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Nr. 108
Mittwoch, äen 10. Mai 1939
113. Jahrgang
Märtyrer der Volksdeutschen
Erneuerer des Siebenvürger Sachsentums starb vor 8« Jahren am 11. Mai für die Zukunft seines Volkes
Unter den Volksdeutschen Führerpersönlichkeiten, die das geistige und politische Geschick des Deutschtums im Auslande wesentlich beeinflußt haben, erscheint die Gestalt des Siebenbürger Sachsen Stefan Ludwig Roth in besonders Hellem Licht.
Der siebenbürgisch-sächsische Pfarrerssohn, der am 24. November 1796 in Mediasch, im reizvoll-lieblichen siebenbürgi- schen Weinlande geboren wurde, bezieht gerade in jenen Tagen die Universität Tübingen, in denen die Studentenschaft von der Wartburg heimkehrt, wo der Ruf nach Großdeutschland zum ersten Male laut und gebieterisch von der Jugend in die Welt klang. Roth steht bald im Mittelpunkt des Tübinger Studententums, aber schon in kurzer Studienzeit erkennt er seine Aufgabe. Seine Heimat hat wohl viele gründlich gebildete Pfarrer und Professoren, jedoch keine guten Volkslehrer, und so entschließt er sich, sehr gegen den Willen seines Vaters, der ihm eine glänzende Eelehrten- laufbahn finanziell hätte ermöglichen können, zu Pesta- lozzi zu gehen. Der große Schweizer erkennt in dem jungen Siebenbürger sehr schnell den kongenialen Geist, und bald ist Roth sein innigster Mitarbeiter, mit dem er alle Pläne und Lehrmethoden bespricht und in dem er den Vollender seines Lebenswerks erblickt. Roth wird Pestalozzis eifrigster Mitarbeiter, der sich frei von all den Eifersüchteleien halten kann, die um den großen Pädagogen erstehen. In dieser Zeit denkt Roth immer nur an die Heimat, und wie er dieser nützen könne. Er schlägt ein glänzendes Angebot, in London Professor zu werden, ab, ebenso wie er nach Ablegung seiner Doktorprüfung in Tübingen verzichtet, dort eine Professur anzunehmen, die ihm von hoher Seite in Aussicht gestellt wird. Ueber Wien, wo ihm die Führung des „ausländischen" Doktortitels vom System Metternich verboten wird, kehrt er in die Heimat zurück. Sein Plan ist gefaßt. Er will eine Pflanzschule für Volkslehrer begründen, und er legt den Plan in einer Denkschrift der Heimat vor, die für den jungen Mann aber kein Verständnis hat.
Jahns Turnerei und das neue Singen hat Roth unter vielem Neuen nach Siebenbürgen gebracht. Von allen Seiten wird dem jungen Pädagogen, dem die Herzen der Jugend zusliegen, mit Mißtrauen begegnet, denn Metternichs Kreaturen waren auch in Siebenbürgen am Werk, alle Gedanken der Freiheit zu erdrosseln. Man hat es mit verschiedenen Methoden versucht, dem jungen Gymnasiallehrer und späteren Direktor des Mediascher Gymnasiums, die Lust zu nehmen, jedoch vergebens. Um ihn von der Jugend fernzuhalten, die durch seinen flammenden Geschichtsunterricht begeistert wird, beförderte man ihn zum Stadtprediger — — mit dem Erfolg, daß nunmehr seine Gottesdienste zum Mittelpunkt der völkischen Erneuerung werden, denn seine packenden, überzeugenden und erhebenden Predigten unterscheiden sich wesentlich von dem religiös sein wollenden Gepolter seiner Amtsbrllder.
Am sich stärker der praktischen Arbeit an seinem Volke zuwenden zu können, wird Roth Landpfarrer und er leistet in der Gemeinde Nimesch nicht nur tiefgehende und seelsorgerische, sondern auch grundlegende landwirtschaftliche und soziale Arbeit. Seine Weingärten und Kleeäcker sind die besten im ganzen Land. Er lehrt seine Eemeindekinder zahlreiche vortreffliche Neuerungen. In der ländlichen Ruhe entwickelte sich Roth zum fruchtbaren volkswirtschaftlichen Publizisten im Sinne seines Zeitgenossen Friedrich List und sah die wirtschaftlichen Dinge stets auch als eine nationale Angelegenheit an. Alle Maßnahmen, die die Siebenbürger Sachsen nach 1849 zur völkischen und wirtschaftlichen Kräftigung ihres Stammes unternommen haben und durch die alle ein ausgeprägter volksgenossenschaftlicher Gedanke geht, sind auf die Schriften Roths und seine praktische Arbeit zu- rückzuführen. '
Bis 1842 hatte sich Roth mit Tagespolitik befaßt. Der durchaus liberalistisch bedingte madjarische Chauvinismus, der jetzt die ersten scharfen Angriffe auf die vielen Völkerschaften Ungarns und Siebenbürgens unternahm und die These der Entvolkung als politische Maxime aufstellte, brachte Roth auch als politischen Publizisten auf den Plan und stellt ihn sofort in die allererste Reihe. Seine Schrift »Der Sprachkampf" beleuchtete die Verhältnisse mit scho- uungsloser Offenheit. Daß Roth die heiligsten und natür- Uchsten Rechte des deutschen Volkstums gegenüber den Ent- "Eungswünschen zu verteidigen wagte, trug ihm den Haß der Madjaren ein. Roth blieb aber nicht nur beim Wort.
- erkannt, daß sein Völkchen rein biologisch gesehen, «rner Vlutauffrischung bedurfte, und er reiste ins Mutter- land und entfachte eine Auswandererbewegung nach Sie- bbnburgen, die allerdings nach dem ersten Erfolg von rund 1500 Einwanderern, von den Behörden sabotiert wurde. Es wäre Platz für Zehntausende gewesen, die nach Uebersee gingen und für das Deutschtum zum größten Teil verloren waren.
Roth setzte sich für eine völkische Verwaltung des Volksvermögens ein. Roth fordert die Unverkäuflichkeit deutschen Bodens an Volksfremde, ebenso die Stärkung des Volkes durch Hebung der Geburtenzahl — er wurde selbst Vater von neun Kindern. Roth war durchaus Revolutionär in seinem Wollen, aber er fußte dabei durchaus aus dem Boden des Deutschen Rechts in Siebenbürgen.
Als die Revolution 1848 losbrach, stand Roth auf der Seite des Kaisers, obwohl er von Habsburg nicht viel hielt. Diese Treue galt weniger dem Herrscherhaus als der Rechtsordnung. So stellte er sich, da man ihn rief, der kaiserlichen Gewalt über Siebenbürgen, das damals kein Tell Ungarns, sondern Oesterreichs war, mit seiner ganze« Persönlichkeit zur Verfügung. Roth wurde zum Kommissar des Befriedungsausschusses für den Kokelburger Bezirk bestellt, und es gelang ihm, die revoltierenden rumänischen Leibeigenen, die ihre Güter plünderten, zur Raison zu bringen — ohne Waffengewalt — nur durch sein Wort. Gleichzeitig Lber- führte er dreizehn deutsche Gemeinden, die einem alten Unrechte nach in madjarischer Verwaltung waren, zum Sach senboden.
Da die madjarische Revolutionsarmee unter General Dem zunächst siegreich war, ging Roth auf seine Pfarre zurück und der General stellte ihm, angesichts der guten Leistungen, einen Schutzbrief aus. Kossuth ließ hinter dem Rücken Bems. als dieser nicht in Siebenbürgen war, Roth verhaf
ten, um die Sachsen einzuschüchtern. Roth hätte fliehen können. Er erklärte jedoch den Jünglingen des von ihm begründeten Jugendbundes, dessen Führer er war und die ihn befreien wollten: „Ich danke euch, doch die Flucht lehne ich ab. Es soll nicht heißen, aus Furcht sei ich geflohen, denn dem Sachsenvolke fehle es an Mut. Die Ehre des Sachsenvolkes steht mir höher als das eigene Leben."
Da man ein Exempel statuieren wollte, ließ ihn ein Revolutionstribunal in Klausenburg am 11. Mai erschießen.
Er starb, hochaufgerichtet, bis zum letzten Augenblick als Führer seines Volkes. „Soldaten, lernt von diesem Mann, wie man für sein Volk stirbt", waren die Worte des ritterlichen madjarischen Offiziers, der die tödliche Salve kommandiert hatte.
Wenn das deutsche Volk Umschau in seiner Geschichte hält, dann findet es wenige Männer in ihr, die so ganz wie Roth Märtyrer um des Volkstums willen gewesen sind.
F. S. R e i m e s ch.
Vollmachten für den poln. Staatspräsidenten
Polen folgt dem französischen Beispiel —.Der Schrecken über das Mailänder Abkommen wirkt nach
Warschau. Der Sejm nahm das Ermächtigungsgesetz für den Staatspräsidenten ohne Diskussion in drei Lesungen an.
Dem Beispiel Frankreichs folgend, sieht auch Polen sich zu dem Eingeständnis gezwungen, daß der Parlamentarismus in Krisenzeiten als System der Staatslenkung unbrauchbar ist. Der Sejm hat in seiner gestrigen Sitzung, die nur 15 Minuten dauerte, einstimmig die Regierungsvorlage über die außerordentlichen Vollmachten siir Staatspräsident Moscicki angenommen. Die Vollmachten erstrecken sich auf alle Gebiete des wirtschaftlichen und militärische« Lebens. Als ihr Zweck wird angegeben, daß sie der Stärkung der Defensivkraft Polens dienen sollen. Praktisch ist nun Moscicki genau so wie Daladier in der Lage, durch Dekret eine ganze Reihe von Verordnungen zu treffen, die auf dem Normalwege über das Parlament niemals hätten wirksam gemacht werden können.
Schüsse und Kolbenschläge bei Totengedenkfeier
Frauen und Mädchen unter den Opfern. — Schwere ukrainische Anklage gegen Polen
Warschau. Die ukrainischen Abgeordnete» Tarnawski und Nawrocki legten im Sejm eine Interpellation an den Innenminister vor. derzufolge am 11. April bei den traditionellen Feiern zu Ehren der gefallenen Ukrainer in dem Dorfe Erodo- wice im Kreise Dobrowil in Ostgalizien Polizei gegen die Ukrainer vorging und dabei durch Kolbenschläge 16 Personen, darunter auch Frauen und Mädchen, schwer verletzte.
Im Kreise Polana wurden am gleichen Tage bei demselben Anlaß durch Schüsse von Polizeibeamteu ein ukrainischer Bauer, der eine fünfköpfige Familie hinterläßt und ein elfjähriger ukrainischer Junge getötet und eine Reihe von weiteren Ukrainern verletzt.
Zn einer zweiten Interpellation wird darüber Beschwerde geführt, daß in Libuchora in Ostgalizien ein Oberleutnant, ein Feldwebel und ein Soldat durch Schläge de« Kassierer und den stellvertretenden Leiter der dortigen ukrainischen Lesehalle zwangen, sämtliche 369 Bücher zu verbrennen.
Kriegshetzerkonfereuzen in London — Blum-Attlee-Eden
London. Der in London eiugetroffene jüdische französische Marxistenführer Leon Blum hatte im Unterhaus eine längere Unterredung mit dem Oppositionsführer Attlee. nachdem er vorher mit Eden gesrühstückt hatte.
Schwere Unfälle in der britischen Luftflotte 5 Tote, mehrere Verletzte
London. Die britische Luftwaffe ist am Dienstag von vier schweren Unglücksfällen betrofsen worden. In der Nähe von Newton stießen zwei Bomber in der Luft zusammen, wobei drei Insassen einer Maschine getötet wurden. Eine zweite Maschine stürzte an der Küste von Ligcolnshire ins Meer. Die zweiköpfige Besatzung ertrank. Bei zwei weiteren Unfälle« kamen die Flieger mit Verletzungen davon.
Große Parade vor dem König und Mussolini
Zweistündiger Vorbeimarsch am „Tag des Heeres" / Generaloberst von Brauchilsch in der Königsloge
DRV. Rom. 9. Mai.
Der dritte Jahrestag der Ausrufung des Imperiums nach dem Einmarsch der italienischen Truppen in Addis Abeba unter Marschall Badoglio ist auch dieses Jahr wieder in allen Garnisonen Italiens mit großen Militarismen Kundgebungen begangen worden. Gleichzeitig wurde gesetzlich bestimmt, daß der 9. Mai als „Tag des Heeres" staatlicher Feiertag ist.
In Rom erreichten die militärischen Kundgebungen durch die Parade der verstärkten Garnisonen unter Teilnahme des Königs von Italien und Albanien und Kaisers von Aethiopien. des Duce mit sämtlichen Mitgliedern der Regierung, der hohen und höchsten Offiziere des Generalstabes und der Wehrmacht ihren Höhepunkt. Bei der Parade, an der erstmals auch Albanien durch 600 Mann der neuen königlichen Leibgarde vertreten mar, waren ferner der Oberbefehlshaber des deutschen Heeres mit seinem Gefolge und die spanische Militärmission unter General Earcia Esrames anwesend.
Generaloberst von Vrauchitsch und General Esc am es wurden zusammen mit dem Duce und dem Oberbefehlshaber des italienischen Heeres. General Pariani. vom König und Kaiser sofort nach seinem Erscheinen in die Königsloge gebeten, wo der Oberbefehlshaber des deutschen Heeres an der Seite von Viktor Emanuel III. dem fast zweistündigen Vorbeimarsch beiwohnte.
Begünstigt vom schönsten Frühlingswetter, bot die Parade ein ungemein imposantes Bild. Der Vorbeimarsch der einzelnen Truppenteile wurde von einer nach Zehntausenden zählenden Menge immer wieder mit stürmischen Kundgebungen au? den König und Kaiser, auf den Duce des Faschismus und auf die Wehrmacht begrüßt. Auch bei den Ehrengästen und bei den vollzählig anwesenden ausländischen Wehrmachtsattaches hat der Vorbeimarsch in seiner Exaktheit und tadellosen Haltung der Truppen einen ausgezeichneten Eindruck gemacht. Nach Abschluß der Parade sprach Generaloberst von Vrauchitsch Viktor Emanuel HI., dem Duce und dem Oberbefehlshaber des italienischen Heeres. Staatssekretär General Pariani, seine Freude über die Haltung der Truppen aus.
Nach der großen Militärparade wurden Mussolini von einer unübersehbaren Menge vor dem Palazzo Venezia stürmische
Huldigungen dargebracht. Die begeisterten Massen ruhten nicht eher, bis sich der Duce mehrere Male auf dem historischen Balkon zeigte. Schließlich gab Mussolini dem Drängen der Menge nach, die immer wieder ein Wort zum heutigen Tage verlangte und erklärte:
„Am heutigen dritte« Jahrestag der Gründung des Imperiums und am ersten „Tag des Heeres" habt Ihr einer denkwürdige« Militiirparade beigewohnt. Die Macht unserer Waffen ist zweifellos groß, aber noch größer ist die Entschlossenheit unserer Herzen, und wenn die Stunde schlagen sollte, so werden wir dies beweisen".
Die kurzen aber treffenden Worte Mussolinis lösten Stürme des Jubels bei den vielen Zehntausenden aus. die immer wieder in begeisterten Sprechchören nach ihrem Duce verlangten.
Zeichnungszwang für Deutsche. —
Polnischer Terror gegen Volksdeutsche
DNB. Danzig. Die deutsche Volksgruppe in Polen ist mit ollen Mitteln gezwungen worden, sich an der Zeichnung der polnischen Luftabwehranleihe zu beteiligen. Die Deutschen in Polen haben sich nie zurückgehalten, wenn es finanzielle Opfer zugunsten des Staates zu bringen galt, dem sie in Loyalität zu- gehören. Wenn aber auch diesmal gerade die deutsche Volksgruppe ein besonders hohes Kontingent bei der Zeichnung der polnischen Anleihe stellt, dann ist das ausschließlich auf den Terror und den unerhörten Druck zurückzuführen, mit dem auf diese Menschen eingewirkt worden ist.
Die Drohung mit der Ausweisung ist von den zuständigen amtlichen Stellen mit aller Rücksichtslosigkeit angewandt worden. Schlimmer aber war noch die Drohung mit der Brutalität der verhetzten polnischen Bevölkerung. Von Staatsstellen mit Polizeigewalt, von Amts- und Gemeindevorstehern ist in unzähligen Fällen ganz offen darauf hiugewiese» worden, mau werde jeden Deutschen, der nicht genug zeichne, öffentlich anprangern. (!)
Weiter macht die offizelle Presse mit allem Nachdruck daraus aufmerksam, daß von allen staatlichen und kommunalen Stellen bei Bittgesuchen und Vorstellungen Mer Art Belege über die erfolgte Zeichnung von Anleihebeträgen gefordert werde».
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