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Nr. 141
Dienstag, äen 20. Juni 1939
113. Jahrgang
Zum Sporttreffen der Aufbauschulen
SE
Ministerpräsident Mergenthaler
SA-Obergruppenführer Ludin
Nagold zeigt sich heute inr Flaggenschmuck. Hohe Gäste weilen in unserer alten Stadt: Ministerpräsident Mergenthaler und der Führer der SA.-Gruppe Südwest Ludin. Sie sind heute hier, um an dem großen Sporttreffen der württ. Aufbauschulen teilzunehmen.
Diese am Sonntag bereits begonnene Sportveranstaltung mit 600 daran teilnehmenden Jungmannen u. Jungmädchen fand heute morgen ihren Höhepunkt mit einem feierlichen Appell, der die Ueber- tragung des Amtes des Inspekteurs der Aufbauschulen an SA.- Obergruppenführer Ludin durch Ministerpräsident und Kultminister Mergenthaler zum Inhalt hatte.
Die große Ehre, die den Ausbauschulen unseres Gaues und vor allem der Aufbauschule Nagold heute zuteil wird, ist auch eine Ehrung unserer Stadt, die, seit Generationen mit der Entwicklung des Schulwesens des Landes durch die hiesige Lehrerbildungsanstalt eng verbunden, das schwäbische Geistesleben befruchtet und Württemberg eine Reihe hervorragender Männer der Wissenschaft, aber auch der Leibesertüchtigung geschenkt hat.
Die Aufbauschule Nagold führt die Tradition des früheren Lehrerseminars in anderer Form weiter. Wenn heute in Verwirklichung der Erziehungsgrundsätze des Dritten Reiches dem Willen des Führers entsprechend neben die wissenschaftliche Bildung die körperliche Ertüchtigung gleichberechtigt, ja vorberechtigt tritt, dann ist das nicht zuletzt im Hinblick auf die Wehrhaftmachung unseres Volkes besonders zu begrüßen. Es ist das große Verdienst unseres Ministerpräsidenten und Kultministers, daß er hier bahnbrechend vorgegangen ist. Wenn wir in diesen Tagen die Jungmannen und Jungmädel der Aufbauschulen unter dem Singen frischer Lieder in strammem Schritt durch die Straßen marschieren oder auf den Sportplätzen ihre Kräfte messen sahen, gleichzeitig aber auch wissen, daß die Aufbauschulen, die Schüler und Schülerinnen zu charakterfesten, kameradschaftlichen, deutschen Menschen mit einer gediegenen Allgemeinbildung erziehen, dann erkennen wir, daß die von unserem Ministerpräsidenten so kraftvoll geförderten Erziehungsgrundsätze bereits schöne Früchte tragen. ' ,
Wer würde sich als Inspekteur der Aufbauschulen und der ihnen in Obhut gegebenen deutschen Jugend besser eignen, als der bewährte Führer der SA.Gruppe Südwest, Obergruppenführer Ludin. dem auch die SA.-Wehrmannschaften unterstellt sind? Gerade ihm als Führer einer der erfolgreichsten SÄ.-Gruppen des Reiches fällt mit Recht diese hohe und verantwortungsvolle Aufgabe zu, nachdem er die Gruppe Südwest auch sportlich auf breitester Grundlage aufgebaut und durchgebildet hat. Die Erfolge bei den jeweiligen SA.-Reichswettkämpfen bestätigen das.
Wenn die Aufbauschüler heute mit hohem Besuch beehrt werden und Gelegenheit haben, von ihrem vielseitigen sportlichen Können Proben abzulegen, dann wird das für sie ein Anlaß sein, auf dem beschrittenen Wege weiter zu marschieren. Die Stadt Nagold wird ihrerseits alles tun, den Aufbauschülern ihr Ziel erreichen zu helfen.
Den Gästen aber ein herzliches Willkommen und freudiges Heil-Hitler!
Verschärfte englisch-japanische Spannung
Drohungen und gutes Zureden
London, 19. Juni. Während sich das offizielle England krampfhaft bemüht, die Fiktion des Herrn im Fernen Osten aufrechtzuerhalten, versucht man gleichzeitig, Japan einerseits durch Drohungen mit einem englisch-sowjetrussischen Bündnis und wirtschaftlichen Erpressungen einzuschüchtern und andererseits durch gutes Zureden zu einer nachgebenden Haltung zu bewegen. Diese taktlose Haltung des stolzen Albions drückt auch der Londoner Presse eindeutig ihren Stempel auf, wobei man übereinstimmend der Ansicht ist, daß sich die Lage in den letzten Tagen noch verschärft hat. Die Zeitungen find voll von kleineren Zwischenfällen, die auf eine wachsende Spannung zwischen Japan und England schließen lassen. Fast alle Blätter berichten, man habe in den zuständigen Aemtern bereits die Möglichkeiten wirtschaftlicher Gegenmaßnahmen geprüft. Lediglich dis „Times" will in einer japanischen halbamtlichen Erklärung, daß Japans Forderungen die Rechte und Interessen anderer Länder mit Verlagsrechten in China nicht berühren, einen Hoffnungsschimmer sür Verhandlungen mit Tokio sehen. „News Chronicle" weist als einziges Blatt auf die Möglichkeit eines Zusammenhanges zwischen den fernöstlichen Vorgängen und den Moskauer Paktverhandlungen hin. Unter völliger Verdrehung der Tatsache, daß Japan in Tientsin nur allzu berechtigte Lebensinteressen vertritt, «n Standpunkt, den Deutschand nur allzu gut versteht, unterstellt
sollen Japan gefügig machen
Bernon Barlett den Japanern, sie hätten sich von anderen Staaten zum Handeln drängen lassen in der Hoffnung, so den Abschluß des englisch-sowjetrussischen Vertrages zu verhindern.
Der „Daily Telegraph" fordert dazu auf, die Blockade non Tientsin durch britische Kriegsschiffe zu brechen. Als wirkliches Ziel Japans bezeichnet das Blatt den Wunsch, die „neutralen" Mächte aus ihren Konzessionen und Niederlassungen zu entfernen. „News Chronicle" verlangt anläßlich der gespannten Lage im Fernen Osten einen beschleunigten Abschluß des Vertrages mit der Sowjetunion. Die „Daily Mail" schließlich stellt fest, daß es in Tientsin nicht nur um das Schicksal von vier Chinesen gehe. Japan fordert, daß England seine Interessen in China aufgebe..Wenn man nicht zu einer vernünftigen Regelung komme, müsse England auch einmal praktisch handeln (!). ^
Paris rechnet mit englischen Repressalien
Paris, 19. Jnni. Auch am Montag ist das Hauptaugenmerk der Pariser Presse auf die fernöstlichen Ereignisse gerichtet. Ueberall wird die Frage diskutiert, ob die Engländer zu Repressalien gegen Japan bereit sind und wie in diesem Falle die Reaktion
aussehen würde. Der Londoner Berichterstatter des „Figaro" will in der Lage sein, die ersten englischen Repressalien mitteilen M können. Neben einer Kündigung des englisch-japanischen Ver- rrages von 1911 sollen die Zölle auf die gesamte japanische Ausfuhr nach dem Empire erhöht werden. Ferner soll das Recht japanischer Schiffe, englische Flottenstützpunke anzulaufen, eingeschränkt und die chinesische Dollarwährung über die festgesetzte Grenze von 5 Millionen Pfund hinaus gesperrt werden. „Petit Journal" tritt, nachdem es eine ständige Verschärfung der englisch-japanischen Spannung festgestellt hat, für eine friedliche Regelung des Streitfalles ein. „Excelsior" läßt sich aus London melden, daß man in gut unterrichteten Kreisen keine Hoffnung mehr für einen englisch-japanischen Kompromiß hege. England wolle zu den Repressalien selbständig greifen, ohne hierbei eine Eemeinschaftsaktion mit Amerika zu verlangen, da man in London der Ansicht sei, daß die ganze Angelegenheit gegenwärtig nur England und Japan angehe.
ChamLerlains Sorgen
Chamberlain bestätigt Moskauer Schwierigkeiten bezüglich Fernostgarantie!
London, 19. Juni, lieber die Verhandlungen mit Sowjetrußland befragt, konnte Ministerpräsident Chamberlain im Unterhaus nur feststellen, daß die Verhandlungen andauern. Ferner mußte er zugeben, daß nicht so sehr die baltische Frage an den Schwierigkeiten in Moskau schuld ist. Obwohl Chamberlain sich außerordentlich vorsichtig ausdrückte, wurde sein verblümter Hinweis auf das Ferno st Problem sofort verstanden.
Am 15. Juni, so erklärte C.'amberlain, seien der französische und der britische Botschafter in Moskau, sowie Mister Strang von Molotow empfangen worden, dem sie die jüngsten englischfranzösischen Vorschläge auseinandergelegt hätten. Am 16. Juni habe eine weitere Besprechung stattgefunden. Im Laufe dieser Besprechung habe Molotow den britischen und französischen Vertretern gewisse Einwände der Sowjetregiernng unterbreitet. Die Besprechungen dauerten immer noch an. Der Labour-Abgeordnete Dalton verlangte vor diesem öffentlichen Forum eine Mitteilung darüber, ob die dem britischen Botschafter in Moskau erteilte Möglichkeit, Schritt für Schritt Zugeständnisse zu machen, weitgehend genug sei. Chamberlain erwiderte in seiner Not mit einer nichtssagenden Phrase. Es sei, setzte er aber hinzu, möglich, daß weitere Punkte aufgeworfen würden, die Rückfragen notwendig machten. Auf die Frage des Konservativen Adams, ob etwa neben der baltischen Sache andere Schwierigkeiten bestünden, antwortete Lhamber- lain: „Ja, es gibt noch verschiedene andere Punkte".
Mit dieser Erklärung vernehmen wir aus dem Munde des britischen Premierministers selbst eine Bestätigung dafür, daß die Frage der baltischen Staaten längst aufgehört hat, die Hauptschwierigkeit bei den Moskauer Besprechungen zu bilden. Es bestätigen sich damit unsere Informationen, daß es die von Moskau geforderte Fernostgarantie ist, die den Briten schwere Kopfschmerzen bereitet. Chamberlain mußte diesen Tatbestand nunmehr vor dem Unterhaus zugeben, konnte aber mit keinem Wort auch nur andeuten, wie sich England aus diesem Dilemma befreien wird. Chamberlain hat im gleichen Atemzuge die ernsten Zustände in Tientsin darstellen müssen. Die hier eingetretene Situation allein könnte genügen, um in London ernste Sorgen heraufzubeschwören. Viel schwerer noch ist aber, wie aus der Chamberlain-Erklärung jetzt klar ersichtlich, das Problem für die britischen Staatsmänner dadurch geworden, daß Moskau hartnäckig bei seiner Forderung auf die Fernostgarantie besteht und nach sicheren Informationen nicht gewillt ist, davon abzulassen.
Thamberka'm zur Lage in Tientsin
London, 19. Juni. Im Unterhaus gab Ministerpräsident Cham- bevlain die mit größter Spannung erwartete Erklärung über die Lage in Tientsin ab. Zunächst stellte er den täglichen Ablauf der Ereignisse, wie sie vom britischen Standpunkt aus erscheinen, bzw. erscheinen sollen, dar. Der Ton seiner Darlegungen war — entgegen zahlreichen Prophezeiungen in der Presse — sehr zurückhaltend. Chamberlain erklärte, daß die Abriegelung andauere. Alle britischen Staatsangehörigen seien an den Schranken festgehalten und rigoros durchsucht, in einigen Fällen sogar unwürdig behandelt worden. Die Einfuhr von verderblichen Lebensmitteln und Eis in die britische Niederlassung sei durch die verschärfte Durchsuchung an den Schranken verzögert worden und erfolge nur von Zeit zu Zeit. Demgegenüber würden die Märkte der französischen Niederlassung in Tientsin normal beliefert. Im allgemeinen müsse man sagen, daß britische Schiffe, einschließlich Schlepper und Leichter, von den japanischen Militärbehörden angehalten und durchsucht worden seien. Der britische Generalkonsul in Tientsin habe bei seinem- japanischen Kollegen protestiert, und ebenso sei der britische Botschafter in Tokio angewiesen worden, die Frage bei der japanischen Regierung aufzurollen. Die allgemeine Lage sei noch nicht klar. Der britische Ministerpräsident sagte dann, daß man „noch immer hoffe", daß sich „eine örtliche Bereinigung" als möglich erweisen werde. Er bestätigte aber in gleichem Atemzuge, daß man den Eindruck habe, daß die ursprüngliche Forderung nach Auslieferung der vier Chinesen dadurch verwickelt worden sei, daß „größere Fragen von allgemeiner Bedeutung" aufgeworfen worden seien. Auf eine Anfrage bestätigte Chamberlain, daß auch die Blockade von Kulanaiu fortdauere.