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Nr. 111
Samstag, äen 13. Mai 1939
113. Jahrgang
Daladiers widerspruchsvolle Rede
Mailand, 12. Mai. Die oberitalienische Presse bezeichnet die Rede Daladiers als widerspruchsvoll, da sie auf der einen Seite de« Friedenswillen Frankreichs betonte, aber gleichzeitig auch die übliche lluversöhnlichkeit erkennen lasse. Daladier, so schreibt „Corriere della Sera", habe nur seine bereits in früheren Reden geäußerte Halsstarrigkeit bekräftigt, indem er die von der französischen und englischen Diplomatie eingeleitete Aktion der Dynamik der totalitären Staaten einen Block feindlicher Kräfte entgegenzusetzen, gerühmt habe. Er habe die in keiner der demokratischen Reden fehlenden Gemeinplätze von Frieden und Zusammenarbeit der Völker gebraucht. „Stampa" erklärt, Daladier habe ein neues „Niemals" ausgesprochen. Der Ton der entschieden unversöhnlichenRede habe bestätigt, daß Frankreich entschlossen sei, keinerlei Initiative zu ergreifen, mu zu einer Entspannung in den Beziehungen zwischen den Staaten zu gelangen. „Gazzetta del Popolo" kennzeichnet die dunkeln Einflüsse Blums auf die Haltung der englischen Politik. Man müsse sich vor Augen halten, welche Gründe der diplomatischen Taktik Lhamberlain veranlaßt haben könne, die Gelegenheit der Frauenkundgebung zu benutzen, um auf gewisse immer dringender an ihn aus Paris gerichtete Fragen zu antworten. Blum habe nämlich gewisse Alarmgerüchte nicht nur Lberdietotalitären Staaten, sondern vor allem auch über die Unzufriedenheit der französischen öffentlichen Meinung wegen des langsamen Fortschritts der englischen Wehrpflichtgesetzgebung und wegen des bisher wenig befriedigenden Fortgangs der Verhandlungen mit Sowjetrußland nach London getragen.
Aus der französischen Kammer
Heftige Kritik der ganzen Linken an Daladiers Notverordnungen
Paris, 12. Mai. Die Kammer fetzte am Freitag die Aussprache über die Regierungserklärung fort. Die heftige Kritik, die bereits am Donnerstag an der Finanz- und Sozialpolitik der Regierung geübt worden war, wurde von linksstehenden Abgeordneten fortgesetzt. Als erster Redner beschwerte sich am Freitag der Abgeordnete Honel darüber, daß die kleinen Leute, die Gewerbetreibenden und Kleinkaufleute, den Priviligierten geopfert würden. Die Rüstungsgebühr beeinträchtige die Lebensbedin
gungen der breiten Masse. Die Regierung übe den Kaufleuten gegenüber eine unsinnige Steuerpolitik, der Rüstungsindustrie aber und den Besitzenden gegenüber eine Politik der Erleichterungen. Auch der Abgeordnete Croizat erklärte, es sei notwendig, daß Opfer von allen verlangt würden, statt sie allein den kleinen Leuten, dem Mittelstand und der Arbeiterschaft aufzubürden, Der Abgeordnete Regis führte ebenfalls heftige Klage darüber, daß alle Last auf die Kleinen abgewälzt werde. Finanzminister Reynaud verteidigte seine Finanzpolitik und verwahrte sich dagegen, daß man die öffentliche Meinung nervös mache durch unrichtige Behauptungen, und wies die einzelnen Vorwürfe zurück. Der Rückfluß von Gold halte weiterhin an. Es gebe weniger Arbeitslose als im vorigen Jahr (Zwischenruf: Wegen der Mobilmachung!). Der Sozialdemokrat Faure kritisierte, daß nur die großen Fabriken Staatsaufträge erhielten. Ministerpräsident Daladier erwiderte, es arbeiteten jetzt 6000 Werke für die Landesverteidigung; im vorigen Jahr seien es nur 2000 bis 2500 gewesen.
Die sozialdemokratische Kammergruppe trat in der Nachmittagspause zusammen, um sich über ihre Haltung schlüssig zu werden. In der Sitzung beschlossen die Sozialdemokraten mit knapper Mehrheit (48:42 Stimmen Lei 0 Enthaltungen) gegen die Regierung zu stimmen. Dieses Abstimmungsergebnis zeigt erneut die große Zersplitterung innerhalb der sozialdemokratischen Partei. Wie aus seiner Rede Blums hervorging, handelt es sich bei der Haltung der Sozialdemokraten im wesentlichen darum, daß sie zwar für die Außenpolitik, aber gegen die Finanz- und Sozialpolitik der Regierung stimmen wolle. Ministerpräsident Daladier wies den Standpunkt Blums in einer kurzen Rede zurück. Am Spätabend erhielt Daladier das geforderte Vertrauensvotum.
Die Kammer hat den radikalsozialistischen Entschließungsentwurf, der die Regierungserklärung billigt und der Regierung das Vertrauen ausspricht, mit 375 gegen 230 Stimmen angenommen. Gegen den Entwurf haben sich die Sozialdemokraten und die Kommunisten ausgesprochen.
Siegesparade der Luftwaffe in Madrid
Auszeichnung der deutschen und italienischen Freiwilligen durch General Franco
Madrid. 12. Mai. Auf dem Madrider Flugplatz Barajas fand am Freitag vor General Franco die große Siegesparade der Luftwaffe des neuen Spaniens statt. Es handelt sich um die Lei weitem größte Luftwaffenparade, die Spanien jemals gesehen hat. Die Veranstaltung erhielt eine besondere Note durch die Teilnahme der deutschen und italienischen Freiwilligenflieger sowie des gesamten Diplomatische» Korps.
Nach einer Ansprache des Oberbefehlshabers der spanischen Luftwaffe, General Kindelan, heftete General Franco persönlich den deutschen und italienischen Freiwilligen-Fliegern die Rilitärmedaille an, wobei er jedesmal den Satz wiederholte: „Für bewiesene Tapferkeit und technisches Können innerhalb der Luftwaffe im Kreuzzug gegen den Kommunismus zeichne ich Sie aus."
Die verdiente Auszeichnung der tapferen Mitstreiter gegen de« Bolschewismus aus dem befreundeten Deutschland und Italien durch den Eaudillo wurde von den ungezählten Tausenden, die dieser Ehrung beiwohnten, mit gewaltigen Beifallskundgebungen begrüßt.
Anschließend betrat General Fra « codie Rednertribüne und hielt, immer wieder von stürmischem Jubel unterbrochen, eine kurze Ansprache. Er erinnerte an die ersten Wochen des Krieges, als auf nationaler Seite die ersten Flieger mit ungeheurem Heldenmut den damals aussichtslosen Kampf gegen die rote Luftwaffe eröffnete und dabei Beweise einer Tapferkeit gaben, die schon legendär geworden ist. Während das nationale Spanien zu diesem Befreiungskampf antrat, seien zu seiner Unterstützung alte Frontsoldaten aus den Ländern Europas — Deutschland und Italien — herbeigeeilt, die selbst die Zerrissenheit und den Befreiungskampf ihres eigenen Vaterlandes miterlebt hatten, um nun uneigennützig Seite an Seite mit den spanischen Kameraden gegen den Kommunismus zu kämpfen.
General Franco ging dann auf die Zukunft der spanischen Luftwaffe ein, die weiter ausgebaut werden solle, sodaß dereinst Spaniens Verteidigung in der Luft in jeder Weise gesichert sein werde. Die Luftwaffe des neuen Spanien solle ihrer unvergeßlichen Pioniere stets eingedenk sein, von denen so viele im Befreiungskampf gegen den Bolschewismus gefallen seien, wie Earcia Morato und andere, deren Namen in die Geschichte Spaniens eingegangen seien. Franco forderte von der Luftwaffe Disziplin und jederzeitige Einsatzbereitschaft, denn nur eine solche Luftwaffe könne Spanien groß machen.
Der spanische Staatschef schloß seine Ansprache mit dem Kampfruf: „Arriba Espana!" und Hochrufen aufDeutsch- land und Italien. Die Nationalhymnen der drei befreundeten Nationen beendete» die eindrucksvolle Kundgebung.
Eine Meetelmillron paradiert in Madrid
Madrid, 12. Mai. Propagandachef Manuel Augusts gab jetzt die Einzelheiten der geplanten Siegesparade in Madrid bekannt. Die Feier zerfällt in drei Teile: Dank au den Allmächtigen, Dank an den Eaudillo und die Wehrmacht, Dank an befreundete Nationen. In allen Madrider Kirchen wird ein Dankgottesdienst abgehalten, in dem aller traditionelle» Schutzheiligen Spaniens gedacht wird und die historischen .Waffentaten der Armee Spaniens gefeiert werden.
Die Einzugsstraße des Eaudillo wird besonders festlich ausgestaltet. 10 000 Palmen, ein Eesckenk Valencias, umsäumen den
Weg. General Franco wird vom Ritter des San Fernando-Ordens, der höchsten Kriegsauszeichnung, begleitet werden. Als Herolde werden ihm Vertreter aller Waffengattungen voranziehen. An der Parade werde» rund 250 000 Mann teilnehmen. Die Luftwaffe wird in dieser Zeit einen Blumenregen über Madrid niedergehen lassen.
Die befreundeten Nationen werden besonders geehrt. Den Botschaftern dieser Länder werden Oelzweige als Symbol des ewigen Friedens zwischen Spanien und ihnen übergeben. Sie werden dann diese Zweige an den Gräbern Gefallener niederle- gen, die durch ihr Blut die Verbundenheit dieser Völker besiegelt haben.
Den Abschluß des Tages bildet ein großes Volksfest. Auf den Straßen spielen Kapellen zum Tanz auf. Feuerwerk wird in allen spanischen Städten abgebrannt. Anknüpfend an alte Traditionen werden Ritterturniere in den alten Trachten vorge- sührt
Abschiedskrrndgebung für die italienischen Freiwilligen
Eine Rede des spanischen Innenministers
Vnrgos, 12. Mai. Anläßlich der bevorstehenden Abreise der italienischen Freiwilligen im Spanien-Krieg fand am Donnerstag im Hauptquartier der italienischen Verbände in Logrono eine Abschiedskundgebung statt, die sich zu einem eindrucksvollen Bekenntnis zur unauslöschlichen spanisch-italienischen Freundschaft gestaltete. Innenminister Serrano Sun er wies auf den gemeinsamen Kampf gegen den zerstörenden und verbrecherischen Kommunismus, der in Spanien die Kultur und Zivilisation des Mittelmeeres bedrohte, hin. Einzig aus diesem Bewußtsein heraus und nicht wegen irgend welcher eigensüchtiger Absichten habe sich Spaniens Armee, welche stets in entscheidenden Stunden Spaniens Geschichte gemacht habe, erhoben und die Unterstützung durch Italien gefunden, das die gleiche Kultur wie Spanien teile und somit gleichfalls angegriffen worden sei. Die Freiwilligen Italiens haben damit der ganzen Welt einen großen Dienst geleistet. Spanien werde das Verdienst Italiens nie vergessen. „Ohne jegliche aggressiven Absichten", so erklärte Innenminister Suner wörtlich, „wollen wir unseren Platz in der Welt behaupten. Weder Italien noch wir sind gewillt, weiterhin die Rolle der armen Verwandten zu spielen, während unsere Größe höher und umfassender ist und jedenfalls auf sauberere Weise erobert wurde. Wehe dem, der den Weg kreuzt, der uns in dieser Welt Vorbehalten ist auf Grund so vreler berechtigter Ansprüche. Auf diesem Wege sind Italien und Spanien vereint."
Vrauchttfch aus Italien zurück
Berlin, 12. Mai. Der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, kehrte am Freitag von seiner Reise »ach Italien zurück. Er hat an den Oberbefehlshaber und General stabschef des italienischen Heeres, General Pariani, folgend« Telegramm gerichtet: „Beim Verlassen des neuen Italiens, i» dem ich eine so überwältigende Gastfreundschaft des italienische« Heeres genossen habe und das große Werk des Faschismus be« wundern konnte, ist es mir ein inneres Bedürfnis, hierfür Euer Exzellenz nochmals meinen aufrichtigsten Dank zum Ausdruck z» bringen. Die herzliche Kameradschaft, die mir Euer Exzellenz täglich aufs neue entgegeubrachte, hat mir als Soldat die Reiße zu einem besonderen, unvergeßlichen Erlebnis gemacht. Ich freue mich besonders, Euer Exzellenz noch in diefem Jahre « Deutschland begrüßten zu können."
Aebergriffe polnischer Grenzbeamten
! Landsberga.d. Warthe, 12. Mai. Am Mittwoch, dem 10.
Mai, wurde der 20jährige Volksdeutsche Fischer Koschitzki aus z Ziegelscheune beim Ueberquere» der Obra auf der deutschen ! Hälfte des Flusses in seinem Kahn von pol Nischen Grenz- ! beamteuerschossen. Koschitzki, dem die Fischerei in diesem ! Teil der Obra gehört, war im Besitz eines Dauerausweises; er > war also berechtigt, zur Ausübung seines Gewerbes die Obra zu befahren.
Danzigs Schicksal in der Hand des Führers!
Senatspräfident Greifer vor Arbeitsdienstführer«
Danzig, 12. Mai. Der Senat empfing die zur Führertagung des Arbeitsgaues 1 (Ostpreußen) in Danzig weilenden Arbeitsdienstführer zu einem Kameradschaftsabend im Artus-Hof. Der Präsident des Senats und stellv. Gauleiter Artur Greiser begrüßte die Gäste im Namen des Gauleiters und des Senats. Er sprach von der besonderen Tradition des altehrwürdigen Danzig, in dem der Geist des Kampfes und des Stolzes gelebt hat. Ueüerragende Tapferkeit und richtige Einschätzung des Gegners seien die traditionelle« Tugenden der Danziger. Zur Zeit werde gerade Danzig zum Objekt der Unruhe gemacht und es könne diese Unruhe an seinen Grenzen beobachten. Daß Danzig aber als ein Block der Ruhe, festgestützt auf die Macht des großen deutschen Mutterlandes, inmitten dieser Unruhe dastehe, das sei das Verdienst der Partei, an dem alle ihre Organisationen und nicht zuletzt auch der Danziger Arbeitsdienst ihren vollen Anteil haben. Die Menschen, die für die Weltanschauung der Partei gewonnen wurden, seien das Fundament für den Anspruch Danzigs, der durch eine Jahrhunderte alte Geschichte be
gründet ist und durch den Wunsch des Führres vor aller Welt ausdrücklich legalisiert wurde. Wir werden uns durch nichts aus der Ruhe bringen lassen, durch keine Kombinationen der Auslandspresse und auch durch keine Mobilmachungsmaßnahmen an unseren Grenzen und werden nach wie vor unser Ähicksal in die Hände des Führers legen.
Wahlmache für Roosevett in Fluß
Washington, 12. Mai. Der Roosevelt-Anhänger und demokratische Senator Lee aus Oklahoma trat vor dem Nationale« Demokratischen Frauenclub für die dritte Amtsperiode Roosevelts ein. Es gebe, so sagte er, kein stichhaltiges Argument gegen seine Wiederwahl. Wenn Roosevelt sich erneut als Kandidat aufstellen lasse, würde er eine „Lawine von Stimmen", vielleicht noch mehr als bei der letzten Wahl, erhalten.
Der amerikanische Kommunistenhäuptling Earl Browder, der bei den Präsidentschaftswahlen im Jahre 1036 für die kommunistische Partei kandidierte, erklärte vor der Jahresversammlung der Jungkommunistischen Liga, daß seine Partei Roosevelt im Falle seiner dritten Prästdentschaftskandidatur unterstütze» werde. Er hoffe, daß sich Roosevelt erneut werde aufstellen lassen, andernfalls würden die Kommunisten selbst eine» Kandidaten stellen,
Senator Dorah mahnt
Finger weg von Europa!
Washington, 12. Mai. Die Entwicklung der europäischen Lage und die ruhige Haltung der kleineren Staaten öffnet den Amerikanern immer mehr die Augen über die anmaßende Politik ihres Präsidenten. Senator Bor ah hielt Roosevelt als Bei-