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Ragolder TagblattDer «esellschaster-

Dienstag, de» 9. Mai 1938

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>as henke noch in den Wolken schwebt, kann morgen Erfüllung werden. Zwischen Hirn- mel und Erde liegt das unermeßliche Reich der Phantasie, einer Macht, die sich niemals zwingen läßt, die ätherisch-ungreifbar scheint und doch in ihren Auswirkungen vielfach die Wirklichkeit unseres Da­seins bestimmt. Ohne die Phantasie wären viele große Taten, die der Menschenwelt ihr Gesicht gaben, un­geschehen geblieben. Sie führt uns aus den Weg zu stets neuen Entdeckungen, sic bringt das Abenteuer in den grauen Alltag und beglückt uns. Von der Phantasie geführt, werden wir alle mehr oder weniger wieder zu Kindern, die nach dem Licht greifen und nach allem, was bunt ist.

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Wirklichkeit der lichterfüllten, farbigen Landschaft und der wunderreichen Städte Italiens wurde Hinter­grund zu einem phantasiebewegten Filmwerk.Ins blaue Leben" heißt dieser in deutsch-italienischer Pro­duktionsgemeinschaft entstandene Spielfilm.Luft­schlösser" betitelt ihn die italienische Fassung des Buches, das von dem Regisseur Augusto Genina selbst geschrieben wurde.

Eine kleine Theaterangestellte gewinnt das große Los: Reise von Wien über Venedig, Florenz, Rom nach Neapel und zurück. Das Erleben eines begeisterungs­fähigen jungen Menschenkindes, dem die Kamera auf der abenteuerlichen Reise durch das Wunderland Italien folgt, ist ganz dazu angetan, zu unserem

eigenen zu werden. Denn in eigenartiger, spieleri­scher und wahrhaft filmischer Verschmelzung werden hier die Elemente des Realen und Irrealen benutzt, um etwas wie ein Lied, eine kleine Ballade der Sehnsucht nach der ewigen Romantik des Südens erklingen zu lassen.

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Damit enthält dieser Film zwischen Traum und Wirklichkeit die besondere Voraussetzung, unsere Phantasie gefangen zu nehmen. Abgesehen von der Handlung, die im reinsten Sinn ein überraschendes Spiel ist also nicht vorher erzählt werden darf, wird durch die natürliche und künstlerische Umgebung, in der sich das Geschehen abspielt, von Motiv zu Motiv eine Fülle von Anregungen und damit fort­laufende Spannung gewährleistet. Nicht ausgehend von einer literarischen Buchidee, sondern wirklich vom Bildhaften aus will dieser Film zum einfachen Gefühl seiner Zuschauer Vordringen.

Ja, Bilder haben es in sich. Oft sind die kleinsten, bescheidenen Illustrationen fähig, unsere große Sehn­sucht zu wecken. So beginnt auch der Traum unserer kleinen Wienerin, die sich aus der dumpfen Enge ihrer Theaterschneiderei hinaussehnt in die Weite, ins blaue Leben. An den Wänden ihrer Mädchenstube kleben, säuberlich ausgeschnitten aus den illustrierten Zeit­schriften, Ansichten vom Marcusplatz mit den Tauben, vom Dogenpalast und andere von den berühmten Motiven.

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Venedig, das Wunder unter den schönen Städten! Ein Stück lebendiger Vergangenheit! Der greifbare Beweis, daß auch heute das Märchen noch nicht ge­storben ist! Die Stadt des zauberhaften Lichtes, eben noch in silberne Schleier gehüllt, wechselt sie ihr Ge­wand plötzlich zu tiefleuchtendem Blau, wandelbar, wie die schönen blonden Frauen gewesen sein müssen,

die der große Meister Veronese in seinen von Reich­tum strotzenden, herrlichen Bildern dargestellt hat. Immer war diese vor einem Jahrtausend auf Pfählen erbaute Stadt eine reiche Welt für sich, die es bleiben wird, solange verliebte Paare sich in den Gondeln wiegen und sich den Tauben von St. Marcus ver­bunden fühlen.

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Gegenbild zum üppigen, traumoerklärten Venedig bildet das dramatische Florenz, das kraftvolle Bild­hauer und Architekten wie Donatello, den großen Vorgänger Michelangelos, hervorgebracht hat. Neben Nom die Hochburg der Renaissance. Gewiß nicht ohne Bewußtsein läßt der Autor und Regisseur unseres Films gerade hier die Handlung zum Höhepunkt aufsteigen. Der träumerische Märchenprinz, dem unsere Heldin begegnet, wird zum stürmischen Lieb­haber. Konflikt zwischen Vergangenheit und Gegen­wart entzündet sich in einer überaus originellen Szene, bei der die fürstlichen Gestalten der Vergangenheit mit zwei jungen Menschen von 1939 an einer Tafel sitzen.

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Und dann Neapel! Was wäre auch eine Jtalienreise ohne Neapel und den Vesuv, ohne Capri und die blaue Grotte? Auch diese Bilder gehören natürlich zur Sammlung der schwärmerischen Anni Wagner aus Wien. Dereinst waren es uie bunten Postkarten mit dem Meer blauer als blau, den Rosengärten röter als rot und dazwischen den blendendweißen Marmor­tempeln und den Säulen aus einer unvorstellbar har­monischen Vergangenheit. Ihre Farbigkeit entzün­dete die Sehnsucht der Freunde in der Heimat. Gewiß, diese alten Ansichtskarten und Panoramen aus Venedig, Florenz und Neapel erscheinen uns kindlich. Sie sind es auch, insofern sie sich, im Grunde anspruchslos, an das einfache, schlichte Gefühl wenden. Sie wollen ja gar nicht mit dem Maßstab hoher Kunst gemessen werden. Und ganz zu Unrecht sprechen wir

des Südens! Sie selbst richten sich gar nicht nach der Eeschmackseinstellung der allzu Empfindlichen. Sie übertreiben oder sind zart, wie es ihnen gefällt.

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Ein Film im natürlichen Rahmen, mit bildmäßige» Hintergründen, die nicht von Malern im Atelier hcr- gestellt zu werden brauchten, ein Traumfilm vor der einzigartigen Kulisse der Wirklichkeit ist diese Italien» reise der hübschen kleinen Wienerin. Seine Spannung

Zu unseren Bildern Eine kleine Angestellte auf großer Reise wird von Lilian Harvey dargestellt. Sie versteht es, sich mit Vittorio de Lira den richtigenMärchenprinzen" zu erobern. Dafür, daß er aufs Stichwort erscheint» sorgt Otto Treßler, dem, als einem älteren aber bezaubernden Onkel aus Amerika, große Mittcl zur Verfügung stehen. Daß es besonderen Spaß macht, den Diener des eigenen Freundes zu spiele. , will Fritz Odemar mit seiner neuen Rolle beweiler. Die Regie führte bei diesem Deutsch-Italienischen Gemeinschaftsfilm Augusto Genina, der auch da ; Buch schrieb. Zu den Aufnahmen wurden dir deutschen Kameramänner Günther Anders uno Konstantin Jrmen-Tschet nach Italien geholt.

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beruht darauf, daß er zeigt, wie nahe das Unmögliche oft bei dem Möglichen liegt. Zum Schluß kehren wir mit der Reiselustigen ohne Enttäuschung zu den Gegebenheiten des Alltags zurück. DerMärchen­prinz", der auf sonderbare Weise den Lebensweg ves einfachen Mädels kreuzte, er war gar kein Märchen­prinz. Als solcher lebte er nur in ihrer Phantasie- Wer im übrigen war die Begegnung mit ihm, wie der Film zeigen wird, durchaus kein blauer Dunst.

Vr. Krnst Lrasou.

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