8. Seite — Nr. 12t
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter-
Mittwoch, den 31. Mai 1838
Buntes Allerlei
Die Gletscher Europas schmelzen weg!
Man weiß durch wissenschaftliche Beobachtung schon seit langem, daß di« Gletscher Europas mit geringen Ausnahmen in stetigem Rückgang begriffen sind. Wie stark dieser Eletscherschwund ist, geht aus den neuen Angaben der „Gletscherkommission" hervor, die der „Schweizer Naturforschenden Gesellschaft" angehört. Von , 81 während des letzten Jahres beobachteten und kontrollierten ! Gletschern sind 71 im Rückgang begriffen sieben find stationär, ! d. h. fie verändern ihre Größe nicht, und nur drei sind im Anwachsen begriffen. Der große Rhonegletscher im Gotthardgebiet hat eine Fläche von 1020 Quadratmeter durch seinen Rückzug freigelegt. Der Gletscher des Rheins auf der Eraubündener Seite des Eotthardmasfivs ist um 15 Meter zurllckgewichen und der Morterasch-Gletscher im Engadin um 25 Meter. Am meisten — > nämlich 11g Meter — hat der große Rothboden-Eletscher im Berner Oberland von seiner Länge eingebüßt. Diese Eeltscher- bewegungen zeigen uns heute noch in bescheidenen Maßen jenen gewaltigen Naturvorgang, der als Abschmelzen der letzten Eiszeit in vorhistorischen Zeiten erfolgte, über deren absolute Zeitbestimmung allerdings noch keine Einigkeit unter den Gelehrten herrscht.
Zinszahlung nach 4VV Jahren
Im Jahre 1670 gestand König Karl II. von England der Gesellschaft der kanadischen Hudson-Bai das Recht zur Jagd in Kanada zu. Als Gegenleistung forderte er lediglich eine Zinszahlung in Form von zwei schweren Bibern und zwei Nerzen. Bezahlt brauchte der Zins nur dann zu werden, wenn der König seinen Fuß auf kanadischen Boden setzte. Ob jemals ein Monarch von diesem Rechte profitiert hat, ist allerdings fraglich. Vor allen Dingen deshalb, weil ein großer Teil Kanadas noch hundert Jahre später zur französischen Krone gehörte. Aber gleichviel, wem Nerze und Biber eigentlich zustehen, den englischen Monarchen oder den abgesetzten französischen Königen. Frankreich erhebt im Zeitalter der „Entente cordiale" keine Ansprüche mehr. Es regt an, daß die vier Pelztiere nunmehr erstmalig König Georg VI. während seiner kanadischen Vesuchsreise übereignet werden.
Glückliche Ehen
Vor kurzem hat der Kaiser von Japan in seinem Palast eine ^ Anzahl Ehepaare empfangen, die seit 70 Jahren glücklich ver- ^ heiratet find. Jedes der Paare erbrachte Beweise dafür, daß ihre gegenseitige Zuneigung nicht erloschen war. Aber auch in ! anderen Ländern gibt es Beispiele genug für treue eheliche Anhänglichkeit. Von einem der großen Staatsmänner Amerikas ! weiß man, daß er bei dem Elockenschlag drei an jedem Nachmittag an das Fenster seines Arbeitszimmers eilte, um mit dem s Taschentuch seiner Frau über die Straße zuzuwinken. Mark j Twain, der große amerikanische Humorist, war bekanntlich ein s sehr zärtlicher Ehemann, wie es aus einem seiner Briefe an ! einen Freund hervorgcht, worin er schreibt: „Ich würde mich i des Zuckers in meinem Kaffee berauben, wenn meine liebe Frau es wünschte, ich würde keine Strümpfe mehr tragen, wenn sie es unanständig fände."
Pueeinis erste Oper
Erzählung von W. Möbus.
Puccini ist vor allem durch den Welterfolg seiner Opern „Madame Butterfly" und „La Boheme" bekannt geworden. ^ Nur wenige aber wissen von dem Schicksal seiner ersten « Oper, zu einer Zeit, als der Komponist noch ein armer, s schwer mit dem Alltag kämpfender junger Musiker war.
Es ist jetzt ein halbes Jahrhundert her, da konnte man in den Spalten des „Teatro Mnstrato" zu Mailand die s Anzeige eines sensationellen Preisausschreibens lesen. Der ! Verleger Sonzogno wandte sich an alle Musiker Italiens i und forderte sie auf, eine einaktige Oper zu schreiben und ! fie einer Prüfungskommission vorzulegen. Der Preisträger sollte 2000 Lire erhalten. !
Natürlich waren vor allem die jungen Musiker, die Mei- I sterschüler des Mailänder Konservatoriums gewesen waren, soeben ihre Abschlußprüfung abgelegt hatten und nun einer ungewissen Zukunft entgegensahen, Feuer und Flamme! ^ Ganz selbstverständlich auch, daß der junge Puccini, der ! erst kürzlich durch ein symphonisches Capriccio von sich reden ! gemacht hatte, mit Begeisterung ans Werk ging! An Reich- , tümern besaß er nur sein musikalisches Können und eine - treusorgende Mutter, die an allem teilnahm, was den i Sohn anging. Bis in die Nächte hinein saß sie bei ibm. als !
er nun nach Lucca, seine Heimat, zurückkehrte, um zu arbeiten, und das Rascheln seiner Feder, die Noten aufs Papier warf, vermischte sich mit dem leisen Klappern der Stricknadeln in ihrer Hand. In den letzten Tagen vor Abschluß des Preisausschreibens kamen weder Notenfeder noch Strickstrumpf zur Ruhe, die Pausen aber waren von Hoffnungen angefiitlt, was werden sollte, wenn der junge Komponist mit 2000 Lire in der Tasche nach Hause käme...
Aber die Oper des jungen Puccini wurde nicht einmal ge- ! lesen, geschweige denn preisgekrönt. Konnten die prüfenden Herren dis Kraxelfüße Puccinis nur schwer entziffern? Oder hatten Vorurteile eine verhängnisvolle Rolle gespielt? Wie es sein mag — jedenfalls war nicht Puccini der Preisträger! Tief enttäuscht kehrte er nach Mailand zurück, ! während die Mutter in Armut weiterarbeitete.
Eines Abends war Puccini im Hause eines Freundes eingeladen. Man bat ihn, etwas vorzuspielen, und er setzte sich ans Klavier, um zu phantasieren. Aber plötzlich strömten jubelnde Melodien unter seinen Händen. Wie ein geheimnisvoller Strom rauschten sie dahin. Eine groß angelegte Symphonie? Eine Oper? Atemlos lauschten alle. Als er geendet hatte, überschüttete ihn ein Beifallssturm.
„Herzensjunge, Puccini, das hast du geschrieben? Was ist das?"
Der junge Musiker, ironisch: „Meine durchgefallene Oper! Ich nannte sie „Le Villi". Jetzt verwende ich sie zum Feuer- anmachen, um Holz zu sparen."
Die Freunde protestierten erregt. Und der Gastgeber geht aufs Ganze: „Dis Oper muß aufgsführt werden!! Wieviel brauchst du dazu?" Puccini, immer noch ironisch lächelnd: s „250 Lire Kostüme, 200 Lire Kopistenlöhne!" !
Der Gastgeber aber, ebenso lakonisch: „Hier hast du 50 s Lire! Wer ist der Nächste?" ;
Und unter endlosem Jubel ergießt sich über den halb be- ^ täubten Puccini ein wahrer Regen von Lire. Noch sind - zwar die 450 Lire trotz größter Opferbereitschaft nicht voll- ^ zählig, aber der Nest wird in wenigen Tagen herbeige- ! schasst. i
Und das Wunder geschieht, das Werk gelingt: Die Oper ! „Le Villi" geht in Szene. Schon nach wenigen Minuten sind : die Zuhörer gefangen. Das Liebesduett muß wiederholt i werden. Das Intermezzo erntet Beifallsstürme. Als der ! Vorhang fällt, rast das Theater. „Maestro Puccini!! Puc- ! cini!" Achtzehnma-l muß er vortreten, achtzehnmal sich dan- s kend verneigen. Alles redet auf ihn ein, wünscht ihm Glück, ! klopft ihm auf die Schultern. Plötzlich reißt er sich los und ^ stürzt davon. Ohne Hut und Mantel läuft er zum Postamt. s „Wann ist das Telegramm bei meiner Mutter? Heute ; nacht noch? —" ,
„Aber gewiß, mein Herr!" j
Langsam geht er zum Theater zurück. Nun sind die Sor- -
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gen zü Ende! Jetzt wird er der Mutter tausendfach vergelten, was sie für ihn getan hat!
Aber als er nach Lucca zurückkehrt, strahlend vor Glück, trifft er eine Sterbende. Als ob ihre Aufgabe erfüllt sei, verläßt sie ihn still ohne ein Wort der Klage über die Grausamkeit des Todes. —
Nach endlosen grauen Tagen und Nächten rafft sich Puccini endlich auf, um dorthin zu gehen, wohin er jetzt gehört: zum Theater, zur Kunst! Aber eine tiefe Schwermut bleibt in ihm. Er hat es nie fassen können, daß die Mutter, die er mehr liebte als alles in der Welt, von ihm ging, als das Glück zu ihm kam.
verschiedene;
Ein Sammler besonderer Art lebt in Saslatoon. Er sammelr nämlich Druckfehler. Er betreibt diesen Sport schon seit zehn
Jahren und hat bereits Tausende von Druckfehlern beisammen.
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Das Eolfspiel wurde 1450 aus Holland in Schottland ein- geführt. Nach Holland ist das Spiel ursprünglich aus dem Osten gekommen. Die Schotten bekamen lange Zeit ihre Eolfschläaer und -bälle aus Holland.
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Als vor kurzem nach einem Feiertag im Zoologischen Garten in London ein Strauß starb, fand man bet der Obduktion in seinem Kropf zwei Taschentücher, drei Handschuhe, sieben Nägel, eine goldene Kette, zwei Kragenknöpfe, drei Kupfermünzen und einen belgischen Silberfranc. Merkwürdigerweise ist der Strauß aber nicht an Verdauungsbeschwerden, sondern an einer anderen Krankheit gestorben.
vuMlink
Donnerstag, 1. Juni: 5.45 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.00 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten. 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Ohne Sorgen jeder Morgen, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Volksliedsingen, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert aus Italien, 14.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 14.10 Heitere Klassik, 16.00 Nachmittagskonzert, 18.00 Neue fröhliche Weisen, 18.45 Aus Zeit und Leben, 19.00 Parade der Instrumente, 19.45 Kurzberichte, 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 20.15 „Unser singendes klingendes Frankfurt", 21.30 Kapitän Murkys Kajüte, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Volks- und Unterhaltungsmusik, 24.00 Nachtkonzert.
Freitag, 2. Juni: 5.45 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnächrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.00 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Morgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Ma- thrmaticus des Reiches, 10.30 Jugend im Kampf, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 14.10 Meister der Unterhaltung, 16.00 „Und nun klingt Danzig aus", 17.00 Musik zum Tee. 18.60 Frisch vom Plattenteller, 18.45 Aus Zeit und Leben. 19.00 Froher Reigen, 19.45 Kurzberichte, 20.00 Nachrichten des Darhtlosen Dienstes, anschließend: Hier spricht die Neichsgartenschau, 20.15 Unterhaltungskonzert, 20.45 Heiteres Opernkonzert, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, württembergisch: und badische Sportoorschau, 22.30 Unterhaltungskonzert, 24.00 Nachtkonzert.
Samstag, 3. Juni: 5.45 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftuche Nachrichten, 6.00 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht. Marktberichte. 8.10 Gymnastik, 8.30 „Wohl bekomm's", 9.20 Für Dich daheim, 10.00 „Wiesbaden brennt...". 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht. 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht. 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 14.10 Bunte Volksmusik. 15.00 Gute Laune!, 16.00 Fröhliches Wochenende, 18.00 „Tonbericht der Woche". 19.00 Treffpunkt Leipzig. 20.00 N-chrichten des Drahtlosen Dienstes. 20.15 „Die Welt ist schon! Der Himmel iit blau! Wir spielen auf der Reichsgartenschau!". 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Svortbericht, 22.30 „Wir tanzen in den Sonntag", 24.00 Nachtmusik.
Roman von Klara Laidhausen.
Lrhe-errechtSschutz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 8k. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Ditha lachte. „Aber doch nicht dafür, daß ich mit in den Bergen herumkraxle!"
„Doch, auch dafür," beharrte er, „weil es auf meinen Wunsch geschieht. Im Übrigen ist das ganz gleichgültig, weil ich die Sache überhaupt nicht von diesem Standpunkt aus klären will."
„So? Von welchem denn? Da bin ich wirklich neugierig."
Franz Hormann war plötzlich ernst geworden, seine Augen ließen die der Gefährtin nicht wehr los. „Von der, daß Sie . . . Wissen Sie, daß Sie mir noch die Antwort auf eine Frage schulden, Fräulein Lore? Als ich dieselbe vorgestern abend an Sie richtete, sind Sie mir ausgewichen und ich wollte nicht werter in Sie dringen. Darf ich die Frage jetzt wiederholen?"
Einen Augenblick hatte Ditha die Lider befangen über die blauen Augen gesenkt. Oh ja, sie wußte, was er meinte, wußte, was er sie vorgestern gefragt hatte mit dem gleichen betörend weichen Wohllaut seiner lieben Stimme: „Nur als Achims Freund, Fräulein Lore? Nicht auch als der Ihre — der beste, treueste, den Sie auf Erden haben?"
Nein, heute konnte Sie nicht mehr zögern, ihm die Antwort zu geben, die er ersehnte. Frei und voll hob sie den Blick zu Franz auf und streckte ihm freimütig die Hand entgegen. „Ich weiß, was Sie fragen wollen, Herr Doktor, und hier ist meine Antwort: Ja, wir wollen gute Freunde sein."
Franz hielt die ihm gebotene Hand fest. „Heißen Dank, mein lieber Bergkamerad, daß Sie nicht nur meine Freundschaft annehmen, sondern mir auch gleich so selbstverständlich
die Ihre als Gegengabe bieten." Er lächelte schelmisch. „Sicher werden Sie nun Ihrem neuen Freunde auch die ersten Bitten nicht abschlagen."
„Gleich mehr?" lachte Ditha. „Freunde müssen hübsch bescheiden sein!"
„Bin ich doch! Warten Sie doch nur erst ab. Vor allem — finden Sie es hübsch, Fräulein Lore, wenn sich zwei gute Freunde mit „Herr" und „Fräulein" anreden?"
Ditha war schon wieder mit Blut übergossen, aber sie schüttelte tapfer den Kopf. „Das gerade nicht, Herr Doktor, aber..."
„Franz, heiße ich," verbesserte er lustig. ,,S' ist zwar nicht gerade besonders schön, aber dafür auch gar nicht schwer zu merken. Also . . ."
Seine warmen Augen bettelten.
Da glitt ihr wie ein Hauch der geliebte Name über die Lippen: „Franz!"
Auge lag in Augc ein paar Sekunden Schweigens lang. Dann aber schüttelte der Doktor rasch den Bann ab und fiel in den harmlosen, fröhlichen Ton von vorher zurück. „Na seh'n Sie, es geht ja ganz prachtvoll. Und nun die zweite Bitte: Stecken Sie das schwarze Ding da" — er meinte die kleine Börse — „ein und lasten Sie's für die Dauer unserer Bergfahrt drinnen, ja?"
Und da sie zögerte: „Ich bitte Sie darum, — Lore!"
Wie lieb und zärtlich das nun wieder klang, ganz wie vorgestern: Schneewittchen, süßes Schneewittchen! War das Freundschaft, Bergkameradschaft? War es nicht viel, viel mehr?
Gehorsam, wie im Traum steckte Ditha die Börse in ihr Handtäschchen zurück. Ihre Gedanken suchten nach dem Schlüssel zu Franz' Wesen. Wohin führte der Weg, den fie zu gehen im Begriffe war? Wie die grauen Dunstschwaden draußen noch unaufhörlich brauten und zogen und jede klare Sicht verhüllten, so lag auch die Zukunft hinter undurchdringlichen Schleiern verborgen. Was war es, das hinter ihnen auf fie wartete? Die Leere, ein Altern in Einsamkeit
oder — ach, daß das törichte Herz das Kossen so gar nicht lassen konnte! — die blaue Höhe, die Sonne, das Glück! — Ein greller Pfiff von draußen — Geholper, Gerumpel — hastig sprang Dr. Hormann auf und griff nach dem Rucksack. „Der Zug, Lore!" —
Und dann zog dieses Zügle seine Bahn — ratternd, schnaufend, aber ohne allzugroße Eile tiefer ans Herz der Berge hin. In einem seiner Abteile aber, da saßen zwei reise Menschen, und hatten blanke Augen wie glückssrohe Kinder in seliger Erwartung. Und ob auch draußen noch alles grau im Grauen lag — mit ihnen war Sonne, Wärme, Freude.
Erst als sie dem Ziel schon ziemlich nahe waren, brach auch draußen das Sonnenlicht siegreich durch die Nebeldecke. So rasch kam dieser Wechsel, daß es schien, als habe eine Zauberhand auf einmal den neidischen Vorhang gehoben, der bisher die schönste Szenerie sorgfältig verhüllt hatte.
Ganz überwältigend war der Eindruck — dieses plötzliche Hineingestelltwerden mitten ins Wunderland der Berge, gerade an einem Plätzchen, wo es sich besonders schön präsentierte. Da grüßten aus einmal die vertrauten Eipssl aus nächster Nähe und der Lieblingsberg der Altbayern, der Wendelstein, den sich Franz und Ditha für heute zum Ziel gesetzt hatten, schien ihnen extra freundlich mit seinem dicken Kopf den Willkommgruß zuzunicken.
Da blaute der liebliche, klare Schliersee, hingeschmieot an den Fuß schimmernder Höhen und dunkler Wälder, da grünten zu beiden Seiten des schmalen Bahngleises die Almenwiesen mit den mannigfaltigsten Kindern der Berg- flora.
Seite an Seite standen Franz und Ditha am Fenster ihres Abteils, Hielien sich an den Händen, ohne daß sie es wußten und tranken in durstigen Zügen all die lieblicbe Schönheit, die so verschwenderisch vor ihren weit offenen Augen und Herzen ausgebreilet lag.
(Fortsetzung folgt.)