k. Sette - Nr. 110
Schon entstehen die ersten gewaltigen Bauten der Nation, die als höchste Symbole der Gemeinschaft alle Häuser des Alltags weit überragen werden. Ihre steinernen Räume sollen unser Volk einst zu seinem stolzesten Wollen und seiner höchsten Würde erheben. Schon führen uns die ersten Straßen des Führers zusammen, gewaltig in der Größe ihrer Planung, unvergänglich in ihrem Material und ewig in ihrer Schönheit und Kraft ihrer Formen. Mit dem zweiten Merjahresplan und dem Aufbau der deutschen Wehrmacht werden auch vom Techniker, Wissenschaftler und Handwerker letzter Einsatz und höchste Leistung gefordert.
Die Größe und Dringlichkeit dieser Aufgaben verlangt von der verantwortlichen Führung der Jugend, daß sie die Heranwachsende Generation zum Verständnis und Erlebnis dieser Leistungen erzieht, schon frühzeitig in allen Jungen die natürlich gegebene handwerkliche Begabung entwickelt und aus ihrer Gesamtheit die besten Kräfte für die handwerklichen, technischen und künstlerischen Berufe ausliest.
Das neugeschaffene HJ.-Ausbildungswerk für Architektur und Technik hat die Aufgabe, die im Jahre 1937 mit den Architektentagungen der Hitlerjugend begonnene Auslese- und Erziehungsarbeit im weiteren Rahmen sortzusetzen und vor allem in einer allgemeinen Werkarbeit des Deutschen Jungvolkes die grundlegende Vorbereitung zur Erfüllung dieser Aufgaben zu leisten. Mit seinen Einrichtungen und Veranstaltungen wird dieses Werk zu einer harmonischen Allgemeinerziehung der deutschen Jugend beitragen, in dem es neben der körperlichen und geistigen Schulung die gestalterischen Fähigkeiten der Hand entwickelt und damit auch zu einer organischen Lösung der Nachwuchsfragen auf den Gebieten der Architektur, der bildenden Künste, des Handwerks und der Technik beiträgt.
Wir rufen den deutschen Jungen auf, auch in diesem Werk schon in frühestes Jahren der Zukunft seines Volkes zu dienen."
Anternaironale Tagung
der Meeressorscher
Berlin, 10. Mai. Reichsminister Reichsbauernführer Darre begrüßte die Tagung des Zentralausschusses für die internationale Meeresforschung, zu der zahlreiche Vertreter europäischer Staaten im Spiegelsaal des Reichsministeriums für Ernährung »nd Landwirtschaft erschienen waren. Er führte u. a. aus: Es gibt kaum ein Gebiet der Wissenschaft, das allen seefahrenden Völkern so viel Anreiz zu gemeinsamer friedlicher Forschungsarbeit gibt, wie gerade das Meer, das allen gemeinsam ist und dessen Reichtum allen zur Verfügung steht. Dabei besteht die Aufgabe der internationalen Meeresforschung nicht so sehr in rein naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, als vielmehr in der Erforschung derjenigen Verhältnisse des Meeres, die für die Fischerei der beteiligten Völker von Bedeutung sind. Auf der Ausstellung „Segen des Meeres" in Hamburg, die Sie auf der Bestchtigungsreise nach der Tagung sehen werden, werden Sie besser als aus langen mündlichen Ausführungen feststellen können, was Deutschland auf diesem Gebiete anstrebt und was es bisher schon erreicht hat. Die Wissenschaft ist nur dann in der Lage, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen, wenn sie mit den entsprechenden Einrichtungen und Mitteln versehen ist. Ich habe deshalb den Auftrag gegeben, daß ein neuer deutscher Fischereiforschungsdampfer erbaut wird, der mit den modernsten technischen Einrichtungen versehen sein und der einem sehr wesentlichen Teil der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für Mee- resforschung zur Verfügung stehen wird. Das Schiff liegt zur Zeit auf Stapel und wird voraussichtlich noch in diesem Jahre in Dienst gestellt werden. Gerade in unseren Tagen, da unselige Mißverständnisse die Völker zu entzweien drohen, ist die stille, gemeinsame Arbeit internationaler wissenschaftlicher Konferenzen doppelt zu begrüßen, um das gegenseitige Verständnis der Völker untereinander zu vertiefen. In diesem Gedanken und zum Wohle aller seefahrenden Nationen wünsche ich Ihrer Tagung einen erfolgreichen Verlauf. §
Der Präsident des Zentralausschusses für die internationale j Meeresforschung, Dr. Hyort-Norwegen, der dem Reichsminister ! für die deutsche Gastfreundschaft dankte, gab seiner Freude Aus- j druck, daß die Tagungsteilnehmer neue Eindrücke über das ge- j wattige Schaffen deutscher Forscher, Seeleute und Fangleute ; erhalten würden, deren Leistungen er mit Worten der Hoch- i achtung und Anerkennung gedachte. :
Aus dem Gerichtssi al
Ungetreuer Bankangestellter
Ravensburg, 10. Mai. Vom Großen Schöffengericht Ravensburg wurde der frühere Bankangestellte Anto Räth aus Die-
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Roman von Klara Haidhausen.
Lrheberrechtsschutz durch VcrlagSenflalt Manz, NegenSourg. i 43. Fortsetzung. l Nachdruck verboten.^
Nun war Franz es, der die Hand der Mutter streichelte.! »Jas ist ja alles schön und gut, Mütterchen," — es klang' sehr zart und weich — „und Du hast ja namentlich in dem einen recht, daß ich mir von Herzen eigene Kinder wünschte. Aber was hilft das alles, wenn ich die Frau nicht finde, die ich mir als Mutter dieser Kinder denken kann."
„Man muß suchen, um zu finden, Franz," sagte Frau Hormann leise. „Du aber verschließt die Augen und das Herz in blindem Trotz. Du erhebst in verzeihlicher Eigenliebe Ditha in Deinem Herzen zu einer Jdealgestalt, an der gemessen alle andern Frauen verblassen müssen. Aber glaub mir, mein Vub, auch Ditha — so sehr hoch ich sie einschätze — war ein Mensch mit Fehlern und Schwächen wie wir alle. Es gibt auch außer ihr noch manche Frau, die Deiner Liebe ebenso wert ist."
Da nahm Franz Hormann mit einer raschen Bewegung das schmale, runzelige Gesicht der Mutter zwischen beide Hände und ehe die alte Dame es sich versah, hatte er sie zwei-, dreimal mitten auf den Mund geküßt. „Also da hinaus willst Du, Mütterchen — jetzt habe ich endlich verstanden! Du liebe, alte Diplomatin, Du!"
Frau Hormann war unter der stürmischen Liebkosung errötet wie ein junges Mädchen. „Sie ist wirklich ein guter und feiner Mensch, Franz!"
Der Doktor nickte: „2a, ich weiß — außerdem eine Prachterscheinung — eine wirkliche Prinzessin könnte nicht schöner und vornehmer aussehen!"
Ungewiß sah Frau Hormann zu ihm auf: „Spottest Du, Franz?"
Da wurde er ernst. „Verzeih, Mütterchen — nein gewiß nicht! Ich wollte damit nur andeuten, daß sehr wahrscheinlich schon andere vor Dir und mir die Entdeckung gemacht
Nagolder Tagblatt .Der Gesellschafter^
powshosen bei Leutkirih zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis und 520 RM. Geldstrafe verurteilt. Räth, der beim Bankhaus Schaal in Leutkirch zunächst als Lehrling und später in der Buchhaltung beschäftigt war, hatte zeitweilig auch die Kaste zu führen. Zuerst eignete er sich aus ihr kleinere Geldbeträge an. Kurz vor seinem Urlaub aber tat er den großen Griff in die Kaste, entnahm ihr 500 RM., fälschte den Kastenbeleg und die Bucheintragung in die Kassenstrazze, indem er den Uebertrag um 500 RM. höher angab und dann auf der nächste« Seite mit einem „Additionsfehler" die Buchung wieder „richtigstellte". Von seinem Urlaub zurückgekehrt, ließ er sich fortlaufend weitere Diebstähle zuschulden kommen, und die Beträge, die er jeweils der Kaste entnahm, schwankten zwischen 500 und 1700 RM.
Leichtsinniger Schrankenwärter bestraft Ravensburg, 10. Mai. Wie erinnerlich, wurde am 4. März auf dem beschrankten, von dem diensttuenden Schrankenwärter jedoch nicht geschloffenen Bahnübergang Manzell der Kraftwagen der Aerztin Dr. med. Helene Piutti aus Auggen bei Müllheim von der Lokomotive eines herannahenden Zuges erfaßt und zertrümmert. Der Zusammenstoß war so heftig, daß die Aerztin kurze Zeit nach dem Unfall ihren schweren Verletzungen erlag. Wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Transportgefährdung hatte sich nunmehr vor der Strafkammer des Landgerichts Ravensburg der Hilfsschrankenwärter Karl Hingler aus Friedrichshafen zu verantworten. Die Verhandlung enthüllte das Bild eines verantwortungslosen Leichtsinns schlimmsten Ausmaßes. Der Angeklagte hatte seine reichlich bemessene Freizeit vor dem Unglückstag nicht zum Ausruhen benützt, sondern so viel Alkohol — wie er selbst angab, etwa neun Liter Bier — zu sich genommen, daß er erst spät nachts und in angetrunkenem Zustande nach Hause kam. Am andern Tag holte er den versäumten Schlaf nicht nach, sondern unternahm eine ihn sehr ermüdende Radtour. Beim Antritt seines Dienstes schlief er daun sofort ein und zwar so fest, daß er nicht nur das Krachen Lei dem Zusammenstoß überhörte, sondern erst durch lautes Rufen und durch handfestes Aufrütteln wieder erweckt werden konnte. Der Verantwortungslose Mensch, der ein Menschenleben auf dem Gewissen hat, wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
LrMchutz — uun erst recht!
Zur Luftschutzwoche
Wenn im Laufe der letzten fünf Jahrs, seit der Reichsluststhutz- bund gegründet wurde, um die Bevölkerung über die Notwendigkeit des Luftschutzes aufzuklären und im Luftschutz auszubilden, jemals seine Arbeit Anerkennung in allen Schichten der Bevölkerung gefunden hat, so war dies in den kritischen Septembertagen. in denen die Entscheidung über Krieg oder Frieden auf
Das Ll-Boot-Etzrenmal an der Kieler Korde
erbaut vom Volksbund Deutschs Kriegsgräbcrfllrsorgc. Als Wahrzeichen ragt zwischen zwei Gedenkhallen ein 22 in hoher Pfeiler mit bekrönendem Bronzcadler aus
Freitag, den 12. Mai 1839
des Messers Schneide stand. Da wollte jeder zuerst seine volks- gasmaske haben, da kamen die Volksgenosten freiwillig zu den Ausbildungsabenden des Reichslustschutzbundes, da suchte einer den anderen an Eifer zu übertreffen.
Und was geschah, als die Krise überstanden war? — Wir lasen in den Zeitungen, daß England und Frankreich, daß die anderen Staaten sich in Parlamentsdebatten und öffentlichen Reden über die mangelhafte Lustschutzrüstung ihrer Länder ergingen, wir stellten mit Befriedigung fest, daß solche Debatten im Reiche Adolf Hitlers unmöglich find, weil bei uns jeder Volksgenosse weiß, daß Deutschland immer auf der Wacht sein mutz. Auch im Luftschutz! Die Ausbildungslehrgänge des RLB. gingen weiter, waren genau so besucht wie in der Krise, der Verkauf der „VM" ging weiter, kurzum es wurde an der Luftschutzbereitschaft genau jo weitergearbeitet, planmäßig und zielbewußt, wie vorher.
Die übergroße Mehrheit des großdeutschen Volkes weiß heute dank der Aufklärungsarbeit des Reichsluftschutzbundes, daß die Lustschutzmaßnahmen im Frieden getroffen werden müssen, daß die Luftschutzbereitschaft des gesamten Volkes ein wichtiger Teil der Landesverteidigung ist, der nicht erst begonnen werden kann, wenn Kriegswolken am Horizont stehen. And ebenso wie wir wissen, daß die starke deutsche Wehrmacht unserem Volk den Frieden erhält, den es braucht, um nach dem Willen des Führers seine Wirtschaft und seine Kultur neu aufzubauen, ebenso misten wir auch, daß der Luftschutz diesen Frieden sichern und erhalten hilft.
Mögen daher in anderen Ländern die Leute sich streiten um Geschehenes oder Versäumtes, wir Deutschen brauchen nur auf dem einmal eingeschlagenen Weg weiterzuarbeiten; für uns gibt es nur eine Parole, und die lautet: Luftschutz— nun erst recht!
Die neue Infanterie
3m „Deutschen Wollen", der Zeitschrift der AuslanbsmMni- sation der NSDAP., berichtet Dr. Murawski über die Bedeutung unserer deutschen Infanterie. Die jetzige Dienstvorschrift bringe klipp und klar zum Ausdruck, daß die Infanterie im Kampf die Entscheidung bringt. Bedeutung und Bewertung der Infanterie hätten also auch im Zeitalter der Motorisierung und Mechanisierung nichts eingebüßt. Die Aufgaben der Infanterie seien die gleichen wie vor Jahrhunderten. Gewandelt habe sich dagegen die Kampfform. Der Endkampf werde aber heute wie künftig Mann gegen Mann geführt, und zum Einbruch in den Gegner dröhne noch heute wie einst das mitreißende deutsche „Hurra". Während die Infanterie 1914 nur mit zwei bis drei verschiedenen Waffen ausrückte, verfüge sie heute je nach Ausstattung über zwölf verschiedene Waffen. Man unterscheide dabei die leichten «nd schweren Infanteriewaffen. Zu den leichten Waffen zählten Gewehr mit Seitengewehr, das leichte Maschinengewehr, Handgranaten, Pistolen, Maschinenpistolen, leichte Granatwerfer und leichte Millenwerfer. Fast gleich vielfältig seien die schweren Infanteriewaffen mit ihren schweren Maschinengewehren, Granatwerfern oder Minenwerfern, den Infanteriegeschützen und Panzerabwehrgeschützen. Dazu kämen noch gewisse Ergänzungswaffen für die Luftabwehr und Panzerabwehr. Die Hauptfeuerwaffe der Infanterie wurde das Maschinengewehr. Ferner gibt es als Sonderformationen der Infanterie vollmotorisierte Infanterie-Regimenter, vollmotorisierte Maschinengewhr-Bataillone, Gebirgsjäger-Regimenter und Grenzinfanterie-Regimenter. Das heutige Infanterie-Regiment sei keine reine Infanterie im Sinne mehr, sondern ein gemischter Verband. Die Erziehung zum Angriffsgeist beherrsche aber wie einst die Ausbildung des Infanteristen.
„Ich bi» der Vertreter von Zeinbla" Lw-—
Unter den in London lebenden Italienern ist Daniele Vare einer der bekanntesten Männer. Er ist übrigens in Genf durch einen interessanten Vorfall bekannt. Im Jahre 1920 war er Mitglied eines Sekretariats, das sich mit der Klärung bestimmter Fragen im Interesse Italiens befassen sollte. Aber er war kein offizieller italienischer Delegierter. So kam es, haß er auch keinen Sitz im Sitzungssaal reserviert bekam. , - - Die Nationen waren alle nach dem Alphabet in Genf geordnet. Mit einem raschen Blick entdeckte Vare, daß hinter Venezuela noch ein Platz frei war. Er ging also mit festem Schritt dorthin, nahm die weiße Karte und schrieb darauf, er sei der Vertreter des Staates Zembla. Er hatte seinen Platz, niemand kümmerte sich um ihn. Der Vertreter von Zembla hatte auf dies? MHz riy existierendes Reich begründet und ver-
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haben, daß Fräulein Lore ein sehr liebes und begehrenswertes Mädchen ist. Die eben zitierten Worte stammen von Achim von Friedel, der heute in einen ganzen Begeisterungssturm geriet, als er sie kennen lernte. Nach allem, was ich heute schon sah, ist Lore Bergers Herz entweder überhaupt nicht mehr frei, oder aber sehr stark im Begriffe, sich meinem Freunde zuzuwenden. — Aber auch wenn dem nicht so wäre . . . Sieh mal, Mütterchen, ich bin ja gewiß nicht blind gegen alle ihre Vorzüge, ich glaube mit Dir, daß sie einen Mann sehr glücklich machen könnte — aber ich liebe sie nicht, werde wohl niemals wieder eine Frau lieben können, wie ich Ditha geliebt habe."
Die Mutter schüttelte den Kopf. „Muß das denn sein, Franz? Sieh, ich bin alt und habe im Leben viele Ehen gesehen, die aus heißer, leidenschaftlicher Liebe geschlossen waren und nach einigen Jahren zerbrachen — und manche andre dagegen, die auf der Basis gegenseitiger Achtung und ruhiger Neigung gegründet glücklich waren ein Leben lang. Der wohl erwogene Bund reifer, verantwortungsbewußter Menschen steht doch unendlich höher als die triebhafte Vereinigung zweier Verliebter, die sich einbilden über alles zu lieben, im Grunde aber doch nur in blindem Gehorsam den allgewaltigen Schöpfungswillen der Natur erfüllen."
Ein leises Staunen klang vom Sohne herüber: „Das sagst Du mir, Mutter? — Du, die doch selbst in einer reinen Liebesehe das höchste Glück gefunden hat?"
Sie nickte. „Trotzdem — ja vielleicht gerade weil Vater und ich so glücklich waren. Solche Ehen sind selten im Glücksrad des Lebens und fallen wie das große Los kaum zweimal nacheinander in eine Familie."
Franz sah einen Augenblick versonnen vor sich hin. Hatte die Mutter recht? Mußte deshalb seine Liebe zu Ditha Schiffbruch leiden? Dann aber hob er mit einer energischen, abschließenden Bewegung den Kopf. „Ich will doch darauf warten, Mutter! Kein Mensch kann über seine Natur hinaus. Ich kann warten, ich kann ganz verzichten, aber ich kann nicht mit kühlem Herzen freien. — Und auch Fräulein Lore verdient einen Mann, der sie von ganzem Herzen liebt, braucht ihn, um glücklich zu sein."
Schmerzlich berührt schwieg Frau Hormann. Also nichts! Und der Traum, das liebe Mädchen an des Sohnes Seite zu sehen, war doch so schön gewesen. —
Auch der Doktor sah in tiefes Sinnen verloren zum Haus hinüber, wo aus dem Fenster seines Sprechzimmers Helles Licht herüberschimmerte. Er fühlte, daß die Mutter neben ihm mit einer wehen Enttäuschung rang. Wie hatte sie gesagt? Ich hätte so gern noch mein erstes Enkelchen gesehen. — Armes Mütterchen — sie würde wohl vergebens auf diese Freude warten müssen!
Freilich — unendlich schön müßte es wohl sein, zu wissen, daß da drinnen im Haus — hinter einem der freundlich erleuchteten Fenster — ein junges Weib sich in treuer Muttersorge über eine Wiege neigte! — Willenlos folgten die Gedanken Franz Hormanns der lockenden Fata Morgan«, die ihm die erregte Phantasie plötzlich vor die Seele gaukelte.
Er sah sich in sein Haus treten, von dem Jubellaut der liebsten Frau empfangen, er fühlte einen weichen, süßen Mund auf seinen Lippen, den bebenden Körper eines jungen Weibes in seinen Armen. — Und sah zwei Menschen, die eins in Liebe sich über das Vettchen ihres Kindes beugten. Kennst Du die schlanke anmutige Frau im weichen blauen Kleid, Franz Hormann? Den seinen Kopf mit den dunklen Flechten, die großen, strahlenden Augen? Sei ehrlich gegen Dich selbst, ehrlicher als Du es gegen die Mutter warst! Das ist nicht Dein blondes Lieb von einst, von dem Du nie mehr loszukommen glaubtest. Eine andre hat sich Dir in Herz und Sinne geschlichen, um eine andre kreisen Deine Gedanken heute in Zwiespalt und Unrast schon den ganzen Tag, um eine andre braust Dir das Blut so heiß und fordernd in den Adern!
Was Franz Hormann wohl geantwortet hätte, wenn ihm jemand so klipp und klar den Spiegel seines Innern vor Augen gehalten hätte? Jedenfalls war er selbst noch nicht bei dieser Einsicht angelangt und dachix nicht daran, die lockenden Bilder, die ihm vor der Seele gaukelten, in so enge Verbindung mit der Person Lore Bergers zu bringen. Wir täuschen uns ja nirgends leichter als in den Jrr- gängen unseres eigenen Ich. (Fortsetzung folgt.)