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Raftolder Taftblott »Der Gesellschafter'

Heutingsheim, Kr. Ludwigsburg, 20. 2unk. (Aus Schwermut in den Tod.) In der Nacht zum Montag ließ sich ein 45 Jahre alter Mann aus Ludwigsburg, der vor dreiviertel Jahren seine Frau verloren hatte und seit­her schwermütig war, aus der Strecke zwischen Beihmgeir und Heutingsheim vom Zug überfahren. Der Lebensmüde, der zwei Kinder hinterläßt, war alsbald tot.

Heilvronn-Böckingen, 20. Juni. (50 Jahre Musik­vereinigung.) Am Sonntag veranstaltete die Mustk- vereiuigung Böckingen anläßlich ihres 50jährigen Bestehens ein Mufikfest. Vereinsfllhrer Vielhauer ehrte den einzigen noch lebenden und mit 67 Jahren noch aktiv in der Kapelle mitwirkenden Vereinsgründer Johann Grämlich. Am Sonn- tagnachmittag bewegte sich ein Festzug mit 12 Musikkapellen durch den reich geschmückten Ort.

Hettbronn, 20. Juni. (Kunst - und Landschafts - ausstellungen.) Auch für den llnterlandtag vom 23. bis 25. Juni werden Ausstellungen vorbereitet, die neben dem küstnlerischen Schaffen jenes Gebietes zugleich die land­schaftlichen Schönheiten und Reize des Württemberg,schen Unterlandes herauszustellen versuchen. Malerei, Plastik, Architektur und Kunsthandwerk kommen genau so zu Wort wie d<rs landschaftsgebundene Schrifttum und die Land- schaft selbst. Am Freitag, 23. Juni, eröffnet Landeskultur­walter Mauer in den Räumen des Kunstvereines Heilbronn im Etadtgarten diese Ausstellung. Die eine davonDas Hkhöne Unterland" wird vom Landesfremdenverkehrsver- Pand Württemberg aufgebaut.

Heilbronn, 20. Juni. (Unfall.) Ein Verkehrsunfall er­eignete sich am Dienstag beim Trappensee. Eine ältere Frau wurde von einem Straßenbahnwagen erfaßt und mit solcher Wucht auf die Seite geschleudert, daß sie tot liegen blieb.

Döffingen, Kr. Böblingen, 20. Juni. (Tödlich ver­letzt.) Der auf dem Heimweg befindliche Wilhelm Kienle aus Döffingen wurde von einem Motorradfahrer angefah­ren. Der Schwerverletzte verschied wenige Stunden später an den Folgen der erlittenen Verletzungen. Die Schuld an dem Unfall dürfte nach den bisherigen Untersuchungsergebnis­sen der Motorradfahrer tragen.

Metzingen, 20. Juni. (Schädeldecke zertrüm­mert.) Am Montagnachmittag fuhr der verheiratete Emil Dolde aus Kappishäusern beim Einbiegen in die Haupt­straße KohlbergMetzingen so unglücklich gegen einen Lie­ferwagen, daß er mit zertrümmerter Schädeldecke tot liegen blieb.

Blaubeuren, 20. Juni. (Todesfall.) Nach langem schwerem Leiden ist Bürgermeister a. D. Gotthilf Dorn ge­storben. Von 1909 bis 1933 war er Stadtvorstand in Blau­beuren und hat sich in dieser Zeit um die Entwicklung der Stadt große Verdienste erworben. Von 1903 bis 1907 war er auch erster Vorstand des Vereins Württ. Verwaltungs­beamten, Mitglied der Landesarmenbehörden und sonstiger Körperschaften.

Bopsingen, 20. Juni. (Bäuerliche Leistungs­schau.) Anläßlich der Jpfmesse vom 9. bis 11. Juli in Vopfingen im Kreis Aalen findet dieses Jahr eine große bäuerliche Leistungsschau statt» die dem Bauern, Landwirt und der Bäuerin zeigen soll, wie sie im Interesse der Erzeu­gungsschlacht auch weiterhin arbeiten müssen. Die Schau wird einekleine Reichsnährstandsschau" werden.

Warum Betriebsprüfung?

Staatssekretär Reinhardt beschäftigt sich in der Deutschen Steuerzeitung mit der Betriebsprüfung, die er als ein wichtiges Mittel zur Gewährleistung der steuerlichen Gleichmäßigkeit be­zeichnet. Das Wesen der Betriebsprüfung beruht, so führt er aus, nicht etwa auf Mißtrauen, sondern es werden alle Betriebe in sester Reihenfolge geprüft, auch diejenigen, bei denen bisher stets alles in bester Ordnung gewesen ist. Der eigentliche Zweck der Betriebsprüfung ist nicht, zu einem Mehr an Steuern zu führen, sondern die Gewährleistung der steuerlichen Gleichmäßigkeit. Die­ser Zweck bringt es allerdings zwangsläufig mit sich, daß in Manchen Fällen falscher Glaube festgestellt wird, Zweifelsfragen geklärt und Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden, Ergän- wngen und Berichtigungen erforderlich werden, die im Rahmen »er steuerlichen Gleichmäßigkeit zu einem Mehr an Steuern füh­ren. Dieses Mehr bedeutet aber niemals eine zusätzliche Besteue­rung, sondern lediglich eine Ergänzung oder Berichtigung. Wei­ter spricht der Staatssekretär von einer harmonischen Zusammen­arbeit zwischen der Reichsfinanzverwaltung und den Steuer­pflichtigen zur Herstellung vollendeter steuerlicher Gleichmäßig­keit. Das Ziel der Betriebsprüfung ist also nicht der unmittel­bare Erfolg, der sich in einem Mehr an Steuern zeigt, das bei der Betriebsprüfung errechnet wird, sondern der mittelbare Er­folg, der in einem Mehr an Steuern bereits auf Grund der ab­gegebenen Steuererklärungen besteht.

Normung im Wohnungsbau

In jedem Gau eine Lehrsiedlung

Gemäß dem Aufträge des Generalbevollmächtigten Dr. Todt hat der Leiter des Architekturbüros der Deutschen Arbeitsfront, Baurat Schulte-Frohlinde, damit begonnen, eine möglichst wirt­schaftliche und dabei baukünstlerische Fortentwicklung des Woh­nungsbaues zu betreiben. In bautechnischer Hinsicht besteht die Aufgabe in einer restlosen Klärung und Vereinheitlichung aller derjenigen Bauteile, die in Deutschland gleichartig sein können, wie die Einrichtungen für die Licht-, Gas- und Wasserversorgung, wie Herde, Oefen und Badewannen. Ausmaße der Treppenhäuser und Stockwerkhöhen, Jnnentüren und Beschläge, Schornsteine usw. Eine Uniformierung ist mit dieser Vereinfachung nicht verbun­den, da die Förderung der baukünstlerischen Gestaltung gleichfalls angestrebt wird. Bauteile, deren Gestaltung landschaftlich bedingt ist. sollen im Gegenteil gefördert werden. Zur Lösung dieser Aufgaben wird das Architekturbüro, wie die Deutsche Arbeits­korrespondenz mitteilt, in jedem Gau eine Lehrfiedlnng errichten.

Der 1. Juli als Stichtag für die handwerkliche Altersversorgung

Wie verlautet, ist eine Verlängerung des für die Versicherungs­freiheit oder die Halbversicherung festgesetzten Termins über den 1 Juli 1939 hinaus nicht zu erwarten. Deshalb empfiehlt der Reichsstand des Deutschen Handwerks dringend, daß alle Hand­werker so schnell wie möglich mindestens aber noch vor Ablauf des Monats Juni bei einer Versicherungsgesellschaft Antrag auf Abschluß eines entsprechenden Lebensversicherungsvertrages stellen. Dies gilt natürlich nicht für solche Handwerker, die sich für die Angestelltenversicherung entschieden haben oder noch ent­scheiden wollen.

An sich ist nach dem Gesetz für Erlangung der Versicherungs­freiheit und der Halbversicherung eine Vorlage des Versicherungs­scheines (Police) der betreffenden Gesellschaft erforderlich. Der

Donnerstag, den 22. Zuni 1939

Reichsstand hofft aber, daß auch die Verträge anerkannt werden, bei denen vor dem 1. Juli 1939 lediglich der Antrag auf Abschluß einer privaten Versicherung gestellt worden ist, was durch den Einbau von Uebergangsbestimmungen in der Durchführungs- ordnung möglich wäre. Eile ist jedoch auch insoweit geboten!

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3urn Tag des Deutschen Volkstums

Zur Sammlung am Tag des deutschen Volkstums am nächsten Samstag und Sonntag wird der Stellvertreter des Führers, RudolfHeß, als Schirmherr dieses Tages sich in einem Auf - r u f über den großdeutschen Rundfunk an die deutschen Volks­genossen wenden. Auf der Kundgebung in Eger werden Gau- leitex.,pnd Reichsstatthalter Konrad Henlein und Generalmajor a. Professor Dr. Karl Haushofer sprechen, nicht aber der Stellvertreter des Führers, wie anfänglich irrtümlich gemeldet wurde.

Nimm auch Du ein Ferienkind!

nsg. Du kannst ein großes Sehnen stillen. Du kannst blanke Kinderaugen zu frohem Leuchten bringen. Du kannst ein Kind Deines Volkes glücklich machen und mit ihm seine Mutter und alle die Seinen. Das kostet Dich keine große Anstrengung uM auch sonst kaum Nennenswertes. Du wirst noch heute der NS.- Volkswohlfahrt Dein Bereitsein melden, für ein par Wochen ein Ferienkind bei Dir aufzunehmen.

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Nunwendet fich das Blatt"!

Sommeranfang steht im Kalender

In diesem Jahre stehen wir vor der Tatsache, daß der Som­meranfang vom 22. Juni, der allerdings nur einen astronomischen Begriff darstellt, früher erfolgte. Der bisherige Juni leistete an Hochsommerwetter mit Hundstagshitze allerlei. Allerdings ist dann das Sommerwetter, das so schön begann, seit 14 Tagen wankelmütig geworden. Kalt- und Warmluft liegen im Kampf.

Von der Periode zwischen dem 22. Juni und dem Julibeginn sagt man, daß sich in ihrdas Blatt wende", indem nämlich die Blätter unserer Laubwälder die Rückseite zur Vorderseite machen. Diese altbekannte Naturerscheinung überträgt man unwillkür­lich auf das Wetter, das ebenfalls in diesem Zeitabschnitt sich wendet", also einen anderen Charakter annimmt. In diesem Zusammenhang interessieren die mancherlei Regeln, die sich mit dem Sommersanfang und den bekannten Bauernsprüchen vom Johannistag und Siebenschläfer verbinden.

Die Tage des letzten Junidrittels sind von einer besonderen Bedeutung für das Wetter und nicht ohne Grund hat der Volks­glaube mit Daten wie dem Johannistag am 24. Juni und Sie­benschläfer am 27. Juni Bauernregeln verbunden, die sich formal zwar nur auf diese beiden Tage beziehen, in Wirklichkeit aber einen mindestens zehntägigen Zeitraum umfassen, während dem sich das Sommerwetter zusetzen" beginnt, um sich entweder für einen schönen oder schlechten Sommer zu entscheiden. Beim Uebergang zum unfreundlichen Sommer pflegt die Hundstags­periode gewöhnlich auszufallen, während die Entwicklung zum Schönwetter einen Abschnitt besonders hoher Wärme erwarten läßt, wie es zuletzt noch im vorigen Sommer der Fall war.

Die Bauernregeln des letzten Jnntdrittels besagen, daß das Wetter des 24. bezw. 27. Juni das Wetter der kommenden Juli- und Augustwochen sein werden. Wir finden hier die charak­teristische Begrenzung von Wetterregeln auf 24 Stunden, die an sich nicht richtig ist, weil sich Umgestaltungen der Großwetterlage nicht in dem kurzen Zeitraum von nur 24 Stunden abspielen

können. Wenn man aus diesen Wetterregeln den ursprüng­lichen brauchbaren Kern anwenden will, so muß man den ganzen Abschnitt des letzten Junidrittels alsKrisenzeit" betrachten, in der das Sommerwetter nach irgend einer Richtung sich entschei­det. Dabei ist die Entwicklung so zu verstehen, daß eine in diesen kritischen Tagen beginnende tiefergreifende Wetterumgestaltung, die nicht auf bloße lokale Gewitterstörungen oder eine befristete Aufheiterung sich gründet, zum Dauerzustand wird.

Die bekannten Bauernregeln sind durchweg aus dem äußer­lichen Wettereindruck entwickelt worden. In der Zeit, als die Wetterregeln entstanden, gab es keine meteorologische Wissen­schaft im heutigen Sinne, die die Erklärung bestimmter Wetter­vorgänge und insbesondere die Vorhersage der weiteren Gestal­tung nach dem Wesen der Atmosphäre ermöglichte, sondern der Mensch bildete aus der Erfahrung, daß in der Zeit gegen Ende Juni fast regelmäßig das Wetter eine bestimmte Grundform an­nahm, die erst allmählich auf bestimmte Kalenderdaten festgelegt wurde. Welche Gründe dazu geführt haben, ist heute schwer zu iaoe« In vielen Bällen maa das Bestreben, durch eine reim­artige Formulierung wie mir dem 27. auf Siebenschläfer oder eine Verbindung mit einem bekannten Heiligennamen wie Jo­hannes, die Erfahrungsregel besser in Erinnerung zu behalten, ihre Festlegung auf bestimmte Tage geleitet haben. Erst die Erkenntnisse der meteorologischen Wissenschaft haben die auf be­stimmte Tage begrenzten Wetterregeln wieder zu ihrer ursprüng­lichen sinngemäßen Auslegung verholfen.

Von diesen Gesichtspunkten aus sind also die kommendenkri­tischen" Tage des 24. und 27. Juni zu beurteilen, an denen nicht nur jeder Bauer, sondern auch der an seinen Ferien interessierte Städter gespannt zum Himmel schaut. Natürlich nicht in dem Sinne, daß es nun sieben Wochen regnen muß, weil ge­rade am 27. Juni ein Gewitter niederging, während man sich im benachbarten Ort frohlockend die Hände reibt, weil dort das Ge­witter vorbeizog und darum sieben Wochen Sonnenschein und Wärme herrschen werden!

Lustheld wird Eremit

Lindbergh läßt sich auf einsamer Insel häuslich nieder

Der gefeierte amerikanische Flieger, Oberst Lind- bergh, hat erklärt, sich endgültig vom Getriebe der Welt abzuwenden und auf der französischen Insel Jlliec ein idyllisches Familienleben in der Ab­geschiedenheit zu beginnen.

Lindbergh kennt die Höhen und Tiefen eines modernen Aben­teurerlebens. Er überquerte allein in einem Flugzeug den Atlan­tik in der West-Ost-Richtung und landete auf dem Pariser Flug­hafen Le Vourget zur Sensation ganz Europas. Er ließ bei sei­ner triumphalen Rückkehr in Neuyork den größten Konfettiregen über sich ergehen, den die amerikanische Weltstadt bis dahin je einemTriumphator" verabfolgte. Er wurde reich und heiratete eine Frau, die er liebte und die ihn wiederliebte. Er wurde glücklicher Vater von zwei Kindern, obwohl ein drittes von Räu­bern entführt und wahrscheinlich getötet wurde. Schließlich machte er noch eine aufschlußreiche Reise durch die Zentren der euro­päischen Flugzeugindustrie und durfte über seine Eindrücke dem Präsidenten Roosevelt und anderen hohen amerikanischen Staats­männern persönlich Auskunft geben.

Aber selbst das Angebot, an maßgeblicher Stelle die ameri­kanische Luftaufrüstung und Vergrößerung der USA.-Luftwaffe mitzuleiten, konnte Oberst Lindbergh nicht reizen. In einem Monat will er seiner Heimat in den Vereinigten Staaten wie­der Lebewohl sagen und nach Frankreich zurückkehren. Keines­wegs reizt ihn aber wie alle Franzosen die Hauptstadt Paris. Für diese Metropole der Eleganz und des Vergnügungslebens haben seine Frau und er wenig übrig, obwohl sie lange Zeit eine entzückende Wohnung am Bois de Boulogne befaßen. Eine jener

Ein Wal ernährt eine Stadt

Von W a l t e r L a m m e r t

Deutschland führte bisher jährlich bis zu 250 000 Tonnen Walöl ein und ist damit der größte Abnehmer der Welt­produktion an Walöl, die 300 000 bis 500 000 Tonnen be­trägt. Inzwischen hat sich das Reich wieder mit einer eige­nen Walfangflotte eingeschaltet, die Mitte April von ihrer Fahrt in die Antarktis nach Hamburg zurückgekehrt ist. Die ständige Zunahme der Oelausbeute beruht aber nicht nur auf den gesteigerten Fangergebnissen, sondern zum gro­ßen Teil auch auf der immer umfassenderen Ausnutzung des einzelnen Wals. Man ist bestrebt, möglichst jeden Fett­tropfen zu verwerten. Das erfordert eine Vervollkommnung der Kochapparate und Maschinen. Die deutsche Industrie hat sie durchgeführt.

Eine wichtigeZeremonie" ist das Messen des Wales. Sobald ihn die beiden 40-Tonnen-Winden an Deck geschleift haben, mißt der Planvormann den Walkörper auf den Zentimeter genau von der Spitze des Oberkiefers bis zum Schwanzende. Das Ergebnis wird gebucht, da es die Ve- rechnungsgrundlage für die Prämie des Walschützen bildet. Aber auch alle übrigen Männer an Bord der Kocherei, vom Kapitän bis zum Schiffsjungen, sind an den Matzen inter­essiert, da sich aus der Länge des Wals das ungefähre Er­gebnis an Oel abschätzen läßt Für jedes Faß Oel gibt es Gewinnanteile von mehreren Pfennigen bis hinunter zu einem Bruchteil von einem Pfennig, abgestuft für die je­weilige Tätigkeit des Einzelnen. Und das lockt den Matro­sen oder Walverarbeiter, der beim Walfang nicht nur die übliche Schiffsheuer bekommt. Die Oelausbeute wird in Fässern ausgerechnet und täglich bekanntgegeben, so daß sich jeder seinen Gewinnanteil ausrechnen kann.

Natürlich gibt das Längenmaß des Wals nur einen un­gefähren Anhalt für die voraussichtliche Oelausbeute, da Speckdicke und Ernährungszustand stark schwanken. Mäh- rend der Säugezeit nehmen die Muttertiere stark ab. Die Speckdicke schwankt zwischen 5 und 20 Zentimeter. So kön­nen das Gesamtgewicht und der Fettgehalt zweier Wale bei gleicher Lange sehr verschieden sein. Natürlich läßt sich solch ein Ungetüm nicht einfach auf die Waage legen. Nur wenige Fälle gibt es, in denen man einen verarbeiteten Wal Stück für Stück gewogen hat, so daß man einigermaßen über die gegenseitigen Gewichtsverhältnisse unterrichtet ist. Bei einem solchen 130-Tonnen-Wal wiegt der Speck 25 bis 30 Tonnen, das Fleisch 55 bis 60 Tonnen, die Zunge allein 3 Tonnen, Herz und Nieren je eine halbe Tonne, Leber und Barten je eine Tonne und das Blut ungefähr 10 Ton­nen. Von den 25 bis 30 Tonnen Oel, die solch ein Wal lie­fert, stammt die Hälfte aus der reinen Speckschicht, während dre andere Hälfte noch aus Fleisch und vornehmlich Knochen gewonnen wird, die sehr fetthaltig sind. Es wäre also un­verantwortlicher Raubbau, wollte man wie bisher nur die Speckschicht des Wals ausnutzen und den Rest verkommen lassen. Erfreulicherweise ist jetzt die technische Ausrüstung so weit gediehen, daß man den Wal restlos verwerten kann

unv dies geschieht auf den neuen deutschen Fangschiffen ' Das Oel wird nun bei der Verarbeitung getrennt aus der ! Speckschicht oder aus Fleisch und Knochen gewonnen, ba ber s Blutgebalt des Fleisches den Wert des Oels herabmindsrt. s Das beste Oel liefert der Speck, der mit der größten Sauber- ! keit und Sorgfalt verarbeitet wird. Das Oel wird in Se- ! paratoren gereinigt. Es besteht schließlich aus reinem Fett,

! das keinerlei Beimengungen von Wasser oder Fleischresten ! enthält. Je Heller, klarer und geruchloser das Oel ist, um ! so besser, und nur dieses Oel wird für Nahrungszwecke ver- > wertbar. Alle minderwertigen Oelsorten werden für tech­nische Zwecke zu Seifen, Schmierölen, Pomaden unb Haut­creme verarbeitet. Hierher gehört auch das Oel des Pott­wals, das für den menschlichen Genuß nicht brauchbar ist, sich aber für technische Zwecke besonders gut eignet und außerdem wertvolle chemische Eigenschaften besitzt. Hier sei. bemerkt, daß Walöl kein Tran ist wie der bekannte Leber­tran, der aus Fischen gewonnen wird. Das Walöl stammt ja von einem Säugetier und schmeckt daher auch nicht tranig".

i Bei der weiteren Verwertung des Wales wird, wie schon erwähnt, auch das Fleisch ausgekocht, um das Oel heraus­zuziehen. Das ausgekochte Fleisch verarbeitet man zu Fut­termehl, das sich durch besonders hohen Nährwert und gute Verdaulichkeit auszeichnet. Dieses Futtermehl dient als zu­sätzliche Nahrung für unser Vieh, das auf starke Zufuhr von Kraftfutter angewiesen ist. Aber auch zur menschlichen Er­nährung eignet sich das Fleisch junger Waltiere ausgezeich­net. Es war für die Teilnehmer der ersten Walfang-Expe­dition außerordentlich eindrucksvoll, als das Walfleisch in allen Formen zubereitet auf den Tisch kam, ohne daß es in der ersten Zeit als solches erkannt wurde. Das weiche, strukturlose Fleisch hält nach Aussehen und Geschmack die Mitte zwischen Rind- und Schweinefleisch. Es ist weder seh­nig noch fetthaltig, vor allem aber schmeckt es nicht nach Fisch. Das zum Genuß bestimmte Fleisch wird aus dem Rücken junger Waltiere entnommen, als Schnitzel oder Bra­ten zubereitet, zu mehreren Wurstsorten verarbeitet und als wohlschmeckendes, sehr zartes Rauchfleisch konserviert. Verarbeitet werden auch die Barten des Wals, aber nicht mehr zu Hornknöpfen und Korfettstäben, sondern zur Bür­stenherstellung.

Neuerdings werden auch dis Organe und Drüsen des Walkörpers wie Milz, Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Eehirndrüsen und anderes gesammelt, konserviert und in der chemischen Industrie zu wertvollen Heilmitteln verarbei­tet. Bedenkt man, daß das zum menschlichen Genuß geeig­nete Rllckenfleisch eines jungen Wals 5 bis 10 Tonnen schie­res Fleisch ausmacht, also von einem Tier allein 5000 bis 10 000 Kilogramm hochwertiges, genießbares Fleisch ver­kauft werden könnte, und rechnet man noch das aus einem Wal gewonnene Oel von rund 20 000 Kilogramm hinzu, dann kann man ermessen/welch wertvolle Nahrungsquslle der Wal darstellt. Es ist sachlich völlig richtig, daß eine Stadt von 50 000 Einwohnern bequem für einen Tag Fleisch von einem einzigen Wal beziehen kann. ^