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Na«»l-e» Laqblatt .De« Grselllchafter

Montan, den 15. Mai 1939

Ei'«» der Bolkszählüig

Bon Professor Dr. F r i tz Z a d o w.

Eine kurze Frist nur trennt uns von dem Tage, an dem Erotzdeutschland seine erste umfassende Volks-, Berufs- und Betriebszählung durchführt, durch die etwa 22 Millionen Haushaltungen, 3,5 Millionen landwirtschaftliche Betriebe

und 5,5 Millionen sonstige Arbeitsstätte erfaßt werden sol­len.

Welchen Zweck haben nun diese Zählungen, die im Leben der modernen Kulturstaaten eine große Rolle spielen? Nur auf dem Wege der Volkszählung ist es möglich, in die Viel­gestaltigkeit des gesellschaftlichen Zustandes einzudringen, das Gleichartige und das Verschiedene, das Zusammenge­hörige und das Getrennte in den Tatsachen des Volkslebens zu gleichartigen Gruppen und Arten zu verbinden und so ein einheitliches Bild des gesamten Aufbaues der Bevölke­rung zu entwerfen. Je verwickelter die modernen Lebens- verhältnisse werden, desto schwieriger wird der Ueberblick über die sozialen Zustände und Vorgänge. Nur die großen Volkszählungen ermöglichen eine Entwirrung der scheinbar undurchdringlichen Masse sozialer Erscheinungen. Der Staatsmann, der Verwaltungsbeamte, die Vertretungskör­per und die großen Unternehmungen, Wissenschaft und Zei­tungsleute bedürfen der Statistik. Sie sammelt die quanti­tativ meßbaren Erscheinungen und erhebt sie zu sicheren Tatsachen, was sonst nur verworrene Mutmaßung wäre.

Wenn man einen natürlichen Maßstab für die Verwal­tungsmaßnahmen und die sonstigen Bedürfnisse des Staa­tes und anderer öffentlicher Körperschaften sucht, so wird man keinen besseren finden als die absolute Vevölkerungs- zahl. Hier ist der Mensch in des Wortes wahrster Bedeutung das Maß aller Dinge. Auf der Vevölkerungszahl beruht die Ausgestaltung und Handhabung der Wehrpflicht, die Ent­faltung der Rechts- und Unterrichtspflege, die Gestaltung, Gliederung und Handhabung des Verkehrswesens und vie­les mehr. Auf diepolitische Bedeutung schon allein der bloßen Bevölkerungszahl braucht kaum hingewiesen zu wer­den. Sie klärt wesentlich die volkswirtschaftliche Kraft und Stärke des Staates sowie seine militärische und finanzielle Leistungsfähigkeit. Weder den wissenschaftlichen noch den Verwaltungsbedürfnissen würde es genügen, wenn die Volkszählung lediglich die Volkszahl im ganzen und in räumlicher Beziehung feststellen würde. Noch die Anfänge des modernen Zählungswesens im 17. und 18. Jahrhun­dert beruhen hauptsächlich aus polizeilichen, militärischen und steuerlichen Erwägungen. Es fehlte das Verständnis für einen Zusammenhang der Vevölkerungsphänomene und das Bewußtsein, daß Millionen von Menschen in einem Staat eine einheitliche soziale Masse mit reichster Gliede­rung bilden. Ihre Daseinsform und Lebensvorgänge ver­langen eine eigene wissenschaftliche Erschließung.

Erst die moderne Statistik mit ihrer ausgebildeten Mor­phologie der sozialen Massen weckte dieses Bewußtsein und ist darauf gerichtet, die gesellschaftlichen Zustände und Vor­gänge in voller Wirklichkeit zu erfassen. Dazu kommt die wissenschaftliche Beschreibung und Durchforschung des Volks­lebens. Den vollen Wert erhält daher die Volkszahl erst durch ihre Gliederung nach bestimmten, persönlichen Merk­malen, wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Staatsangehö­rigkeit, Sprache, Geburtsort. Wir können hier nur einzelne Moments würdigen und aus der Vielgestaltigkeit der Be­deutung nur einige wichtige Seiten hervorheben.

« Die Altersgliederung einer Bevölkerung gehört zu ihren wichtigsten Merkmalen und hat vielleicht neben der bloßen Vevölkerungszahl die unmittelbar größte praktische Bedeutung. Erst durch die Altersnachweise mit Unterschei­dung von Geschlecht und Familienstand eröffnet die Statistik einen tieferen Einblick in das Innere der sozialen Erschei­nungen und Bewegungen unserer Bevölkerung. Die örtliche Gliederung, insbesondere nach Stadt und Land, gibt dem Vevölkerungspolitiker wichtige Hinweise: Wo finden sich na­mentlich die Kinder und die Greise? Wo häufen sich die kräftigsten Altersstufen an? Wieviel unproduktive Men­schen sind von den produktiven Altersklassen zu unterhal­ten? Ferner ist für die exakte Sterblichkeitsmes­sung die Kenntnis der Volkszahl nach Altersklassen uner­läßliche Voraussetzung. So wird erst durch die Volkszählung dis Voraussetzung geschaffen für die Prüfung folgender Fragen: Hat die Sterblichkeit bzw. die mittlere Lebens­dauer im Deutschen Reich ab- oder zugenommen? Wie stellt sich diese auf dem Lande im Gegensatz zur Stadt, insbeson-

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' Noman von Klara .Haidhausen.

llrheberrechtSschutz durch Vcr'agsanstalt Manz, Regensburg.

15. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Ditha war eine viel zu großzügige Natur, als daß sie die Vorzüge der Komtesse nicht neidlos anerkannt hätte vor allem den Vorteil, den sie Lore Berger und noch mehr Ditha Günther gegenüber in die Wagschale zu werfen hatte: die sonnige, siegreiche Jugend ihrer achtzehn Jahre. Das konnte einen Mann wohl locken!

Und auch was ihr als Frau an Eva Rottstein mißfiel das kaum verhüllte Entgegenkommen, mit dem sie Franz zu einer Werbung förmlich aufforderte, mochte er wohl kaum allzu stark mißbilligen, da es ja seiner männlichen Eitelkeit welcher Mann wäre ganz frei davon! schmeichelte.

Wie, wenn sie zu spät gekommen wäre, ihn noch zu er­ringen? Vielleicht gerade recht, um ihn unter ihren Augen

an eine andre zu verlieren?-

Mit einer energischen Bewegung nahm Ditha den leich­ten Sommermantel auf und ging mit festen Schritten in Fra« Hormanns Zimmer hinüber. So oder so, der heutige Abend sollte sie jedenfalls einer Lösung näher bringen.

Es war wie Ditha vermutet hatte Franz war bereits fertig und erwartete sie bei der Mutter.

Diese sprang bei ihrem Eintritt mit einem entzückten Ruf von ihrem Lieblingsplützchen im Erker auf.Wie schön, Fräulein Lore, wie wunderschön! Lassen Sie sich doch nur richtig ansehen, Kindchen!"

Aber im Begriffe auf Ditha zuzueilen, stockte ihr Fuß und sie sah mit weitgeöffneten Augen auf die beiden, die sich da in wortlosem Anschauen in der Mitte des Zimmers gegenüberstanden. Wie gebannt, in selbstvergessenem Ent­zücken hingen Franz' Blicke an Dithas lieblicher Erscheinung.

Er hatte sich in den vierzehn Tagen wider Willen mehr als einmal ein Bild zu machen versucht, wie sie wohl als

dere zur Großstadt? Welche Toossurja^en sind im Abneh­men, welche im Zunehmen begriffen?

Die Erhebung en der Esburtsgemeinde bietet die Mög­lichkeit, in das erst zum geringsten Teile erforschte Gebiet der Binnenwanderungen einzudringen und zu un­tersuchen, wie sich die Bevölkerung im Reiche durch die wirt­schaftliche Tätigkeit örtlich verschiebt. In Verbindung mit der Muttersprache kommt dieser Frage auch eine erhebliche politische Bedeutung zu. Die Daten über die Staatsangehö­rigkeit im Zusammenhalt mit denen über die im Auslande wohnenden Deutschen liefern ein besonders politisch wich­tiges Bild über die Ausländer in Deutschland und die Deutschen im Auslande.

Alte Kameraden

A SM alte Soldaten in 39SÜ Kameradschaften im Gau kriegerverbau- Südwest

Der Reichskriegertag, der in den Tagen vom 3. bis S. Juni wiederum in Kassel statfinden wird und bei dem 150 900 alte Kriegerkameraden, darunter, auch solche aus der Ostmark, dem Sudetenland und dem Memelgebiet, aufmarschie­ren werden, lenkt den Blick einmal auf die Arbeit innerhalb des Eaukrieger verbände- Südwest, aus dessen Ge­biet 7999 Kameraden am Reichskriegertag teilnchmen werden. Schon von altersher hat der schwäbische Soldat nicht nur vor dem Feinde seinen Mann gestanden, sondern er war auch im Frieden stets ein guter Kamerad. Dieser vorbildliche Kameradschaftsgeist ist es, der das Leben in den bis heute rund 3999 Kameradschaf­ten, deren Zahl noch ständig zunimmt, kennzeichnet. Nicht weni­ger als 249 999 alte Soldaten aller Waffengattungen, davon 149 999 in Württemberg und 199 999 in Baden, haben sich in diesen Kameradschaften zusammengeschlossen. Weitaus den größ­ten Teil hiervon rund 99 v. H. stellen die alten Front­soldaten, die übrigen 19 v. H. entfallen auf Angehörige der neuen deutschen Wehrmacht, die nach Ableistung ihrer Dienst­pflicht in den NS.-Reichskriegerbund ausgenommen werden und hier soldatischen Geist und wehrhafte Haltung pflegen. Auf die ! Pflege dieses wehrhaften Geistes ist überhaupt die ganze Ar­beit in Le« Kameradschaften ausgerichtet. Diesem Ziel dient vor allem das Schießen. Heute verfügt der Eaukriegerverband Südwest über insgesamt 982 Schiebstände. Daneben sorgt der NS.-Reichskriegerbund in vorbildlicher Weise für erholungs- s bedürftige Kameraden und unterhält zu diesem Zweck im ganzen j Reichsgebiet 18 Erholungsheime, davon in Württemberg zwei, und zwar in Niedernau und Herrenalb. Ein gut aus­gebautes Unterstützungswesen bringt plötzlich in Not geratenen Kameraden, z. V. in Katastrophenfällen, Hilfe. Fünf große Waisenheime des Bundes vermitteln den Waisen ehemaliger Krieger, sowie von Wehrmachtsangehörigen, SA.- und ---Män­nern eine erstklassige Erziehung.

' Dem RS.-Reichskriegerbund angegliedert sind auch die 165 Freikorps-Kameradschaften im Reich. Die im Bereich des Eau- kriegerverbandes Südwest verliehenen Freikorpskämpfer-Urkun- i den stelle» einen hohen Prozentsatz von den insgesamt rund ! 199 999 Urkunden, die im ganzen Reich verliehen wurden. Es ! gibt heute keine Kriegerkameradschaft mehr, die dem Bund nicht angeschloffen ist. Damit ist der NS.-Reichskriegerbund die aller- uige umfaHenÄe joldslEIH« Organisation des Dritten Reiches geworden. V. ^ '

Wann erteilt die DA5. NechtsausLünfte?

nsg. Mehrfach aufgetretene Mißstände und 2rrtün*:r geben der Eauwaltung der Deutschen Arbeitsfront Veranlassung, die Zuständigkeit der NS.-Rechtsbetreuungsstellen und der Rechts­beratungsstellen der DAF. wie folgt klarzustellen:

Die NS.-Rechtsbetreuung wird ausschließlich durch

- die Mitglieder der Reichsgruppe Rechtsanwälte des NS.-Rechts- , Wahrerbundes ausgeübt. Ihr Inhalt ist Dienst am Volk, ehren- ! amtlicher und unentgeltlicher Rechtsbetreuungsdienst für die- s jenigen Volksgenossen, di«' nicht in der Lage sind, die Kosten

- für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts aufzubringen, wei-

- ter aber auch für alle Schwerkriegsbeschädigten. Daß diese NS.- , Rechtsbetreuungsstellen nicht zugänglich sind für diejenigen i Volksgenossen, welche die Kosten für einen Rechtsanwalt zu be- : zahlen in der Lage sind, ist «ine Selbstverständlichkeit.

, Demgegenüber stehen die Rechtsberatungsstellen der DAF. Sie sind zuständig für die Mitglieder der DAF. von Beginn der Mitgliedschaft an, jedoch nur, soweit es sich um Fragen handelt, welche das Arbertsverhältnis oder Ansprüche aus einer öffentlich-rechtlichen Alters-, Invaliden-, Kranken-, Arbeitslosen- oder Unfallversicherung oder einer gesetzlich zu-

getasseneu u:riatzeluriai»»4ng oe»re,,e>l, - --

deutsche Handwerk in allen Fragen des Steucrrcchtes. Auf allen diesen Gebieten erteilen die Rechtsberatungsstellen der Deutschen Arbeitsfront den Mitgliedern der DAF. kostenlos Rat und Aus­kunft, übernehmen auch kostenlos die Durchführung des Streit­falles vor dem Arbeitsgericht, vor Verstcherungs- und Spruch­behörden und zwar einschließlich der Zwangsvollstreckung. Vor­aussetzung für die Gewährung des Rechtsschutzes ist aber, daß die Rechtsverfolgung nicht aussichtslos oder mutwillig ist, und daß sie mit nationalsozialistischen Grundsätzen und denen der Ehre der Arbeit übereinstimmt. Für alle anderen RcchtsgeLiete sind die Rechtsberatungsstellen der DAF. nicht zuständig, also insbesondere nicht für Rechtsauskünfte auf dem Gebiete des Schuldrechts, soweit es das Arbeitsvcrhältnis nicht berührt, nicht für Fragen auf dem Gebiete des Familien-, insbesondere des Ehescheidungsrechts, des Erbrechts, der freiwilligen Gerichtsbar­keit, des Strafrechts, des Steuerrechts (ausgenommen für das Deutsche Handwerk), des Handelsrechts, des Verkehrsrechts usw.

Der deutsche Außenhandel nach Ländern

Ergebnisse des 1. Vierteljahrs 1S3S

Im Außenhandel des Altreiches während des 1. Vierteljahres 1939 haben sich gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres ländermäßig betrachtet manche Verschiebungen vollzogen. Die Umsätze beliefen sich im 1. Vierteljahr in der Einfuhr auf 1289,4 Millionen RM. und waren damit um 93,4 Millionen RM. oder 6,8 v. H. geringer als im 1. Vierteljahr 1938. Die Ausfuhrumsätze des Altreiches in Höhe von 1262,4 Mill.

> RM. waren um 76,9 Millionen RM. oder um 5,7 v. H. geringer, s In beiden Fällen handelt es sich lediglich um einen wertmäßigen ! Rückgang als Folge sinkender Weltmarktpreise, während sowohl ! das Ein- wie das Ausfuhrvolumen sogar leicht gestiegen ist.

! Der deutsche Außenhandel des Altreiches hat im 1. Vierteljahr ! 1939 mit einem Passiv saldo von 27 Millionen RM. ab- i geschloffen. Europa war am gesamten Außenhandel mit fast zwei Dritteln beteiligt. Es ist der einzige Erdteil, in dem ! Deutschland einen Ausfuhrüberschuß, und zwar in Höhe von § 157,8 Millionen RM., erzielen konnte. Sämtliche europäischen ! Länder, mit Ausnahme von Spanien, der Türkei, Polen und ! den drei baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen, haben in diesem Vierteljahr mehr nach Deutschland eingeführt als nach Deutschland ausgeführt. Der Ausfuhrüberschuß nach llebersee betrug 184,8 Millionen RM. Hiervon entfielen auf Amerika 72,7 Millionen RM., auf Afrika 64 Millionen RM. und auf Asien 39,3 Millionen RM.

Unser besonderes Interesse findet die Entwicklung des Waren­verkehrs mit Südosteuropa. Der Außenhandel war sowohl in der Einfuhr als auch besonders in der Ausfuhr beträchtlich größer als im Vorjahr. Die Einfuhr aus Südosteuropa stieg ins­gesamt um 11 Millionen RM. oder 6,1 v. H., die Ausfuhr dort­hin um 66,5 Millionen RM. oder 40,7 v. H. Zu einem großen Teil beruht die Zunahme des Außenhandels mit Südosteuropa allerdings darauf, daß der Verkehr zwischen dem Sudetenland, soweit es an das Altreich grenzt, und der ehemaligen Tschecho­slowakei, der im 1. Vierteljahr 1938 noch Binnenverkehr der Tschechoslowakei war, im 1. Vierteljahr 1939 in der deutschen Außenhandelsstatistik erscheint. Diese Erhöhung wurde durch den Fortfall des früheren deutschen Außenhandels mit dem Su­detenland nicht wettgemacht. Die Einfuhr aus der Tschecho­slowakei war zur Hauptsache aus diesen Gründen um 31,3 Mil­lionen RM. oder um drei Viertel, die Ausfuhr dorthin um 43,6 Millionen RM. oder um 100 v. H. größer als im Vorjahre. Es hat sich aber auch die deutsche Ausfuhr nach Angarn fast ver­doppelt. Sie stieg von 21,3 auf 40.8 Millionen RM. Die Einfuhr aus diesem Lande ging leicht zurück. Rückgängig war die Ein­fuhr aus Rumänien, Jugoslawien und Bulgarien. Aus der Gesamtbilanz mit Südosteuropa ergibt sich, daß im 1. Viertel­jahr 1939 ein Ausfuhrüberschuß von 38,3 Millionen RM. erzielt werden konnte, während sich im gleichen Vorjahreszeitraum ein deutscher Einfuhrüberschuß in Höhe von 17,2 Millionen RM. ergab.

Die Außenhandelsumsätze mit Südamerika waren all­gemein rückläufig. Besonders betroffen waren Argentinien und Brasilien. Ueber Brasilien dürste besonders interessieren, daß die Ausfuhr von Kaffee wertmäßig beträchtlich zurückging, mengenmäßig 12 v. H. größer war als im Vorjahre. Im Außen­handel mit Ostasien ergaben sich größere Umsätze im Austausch mit Mandschukuo, insbesondere durch die weitere Zunahme der Bezüge an Sojabohnen. In der Gesamtbilanz mit Ostasien trat an die Stelle des vorjährigen Ausfuhrüberschusses ein Einfuhr­überschuß.

Schneewittchen ausfehen würde. Die holde Wirklichkeit aber übertraf alles, was ihm seine Phantasie vorgezaubert hatte.

Das weiße, weichfließende ^leid aus edlem MateriaV war im Gretchenstil gehalten und wie-geschaffen, das voll­endete Ebenmaß und die edle Anmut der hohen schlanken Figur besonders hervorzuheben. Ein schmaler goldgestickter Gürtel und das gleichfalls gestickte Täschchen waren der ein­zige Schmuck des Kleides. Kurze, reiche Pussärmel ließen dis tadellosen-, keichtgebräunten Arme frei. Aus dem herz­förmigen Ausschnitt aber hob sich der gemmenhaft seine Kopf mit dem köstlichen Schmuck der starken dunklen Flech­ten, die über den beiden Ohren angeflochten und durch einen schmalen Stirnreif eng zu beiden Seiten des Gesichtes fest­gehalten, in ihrer herrlichen Fülle bis über die Knie her­unterfielen.

Wie sie so dastand und vor dem heißen Blick des Man­nes in süßem, mädchenhaftem Erschauern langsam die dunk­len Wimpern senkte, sah Ditha so zart und jung aus, daß ihr wohl niemand ihre dreißig Jahre geglaubt haben würde.

. Wie lange sie sich so gegenübergestanden jedes erfüllt von der Nähe des andern, keines fähig, einen klaren Ge­danken zu fassen das wußten sie später nicht zu sagen. And auch Frau Hormann nicht so recht; denn auch sie stand im Bann« des Augenblicks und der Erkenntnis, die aus ihm übermächtig auf sie «inströmte.

Wie lange war es her, daß sie die Hoffnung, die beiden da drüben sich finden zu sehen, trauernd zu Grabe getragen hatte? Jetzt war sie ihr neu erstanden, stärker als je zuvor

ja schon fast zur frohe« Gewißheit geworden. Voll glück­haften Verstehens umfaßten ihr« Augen das holde Bild, die zwei jungen schönen Menschen im Märchenkleid, und ihr Mutterherz fand frohlockend den Text dazu: Es waren zwei Königskinder die hatten einander so lieb!

Mochte Franz ihr nun ruhig nochmals sagen: Ich kann nicht mit kühlem Herzen werben jetzt würde sie nicht mehr in ihrem Glauben wankend werden. Mit dem Wissen um diese Stunde im Herzen würde sie dafür sorgen, daß die Beiden den Weg zueinander fanden wenn es einer Hilfe überhaupt noch bedurfte.

Nur widerwillig löste Franz Hormann endlich den Blick von Ditha und suchte die Brücke in die Wirklichkeit zurück. Freude und Ergriffenheit schwangen noch in feiner Stimme, als er sagte:Ja, Mütterchen hat recht, Fräulein Lore. Sie sehen wirklich wunderschön aus. Mein Freund Friede! wird sich sehr freuen!"

Auch Ditha zwang gewaltsam das Singen und Klingen in ihrem Herzen zur Ruhe und mühte sich, einen leichten, unbefangenen Ton zu treffen:Ich freue mich sehr, daß ihnen das Kostüm gefällt, Herr Doktor. Auch Sie sind ein prachtvoller Märchenprinz. Ich glaube, daß es ein recht schö­ner Al^ns -werden wird!"

Einige Stunden spater.

In dem kleinen, aber sehr hübsch angelegten Kurpark herrschte frohes Leben und Treiben. Die Veranstalter des Festes hatten das eine große Glück, das so vielen ihrer Zunft­genossen in ähnlichen Fällen versagt ist: Sie standen offen­bar mit dem Wettergott auf glänzendem Fuße. Er hatte ihnen eine prachtvoll warme Sommernacht beschert und dro­ben am Himmel alle Lichter angezündet, wie um auch seiner­seits der feenhaften Beleuchtung des Gartens ein Scherf­lein beizutragen. Auch der liebe, alte Mond lachte in be­häbiger Fülle über das brausende Meer von Lebensfreude zu feinen Füßen.

Das wogte mit Plaudern und Lachen durch verschlungene Wege, das knisterte und rauschte in kostbar fließenden Ge­wändern, das hob an kleinen Tischen langstielige Gläser voll perlenden Weines das lockte mit Geigen und Flöten zum Tanz auf grünem Rasen das sprühte und zuckte in heißen lockenden Augen und flüsterte kosend in heimlichen Ecken.

Auf der kleinen, von einer grünen Taxushecke umschlos­senen Freilichtbühne saßen alle, die bei den einleitenden lebenden Bildern mitgewirkt hatten, um eine gemeinsame Tafel vereint. Auch hier perlte köstlicher Wein in allen Gläsern.

(Fortsetzung folgt.)