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nehmlich unter Aufopferung von Blut und Gut anderer Völker. Glauben sie, den politischen Konzeptionen Atatürks Vorteile gebracht zu haben, wenn sie jetzt die Türkei zum Degen und Vasallen Englands machen? Es muß uns frag­lich erscheinen, ob der schwerwiegende Schritt der Staatsmänner in Ankara dort ungeteilten Beifall findet, zumal die Erfahrun­gen, die die Türkei mit England machte, noch in bester Erinne­rung fern dürften.

EuglW-ftarrzösische Suösidten für Polen?

Warschau, 13. Mai. Einzelne Blätter, darunterEazeta Polska", bespreche« bereits das Ergebnis der Luftabwehr-Anleihe, «chwohl es immer noch geheimgehalten wird. Das Blatt glaubt aber, daß »trotz der verschiedenen Schwierigkeiten und Hemmun­gen, die dem Erfolg der Anleihe im Wege gestanden hätten", «rnd 400 Millionen Zloty, also 40 v. H. des ursprünglich er­sehnten Betrages, gezeichnet worden seien. Mit diesen 4VÜ Mil­lionen Zloty könne die Rüstung auf dem Gebiete der Luftwaffe und der Luftabwehr ergänzt werden. Das Blatt versteigt sich dann unter dem Mäntelchen der Zufriedenheit zu der Behaup­tung, daß die Anleihe »ei« Erfolg des polnischen Wehr­willens" sei.

Czas" ist nicht so hochtönend, sondern ehrlicher, wenn es resig­niert zugibt, daß die gesammelten Beträge für die Luftabwehr- Anleihe im Verhältnis zu den Bedürfnissen einer modernen Ar­mee nicht groß seien. Infolgedessen dürfte sich mit der Lust- aLwehr-Anleih« »der Opferwille nicht erschöpft haben". Jetzt be­ginne erst die eigentliche Anstrengung auf dem Gebiete der ma­teriellen Kräftigung der polnischen Wehrmacht. Man müsse jetzt «lf die finanziellen Reserven zurückgreifen, die vor allem in den Dkrsparnissen steckten, ja man müsse auf andere normale, weniger Lyingende Ausgaben verzichten. Weiter müsse man an die Mög- lichkeitendes ausländischen Kreditmarktes" <»» Wink an England und Frankreich! denken.

Ungeheure Beschuldigung Rousevells

Zwei amerikauische Publizisten über die Hintergründe des Morde» a« de« Roosevelt-Eegner, Gouverneur Huey Long

Nruyork, 13. Mai. Eine ganze Reihe amerikanischer Zeitungen Bringt sensationelle Enthüllungen über den jüdischen Meuchelmoü» an dem früheren Gouverneur von Louisiana, Huey Long, der im Jahre 1935 die ganze amerikanische Öf­fentlichkeit ungeheuer erregte. Die Verantwortung für diese Enthüllungen übernehmen die beiden bekannten Leitartikler Pearson und Alle«.

Huey Lang, der am 8. September 1935 von dem Juden Karl Weiß uiedergeschossen wurde, war der vielfach unter dem Namen »Diktator von Louisiana" bekannte volkstümlichste Po­litiker au» de« Südstaaten, in denen er einen großen Vnfluh besaß. Er war einer der erbittertsten Kritiker Roosevelts, de» er in früheren Jahren unterstützt hatte, und galt mit seiner iu lange« Jahren aufgebauteu politischen Organisation als die ernsteste Gefahr für die Wahlaussichten Roosevelts bei den Präsi- dentschaftswahlen 1936. Sein Programm gipfelte in der For­derung:Verteilung des Wohlstandes" und verlangte u. a. eine Austeilung aller Vermögen über 4 Millionen Dollar und die Sicherung eines Mindesteinkommens für jede Familie. Selbst­verständlich war er dabei ein Gegner des New Deal. Kurz vor dem eigentlichen Beginn des Wahlkampfes wurde er von der Kugel des Juden niedergestreckt. Lang hatte einige Tags vor­her im Senat erklärt, er wisse von einer Verschwörung gegen sein Leben.

Die Hintergründe der Ermordung Longs sind damals nicht ausgedeckt worden. Eine Entschließung des Staatsparlameuts von Louisiana, Ivü 999 Dollar für die Untersuchung auszugeben, wurde später niedergeschlagen. Pearson und Allen schreiben» daß wohl folgende Tatsache» seststünden: Man habe in Washington schon vorher gewußt, daß Long ermordet werde« sollte, auch die Namen der Mörder seien bekannt gewesen. Mehrere noch le­bende Zeugen könnten dies bestätige«. Trotzdem sei der Fall aus mysteriösen Gründen vorsätzlich nie untersucht worden.

Die Verfasser erinnern außerdem noch an die Senatsrede Longs, die er zwei Monate vor seiner Ermordung hielt und in der er eine ganze Liste von Personen verlas, die er im Ver­dacht hatte, einen Anschlag auf sein Leben vorzubereite«. Er gab damals auch ein Gespräch wieder, das durch ein verstecktes Mikrophon in einem Hotelzimmer in New Orleans ausgenommen wurde, wo einer der ihm bekannten politischen Feinde erklärte, erhege nicht die geringsten Zweifel, daß Roosevelt jeden be­gnadigen würde, der Long tötet". Der Zeitpunkt wäre nie gün­stiger gewesen, die Staaten von Long zu besteien. Die Verfasser der Artikel behaupten weiter, daß genaue Personalien des Mör­ders in Washington bekannt waren, 18 Minuten bevor sie am Tatort in Louisiana festgestellt werden konnten.

Das amerikanische Volk will keinen Krieg

Heber eine Million Briefe an die Mitglieder des Kongresses

Nenyork, 14. Mai.Neuyork Journal" zufolge, erhielten die Kongreßmitglieder in den letzten zwei Monaten mehr als eine Million Briefe ihrer Wähler mit der Aufforderung, Amerika aus einem etwaigen europäischen Krieg herauszuhalten. 96 Vun- dessenatoren hatten einen durchschnittlichen Posteingang von 5000 Briefen zu verzeichnen, in denen durchweg die strikte Neu­tralität verlangt wird. Der demokratische Senator Wagner aus dem Staate Neuyork erhielt allein über 20 900 Schreiben. Die mutigen Reden der Senatoren Walsh aus Massachusetts und Johnson aus Kalifornien vor dem Plenum des Senats gegen die gegenwärtige amerikanische Bündnispolitik, die die USA. allzuleicht in einen europäischen Krieg verwickeln kann, wurden in tausenden von Briefen offen gelobt. Eine ähnliche Flut von Schreiben überschwemmt die Mitglieder des Abgeordnetenhauses.

Deutschlands Wirtschaft

braucht jeden Mann!

Ende April im Altreich 440 Ovv Beschäftigte mehr als 1938

Berlin, 14. Mai. Der Beschäftigungsgrad der deutschen Wirt­schaft hat sich im Monat April 1939 noch ganz erheblich gesteigert. Ende des Berichtsmonats wurden im Altreich 2128V 990 be­schäftigte Arbeiter und Angestellte (einschließlich Kranke) ge­zählt. Das bedeutet gegenüber dem Vormonat eine Zunahme um nicht weniger als 877 VVV.

Gegenüber dem Tiefstand des Winters 1938 39 hat sich die Zahl der beschäftigten Arbeiter und Angestellten um über 1,25 Millionen, gegenüber Ende April 1938 um über 1,3 Millionen erhöht. Der Beschäftigungshöchststand des Vorjahres mit rund 20 840 000, der in den Monaten August bis Oktober 1938 erreicht wurde, ist Ende April 1939 bereits um 440 Ovv überschritten.

Trotz der starken Zunaüme der Bekäiäktiauna war der Bedarf

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Montag, den 15. Mai 1939

der deutschen Wirtschaft an Arbeitskräften noch immer nicht ge­deckt. In der Landwirtschaft konnte die Frühjahrsbestel­lung, die durch das schlechte Wetter im März verzögert worden war, im April weitergeführt werden. Allerdings war hierzu in größerem Maße die Heranziehung von Soldaten, Arbeitsmän- nern und Industriearbeitern notwendig. Der Einsatz von Pflicht­jahrmädchen brachte verschiedentlich eine Entlastung der Bau­ersfrau; ebenso gelang es, durch die Beschränkung des Arbeits­platzwechsels wenigstens die bereits vorhandenen Arbeitskräfte der Landwirtschaft zu erhalten. Trotzdem ist die Sorge der Land­wirtschaft um ihren Kräftebedarf noch groß. Es fehlt insbeson­dere an Melkern und Viehpflegern. 2n der Bauwirtschaft ist die Zahl der Bauvorhaben so groß, daß nicht alle Anforderun­gen an Arbeitskräften befriedigt werden konnten. Eine ähnliche Entwicklung wie imAltreich bahnt sich auch in derOstmark und im S u d e t e n l a n d an. Auch hier reichen die vorhandenen Arbeitskräfte nicht mehr aus, den Bedarf wichtiger Wirtschasts- 'weige zu befriedigen.

Regrerungsprogramrn im Protektorat

Prag, 14. Mai. Der Ministerpräsident der Protektoratsregie­rung General Elias gab vor Vertretern der tschechischen Presse einen Umriß seines Regierungsprogrammes.

Einleitend erklärte der Ministerpräsident, der Regierung dss Protektorates falle die Aufgabe zu, für einen loyalen und männlich offenen Verkehr mit dem Amte des Reichsprotektors Sorge zu tragen, um ihre Tätigkeit den Interessen und Bedürf­nissen der Reichspolitik anzugleichen. Das Hauptproblem des tschechischen Volkes sei das Arbeitsproblem. Hier handele es sich in erster Linie um die reibungslose Einschaltung der An­gestellten der in Liquidation befindlichen Ministerien und der Offiziere und Unteroffiziere in den Arbeitsprozeß. General Elias nahm weiter zu der Frage der Arbeitsbeschaffung Stellung. Hier beweise eine Reihe von Umstünden, daß der Arbeitsmarkt in diesem Jahre vor einem neuen Problem stehe, nämlich, wie der Mangel an Arbeitskräften zu überwinden sei. Die Regierung denke daher an die Einführung der Arbeitspflicht. In der Wirt­schaft habe sich die Regierung zu einschneidenden Maßnahmen entschlossen. Sie werde den Wirtschaftsangelegenheitcn nicht nur beaufsichtigend gegenüberstehen, sondern auch lenkend in sie ein- greifen. Die Ausfuhr bleibe der Lebensnerv des böhmisch-mäh­rischen Raumes. Besondere Aufmerksamkeit werde die Regie­rung der Preisbildung zuwenden, daher werde eine Verordnung herauskommen, die alle Preisfragen beim obersten Preisamt zusammenfaßt. General -Elias nahm dann zur Iudenfr age Stellung. Ihre Lösung werde den Interessen des öffentlichen Le­bens und k>en Forderungen der ungestörten Wirtschaftsentwick­lung entsprechen und den heutigen Uebergangszustand abschlie- ßen. Dis entsprechende Verordnung werde in Kürze veröffentlicht werden.

GrenZzwrfchenfäüe bei DanM

Schüsse auf Danziger Spaziergänger Danzig, 14. Mai. Der Polizeipräsident in Danzig teilt amt­lich mit: Am 1V. Mai befanden sich in der Zeit zwischen 13 und 14 Uhr zwei Danziger Staatsangehörige auf einem Spazier­weg auf dem auf hem Gebiet der freien Stadt Danzig liegenden Weichselaußendeich bei Liessau. Rechts von ihnen lag in einer Entfernung von etwa 60 Metern die zurzeit von polnischem Mi­litär besetzt gehaltene Dirschauer Eisenbahnbrücke. Als die Spa­ziergänger in die Höhe des ersten Brückenkopfes anlangten, er­schienen auf der Brücke acht bis zehn mit Schußwaffen bewaff­nete polnische Soldaten, von denen einer seine Schußwaffe in Anschlag brachte und auf den einen der beiden Spaziergänger

richtete. Gleichzeitig rief er ihnen in deutscher Sprache zu:Halt! Hände hoch oder wir schießen!" Ein anderer Soldat forderte die Spaziergänger gleichfalls unter der Drohung mit der Waffe auf, an die Brücke heranzukommen. Da die Spaziergänger dann auf polnisches Gebiet verschleppt worden wären, ergriffen sie die Flucht, worauf von den polnischen Soldaten drei Schüsseauf sie abgegeben wurden.

Am 12. Mai nachmittags begab sich nun eine amtliche Dan­ziger Kommission, die sich aus mehreren Beaniten des Polizei­präsidiums, einem Polizeiosfizier und uniformierten Gendarme­rie- und Zollgrenzüeamten zusammensetzte und deren Eintreffen der diplomatischen Vertretung der Republik Polen durch den Danziger Senat vorher mitgeteilt worden war ,nn den Ort des Grenzzwischenfalles. Die Kommission wurde von polnischen Be­amten der Brückenwache bedroht. Erst nach dem ausdrücklichen Hinweis, daß die Kommission sich auf Danziger Hoheitsgebiet be­findet, wurden die Gewehre wieder abgesetzt. Als die Kommis­sion dazu überging, den Tatort zu photographieren, wurde sie von dem auf der Brücke Dienst tuenden polnischen Beamten mit dem Bemerken, daß das Photographieren verboten sei, mehrmals durch Anlegen des Gewehrs und mit Schießen bedroht. Ein pol­nischer Offizier hielt sich hinter dem Brückenpfeiler versteckt aus.

52 arbeitslose Deutsche verhaftet

Warschau, 14. Mai. Bei Adelnau, im südlichen Teil der Woje­wodschaft Posen, wurden von Erenzbeamten vier Deutsche aus Lodz bei dem Versuch, die Grenze zu erreichen, noch auf polni­schem Boden verhaftet und in das Adelnauer Gefängnis einge­liefert. Es handelt sich bei den Verhafteten um Mitglieder der deutschen Volksgruppe in Polen, die, wie zahlreiche andere Deut­sche, im Zuge der letzten Verfolgungswelle ihre alten Arbeits­plätze verloren haben.

Wieder deutscher Lehrer in Wolhynien entlassen

Gegen das deutsche Schulwesen der in Wolhynien lebenden 50 000 Deutschen wird mit immer schärferen Maßnahmen vorge­gangen. Zum Beispiel wurde jetzt drei Lehrern in der deutschen Schule in Luck die Lehrerlaubnis entzogen.

Kleine Nachrichten ans aller Welt

Eöring wieder in Berlin. Eeneralfeldmarschall Eöring ist Samstagabend wieder in Berlin eingetroffen.

Ehrenbürgerbries für Stabschef Lutze. In einer Feier­stunde übergab der Bürgermeister von Schwelm im Namen der Bevölkerung dem Stabschef der SA. Lutze, der dort längere Zeit gelebt hatte, den Ehrenbürgerbries der Stadt.

Beneschs politische Wühlarbeit. DieInternationale In­formation" meldet aus Pittsburg, der Slowakisch-Katholi­sche Verband Amerikas in Pittsburg habe in einer Ent­schließung gegen die politische Wühlarbeit des früheren tsche- cho-slowakischen Präsidenten Benesch protestiert, der unab­lässig in den Vereinigten Staaten herumreise, um feinen Hörern die schlimmsten Ereuelmärchen zu verzapfen. Er gaukele der amerikanischen Bevölkerung vor, die frühere Tschecho-Slowakei sei eineechte Demokratie" gewesen. Man würde derWeltdemokratie" einen Dienst erweisen, wenn man mithelfe, dieses alte Etaatengebilde wieder aufzurich­ten. Der Verband der Amerikaner slowakischer Abstammung bekämpfe dagegen jede Wiedervereinigung von Tschechen und Slowaken.

Wieder drei Bombenexplosionen. Am Samstag ereigneten sich in London wieder drei Bombenexplosionen, die man der Tätigkeit irischer Nationalisten zuschreibt. In allen drei Fül­len explodierten Sprengkörper in öffentlichen Bedürfnisan­stalten. Niemand wurde verletzt.

StuttgartLeonberg elektrisch

Mit dem Inkrafttreten des Sommerfahrplans am heutigen Montag wird der Zugverkehr zwischen Stuttgart und Leonberg elektrisch betrieben, eigentlich neu ist nur die Strecke Zuffenhau­senLeonberg mit 14,3 Kilometern Länge. Die Fahrzeit wird um rund ein Viertel verkürzt. Beim Neuwirtshaus ist eine neue Haltestelle geschaffen werden. Die Eröffnung der Strecke wurde mit einer schlichten Feierin Leonberg begangen, zu der die Reichsbahndirektion Stuttgart zahlreiche Ehrengäste aus Staat, Partei, Wirtschaft und der an der Strecke liegenden Orte Korntal, Ditzingen, Höfingen und Leonberg geladen hatte. Der Sonderzug brachte die Teilnehmer in 28 Minuten von Stuttgart aus nach Leonberg, wo der Musikzug des Stuttgarter Bahn­schutzes vor dem geschmückten Bahnhofsplatz spielte. Der Präsi­dent der Reichsbahndirektion Stuttgart, Hono l d, führte in der Festansprache u. a. aus:

Die 48,52 Kilometer lange Schwarzwaldbahn Zuffenhausen- Calw wurde in den Jahren 1868 bis 1872 erbaut und zwar zu­nächst eingleisig, mit Ausnahme der Bergstrecke Althengstett Calw, auf der zwei Gleise verlegt sind. Die Verdichtung des Ver­kehrs machte es im Jahr 1932 notwendig, die Teilstrecke Ditzin­genLeonberg gleichfalls mit einem zweiten Gleis auszustatten. Da in den letzten Jahren der Siedlungsraum Groß-Stuttgarts sich immer weiter entlang der Schwarzwaldbahn ausdehnte und eine raschere und häufigere Verkehrsbedienung nötig wurde, hat das Reichsverkehrsministerium dem Antrag der Reichsbahndirek­tion Stuttgart zugestimmt, die Strecke ZuffenhausenWeil der Stadt in den elektrischen Vorortverkehr einzubeziehen und für den elektrischen Zugverkehr einzurichten. Am Vordringlichsten war die Elektrisierung der Strecke ZuffenhausenLeonberg. Be­vor die elektrische Ausrüstung dieser Strecke in Angriff genom­men werden konnte, mußte die noch eingleisige Strecke Zuffen­hausen-Ditzingen zweigleisig ausgebaut und die ganze Strecke mit dem elektrischen Streckenblock ausgerüstet werden. Nunmehr ist auch die elektrische Ausrüstung so weit fortgeschritten, daß ab Montag bis Leonberg ein noch auf Triebwagenzüge beschränk­ter Personenverkehr elektrisch betrieben werden kann.

Die neu in den elektrischen Betrieb kommende Strecke ist zwar nur rund 14 Kilometer lang, der Verkehrswert ist aber bedeutend größer, weil künftig die ganze Strecke Stuttgart Leonberg von 21 Kilometer Länge durchgehend elektrisch betrie­ben werden und der lästige Umsteigeverkehr in Zuffenhausen bis aus wenige Ausnahmen entfalle» kann. Außer dieser bedeuten­den Verkehrsverbesserung werden auch die Fahrzeiten, wie beim elektrischen Betrieb ähnlich, nicht unwesentlich gekürzt und zwar bei den Zügen nach Leonberg je nach der Zahl der Aufenthalte um 7 bis 9 Minuten, das sind 23 Prozent und in der umgekehr­ten Richtung utk 5 bis 6 Minuten, das sind rund 18 Prozent. Als Fahrzeuge werden die gleichen Triebwagenzüge eingesetzt, wie sie im elektrischen Vorortverkehr zwischen Eßlingen und Plo­chingen verwendet werden; die Zahl der Triebwagen, Steuerwa­gen und Zwischenwagen ist entsprechend dem künftigen Bedarf für die aaine Strecke StuttgartWeil der Stadt vermehrt wor- Mk. Der Präsident schilderte im einzelnen die Bauarbeiten, die sich auf die ganzen Bahnanlagen und die Bahnhöfe erstreckten. Es steht auch die eingleisige Verbindungsbahn Kornwestheim

Korntal, die im Dezember 1937 in Betrieb genommen worden ist,

^ im Zusammenhang mit dem Vau des zweiten Gleises Zuffen- ; HausenLeonberg. Sie ermöglicht die Durchführung von Güter- j zügen von Kornwestheim im Rangierbahnhof über Renningen

I Böblingen nach Horb. Zu den Baukosten von 9 Millionen für ! den zweigleisigen Ausbau der Strecke StuttgartZuffenhausen ,Renningen und für die Elektrisierung der Strecke Zuffenhau­senWeil der Stadt hat das Land Württemberg der Reichsbahn ein größeres verzinsbares Darlehen zur Verfügung gestellt. Au­ßerdem gaben Zuschüsse für die Beseitigung von schienengleichen Straßenübergängen die Stadtgemeinde Stuttgart und das Tech­nische Landesamt, für die Errichtung des Haltepunktes Neu­wirtshaus die Stadtgemeinde Stuttgart. Besonders anzuerken-- nen ist, daß trotz der vielen Arbeiten neben und auf stark befah­renen Betriebsgleisen nur ein einziger Vauunfall beim Abladen von Eisenmasten vorkam, der aber glücklicherweise keine ernsten! Folgen hatte. Präsident Dr. Honold dankte allen mit der Durch­führung Lerauten Stellen der Reichsbahn, den Baufirmen und' den Arbeitern und sagte zu, daß die Eröffnung der Strecke bis Weil der Stadt in absehbarer Zeit folge. Die Arbeit diene der Verbesserung des Verkehrs, der Auflockerung des Raumes von Groh-Stuttgart und der Förderung des Ausflugsverkehrs. Bür­germeister Spind ler- Leonberg dankte der Reichsbahndirek-, tion. Die Beschleunigung des Verkehrs bringe für die 1200 Le-; onberger, die in Stuttgart in Arbeit stehen, eine große Erleich-i terung. Der Redner umriß die Geschichte Leonbergs, die städti­schen Aufgaben der Gegenwart und nahen Zukunft. Präsident! Honold beendete die Feier mit der Führer-Ehrung.

Bei einem gemeinsamen Mittagessen in der Bahnhofgaststätte sprachen die Vertreter des Kreises, derLandrat und Kreislei­ter Silier, Dankesworte und gaben der Hoffnung Ausdruck, daß die eröffnete Strecke zu einer Stärkung nicht nur der wirt­schaftlichen Entwicklung Leonbergs, sondern des ganzen Kreises diene. Finanzminister Dr. Dehlinger, der mit Innenminister Dr. Schmid der Feier anwohnte, brachte die Glückwünsche der württ. Regierung und zeigte in launiger Ansprache wie durch die Hergabe von Darlehen des Staates an die Reichsbahn, die nicht aus Steuermitteln stammen, in Höhe von etwa 70 Millionen RM. die Elektrisierung der Bahnen und der Derkehrssörderung in Württemberg während seines 15jährigen Ministeramtes mög­lich gemacht wurde. Ohne diese Staatshilfe wäre Württemberg; erst in 10 Jahren an der Reihe gewesen in der Durchführung der Besserung der Verkehrsverhältnisse. Auch für die nächste« Aufgaben: Verlängerung des elektrischen Bahnverkehrs bis Bietigheim und Bau eines Ferngleises, sowie Elektrisierung der Vorortsstrecke nach Waiblingen, die nach Vollendung der Reststrecke bis Weil der Stadt an die Reihe kämen, stehe das Land Württemberg mit Vorschüssen ein. Ein Vertreter der betei­ligten Vaufirmen und ein beteiligter Zimmermeister gaben der Freude und dem Dank über das gelungene Werk zum Schluß Ausdruck. Eine Leonberger Orchestergemeinschaft hatte mit musi­kalischen Darbietungen klassischer Stücke die Festtafel umrahmt, die ganz der Bedeutung des Tages für Stadt und Bezirk Leon­berg Rechnung trug.