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Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'

Donnerstag, den IS. Juni igz»

Fieberhafte Spannung über Tientsin

Tientsin, 14. Juni. Mit fieberhafter Spannung sah die Mil­lionenstadt Tientsin in den letzten Stunde« der Blockade der französischen «nd englischen Niederlassungen seitens der japani­schen Truppen entgegen, die geeignet erscheint, eine neue Phase im Fernost-Krieg einzuleiten.

Der bisherige englische Standpunkt desEeroalt-gegen-Ge- roalt"-Erundsatzes läßt ernste Zwischenfälle befürchte», die die Beziehungen Japan-England neuerdings verschärfen muffen, ob­wohl die japanischen Behörde» die Aebergabe der Konzession auf »trockenem Wege" erstreben. Seit mehreren Stunden find alle in Konzessionen führende Straßen militärisch besetzt und durch Harnische Reiter sowie durch Stacheldraht abgeriegelt, hinter denen englisches Militär und englische Polizei Verteidigungs- Pellungen bezogen haben. Nur drei Straßen find für den Ein- »nd Ausgangsverkehr freigegeben, deren Passieren nur mit japa- «ischen Pässen möglich ifi. Gleichzeitig wurde die schärfste Kon­trolle über alle Fahrzeuge und Waren angeordnet. Die eng­lischen Familienangehörigen wurden bereits nach dem bekannten Meerbadeort Peiteiho abgeschoben. Sämtliche Lebensmittel ftie- Aeu im Preise um 20 Prozent an. Die Massenauswan­derung der in den Konzessionen zu Hunderttausenden leben­den Chinesen dauert an. Die Geschäftstätigkeit ruht, zumal durch große Zufuhr der Peiho-Fluß praktisch gesperrt ist. Es ist anzunehmen, daß chinesische Terroristen durch neue Attentate die bestehende Spannung zur Siedehitze bringen werden.

Die Blockade eine Selbstschutzmaßnahmc

Tokio, 14. Juni. Zur Blockade der britischen Niederlassung in Tientsin erklärte der Sprecher des japanischen Außenamtes, daß es sich um Entscheidungen und Maßnahmen der örtlichen Be­hörden in Tientsin handle, also des Befehlshabers der Truppen und des japanischen Generalkonsuls. Selbstverständlich werde To­kio laufend unterrichtet. Der Sprecher bestätigte auf Anfragen, die Haltung der Armee habe zum Ausdruck gebracht, daß es sich jetzt nicht nur allein um die Frage der Auslieferung der Terro­risten in Tientsin handle, sondern um Garantien für die Zu­kunft. Man erwarte von den örtlichen englischen Behörden, daß sie den störenden Elementen in der Politik und Wirtschaft Nord­chinas nicht Vorschub leisten. Der Sprecher erklärte ferner, daß es sich bei der Blockade nicht um die Anwendung von Gewalt handle, sondern um eine klare Selb st schutzmaßnahm e. Die britische Konzession würde nicht besetzt, sondern nur der Verkehr zwischen der Konzession und dem übrigen Tientsin überwacht werde«.

England will verhandeln

London, 14. Juni. Die Blockade, die die Japaner über die englisch-französischen Niederlassungen in Tientsin verhängen wol­len, war am Dienstag Gegenstand eingehender Beratungen in London. Wie die Blätter vom Mittwoch berichten, hat die bri­tische Regierung ihreletzten Vorschläge" nach dem Fernen Osten entsandt, damit eine Einigung mit den Japanern erzielt werden kann. Offensichtlich wünsche man emglischerseits mit Rücksicht auf die englischen Mißerfolge in Europa nicht im geringsten eine Zuspitzung der Lage, geschweige denn einen offenen Konflikt mit Japan. Das geht auch eindeutig aus deu Berichten der Londoner Blätter hervor, die alle die Hoffnung aussprechen, daß der eng­lisch-japanische Streit um die vier chinesischen Terroristen, deren Auslieferung die Japaner verlangen, auf friedlichem Wege und ohne Blockade beigelegt werden könne.Daily Herald" erklärt, sollte es sich Herausstellen, daß die Japaner den englischen Vor­schlag einer unparteiischen Kommission zur Regelung des Streit­falles nicht annehmen sollten, dann sei die Lage ernst, denn dann würde die gesamte Position Englands im Fernen Osten auf dem Spiele stehen.

Frankreich starrer gegenüber Japan als England

Paris, 14. Juni. Die Politik des aktiven und passiven Wider­standes Frankreichs und Englands in China gegen Japan spie­gelt sich auch in den Kommentaren der französischen Presse wider, die England zur llnnachgiebigkeit auffordert. DerFigaro" ist sich des Ernstes der Lage vollkommen bewußt, wenn er schreibt, eine Blockade einer Konzession, die mehr als eine halbe Million Einwohner umfaßt, könne einen der ernstesten Präzedenzfälle dar­stellen. Aus diesem Grunde, meldet er ohne besondere Berichti­gung, habe die britische Regierung beschlossen, die größte Festig­keit an den Tag zu legen. Die französische Regierung, die in Tientsin ebenfalls bedeutende Interessen besitze, habe sich mit der britischen Regierung in Verbindung gesetzt, um einen ge­meinsamen Aktionsplan mit London auszuarbeiten.

Die Blockade hat begönne«

Tientfi«, 11. Juni. (Ostafieudienst des DNB.) Die Blockade der ausländischen Konzessionen von Tientsin hat am Mittwoch früh um 5 Uhr ostafiatischer Zeit begonnen. Die nach den Kon­zessionen führenden Straßen find derart besetzt, daß je eine dem Zugangs- u«d dem Ausgangsverkehr dient. Die Sperre und Kontrolle werden gegenüber den Briten und Franzose« ««»ach- sichtlich dnrchgefnhrt, während die Angehörigen einiger anderer Konzessionen größer« Freiheit genießen.

! kischen Außenminister und dem französischen Botschafter unter- s zeichnet'werden. Ein weiteres Abkommen enthalte eine gemein- ! same Erklärung für das östliche Mittelmeer und werde ? in Paris von Außenminister Bonnet und dem türkischen Votschaf- ! ter unterzeichnet werden.

< Die Abtretung des Sandschaks Alexandrette ist der Preis, den ? Frankreich der Türkei dafür zahlt, daß diese sich durch Bündnis j mit England in die Einkreiser einreiht.

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^ Ungarischer Reichstag

von Reichsverrveser von Horthy eröffnet

- Budapest, 14. Juni. Der neue ungarische Reichstag wurde am ! Mittwoch mit einer gemeinsamen Sitzung des Oberhauses und des Abgeordnetenhauses durch Reichsverweser von Horthy feierlich eröffnet. Horthy dankte in seiner Eröffnungsrede zuerst der Vorsehung dafür, daß Teile der vom Vaterland abgetrennten Gebiete nach 20 Jahren Heimsuchung nicht durch einen mörde­rischen Krieg, sondern infolge eines Triumphes der Gerechtigkeit zu Ungarn zurückgekehrt seien. Für den neuen Reichstag mögen die Leitgrundsütze sein: Einheit. Arbeit und Erstarkung nach innen, Unabhängigkeit und Selbständigkeit nach außen.

Der Reichsverweser kam dann eingehend auf die Außen­politik zu sprechen. Die ungarische Nation, die ein Jahrtau­send lang harte Kämpfe um ihre Unabhängigkeit und Selbstän­digkeit habe führen müssen, müsse vor allem, gestützt auf die eigene Kraft, ihre friedliche Mission im Donaubecken im Inter­esse des Glücks und des Friedens der Völker erfüllen. In dieser Mission suche Ungarn Freunde und harre mit Treue aus neben den bisherigen Freunden.Mit Dank und Zufriedenheit denken wir an jene großen Ergebnisse, die wir, gestützt auf die Freu n d- schaft Italiens und auf die Freundschaft des alten treuen Waffenbruders Deutschland, erreichen konnten. Wie bisher, so wollen wir auch in Zukunft mit beiden mächtigen, miteinander verbündeten und befreundeten Staaten im Interesse des großen Werkes eines gerechten Friedens gemeinsame Wege gehen." Mit Pole n, das wieder Ungarns Nachbarland geworden sei, ver­bänden Ungarn ungeschriebene Gesetze auf Grund einer aus historischen Traditionen entstandenen aufrichtigen Freundschaft. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolge Ungarn alles, was zwi­schen Ungarn und Jugoslawien eine Atmosphäre des Ver­trauens schaffen könne. Darüber hinaus reiche Ungarn freund­schaftlich die Hand jeder Nation, die beweise, daß sie gutwillig sei. Ungarn pflege sorgfältig nach jeder Richtung seine kulturellen «nd wirtschaftlichen Beziehungen und wolle zur Schaffung des Friedens der Völker und Länder beitragen.

Am Schluß seiner Ausführungen rief der Neichsverweser den Reichstag auf, die gesetzgeberische Arbeit im Sinne der histo­rischen Verfassung, der tausendjährigen nationalen Tradition und der zeitgemäßen sozialen Bestrebungen zu leisten.

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Schwerer Granatwerfer in Stellung

Das Bild zeigt einen schweren Granatwerfer in einer Mul- denstellunq in Tätigkeit. (Scherl Bilderdienst, Zander-M.-K.)

Höchststand des Beschäftigungsgrades

Entwicklung -es Arbeitseinsatzes im Mai

Das englische Kabinett zur Lage im Temen Osten

London, 14. Juni. Das Kabinett trat am Mittwoch früh zu seiner üblichen Mittwoch-Sitzung zusammen, bei der die ernste LageinTientsin erörtert wurde, die durch die Verhängung der Blockade über die internationale Niederlassung seitens der Japaner entstanden ist. Das Kabinett beschäftigte sich dabei mit dem Vorschlag, eine Kommission, bestehend aus einem Engländer und einem Japaner unter neutralem Vorsitz, einzu­setzen, die entscheiden soll, ob der von den Japanern geforderten Freigabe der zur Zeit in der internationalen Niederlassung be­findlichen Chinesen entsprochen werden soll. Für England ist die Lage rm Fernen Osten durch die Verhaftung englischer Offi­ziere und die Tötung eines englischen Staatsangehörigen bei Schanghai noch schwieriger geworden.

Frankreich zahlt für England

Sandschak Alexandrette an die Türkei abgetreten

Ankara, 14. Juni. In einer Sitzung der republikanische« Dolkspartei wurde bekanntgegcben, daß in den französisch-türki­schen Verhandlungen über Abtretung des Sandschaks Alexandrette an die Türkei eine Einigung erzielt wor­den sei.

Auch Havas meldet den Abschluß des französisch-türkischen Ab­kommens. Das Sandschak-Abkommen solle in Ankara vom tür-

Berli«, 14. Juni. Ende April 1939 wurden im Altreich rund 21270 000 beschäftigte Arbeiter und Angestellte gezählt. Im Mai ist eine weitere Steigerung des Beschäftigungsgrades um 370 000 eingetreten, so daß Ende des Verichtsmonats mit 21 640 000 ein' neuer Höchststand erreicht wurde. Gegenüber dem vorausgegangenen winterlichen Tief beträgt die Beschäftigungs­zunahme 1,6 Millionen, gegenüber Ende Mai des Vorjahres 1,2ö Millionen. In den sechs Jahren vom Mai 1933 bis Ende Mai 1939 ist im Altreich die Zahl der Beschäftigten um nicht weniger als 8,1 Millionen gestiegen. Trotz der in den letzten Monaten und Jahren eingetretenen starken Erhöhung des Ve- schäftigtenstandes ist keine Entspannung im Arbeitseinsatz ein­getreten, da das Arbeitsvolumen in noch stärkerem Maße als die Zahl der Arbeitskräfte gewachsen ist.

In einzelnen Gebieten des Reiches waren in der Landwirt­schaft die Frühjahrsarbeiten durch die regnerische Witterung er­schwert und drängten sich infolgedessen am Monatsende stark zu­sammen. Trotz des Einsatzes von Arbeitsmännern, Soldaten, Landdienst, Pflichtjahrmädchen und ausländischen Wanderarbei­tern bestand noch ein erheblicher Bedarf an Arbeitskräften, der nicht gedeckt werden konnte. Insbesondere fehlten gesunde Kräfte, geübte Jugendliche und Melker. Auch in der Bauwirtschaft und den Produktionsgüterindustrien gestaltete sich die ausreichende Versorgung mit Arbeitern und Angestellten immer schwieriger. Die notwendigen Arbeitskräfte für staats- und wirtschaftspoli­tisch wichtige Aufgaben mußten zum Teil im Wege der Dienst­verpflichtung gestellt werden. Auch in den Massenverbrauchs- güterindustrien hat sich im Mai der Arbeitermangel noch ver­schärft. In der Ostmark und im Sudetenland hat der Anstieg der Beschäftigung, der seit der Eingliederung ins Reich eingesetzt hat, rm Berichtsmonat besonders starke Fortschritte gemacht.

Laqnardia mauschelt Begrüßung

Der jüdische Oberbürgermeister von Neuyork (im Vordergrund Mitte) vor dem englischen König. iWeltbild, Zander-M.-K.)

Infanterieregiment Großdeutschland"

Namenswechsel des bisherigen Wachregiments Berlin

Berlin, 14. Juni Auf dem Kasernengelände des bisherigen Wachregiments Berlin in Moabit fand am Mittwoch die Um­benennung des Regiments in den vom Führer kürzlich verliehe­nen NamenInfanterieregiment Großdeutschland" statt. Als der Kommandant von Berlin, Generalleutnant Seifert, auf dem Kasernenhof eintraf, war das Regiment in Paradeaufstellung angetreten. Der neue Regimentskommandeur, Oberstleutnant von Stockhausen, erstattete Meldung.

Unter den Klängen des Präsentiermarsches schritt General­leutnant Seifertdie Front ab, um dann in einer kurzen An­sprache den Namenswechsel zu vollziehen:Auf Vorschlag des Oberbefehlshabers des Heeres hat der Führer und Oberste Be­fehlshaber der Wehrmacht befohlen, daß das bisherige Wach- rcgiment Berlin ab heute den NamenInfanterieregiment Grotz- deutschland" führt. Ich beglückwünsche zugleich im Namen des Kommandierenden Generals das Regiment zu dieser hohen Aus­zeichnung und begrüße gleichzeitig den neuen Regimentskom­mandeur, Oberstleutnant von Stockhausen, an der Spitze seines Regiments. Möge sich das Regiment dieser hohen Auszeichnung, seines stolzen Namens, stets bewußt sein und sich ihrer würdig erweisen. Unsere Wünsche iür die Zukunft des Regiments bringen wir zum Ausdruck, indem wir rufen: Infanterieregiment Erotz- deutschland, Hurra!"

Regimentskommandeur Oberstleutnant von Stockhause« dankte für die dem Regiment ausgesprochenen Wünsche und wandte sich dann seinerseits mit einer Ansprache an das Regi­ment. Er wies darauf hin, daß das bisherige Wachregiment fast 20 Jahre als einziger Truppenteil in der Reichshauptstadt gestanden habe. Das Bestreben aller Kommandeure sei es ge­wesen, dafür zu sorgen, daß das Regiment stets vorbildlich auf­trat. Im Herbst dieses Jahres wird das Regiment völlig um­gegliedert. Es wird aus vier Bataillonen bestehen und rekrutiert sich dann selbst aus Freiwilligen aus dem ganzen Reich. Der Wach- und Ehrendienst bleibt bestehen. Das Regiment wird voll­motorisiert. Das Regiment wird im Herbst eine neue Uniform erhalten.

Ehrenfold für betagte FilmWustler. Der Reichsmiuister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Goebbels, hat 44 betagten Filmkünstlern in Anerkennung ihrer jahrelan­gen erfolgreichen künstlerischen Tätigkeit zur Linderung ihrer wirtschaftlichen Notlage einen monatlichen Ehrensold ausgefetzt und hierfür einen größeren Betrag zur Verfü­gung gestellt.

London finanziert Polen. Oberst Koc hat sich ans War- schau zu dem angekündigten Besuch nach London begeben- Oberst Koc, der früher Finanzminister und Präsident dvv- Bank von Polen war, wird Verhandlungen über englische Kredite führen.

Deutsche Studienreise nach Schweden. In Erwiderung von zwei Studienreisen, zu denen schwedische Reichstagsab­geordnete, Bauern und Wirtschaftsführer in den Jahren 1935 und 1937 von der Nordischen Verbindungsstelle nach Deutschland eingeladen worden waren, hat ein schwedisches Konnte eine Einladung zur Einreise deutscher Staatsange­höriger nach Schweden übermittelt. Die Studienreise, die unter Leitung des Präsidenten Dr. Drager im Flugzeug an­getreten wurde, wird sich bis in die nördlichsten Teile Schwedens erstrecken. Neben Besichtigungen von großen schwedischen Jndustrieunternehmungen sind solche von land­wirtschaftlichen Einrichtungen vorgesehen.

Spaniens Innenminister aus Rom abgerefit. Der spani­sche Innenminister Serranu Suner hat am Mittwoch Rom verlassen und von Ostia aus an Bord eines Flugzeuges die Rückreise nach Spanien angetreten. Zum Abschied, der sich außerordentlich herzlich gestaltete, hatten sich am Flughafen Außenminister Graf Ciano und Parteisekretär Minister Starace eingefunden.

Deutschland als Vorbild! Die Medizinische Akademie, in Paris, die schon mehrfach gegen den Alkoholmißbrauch in Frankreich Sturm gelaufen ist, hat eine neue Aktion einge­leitet und zwei Vorschläge gemacht: 1. In Wahlzeiten und bei Streiks die Schankstätten zu schließen und 2. die schon in Deutschland bewährten Blutproben bei Autounfällen einzuführen, um auf diese Weise feststellen zu können, ob der Unfall auf den Genuß von Alkohol zurückzuführen fit.

R ,r Musikhochschule ui Salzburg. Am Dienstag wurde kn Salzburg in Gegenwart des Reichsministers Rust im Nahmen eines Festaktes die Erhebung des Mozarteums in Salzburg zur Musikhochschule vollzogen. Reichsministe'' -Rust wies sodann in längeren Ausführungen auf die Nor- voendigkeit eines einheitlichen Ausbaues der Musik hin, da für den Aufbau einer breitgelagerten Musikkultur eine mu­sische Erziehung besonders wichtig sei. Generalintendant Clemens Krauß übernahm die neue Hochschule mit dem Ver­sprechen, die jungen Musiker mit nationalsozialistischem Kulturgut und nationalsozialistischem Leistungswillen zu er­füllen.