschichte eines Großen im Reiche des Geistes vertraut macht.

Der Film erhielt die Prädikatestaatspolitisch wertvoll", künstlerisch wertvoll" undjugendwert". H. Tröster.

blick eilte Lebrun auf ihn zu und gab ihm beide Hände. Damit war die Entscheidung gejallen und der letzte Plan der Kriegs­verschwörer und Englandsöldlinge gescheitert.

Die Franzosen werden aus solchen Veröffentlichungen lernen und ihre wahren Feinde erkennen. Zu diesen Männern, die stän­dig aufs falsche Pferd setzten, gehörte auch Alexis Leger, der kürzlich ausgebürgerte ehemalige Generals?kretär im Quai d'Or­say, derböse Geist des französischen Außenministerium", wie er jetzt von der Pariser Presse genannt wird. Er und Berthelot, ebenfalls Generalsekretär, damals von Briand gestartet, 1934, gestorben, knüpften das Netz der Einkreisungspolitik gegen Deutsch­land. Beide trieben hinter den Kulissen eine Sonderpolitik, gegen die die ständig wechselnden Außenminister einfach macht­los waren. - ^

Vor den Augen Legers fanden nur die Berichte der französische« Auslandspolitiker Gnade, die antideutsch und england­freundlich eingestellt waren. In der Giftküche dieses Man­nes im französischen Außenamt wurden mächtige Intrigen gegen diejenigen .Minister angezettelt, die für eine selbständigere Außenpolitik eintraten, lieber die sogenannte öffentliche Meinung der Boulevardpresse wurden sie aufs schärfste angegriffen. Be­zeichnend für dieses hinterhältige Verfahren Legers ist die Tat­sache, wie er während des Abessinen-Feldzuges die Bemühungen um eine Entspannung zwischen Italien und Frankreich Hinter­trieb. Er teilte dem berüchtigten Pressejuden Pertinax den Hoare-Laval-Plan mit, der für den nötigen Lärm in der fran­zösischen und englischen Presse sorgte, so daß das Vefriedungswerk unterblieb. Im übrigen gingen gerade Juden und Frei- Maurer bei ihm ein und aus. ' ^

Wenn heute die französische KorrespondenzJuterfrante" Biese Enthüllungen über Leger und Konsorten veröffentlicht, so ist die Frage berechtigt, warum die französischen Wahrheitrsucher «icht schon früher diesen Augiasstall der Deutschenhasser und Kriegs­treiber ausgeräumt haben. Jetzt kommen sie zu spät. Die Tatsachen und die furchtbare Schuld Frankreichs sind nicht mehr ungeschehen zu machen, und Pstain hat recht, wenn er im Anschluß an seine Begegnung mit dem Führer im Rundfunk erklärt«, daß Frankreichs Rettung ganz bei den Franzosen selbst läge.Aus ehrenhaften Beweggründen, um die Einheit Frankreichs zu er­halten, eine Einheit, die schon zehn Jahrhunderte überdauert hat, deschreite ich heute den Weg der Zusammenarbeit im Rahmen der neuen europäischen Ordnung."

In diesem Wort Pstains lebt die Hoffnung, daß der beginnende Wandel in Frankreich auch eine Aeuderung der »er- hängnisvollen Ideologie herbeiführt, die jene falschen Freunde, die heute von der Presse angeprangert werden, zur Richtschnur der Außenpolitik machten. Dr. H. E.

Tag dev VeKnnung

Zum Bußtag am 17. Rovemd«

Ln diesem Jahre leitet der Bußtag die ernste Woche ein, die mir dem Totensonntag abschließt. Beide Tage fallen in die dunkle Zeit des Jahres zwischen Herbst und Winter, in die Zeit der kurzen Tage und langen Nächte, wo die Natur ringsum bereits im kahlen winterlichen Kleide steht. Das sind alljährlich die Tage, in denen unser Sinn ganz unwillkürlich hingeführt wird zu ernsten Gedanken, in denen wir uns tiefer mit der Frage nach dem Tode und dem Sinn des Lebens beschäftigen.

Bußtag im Kriege das ist mehr noch als in anderen Jah­ren ein Tag der Selbstbesinnung, ein Tag, an dem wir einmal die Bilanz unseres Lebens ziehen sollen und uns zugleich der Aufgaben bewußt werden, die jeder einzelne von uns in seinem Erdenlauf zu erfüllen hat. Es gibt Menschen, die vor einer solchen Bilanz zurückschrecken, die überhaupt weder das Allein­sein noch die Besinnung lieben vielleicht weil sie beide fürch­ten müssen Aber noch immer war es so, daß dem Menschen gerade aus den Stunden der Einsamkeit und der Einkehr die stärksten inneren Kräfte erwachsen sind.

Besinnung ein solcher Tag tut gerade in unserer jetzigen Zeit not, wo wir alle so mitten hineingestellt sind in den großen Lebens- und Schicksalskampf unseres Volkes, daß wir im Ge­triebe des Alltags keine Muße haben, über unseren täglichen Auf­gaben- und Pflichtenkreis hinauszudenken. Jetzt aber halten wir einen Augenblick inne, stehen still und blicken um uns und in uns. Und da steht plötzlich die große Frage vor uns auf, wie wir mit unserem Leben und mit den Aufgaben, die wir darin zu erfüllen haben, fertig werden.

Es gibt heute tausende junger deutscher Menschen, der besten Söhne unseres Volkes, deren Leben sich bereits in jungen Jah­ren erfüllt hat zu einem geschlossenen Lebenswerke, das durch den höchsten Einsatz, den des Lebens, gekrönt wurde. An ihnen erleben wir das Vorbild des heroischen Lebens, zugleich aber lehrt uns diese große Zeit, daß der Wert eines Lebens nicht nach seiner Länge gemessen wird. Es kommt nur darauf an, es ganz zu leben und ihm eine« Inhalt zu geben.

Der Bußtag, der viele von «ns vielleicht einmal zu tieferem Nachdenken veranlassen wird, stellt die große Frage nach dem Inhalt unseres Lebens. Wofür leben wir? Für uns selbst? Für unser eigenes Wohlergehen? Dann wäre unser Leben arm und sein Sinn bliebe im Tiefsten unerfüllt. Nur wenn wir ihm Ziel und Inhalt geben, wenn all unser Schaffen und Streben einem höheren Ziele dient, wenn wir bereit sind, unser ganzes Selbst für eine große Idee einzusetzen und jeden Tag aufs neue unseren Willen durch die Tat besiegeln nur dann hat unser Leben einen Wert, der es hinaushebt über alles niedere Leben, das auf Erde» kreucht und fleucht.

Dieser Tag der Stille und Nachdenklichkeit will uns die Wege weisen, damit auch wir einst am Ende unseres Lebens, sei es nun lang oder kurz bemessen, mit dem Bewußtsein Abschied nehmen können, daß wir nicht umsonst gelebt haben, daß auf unserem Schaffen und Streben und auf der Treue unseres Her­zens und unseres Geistes die nach uns Kommenden ein Leben gleicher Treue und Einsatzbereitschaft aufbaue» könne».