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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Samstag, den 1V. Juni 1933

Iahrestagung

des Deutschen Ausland-Instituts

Die Festsitzung

Stuttgart, 9 Juni. Die Hauptversammlung des DAJ. fand am Freitag im Großen Haus der Württ. Staatstheater statt. In deren Mitelpunkt stand die Festrede des Oberbefehlshabers der deutschen Kriegsmarine, des Großadmirals Dr. h. c. Raeder. Zum Empfang des Großadmirals war eine vor dem Theater ausgestellte Ehrenkompagnie der 6. Marine-Artillerie-Abteilung mit Spielleuten und Musikkorps angetretea, die bei der Ankunst des hohen Gastes das Gewehr präsentierte und deren Front der Großadmiral mit dem Kommandierenden General des V. Ar­meekorps, General der Infanterie Ruoss, dem Reichsstatthalter in Bayern, General Ritter von Epp, Gauleiter Reichsstatthalter Murr und Ministerpräsident Mergenthaler abschritt. Hierauf begaben sich die Ehrengäste in das Innere des bis zum letzten Platz besetzten Großen Hauses.

Nach einer feierlichen Musik hielt der Präsident des DAJ., Oberbürgermeister Dr. Strölin, die Eröffnungsansprache, wo­bei er betonte: Zehn Millionen Deutsche sind wieder mit dem Reich vereinigt worden. Die besondere Größe der Tat des Füh­rers fand aber vor allem auch darin ihren stärksten Ausdruck, daß unter der unmittelbaren Einwirkung dieses politischen Ge­schehens die deutschen Volksgruppen selbst sich zur inneren Ein­heit, Einigkeit und Geschlossenheit zusammengefunden haben. Wenn Sie, meine Volksgenossen, die Sie draußen in den Volks­gruppen an führender Stelle stehen, wieder hinausziehen, dann begleitet Sie unser heißer Wunsch: Stellen Sie immer wieder den Deutschen draußen den Gedanken der Einheit und der Einig­keit vor Augen. Der zweite Gruß gilt all unseren deutschen Brü­der» und Schwestern jenseits der Grenzen. Unsere Gedanken rich­te» sich dabei in erster Linie nach Danzig. Wird doch gerade bei dieser alten, urdeutschen Stadt das leidenschaftliche Bekenntnis z» Führer und Volk immer wieder zu unterdrücken versucht. Der Deutschtumskampf stellt uns, die Stadt der Ausländsdeutschen und das Deutsche Ausland-Institut, täglich immer wieder vor neue große Aufgaben. Ich begrüße besonders herzlich die Män­ner, die heute draußen an entscheidender Stelle das Lebensrecht der deutschen Volksgenossen vor den fremden Staaten und ihren Völkern zu vertreten haben. Mein besonderer Gruß gilt ferner dem Verband der Rußlanddeutschen. Ferner heiße ich unter uns die Teilnehmer an den Arbeitstagungen der Volksdeutschen Äu­gendführer und des Autzenamtes der Reichsstudentensührung herzlich willkommen. Mit besonderer Freude begrüßte Ober­bürgermeister Dr. Strölin Reichsverkehrsminister Dr. Dorpmül- ker, dem er den herzlichsten Dank für die vielseitige Unterstützung der Arbeit des Deutschen Ausland-Instituts aussprach, den Grün­der unserer jungen und doch schon so starken Kriegsmarine, Groß­admiral Raeder, mit dem sich gerade die Stadt der Ausländs­deutschen und das Deutsche Ausland-Institut persönlich verbun­den fühle, und den leidenschaftlichen, unerbittlichen Vorkämpfer Pir die kolonialen Ansprüche der deutschen Nation. General Ritter von Epp.

Ich habe, so fuhr Oberbürgermeister Dr. Strölin fort, die dies­jährige Hauptversammlung des Deutschen Ausland-Instituts wie­der zum Anlaß genommen, eine Anzahl deutscher Volksgenossen «ns dem In- und Ausland durch Verleihung der Ehren- Plakette des Deutschen Ausland-Instituts auszuzeichnen. Es 20 Männer, denen wir auf diese Weise zum Ausdruck bringen wollen, wie sehr wir ihre Arbeit für das Deutschtum Auslande anerkennen. Ich möchte heute von diesen Männern »amentlich nur hervorheben den langjährigen Abgeordneten des !dänischen Reichstags, den unermüdlichen Führer und Förderer, lden Nestor der deutschen Volksgruppe in Dänemark, Johannes Schmidt-Modder.

Der Leiter des Deutschen Ausland-Instituts, Dr. Tsaki, hob st» seinem Jahresbericht hervor, daß sich ine Tätigkeit des DAJ. nach vier Hauptrichtungen: Sippenkunde «nd Volkspflege, Volksforschung, Schulung und Presse und Ausstellungswesen und "museale Darstellungen gliedert. Eine Sippenkartei mit heute stchon über 300 000 Karten wurde nach verschiedenen Gesichtspunk­ten aufgebaut. Die wissenschaftliche Arbeit der Hauptstelle findet sichren Niederschlag in dem Jahrbuch für die Sippenkunde des Deutschtums im Auslande. Die Arbeitsstelle für deutsche Volks- aorschung wird gemeinsam mit der Deutschen Akademie in Mün­chen geführt, und es ist dem DAJ. im abgekaufenen Jahr in «rweitertem Matze die Planung der Volkswissenschaft zugewiesen iworde». Zwei neue Abteilungen find im letzten Jahre eingerich- jtrt worden, bezw. gegenwärtig im Ausbau begriffen: eine sta- tistisch-kartographische und bevölkerungskundliche Abteilung und eine Arbeitsstelle für die Musik des Deutschtums im Ausland. Die Grundlage aller wissenschaftlichen Schlagkraft des Instituts stiegt nach wie vor in den sammelnden Abteilungen. In der Er- ckentnis, daß z. B. die 20 000 Bände außendeutschen periodischen Schrifttums lückenlos bis 1919 die gesamte deutsche Zeitungs- kteratur des Auslandes umfassen, hat das Reichspropaganda- «iuisterium im Rahme» seines Eeneralreferates für Zeitdoku- Mentatton die Sammlung des DAJ. zum zentralenDeutschen Auslands-Pressearchiv" erklär. Die Hauptbücherei für das Deutschtum im Ausland umfaßt als einzige Spezialbibliothek auf diesem Gebiete über 80 000 Bände. Eine Zeitschrift über das am Reich erscheinende Schrifttum, ei« Buchversand, Lesepaten- kchasten nnd die Versendung eines eigenen Bfldkalenders in N) 000 Stück ergänzt die sich auf das deutsche Buch beziehende Tätigkeit. Dr. Csaki schloß: Unsere Arbeit ist keine von den Ge­nehmsten losgelöste Sammel- und Registriertätigkeit. Unsere Betrachtungsweise mündet ein in eine Weltbetrachtung der Deut­sche» in der Wett, d. h. im Völkerlebe». Im Sinne der Wechscl- dfirkung von Ration zu Ration eine Völkerkunde mit aufzu- lbanen, wird auch unsere Zukunstsaufgabe mit sein.

Hierauf hielt Ministerpräsident und Kuliminister SA.-Ober- tzruppensührer Mergenthaler eine längere Ansprache. Er dankte dem Präsidenten des DAJ.» Oberbürgermeister Dr. Strö- k», und dem Leiter des DAJ Professor Dr. Csaki, sowie sämt­liche» Mitarbeitern des Instituts herzlich für die stets geleistete dakkräftige Arbeit. Er betonte, daß das Land Schwaben mit dem Deutschen Ausland-Institut aufs engste verbunden sei.

Hierauf begann die Reihe der Begrüßungsansprache«. Ober- «gierungerat Dr. Essen-Berlin «verbrachte die Eriche und Wnsche des Reichsministeriums des Innern, Eeheimrat RShle dom Auswärtigen Amt die des Reichsministers des Auswärtigen »o« Ribbentrop. Hauptamtsleiter Dr. Leibbrandt Lber- drachte di« Grütze des Reichsleiters Rosenberg, die Wünsche des Gauleiters der Auslands-Organisation, Bohle, übermittelte Hauptamtsleiter Erothe. Endlich sprach Universitätsrektor Pro- «Aor Dr. Hoffmann- Tübingen namens der drei Hochschulen Tübingen, Hohenheim und Stuttgart. Tr gab dabei bekannt. Daß a» der AniverstLt Tübingen ein« Forschungssteell für Ras- senkundliche Kolonial-Wissenschaft gegründet worden sei, die den Dozenten Dr. Drascher und Professor Dr. Gieseler übertragen wurde.

Ein rechter Hitlerjunge geht ins Freizeitlager!

Rumäniens Außenpolitik

Eafencu über das deutsch-rumänische Abkommen j

Bukarest, 9. Juni. Am Freitag trat das neue rumänische Abge- ^ ordnetenhaus zu seiner ersten Sitzung zusammen. Es wählte zu ! seinem Präsidenten einstimmig den früheren Ministerpräsidenten i Vaida-Voevod. Außenminister Gafencu gab Erklärungen über i die außenpolitische Lage ab. Er streifte zunächst die Eindrücke ^ seiner letzten Auslandsreise, wobei er u. a. nochmals seinen > Dank aussprachfür die warme und aufrichtige Aufnahme", die ! er i» Berlin gefunden habe. Mit Befriedigung habe er er- j kannt, daß die Einheit und Unabhängigkeit Rumäniens überall j als ein Prinzip der Ordnung und des Friedens angesehen werde. ! Rumänien habe sein Verständnis für die Wirklichkeiten durch i den Abschluß von Abkommen bewiesen. Der Raum innerhalb j seiner Grenzen bleibe jedoch nur den Aufgaben der rumänischen s Ration Vorbehalten. Die Minderheitenfrage in Rumä­nien, so betonte der Minister, habe zwar Auswirkungen auf die Beziehungen der Staaten, werde jedoch nicht als eine territoriale Frage angesehen. Das Minderheitenstatut vom vergangenen Herbst enthalte Rumäniens aufrichtige Absichten und seinen ent­schiedenen Willen, allen Bürgern des Landes Gerechtigkeit zu­teil werden zu lassen. Unsere Sicherheit stützt sich vor allem auf uns selbst, fuhr Eafencu u. a. weiter fort. Nachdem er die Ent­schlossenheit Rumäniens hervorgehoben hatte, die Grenzen und die Unabhängigkeit des Landes unter Umständen mit der Waffe zu verteidigen, erwähnte er die Erklärungen Frankreichs und Englands, die man mit aller Anerkennung entgegengenommen habe.

Der Außenminister umriß dann kurz des Verhältnis Rumä­niens zu den anderen Staaten. Seine Beziehungen zu Pol en verlangten eine freundschaftliche und aufrichtige Zusammenar­beit, die zum benachbarten Sowjetrußland sei umgekehrt. Rumänien beachte den Grundsatz, keine benachbarte Großmacht gegen eine andere zu unterstützen, um nicht Gelegenheit zu ei­nem Konflikt an seinen Grenzen oder auf rumänischem Gebiet zu geben. Vom Balkanbund glaube man, daß er immer größere Bedeutung haben werde. In das System unserer Sicherheit müs­sen wir auch die Wirtschaftsabkommen einschließen, die wir mit verschiedenen Mächten abgeschlossen haben »erklärte Eafencu zum Schluß. Das Abkommen mit Deutschland ist eine Bürg­schaft von ungeheurer Wichtigkeit für die friedlichen und wohl­wollenden Absichten zwischen dem Reich und unserem Land. Da­mit jedes Abkommen die erwarteten und für die Wirtschaft der beiden Länder so nützlichen Früchte trägt, bedarf es einer langen Friedensperiode und Beziehungen vertrauensvoller Zusammen­arbeit. Die mit Frankreich und Großbritannien abgeschlossenen Wirtschaftsabkommen stellen unseren Platz in der internationa­len Wirtschaft sicher. Schließlich möchte ich erklären, wie günstig eine lange Periode der Ruhe und Verständigung für die natürli­che Entwicklung unserer Beziehungen zu Italien sein kann.

Schöne Worte in London

Chamberlain stellt Einkreisungsabsichten in Abrede L Halifax über Fragen der britischen Politik

London, 9. Juni. Auf eine Anfrage im Unterhaus, ob ihm die kürzlich in Deutschland abgegebenen Erklärungen bekannt seien, daß Großbritannien die Vernichtung des deutschen Han­dels und aller deutschen Existenzgrundlagen wolle, um die poli­tische und physische Ausrottung des deutschen Volkes zu erreichen, erklärte Ministerpräsident Chamberlain u. a., er habe mit großem Bedauern festgestellt, daß solche Behauptungen weiter er­hoben werden, obschon er und Lord Halifax positive Erklärungen im gegenteiligen Sinne abgegeben hätten. In seiner Rede in der Londoner Albert-Hall am 12. Mai sowie in seiner Unterhaus- Rede am 19. Mai habe er erklärt, daß jede Behauptung, daß England Deutschland zu isolieren wünsche oder der natürlichen und legitimen Ausdehnung seines Handels in Mittel- und Süd­osteuropa im Wege stehen wolle, oder daß es irgend eine Kom­bination gegen Deutschland plane mit der Absicht, gegen Deutsch­land'zum Kriege zu schreiten, falsch sei.

Bei einer außenpolitischen Aussprache tm Oberhaus hielt Außenminister Lord Halifaxam Donnerstag eine Rede, in der er zunächst auf die Frage des Kriegsmaterials in Spanien ein­ging und erklärte, daß die italienische Regierung das Recht haben müsse, an Franco Kriegsmaterial zu verkaufen, wenn sie die Absicht dazu hätte. Nachdem Lord Halifax sich mit der Lage im Fernen Osten befaßt hatte, die, wie er sagte, der Regie­rung beträchtliche Besorgnisse verursache, erklärte er zu den Ver­handlungen mit der Türkei, daß nach dem Abschluß der ersten > Stufe der Verkandlunaen am 12. Mai weitere Beratungen zwi- j

schen den beiden Regierungen stattfänden. Er hoffe, daß er in sehr kurzer Zeit in der Lage sein werde, dem Hause mitzuteilen, daß sie erfolgreich abgeschlossen worden seien.

Zu den Verhandlungen mit Sowjetrußland teilte Lord Halifax unter Bezugnahme auf seine Besprechungen mit franzö­sischen Ministern in Paris und Eens und dem sowjetrussischen Botschafter in London mit, daß als das Ergebnis dieser Be­sprechungen gemeinsame englisch-französische Vorschläge der Sow­jetregierung unterbreitet worden seien, die nach Ansicht der bri­tischen Regierung in allen Punkten, in denen es Schwierigkeiten gegeben habe, in jeder wichtigen Hinsicht entgegengekommen seien. Der sowjetrussische Außenkomissar habe in einer öffent­lichen Erklärung zu diesen Vorschlägen anerkannt, datz sie im wesentlichen den Wünschen seiner Regierung entsprechen. Ts blieben noch eine oder zwei Schwierigkeiten zu lösen, die haupt­sächlichste hiervon sei die Stellung der baltischen Staaten. Er hoffe, Mittel und Wege zu finden, durch die diese Schwierigkeit und irgend welche anderen Schwierigkeiten gelöst würden.

Dann verbreitete sich Lord Halifax noch über die allgemeine Lage und erging sich hierauf in den bekannten Vorwürfen gegen die Methoden der deutschen Außenpoli­tik. Abschließend erklärte Lord Halifax, er teile nicht die An­sicht derer, die einen Krieg für unabwendbar hielten.

Frankreichs Aufrüstung zur See

14 weitere Kriegsschiffneubauten in Auftrag

Paris, 9. Juni. Nach einer Mitteilung des französischen Kriegsmarineministeriums hat der Kriegsmarineminister den Auftrag zum Bau von 14 leichten Kriegsschiffen erteilt, die der weiteren Verstärkung der Kriegsflotte dienen sollen. Es handelt sich um vier Torpedobootszerstörer von etwa 3000 Tonnen Wasserverdrängung, ferner sind sechs leichte Torpedo­boote von etwa 1000 Tonnen und vier neue Minensuchboote von 600 Tonnen vorgesehen.

Ring um IVO 000 Ehinefen

Neuer japanischer Vorstoß in der Provinz Schantung

Tsianfu (Nordchina), 9. Juni. Am S. Juni begannen die japa­nischen Truppen nach gehöriger Vorbereitung einen Varstotz gegen etwa 100 000 Mann chinesischer Truppen und Freischärler, die den Süden der Provinz Schantung unsicher machen und ver­suchen, den Verkehr auf der Schantung-Bahn zu beunruhigen. Eine japanische Abteilung stößt, im Verein mit den japanischen Earnisonstruppen in Jitschau (Siid-Schantung), an der Lung- hai-Vahn in nördlicher Richtung vor. Eine weitere japanische Abteilung marschiert, ebenfalls in nördlicher Richtung, vom öst­lichen Endpunkt der Lunghai-Vahn vor. Den japanischen Heeres­berichten miolae schlickt sich der javanische Rina. in dem die

Kleine Nachrichten

Stabschef Lutze vereidigt Memels SA.-Männer. Am

Freitag landete Stabschef Lutze, der im Zuge seiner Besich- tigungsreise dieses Mal die Ostland-SA. besucht, in Memel- Es ging dann durch die festlich geschmückte Stadt zum Heu­markt, auf dem die Vereidigung der 5000 SA.-Männer statt- sand, jener Männer, die ihr Bekenntnis zum Eroßdeutschen Reich schon vor der Eingliederung des Memellandes durch ihren aktiven Einsatz in der damaligenSicherheitsabter-, lung" unter Beweis stellten.

Meuchelmord an deutschem Polizisten im Protektorats- gebiet. In der Nacht zum Donnerstag ereignete sich in KladnobeiPragein schwerer Zwischenfall. Ein deut­scher Polizeiwachtmeister wurde von unbekannten Tätern er­schossen. Üeber den Uebersall, der aus dem Hinterhalt er­folgte. ist eine Untersuchung eingeleitet worden. Die Protek­toratsbehörden haben sofort Maßnahmen verfügt, die eine Wiederholung derartiger Vorfälle verhindern.

Auch Portugals Spanrenfreiwillige daheim. Am Don­nerstag trafen aus dem Lissaboner Hauptbahnhof die portu­giesischen freiwilligen Spanienkämpfer ein. Die Ankunft der portugiesischen Legion wird mit großen Siegeskundgebungen und Freudenfesten gefeiert.

Setzt notrvendise Arbeiten im Svftban

. Von Kreisbaumwart Walz-Nagold

Die spannende Erwartung des Witterungsverlaufs über die Blütezeit ist nun vorbei, und man kann etwa Schlüsse ziehen, was die Obstbäume und -Sträucher noch an Fruchtansatz auf- weisen, bzw. was Witterung, Schädlinge und Krankheiten noch übrig ließen. Die Beerensträucher, auch Waldbeeren versprechen eine gute Ernte, ausgenommen Brombeeren, deren Tragruten im Dezember 1938 fast überall erfroren sind. Kirschen sind in unserem Gebiet sehr verschieden. Sie blühten fast alle während des Dauerregens und haben zum geringen Teil einen guten Fruchtansatz behalten.

Weitaus die meisten Kirschbäume wurden von der Schrot­schußkrankheit und dem Moniliapilz befallen, und ganze Aeste und Bäume zeigen jetzt welkes Laub. Eike einzige i-prozentige Kupserkalkspritzung vor dem Blühen hätte sehr viel retten können. Zwetschgen und Pflaumen scheinen nicht viel durch die Regenzeit hindurchqerettet zu haben. Namentlich Zwetschgen leiden jetzt sehr stark unter SchrotschußkranSheit und Rote Spinne. Auch da wäre mit einer Kupferkalk- oder 2-prozentigen Schwefelkalkspritzung viel zu retten gewesen. Birnen sieht man manche Bäume ziemlich voll hängen mit kleinen Früchten, weitaus die meisten aber ließen alles fallen in den letzten Ta­gen. Aepfel gibts reichlicher. Manche Sorten haben aber doch durch den Regen mehr gelitten als angenommen werden konnte und stehen nun leer. Am meisten wohl spielte der schlechte Bie­nenflug mit, und es zeigt sich Heuer sehr deutlich, wie wichtig die Bienenzucht für den Obstbau ist. Immerhin dürfen wir mit einer Mittelernte in Aepfeln im Gebietsdurchschnitt rechnen. Wir dürfen uns darüber herzlich freuen, der Baumbesitzer jedoch muß nun unbedingt darauf sehen, das, was vorhanden, zu halten und vor Kankheits- und Schädlingsbefall zu bewah­ren. Der Schorfpilz hat sich während der Blüte kolossal auf den Blättern ausgebreitet und wird von da aus auf die Früchte übertragen. Schorfiges Obst aber ist für den Rohgenuß ziem­lich wertlos, für die Verwertungsindustrie nur bedingt brauch­bar. Es muß deshalb, soweit die Bäume ganz verblüht haben, mit x- bis Xprozentiger Kupferkalkbrühe gespritzt werden Statt dieser kann auch I-prozentige Schwefelkalkbrühe oder das neue ungiftige Mittel Pomarsol Xprozentig verwendet werden.

Da nun um diese Zeit auch die Obstmade ihre Eier an die kleinen Früchtchen ablegt, wodurch viel Früchte später vor­

zeitig abfallen oder später murmig sind, ist zu empfehlen, der Spritzbrühe für 100 Liter 300 Gramm Vleiarsen beizumischen. Dies ist aber ein sehr starkes Eist, deshalb muß abends gespritzt: wo Gras als llnterkultur ist, muß solches vorher abgemäht werden. Bei Gemüseunterkultur muß Arsen vorsichtshalber weg­gelassen werden, wie dies auch in der Nähe von Bienenständen zu empfehlen ist. Beim Spritzen ist zu beachten, daß die Blätter und die kleinen Früchtchen nebelartig benetzt werden. Die Brühe darf nicht abtropfen, es muß also ein feiner Verstäuber ver­wendet und nicht aus allernächster Nähe gespritzt werden. In ca. 14 Tagen bis 3 Wochen ist dieselbe Spritzung zu wieder­holen. Auf diese Weise erhält man hochprozentiges Qualitäts­obst, die Blätter bleiben gesund und die Bäume sind in der Lage, neben den Früchten noch Blutenknospen für das nächste Jahr zu bilden, was schorfbefallenen Bäumen nicht möglich ist. An kühlen Morgen oder kurz nach einem Regen ist das Spritzen zu unter­lassen. Wenn bei Giftspritzungen die nötige Vorsicht waltet, braucht kein Bienenzüchter Angst um seine Bienen zu haben, es ist dies in zahlreichen Beispielen erprobt.

An jungen Obstbäumen und Johannisbeersträuchern zeigen sich jetzt die ersten Vlattlauskolonien, erkenntlich an den Krüm­mungen der Zweigspitzen oder zusammengerollten Blättern. Durch Eintauchen der Triebspitzen oder Spritzen mit 2prozen- tiger Schmierseifenbrühe (20 Gramm Schmierseife zu 1 Liter Wasser), der einige Tropfen Spiritus Leigefügt ist, werden die Läuse abgetötet. Wo Stachelbeermehltau auftritt, wird am besten mit Iprozentiger Solbarbrühe oder Iprozentiger Soda­brühe, evtl. 2prozentiger Schwefelkalkbrühe gespritzt. Vorbeu­gende Spritzung ist wirksamer als bekämpfende.

Nicht nur der Schädlingsbekämpfung muß unser Augenmerk gelten, sondern einer wohl noch wichtigeren Arbeit: hinreichende Ernährung, Fruchtsträucher, Obstbäume, die jetzt Behang zeigen, sind sehr dankbar für flüssige Düngergaben im Sommer. Wo Stallgülle vorhanden, kann solche mit 23 Kg. Superphosphat für 100 Liter darin aufgelöst verwendet werden. Sehr gut wirkt Nitrophoska aufgelöst, 68 Kg. auf 100 Liter. Entweder gibt man die Flüssigkeit in Gräben, oder sehr praktisch wirkt sich dieDüngerlanze" aus. Gut gedüngt ist halb gespritzt. Gut ernährte Pflanzen sind gesünder und fruchtbarer als magere. Düngen und Spritzen (Eesunderhalten der Pflanze) aber wirkt beim Obstbaum Wunder auch bei schlechter Blütenwitterung. Heuer zeigt sich dies einwandfrei!