Raaolder TaM«tt »Der Gesellschafter'

Donnerstag, de« 15. Juni 1939

7. Seite Nr. 137

Buntes Merlei

Der Kaiser von Anuam in Paris !

In Frankreich weilt gegenwärtig der Kaiser Vao Dar von ! Annam in Hinterindien (Jndochina), das seit 1884 unter fran- ! zösischem Protektorat steht. Vao Dai regiert seit 1925. Er ist ! Herrscher über fünf Millionen Menschen und 15Ü0V0 Quadrat- < kilometer Land. Der annamitische Fürst ist, zum Entsetzen von ! manchen seiner Beamten und auch mancher Teile seines Volkes, höchst modern gesinnt. Statt sich als Verkörperung göttlicher Mächte nur langsam und gemessen zu bewegen, treibt er Sport, chauffiert im Sporthemd mit kurzen Aermeln sein Auto selbst, läßt die Flugzeuge über die endlosen Reisfelder von Annam einherknattern, interessiert sich für modernstes Kriegsgerät und ist lebhaft und tätig. Die alten Würdenträger, die die annami­tische Tradition des Königs-Priesters aufrechterhalten sehen wol­len, ringen die Hände über den Kaiser, der aller gemessenen Würde entbehrt und dem Volk das Schauspiel eines sportartigen jungen Mannes bietet. Den Apparat von Mystizismus und Ge­heimnissen, der die annamitischcn Herrscher bisher umgab, ver­achtet Bao Dai.Er unterscheidet sich ja in nichts von den rei­chen jungen Annamiten, die aus Frankreich zurückkehren!" sagte einer der Mandarinen in leiser Verzweiflung. Aber für die Ju­gend seines,Landes ist dieser Herrscher das Beispiel eines Men­schen, der in seiner Zeit lebt. Im eleganten Hellen Rock und j weißen Filzhut bewundert der Kaiser von Annam jetzt, wie dir ! französischen Zeitungen galant versichern,die Schönheiten der > französischen Hauptstadt und des übrigen Frankreichs". s

Dom Strohhalm, der den Urwald reitet !

Ein neuer Zellstoff-Lieferant in der Küche des Chemikers !

Als der brave Webermeister Friedrich Gottlob Keller da- ^ hinter gekommen war, wie man aus Holz Holzschliff und s daraus wiederum Papier macht, da war nicht nur der seit - langem herrschende Mangel an Rohstoff für das Papier be- ! hoben, sondern es hatte auch eine Entwicklung begonnen eine äußerst verderbliche Entwicklung übrigens die dem : Walde in aller Welt ein schnelles und schmähliches Sterben > zudachte. Denn nun begann der Wettlauf in die Wälder. Geschäftstüchtigkeit und Gewinnsucht reichten sich die Hand, s hinter den Holzfällern mit Axt und Säge und Langholzwa- ^ gen zogen die Händler einher, die gefällten Riesen Klafter , für Klafter aufzumessen, und Wald um Wald sank dahin, j getroffen von den schweren Schlägen des wirtschaftlichen - Raubbaus. Diese rücksichtslose Ausbeutung am heiligen Gut ! der Natur blieb nicht ohne Strafe, und so sahen sich die i Menschen schon nach wenigen Jahrzehnten wieder vor der- s selben Zwangslage wie einst, als die Lumpen nicht mehr ausreichten, den Mangel an Papier zu befriedigen. Auch . das Holz war knapp geworden! Bedrohliche Anzeichen dafür ! kamen in den letzten Jahren aus allen Ländern der Welt. Selbst waldreiche Länder wie Schweden und Finnland sperrten die Ausfuhr, weil sie genug zu tun hatten, den ei­genen Bedarf aus ihren Beständen zu decken. Und in den Vereinigten Staaten und Kanada machte man sich mit Recht Kopfzerbrechen, was werden solle, denn hier waren sogar schon zwei Drittel des Urwaldes vernichtet. Sicherlich hätte auch das letzte Drittel noch dran glauben müssen, wäre nicht ^ wiederum in zwölfter Stunde der Chemiker eingesprungen ! und hätte er nicht der Welt einen Weg gewiesen, den dro- ^ chenden Mangel zu beheben. Zellstoff aus Stroh! So hieß

die Marschrichtung, die er befahl. Einjährige Pflanzen, die nach dem Schnitt in kurzer Zeit wieder wachsen, Gräser, Bambus, Zuckerrohr, Kaoliang und Eetreidestroh wurden auf ihren Wert für die Zellstoffgewinnung, für die Textil- und die Papierindustrie geprüft, und es ergab sich, daß sie eine ungeheure, vielleicht nie auszuschöpfende Referve der Zellulosegewinnung sind.

In Deutschland allein macht die Roggen- und Weizen- strohernte 27 Mill. Tonnen aus. Daraus lassen sich neun Mill. Tonnen chemisch aufgeschlossenen Zellstoffes gewin­nen. Zu diesem Zweck mutz das Stroh ein Verfahren durch­laufen, das ein anschauliches Bild von jener Großküche gibt, die die chemische Industrie in vielen ihrer Zweige ja ist. Nach dem neuen Verfahren, das Ingenieur-Chemiker I. W. Eggert jetzt in derUmschau" bekannt gibt, wird das Stroh - zuerst zu Häcksel zerschnitten, die Halmteile werden dann non allen anderen Teilen gesäubert, die hier nur überflüs­sig sind, werden in einen Druckkessel gepackt und mit alkali­schen Laugen so kräftig behandelt, bis sie zu einem faserigen Brei zerkocht sind. Es folgt das Durchseihen durch feine Siebe, und dann wird der Brei mit Chlor nachbehandelt und gebleicht. So ist der begehrte Zellstoffbrei gewonnen, der zu Papier oder Zellstoff weiter verarbeitet wird.

Und der Bauer? Erleidet er durch das Fehlen des Strohs nicht eine untragbare Einbuße? Nein, denn das Stroh als Stallstreu und Düngemittel ist leicht zu ersetzen durch den Torfmull, ein gleichwertiges Mittel, das im Stall die Jauche und ihren Ammoniak gut aufsaugt und dem Acker zuführt. Der Wald aber, der kostbare Wald mit seinem für die ganze Menfchheit und ihre Lebensbedingungen unschätz­baren Wert, ist buchstäblich gerettet, weil ihm der Stroh­halm über war im Werte für die Zellstoffgewinnung.

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Lachende Welt

Anekdote« von nah und fern Der gemilderte Fall

Der Zug brauste mit 100 Kilometer durch die Prärie. Die Reisenden dösten vor sich hin, eingelullt durch das gleichmäßige Stoßen und Rattern der Schienen. Plötzlich ein Schrei, ein Krach ein Wagen war entgleist. Vom Aussichtsabteil aus, das man bei den Ueberlandzügen in den USA. immer findet, war ein Neger in gewaltigem Bogen ins Freie geschleudert worden. Er flog und flog und schlug schließlich mit voller Wucht gegen einen Betonpfeiler, der oben ein Eisengestell mit den üblichen Tele­graphendrähten trug.

Man hörte gewissermaßen den Kopf auf den Vetonklotz schla­gen. Aber nach einigen Sekunden erhob sich der Neger, rieb sich den Schädel und untersuchte, ob seine übrigen Knochen noch heil seien. Ein Reisender, der den Vorgang beobachtet hatte, kam s näher: ^

Menschenskind, ich dachte, Sie wären auf der Stelle tot ge- « wesen. Daß Ihr Kopf überka.upt noch da ist!" !

Ja", meinte der Negerich dachte auch, ich wäre tot aber ! hier der Vetonklotz hat ja schließlich meinen Fall gemildert. Sonst § wäre ich noch weiter geflogen."

Anekdoten von nah und fern Das Echo will eine« Kirsch!

In der Schweiz gibt es eine Menge schöner Echos, die nakur- lich von den Fremdenführern bei allen Gelegenheiten vorgeführt werden. Freilich wird von vielen derartigen Echos behauptet^ sie würden nicht von der Bergwand erzeugt, sonder» von einem Sennen, der sowieso irgendwo oben in den Bergen ist und sich einen Spaß daraus macht, seinem Breuder, dem Fremdenführer, gefällig zu sein. Allerdings kommt es mitunter auch zu Zwischen­fällen zum Beispiel dann, wenn mau einen Senne» aus der Fassung bringt.

Da hatte man in Schwyz eben einer Gruppe von Mitgliedern eines Gesangvereins die Wunder eines Echos klar gemacht. Der Präsident wurde sogar aufgefordert, einmal kräftig:Anton!" zu rufen. Natürlich schallte es nach einiger ZeitAnton!" zurück. Auch Nebukadnezar kam mit einiger Verstümmelung wieder au. Aber einer der Sänger war mißtrauisch geworden. Er ging ei» wenig abseits, füllte seine Lungen und brüllte hinüber:Willst du einen Kiiiirsch?" Und das Echo fiel aus der Rolle und ant­wortete:Jahahahahaha!"

Der Neger der belgischen Armee

Jean Lazare von der vierten Kompagnie, zur Zeit in Ant­werpen, hatte die häßliche Angewohnheit, immer einen Mords­lärm aufzuführen, wenn er morgens früher als die anderen vo» Strohsack klettern mußte, um Wache zu schieben. Man wollte ihm auch abgewöhnen, unnütz Licht zu machen und brachte ihm bei, daß es auch ohne-Licht gehe.

Aber einen von der Stube ritt der Teufel. Er ging abends^ als Jean schon unter der Decke lag, hin und goß eine Flasche schöner schwarzer Tinte in das Waschbecken. Morgens stand Jean auf, scheute sich, Licht zu machen und wusch sich im Dunkel». Als er dann hinaustrat und seine Wachablösung vornahm, sank seinem Kameraden das Herz vor Staunen in die Schuhe. Da kam ein richtiger Neger heran so schön schwarz, wie man sie sonst nur auf Bildern sah. Lazare hat getobt. Aber es hat ih» nichts genützt. Die Stube hat zusammengehalten. Keiner hat das Geheimnis mit der Tinte verraten. Und schließlich, wenn man kein echter Neger ist. geht es ja im Laufe der Zeit wieder ab. Darauf wartet nun Jean Lazare.

Wissenswertes Zahlen-Allerlei

' In Korzok in Tibet wird noch in 4600 Meter Höhe das Land bebaut, man hat hier also wahrscheinlich den höchstgelegenen Ackerbau der Erde.

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Der jährliche Weltverbrauch an Persianerfellen beläuft sich auf etwa 3 Millionen Stück. Davon liefert Slldwestafrika heute etwa 1 Million Felle, Afghanistan 1200 000 und Rußland die übrigen.

Das Tennisspiel wurde im 15., 16. und 17. Jahrhundert in ganz Europa in sogenannten Ballhäusern gespielt. In Paris gab es seinerzeit nicht weniger als 300 Ballhäuser, woraus man

die ungeheure Volkstümlichkeit dieses Spiels erkennen kann.

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Als die Vereinigten Staaten im Jahre 1929 an die Notwen­digkeit von Sparmaßnahmen zu denken begannen, beschlossen sie, die Größe ihrer Banknoten zu verringern; in der Folge wurde» aus der gleichen Papiermenge, die bis dahin zur Herstellung von 8 Banknoten erforderlich gewesen war, nunmehr 12 Banknoten hergestellt. Auf diese Weise gelang es, jährlich 1500 000 Dollar einzusparen.

MM

Roman von Klara Laidhausen.

klrheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Manz, RegenSburg. 71. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Wie oft er diese Frage schon an sie gerichtet hatte! Er kannte die Antwort schon so gut:Nein niemals, Franz. Mein Platz, mein Glück ist nur bei Dir!"

Aber er wurde nicht müde, dieses Wort zu hören und aus ihm die große, beglückende Hingabe der liebsten Frau zu empfinden. Was sie wohl sagen würde, wenn sie nun heute erfuhr, daß er gar nicht daran dachte, ihr Opfer an­zunehmen? Daß er sich längst darüber klar geworden war, daß er kein Recht besaß, eine Kraft wie sie, ihrem Beruf zu entziehen? Ob sie wohl den Nachfolger akzeptieren würde, den er ihr an Dr. Römers Stelle vorschlagen wollte?

Der Zug!" Rasch zog Dr. Hormann Ditha durch die geöffnete Sperre auf den Bahnsteig hinaus, indes der lange D-Zug schon ratternd und fauchend zum Stehen kam.

Aus einem Abteil zweiter Klasse flatterte ein Taschen­tuch!» ein unterdrückter Jubellaut:Ditha!"

Lorle, Du!" In innigster Wiedersehensfreude lagen sich die beiden Freundinnen in den Armen, während zwei Paar Männeraugen einen Herzschlag lang prüfend, sondierend in- einandertauchten. Dann faßte Franz Hormann mit festem Druck die Hand des jüngeren Kollegen:Willkommen, Dr. Römer! Ich hoffe, daß Dithas Freund auch der meine sein wird."

Von ganzem Herzen, Dr. Hormann!"

Gerts Blick flog mit unendlich warmem Leuchten Ditha entgegen, die sich eben aus Lores Armen gelöst hatte und ihm nun mit Augen, in denen ihre ganze Seele lag, beide Hände bot. Und indes er diese lieben Hände an seine Lippen führte, fühlte er beglückt, daß er der Freundin und dem Manne ihrer Wahl wirklich aus freiem Herzen seine Freundschaft bieten durfte daß sein Gefühl für sie ganz

frei geworden war von jedem Wünschen und Begehren für sich selbst.

Das lebhafte Treiben des Bahnsteiges litt ein längeres Stehenbleiben nicht und so schlossen sich die vier baldigst dem Strom der Reisenden an, der dem Ausgang zustrebte. Das Gedränge ließ ein zusammenhängendes Gespräch nicht aufkommen. Sobald sie aber den geräumigen Mittelbau erreicht hatten, begann Ditha Dr. Römer mit Fragen zu überschütten.

Erzählen Sie, bitte, schnell von daheim, Gert! Konn­ten Sie doch ruhig fort? Wie geht es allen? Was machen die Schwestern? Fragen die Kinder noch nach mir?" usw. usw.

Schweigend beobachtete Franz die geliebte Frau. Wie ihre Augen strahlten, wie sie dem Freund die Antwort förmlich von den Lippen riß! Wahrlich! Wenn er in seinem Entschluß, sie ihrem Beruf zu erhalten, noch wan­kend gewesen wäre diese Minuten hätten ihn unerschüt­terlich darin befestigen müssen. Sie zeigten ihm deutlicher als Ditha in ihrem Opferfanatismus dies selber ahnte, wie mit jeder Faser verwachsen sie ihrem Wirkungskreis in Luzern war.

Erst als sie schon auf dem Bahnhofplatz vor dem par­kenden Wagen standen, unterbrach Franz das eifrige Ge­spräch, iy das sich auch Lore Berger lebhaft berichtend ein­geschaltet hatte.

Ich weiß nicht, ob ich den Herrschaften nach der immer­hin anstrengenden Reise nun auch noch die Autofahrt zu­muten darf? Die Zeit ist freilich ein bißchen knapp aber wenn sie sich noch etwas ausruhen und ein bißchen erfrischen wollen. .

Lore wehrte heiter ab:Nein danke schön, Herr Doktor! Wir haben von Lindau her im Speisewagen gegessen und Kaffee getrunken und sind zu allem möglichen gestärkt. Nicht wahr, Doktor?"

Sie sagt noch Doktor zu ihm, konstatierte Ditha bei sich, bemerkte aber zugleich voll froher Hoffnung das weiche Streicheln, mit dem Gerts Blick die zierliche Gestalt der

Freundin umfing, als er ihr fröhlich beistimmte.Aber frei^ lich! Nur auf nach B.!"

Dr. Hormann öffnete die Türen des Viersitzers und meinte lächelnd zu Lore gewandt:Ich denke, Sie setzen sich zu mir, Fräulein Lore! Wir wollen den beiden da die Heimfahrt zu einem ausgiebigen Konsilium freigeben. Zu Hause ist aber dann energisch Schluß mit aller Fachsim­pelet, verstanden?"

Diesmal fügte sich Ditha ein wenig beschämt wider­spruchslos seiner Anordnung. Als er aber dann ein paar Stunden später, nachdem man in Frau Hormanns gemüt­lichen Stübchen den Tee eingenommen hatte, ähnlich be­stimmt seine Dispositionen treffen wollte, muckte sie auf.

Wir haben gerade noch zwei Stunden Zeit, ehe wir zu Lindners fahren müssen," hatte er mit einem Blick auf die Uhr festgestellt.Ich schlage vor, daß wir den Damen diese Zeit für ihre Toilette zur Verfügung stellen, indes wir, wenn es Ihnen recht ist, Kollege, wohl noch über einiges Geschäftliche ins Reine kommen könnten. Ich hätte diese Fragen gern noch vor der heutigen Feier gelöst."

Da legte ihm Ditha ein wenig betroffen die Hand auf die Schulter.Das letztere ist mir ja aus der Seele gespro­chen, Franz ich werde auch heute abend viel freier und fröhlicher sein können, wenn ich Gerts Zusage habe. Aber, daß ich bei dieser Unterredung nicht dabei sein soll, zumal wir doch noch gar keine Einzelheiten besprochen haben, das. . ."

Franz Hormann ließ sie nicht ausreden. Lächelnd nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände und sah ihr forschend in die Augen:Hast Du Vertrauen zu mir, Ditha? 2a? Dann laß mich allein mit Kollegen Römer sprechen. Geschäfte sind Männersachen. Ich verspreche Dir, daß Du mit mir zufrie­den sein wirst."

Ja, wenn Du mir so kommst, Tyrann Du!" schalt Ditha, aber der Blick unendlicher Liebe, mit dem sie diese Worte begleitete, machte dieselben zu einer zärtlich weichen Lieb­kosung.Du hast recht, ich lege alles in Deine Hände.- Komm, Lorle, ,r.:.. : , 7 .: i : beide uns einmal tüchtig ausplauderu!" (Fortsetzung folgt.)