g, Seite Nr. 226

Nagolder TagblattDer Gesellschafter'

Donnerstag, den 26. September ISIS

Welt auf der Waage

Vor etwas mehr als zehn Jahren hat der bekannte Welt­reisende Lolin Rotz den Extrakt seiner Reisen, die ihn um den ganzen Erdball herumführten, in einem vorsichtig abwä­genden und besinnlichen Buch niedergelegt, dem er den Titel gab:Die Welt auf der Waage". Darin schrieb er u. a. den Satz:Je mehr ich reiste, desto mehr erlebte ich, daß die Veränderungen in der Struktur des Weltbildes noch viel tiefer gingen, als ich vermutet hatte, daß nicht nur der Krieg sie verschuldet hatte, sondern daß ihre Wurzeln weiter zurückreichten." Kaum zehn Jahre später stehen nicht nur Weltreisende, sondern ganze Völker vor Umschwüngen auf allen Kontinenten unseres Erdballs, die auch die kühnen Prophezeiungen von Colin Roß weit hinter sich lassen. Kaum zehn Jahre später ist der Eleich- gewichtspendel, der mehr oder weniger durch die Verteilung des Machtbesitzes auf der Erde bestimmt war, wie in Fieber­kurven nach allen Seiten ausgeschlagen. Alle alten Welt­bilder sind auf der einen Seite der Waage emporge­schnellt. Sie verblassen und beginnen wesenlos zu werden. Dafür senkt ein neues Weltbild die andere Waagschale im­mer tiefer. Die historischen Räume unserer Erde verändern völlig ihr Gesicht. Der Zusammenbruch des britischen Empire stellt nicht nur Deutschland und Italien, sondern geradezu alle Staaten und Nationen unseres Planeten vor völlig neue und bis dahin kaum gedachte oder nur vorausgeahnt« Aufgaben und Möglichkeiten. Und nicht nur die Staats­männer und Staatenlenker müssen umdenken. Auch jedei einzelne von uns sieht sich täglich dem Zwang gegenüber seine bisherigen Vorstellungen von der Welt, von Grenzen Staaten und Interessengebieten abzuändern. Die Atlanten und geographischen Handbücher bekommen plötzlich wiedei einen Sinn. Und während wir in Deutschland früher ini allgemeinen nur selten über die Bezirke Mitteleuropas unk des europäischen Erdteils hinausdachten, sind wir gegen­wärtig lebhaft an Entwicklungen in Amerika, Afrika unk Ostasien interessiert, deren Hauptstationen, deren politisch« und wirtschaftliche Schnittpunkte uns früher kaum dem Namen nach bekannt waren.

Wer sprach in Deutschland früher viel von Jndochina? Wer vom Senegal, von Libyen, von der afrikanischen Nord- und Westküste, vom kontinentalen Machtstreben der USA., von den wichtigen Problemen des südamerikanischen Rau­mes? Man hörte und las davon in den Zeitungen, man hatte auch in der Wirtschaft Bekannte, die als Exportkauf­leute vom Ausland eine klarere Vorstellung besaßen, als sic in den meisten deutschen Schulen vermittelt wurde. Aber daß diese Probleme jemals lebenswichtige, unser eigenes Schick­sal entscheidend bestimmende Fragen unseres Alltags wer­den würden, schien doch mehr eine politische Illusion als nahe bevorstehende Wirklichkeit. Die breiten Schichten un­seres Volkes wurden nur wie von außen von diesen Pro­blemen berührt. Auch in Deutschland dominierte, durch die merkwürdige Kaiserpolitik nur verstärkt, der instinktive Glaube an die unantastbare britische Weltmission, mit der man nur paktieren, die man aber niemals endgültig aus­schalten könne. Man nahm so das eigene Schicksal wie etwas Unveränderliches hin. Man konkurrierte zwar wirtschaftlich mit Großbritannien, aber etwas von falscher Arme-Leute- Etimmung war aus der breiten Masse unseres Volkes nicht herauszutreiben. Selbst der Weltkrieg hat diesen deutschen Minderwertigkeitskomplex eher verstärkt, denn geschwächt.

Wenn man von dieser noch keineswegs weit zurückliegen­den Vergangenheit den Blick in die Gegenwart richtet, ist es so, als ob man als Deutscher in eine völlig fremde Welt hinausblickt. Sieben Jahre Erziehung durch den National­sozialismus und ein Jahr Krieg mit England hat den Deut­schen endgültig aus dem Kinderglauben einer angeborenen politischen Zweitklassigkeit herausgelöst. Obwohl noch nicht einmal der Endkampf mit dem plutokratischen Imperialis­mus der britischen Insel auf seinen letzten Höhepunkt ge­langte, ist doch heute bereits der Gedanke an die Unbesieg­barkeit desbritischen Löwen" geradezu absurd geworden. Wir halten diesen Löwen in den Klauen, unsere Blockade hält seine Insel eisern gepackt, unsere Flieger streuen Tod und Verderben auf seine wirtschaftlichen und militärischen Zentren. Schon diese Tatsachen von umftürzender Wucht waren für jeden von uns eine Lehre, die er nie mehr in seinem Leben vergessen wird. Aber nicht weniger stark wirkt snr uns alle die Einsicht nach in die moralische Brü­chigkeit der gesamten englischen Weltherr- > chas tsd o k t r i n e n, in die freche Anmaßung des eng­lischen Cötzenglaubens an sich selbst. Wir wissen heute, daß >n der englischen Seele hart neben großen Eigenschaften Dhen Raffens und machtgierigen Behauptcns unsagbar ver- orecherische Instinkte verborgen waren, die aus dem Kampf aller gegen alle die R i e s e n p r o f i t e e i n e s g e r a d e - S» gigantischen Handelsgeschäftes hervorhol- lA das mit Menschen wie mit toten Steinen spielte und die wachsten Ideale des Lebens in den Abgrund trat, wenn es aer eigene Egoismus und die eigene Herrschaftsgier be-

Diese, tatsächlich hundertprozentige Erfahrung, die wir ^ h-aufe weniger Monate an unserem englischen Gegner machten, hat uns Deutschen heute auch bei der Beurteilung er englischen Kriegsmethoden jeden Star gestochen. Die »sWalider, die geradezu als Erfinder des Kampfes gegen Ehrlose gelten können, deren Würgegriff gegen Frauen ^ -E* ^ diesem Kriege wieder angesetzt wurde,

letzt zum erstenmal einem Deutschland gegenüber, das § solche Mittel wüstester Erpressung nicht mehr bluf- liUk ^ die englischen Nachteinflüge und die eng- lchen Bombenabwürfe gegen deutsche Wohnhäuser und ^!'^öfte sind für uns nicht mehr von einem Schrecken .?"lttert, der den englischen Soldaten so oft in Kolonial- <. zu brutalen Siegerlorbeeren verhalf. Wir haben ^Wlischen Methoden auf die Waage einer unbeftech- Feindbeurteilung gelegt. Für uns ist heute der nationalen Moral, aber auch des welt- hi?üchen Denkens und des wirtschaftlichen Planens, das bar ^ "".si E"bl"nd ausgegriffen wurde, eine unantast-

unlösbare Angelegenheit mehr. Wir blicken in die me des Empire mit all ihren wirtschaftlichen und poli-

y 1 min " ^ o e n e n E e i st"h i n e i n t

chlüs; l ragenwerden.

i^^.sson vor allem, daß der europäische Kontinent in die-

tokratm ^ allemal von allen Resten britischer Plu- lind di- Dies ist der Sinn unseres Kampfes,

reifen lassen^ Aufgabe hat uns selbst wachsen und

Cambridge mit Vomben belegt

Cambridge, die Hauptstadt der gleichnamigen mittelenglischen Grafschaft, ist neben Oxford die bedeutendste Universitätsstadt Englands. An dem Fluß Cam gelegen, Ser die Stadt als Schiff­fahrtsstraße mit den Nachbarstädten verbindet, ist Cambridge ringsum von Flachland umgeben, und zwar überwiegend von Wiesen und Aeckern, auch das Stadtbild selbst wird wesentlich be­stimmt durch ausgedehnte Grünflächen und Gärtei^.

Die Bedeutung von Cambridge liegt vor allem in seiner Eigen­schaft als Schulstadt. Es besitzt zahlreiche Collegebauten, die durch dazugehörige ausgedehnte Jnternatsanlagen ergänzt wer­den. Neben der Universitätskirche Great St. Mary', ist an Pro­fanbauten lediglich die Gemäldegalerie, das Fitzwilliam-Museum, erwähnenswert. Der Cam, der von zwölf Brücken überspannt wird, ist der Schauplatz der großen sportlichen Vorkämpfe zu den Ruderregatten zwischen den Universitäten Oxford und Cambridge.

Die Universität Cambridge bildet neben der eigent­lichen Stadt ein Gemeinwesen völlig für sich und hat der Stadt­gemeinde gegenüber mehrere traditionelle Vorrechte, wie z. B. die Ausrechterhaltung der öffentlichen Disziplin. Selbstverständ­lich steht Cambridge an verknöcherter Tradition des Lehrkörpers sowie aller studentischen Sitten und Bräuche Oxford nur wenig nach. Der Unterschied liegt vielleicht einzig und allein darin, daß Oxford nochvornehmer", sozusagen die Hochburg plutokratischen Geistes ist, während sich das Leben in Cambridge bescheidener und stiller abspielt. Das geht schon aus der Tatsache hervor, daß Cambridge die Universitätsstadt der Gelehrten, Naturforscher, Aerzte usw. ist, während Oxford sich von jeher Vorbehalten hat, alle Staatsmänner, Politiker, Diplomaten in die Welt zu setzen. Daß die Studentenschaften beider Universitätsstädte den Geist der Exklusivität und des Snobismus mit aller Liebe züchten und pflegen, wobei wiederum Cambridge den Oxfordern nur wenig nachsteht, kann in einem Lande der steingewordenen Klassen­unterschiede und der dünkelhaften Ueberheblichkeit nicht wunder­nehmen. Auch die sportliche Rivalität der beiden größten eng­lischen Universitätsstädte wird von diesem Geiste getragen. Die beiderseitigen Studentenschaften sind sich völlig der auf ihnen lie­genden hohen'Verantwortung als Vertreter bestimmter Gesell- schaftsschichten und Klassen bewußt.

Die Anfänge der Stadt Cambridge reichen bis in die Römerzeit zurück. Camboritum nannten die Römer die Stadt, die aus einer kleinen Siedlung im Laufe der Jahrhunderte zu einer Land- und Gartenstadt anwuchs und schließlich immer mehr die Eigen­schaft einer ausgesprochenen Schulstadt annahm. Heute besitzt Cambridge zahlreiche Colleges, deren berühmtestes das Trinity College ist, auch zwei Frauencolleges sind vorhanden.

Englands Schicksal im Mitlelmeer Md in Afrika

Während im englischen Mutterland die deutschen Vergeltungs­maßnahmen zur Luft eine zunehmende Auflösung der wehrwirt­schaftlichen und kriegswirtschaftlichen Kräfte von Großbritannien herbeiführen, London sich als Zentrale des gewaltigen britischen Empire auf die Rolle dervernichteten Basis Paris" vom Vor­sommer vorbereiten muß, bricht England noch an einer anderen Stelle seiner Weltmacht zusammen. Wir sind leicht geneigt, nur nach London und England zu schauen, hier der Lebenskern Großbritanniens angegriffen wird. Aber auch im Süden Euro­pas, im Mittelmeerraum, und nicht zuletzt im afrikanischen Ge­biet findet gegenwärtig eine entscheidende Auseinandersetzung statt, die kurz über lang England auch hier zum Zusammenbruch zwingt.

Mögen heute noch die Zwingburgen Gibraltar, Malta und am Suezkanal bestehen, es ist nur noch eine Frage der Zeit und die Macht und Willkür Englands verschwindet hier von der Bildfläche. Die Zeit geht ihrem Ende entgegen, da England durch die Felsfestung Gibraltar die Ein- und Ausfahrt des Mittelländischen Meeres beherrscht; deutlich genug hat Spanien seine Solidarität mit der Achse bekundet. Es wird auch bald vorüber sein, daß Italien voraelaaert ein britisches Malta eri-

stcert, und es wird der Suezkänal, das letzte Verbindungsglied Englands aus der europäischen Basis zur Fernnostzone, dem eng­lischen Machtbereich entrissen werden. Während im Nordwesten Europas über der englischen Insel Deutschland die Abrechnung übernommen hat und sie mit unabänderlicher Härte und Konse- auenz durchführt, dämmert im Mittelmeeraum der Tag heraus, an dem England seine Flaggen streichen muß.

Stets wenn man vor dem Krieg in der Welt herumhörte, kam das Wort vom britischen Empire zur Diskussion, man sprach davon, daß England ein Fünftel der Erdoberfläche besäße und die größte Kriegsflotte der Welt. Man betonte, daß es an allen Stellen, wo es Zugänge zu seinen überseeischen Besitzungen be­säße, auch gleichzeitig unüberwindliche Bastionen errichtet habe. Solche Bastionen sind im europäischen Machtbereich Englands Gibraltar, sind Malta, sind die Stützpunkte im Nahost und die Truppenkontingente im Suezraum als dem Wasserweg nach Fernost. Was ist heute von diesen Stützpunkten noch geblieben? Eigentlich nur noch Schlagworte.

In Wirklichkeit ist die Felsfestung Gibraltar eingekesselt; Malta wird von italienischen Bombern seit Monaten Tag für Tag angeflogen und bildet heute nur noch eine zweit­rangige Festung, die ähnlich wie Gibraltar in ihrem Wider­standskern geschwächt und von jeder wirkilchen Hilfe aus dein Heimatland abgeriegelt ist. Im Nahosten besaß England einst­mals eine Kraftquelle von größter Bedeutung: das Mossul-Oel, mit dem es seine Kriegsschiffe im Mittelmeerraum versorgte, von wo aus Tanker durch den Suez-Kanal den großen Weg um das Kap der Guten Hoffnung nach England fuhren. Was bedeutet heute noch dieses Oel im Bereich der italienischen Bomber? Die großen Tanklager von Haifa find ausgebrannt, die technischen Anlagen für die Tanker im Hafengebiet getroffen und jedes Schiff, das »ersucht, durch den Suez-Kanal oder durch Gibraltar ins Mutterland zu kommen, ist von der italienischen oder deutschen Kriegführung zu Wasser und zur Luft gefährdet.

Währendessen rückt Italien in unaufhaltsamer Offensive zu Lande von Libyen aus in Aegypten ein, stürmt die englischen Stellungen und nähert sich hier unter den schwierigsten Land­schafts- und Wetterbedingungen dem kriegspolitischen Zentrum des englischen Rohstoffraumes, dem Suez-Kanal. Gewiß, Eng­land hat in diesem Gebiet wie auch in Kleinasien noch Truppe» stehen, Truppen, die zum Teil Elite darstellen und große Er­fahrungen im Wüstenkrieg besitzen. Ihnen aber steht der faschi­stische Kampfgeist und Siegeswille gegenüber, der seine Macht deutlich genug in Verbera bewies. Bisher erhielt England im Mittelmeerraum wie auf dem Kontinent nur Niederlagen. Seine Stützpunkte und Bastionen, mag der Endkampf noch so hart sein, sind verloren.

Damit wird Englands Schicksal im europäischen Raum wie in Afrika endgültig besiegelt sein. Das plutokratische Empire, das noch vor einem Jahr mit Staaten spielte und vom Klub­sessel aus Kriege erklärte, bricht zusammen. W. L.

Eliicksspielmonopol im Generalgouvernement. Zu den be­reits bestehenden Monopolen für Tabak, Salz, Spirituosen, Zündwaren und Süßstoff wurde nunmehr ein Elücksspiel- monopol im Generalgouvernement geschaffen.

Englandfahrt Todesfahrt. Das im Solde Englands fahrende 3971 VRT. große norwegische MotorschiffNorne" ist nach einer Meldung aus Bergen gefunken. Acht Mann der Besatzung werden vermißt.

Telegraphenkabel GibraltarMalta durchgefchnitten. Vor

einiger Zeit hatte ein italienisches Schiff das englische Tele­graphenkabel zwischen Gibraltar und Malta durchschnitten. Die Engländer stellten den Schaden durch Legung eines neuen Kabels ab. Dieses Kabel wurde von den Italienern jedoch aufgespürt und aufs neue durchschnitten. Bisher sind die Engländer, wie dieEazetta del Popolo" meldet, nicht in der Lage gewesen, die unterbrochene Untersee-Verbiir- dung zwischen Gibraltar und Malta wiederherzusisllen.

Dover im Feuer unserer Marine-Artillerie

Von Kriegsberichter Fritz Brunner

Wiederholt meldete das Oberkommando der Wehrmacht den Beschuß des Hafens von Dover durch deutsche Küstenbatterien, wobei u. a. Schiffe getroffen und im Feuerduell über den Kanal eine schwere Batterie zum Schweigen gebracht wurde.

DNB ..28. Sept. (PK.) An einem klaren Herbsttag stehen wir auf dem Eefechtsstand einer unserer Küstenbatterien, die seit der Besetzung durch unsere Truppen gegenüber der englischen Steilküste dicht nebeneinander und hintereinander gestaffelt das britische Jnselreich bedrohen. Das anmaßende Albion hat wohl nie gedacht, daß es noch einmal gezwungen würde, mit der gegen­überliegenden Kanalkllste Krieg führen zu müssen. Das benach­barte Frankreich, das gestern nochauf Gedeih und Verderb" mit dem Briten verbündet war, ist heute Feindesland.

Wenn man die gewaltige deutsche Abwehr sieht, die hier in wenigen Wochen förmlich aus dem Boden gestampft wurde, und wenn man weiß, mit welchen Mitteln unsere Artilleristen ihre Batterien aufgebaut haben, dann empfindet man es als eine Ironie des Schicksals, daß es meist Eeschützefranzösischen Ursprungs sind, oft bezahlt mit englischem Geld, die nun ihre Granaten gegen England schleudern.

Ein Fernsprecher rasselt.Herr Kapitänleutnant, Sie werden am Apparat verlangt." Der Batteriekommandeur greift zum Hörer. Seinen gespannten Zügen ist anzumerken, daß eine wich­tige Meldung durchgegeben wird. Als das Gespräch beendet ist, gibt der Kommandeur Befehl zum Klarmachen der Batterie. 2m Hafen von Dover sind unter dem Schutze der Nacht 13 Dampfer eingelaufen, 8 größere Fahrzeuge und 8 kleinere.

Das KommandoFeuererlaubnis!" bringt Leben in die Bat­terie. Die Männer im Leitstand und an den Geschützen stehen auf ihren Stationen zum Einsatz bereit, wenn der Feuerbefehl kommt. Die Rohre, die noch eben unsichtbar getarnt in den Dünen lagen, haben sich drohend emporgerichtet gegen das Ziel, das klar erkennbar vor uns liegt. Deutlich sind die Türme von Dover auszumachen. Die Berechnungen sind beendet. Jetzt kommt der große Augenblick, dem das Herz jedes Artilleristen erwar­tungsvoll entgegenschlägt. Der Batteriekommandeur gibt nur ein Wort durch den Fernsprecher: Feuern!

Donnernd kracht die erste Salve aus den Rohren, aus deren Mündungen das Feuer blitzt und dunkler Qualm aufsteigt. Zi­schend ziehen die schweren Geschosse über unsere Köpfe hinweg. Alle warten gespannt und zählen die Sekunden. Der Ausguck meldet: Ausschlag! Drüben steigt, mit dem bloßen Auge erkenn­bar, eine Rauchsäule auf. Die Schüsse lagen gut. Wieder Kom­mando:Salve" und-Feuern!" So jagt Salve auf Salve

hinüber zur englischen Küste. Mit den scharfen Gläsern werden die Aufschläge festgestellt, die bald den ganzen Hafen von Dover durcheinander bringen. Die lScküffe verbalen von einer Liaien-

seite zur anderen, aber es nutzt ihnen nichts, unablässig speien unsere Rohre ihren Stahlhagel mitten zwischen die feindlichen Fahrzeuge hinein.

Feuerduell über den Kanal hinweg

Einer der Männer am Ausguck meldet:Mündungsfeuer schwe­rer Batterie bei Dover." Äha, der Engländer antwortet! Er will mit uns ein Duell von Küste zu Küste. Die Sekunden zer­rinnen, bis der Einschlag kommt. Er liegt schlecht. Wir feuern unentwegt weiter hinein nach Dover, aus dessen Hafen jetzt einige Fahrzeuge zu flüchten versuchen. Sie werden weiter unter Beschuß genommen und bald kann auch auf diesen Schiffen Rauch- und Brandentwicklung festgestellt werden. Wäh- lenddessen schaltet sich eine weitere deutsche Batterie in den Kampf ein. Sie nimmt das schwere englische Geschütz unter Feuer. Das Gefecht geht hin und her. Granaten zischen hinüber und herüber. Einige Aufschläge der Engländer liegen etwas besser, jedoch gelingt es ihnen nicht, uns irgendwelchen Schaden zuzu­fügen. Nach etwa zweistündigem Kampf schweigt das britische Geschütz. Unser Erfolg ist klar: Der Hafen von Dover und das Hafenviertel haben mehrere Treffer bekommen. Von den Fahr­zeugen ist eines voll getroffen, ein weiteres wurde abgeschleppt, und die englische Artillerieabwehr mußte ihren vergeblichen Beschuß einstellen.

Das Auge unserer Artillerie

Am nächsten Tag meldet ein Aufklärer unserer Luftwaffe, daß im Hafenbecken von Dover wieder sechs Schiffe von etwa je 3000 Tonnen ankern und daß weitere Fahrzeuge am Kai fest- gemacht haben. Auf Grund dieser Beobachtung erhält die Bat­terie wieder Feuererlaubnis. Auch heute wieder ist klare Sicht. Wolkenfetzen ziehen über den Himmel, unter denen sich ganz deutlich die hellgelben Kreidefelsen der englischen Küste abheben. Ueber uns ziehen die Staffeln unserer Luftwaffe hin und her. Jäger, Bomber, Zerstörer fliegen nach England und kommen von drüben. Der Tommy hat dort alle Hände voll zu tun. Deutlich sieht man an seiner Küste das Aufblitzen der Flak­mündungsfeuer, deren Sperre genau so wie die Sperre der Bal­lons immer wieder von unseren Fliegern durchbrochen werden. Aber nicht nur aus der Luft ist die Insel bedroht; denn eben gibt der Kommandeur der Marinebatterie den Feuerbefehl. Dumpf rollt die erste Salve aus den Rohren, und schon nach kurzer Zeit sitzen die Schüsse mitten im Ziel. Im Hafen- viertelvonDover steigen wieder Rauchsäulen auf, Brände werden beobachtet, auf den Kais und Molen schlagen unsere Granaten ein und richten im Hasen Verwirrung und Verhee­rung an. Einer der 3000-Tonner erhält einen Volltreffer und brennt. Bereits nach wenigen Salven liegt ein weiteres Fahrzeug mit schwerer Schlagseite am Pier von Dover. Aber auch die übrigen Schiffe müssen unter der Wirkung der gutge­zielten Schüsse gelitten haben, deren Aufschläge immer wieder zwischen ihnen beobachtet werden können.