er Oefellsctiakter
Bez»»»pr«is«: In der Stadt und durch Boten monatlich RM. 1.59, durch die Post monatlich RM. 1.40 einschließlich 18 Pfg. Besörderung»- ^bühr und zuzüglich SS Pfg. Zustellgebühr. Preis der Einzelnummer 10 Pfg. Bei höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Zurückzahlung des Bezugspreise».
Amtsblatt
des Mvettes Salw -Skr Nagold und Umgebung
Nagoläer üagblatt / Segrünäel 1827
Fernsprecher: Nagold 42g / Anschrift: ..Der Gesellschafter" Nagold. Marktftratz, 14. Postfach »b Drahtanschrift-..Gesellschafter" Nagold /^Postscheckkonto: Stuttgart 5113 / Bankkonto: Eewerbebank Nagold 858 / Girokonto: Kreissparkasse Calw Hauptzweigstelle Nagold 95 / Gerichtsstand Nagold
Anzeigenpreis«: Dir I spaltige mm-Zeil, oder deren Raum S Pfg., Familien-, Berein»- und amtliche Anzeigen sowie Stellengesuche 5 Pfg.. Text 24 Pf». Für da« Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Lusgaben und an vorgeschriebener Stelle kann teiueGewähr übernommen werden. Anzeigen-Lnnahmefchluh ist vormittag» 7 Uhr.
Nr. 99
Freitag, äen 28. April 1939
113. Jahrgang
Charnberlain über Krise
Londoner Regierung fühlt sich wie im Kriege
London, 27. April. Im Unterhaus brachte Ministerpräsident Lhamberlain am Donnerstag den Antrag der Regierung über die Einführung des Zwangsdienstes ein. Lhamberlain sagte, die Regierung freue sich, daß sich eine Gelegenheit zur Aussprache über einen Vorschlag, das Freiwrlligensystem durch die Einführung einer begrenzten und vorübergehenden Maßnahme von Zwangsdienst zu ergänzen, biete. Lhamberlain streifte dann den Druck, unter dem die Regierung gearbeitet habe und sagte: „Ich glaube, daß es wichtig ist, daß eine Erklärung in dieser Woche abgegeben wurde, weil, wenn sie bis zur nächsten Woche aufgeschoben worden wäre, fast jeder Beschluß mit der morgigen Rede des deutschen Reichskanzlers in Verbindung gebracht worden wäre. Wir besitzen keine Informationen über den möglichen Inhalt der Rede. Unsere Vorschläge sind gaiy unabhängig davon."
Lhamberlain unterzog sich dann der Aufgabe eines Nachweises, daß die Regierung ihre bekannten Versprechen, in Friedenszeiten keine Wehrpflicht einzuführen, nicht gebrochen habe. Zur Zeit solcher Versprechen habe — im Unterschied zum gegenwärtigen Augenblick — (??) in keinem Falle ein Krieg gedroht. Der Ministerpräsident beschwor das Parlament, jetzt keinen Aufschub der beschlossenen Maßnahmen in die Wege zu leiten und berührte dabei auch die Möglichkeit einer Parlamentsauflösung.
Lhamberlain teilte hierauf unvermittelt mit, daß sich die Lage seit dem 29. März so radikal geändert habe. Großbritannien habe sich seitdem verpflichtet gefühlt, Polen, Griechenland und Rumänien Zusicherungen zu geben. Wenn diese Zusicherungen wirksam sein sollten, müßten sie das Vertrauen einflößen, daß Großbritannien auch wirklich die Absicht habe, sie zu halten. Es würden Zweifel darüber geäußert, ob Großbritannien es ernst meine. Ln den letzten Wochen hätten sich diese Zweifel vermehrt. Es werde das bittere Scherzwort gebraucht, daß Großbritannien bereit sei, bis zum letzten Franzosen zu kämpfen und daß Großbritannien von einer Hauptstadt zur anderen betteln gegangen sei. Durch die Zweifel sei die gesamte Anstrengung zur Schaffung einer gemeinsamen Front gegen die Herrschaft der Gewalt (siehe Palästina — ! — Redaktion) in Zweifel gestellt worden.
Charnberlain soll Churchill Platz mache«!
Die Opposition tut verärgert
London, 27. April. In der Unterhaus-Aussprache über die Erklärung Lhamberlains stellte der Leiter der Opposition, Attlee, fest, daß die Regierung mit der Einführung der Wehrdienst- pslicht das feierlich gegebene, erst noch vor vier Wochen bestätigte Versprechen gebrochen habe, wonach England in Friedenszeiteu keine allgemeine Wehrpflicht einführen würde. Lhamberlain erwiderte, er fei überzeugt, daß die gegenwärtigen Umstände „nicht als Friedenszustand bezeichnet werden könnten". Der Oppositionsliberale Sinclair beklagte sich darüber, daß die Oppo- fition nicht vorher unterrichtet worden sei. Als ein unabhängiger Abgeordneter fragte, ob die Regierung eine Volksabstimmung oder Neuwahlen abhalten wolle, schüttelte Lhamberlain den Kopf. Aus mehrfaches Drängen, daß die Aussprache über Donnerstag hinaus ausgedehnt werden solle, erklärte der Ministerpräsident, daß „noch andere wichtige Dinge" zu regeln seien.
Die kurze Aussprache schloß mit der Feststellung eines radikalen Abgeordneten, der unterstrich, daß der Ministerpräsident, nachdem er kürzlich die Politik Churchills angenommen habe, wenn eran st ändigwäre,zu rücktret ennudLhur- ! chill Platz machen solle.
Englands halbe Wehrpflicht
Presse versucht die «eue Maßnahme schmackhaft zu mache«
London, 27. April. Das große Thema der Londoner Blätter ist die Einführung der Wehrpflicht Seiten über Seiten der Blätter sind angefüllt mit den Berichten über Zweck, Anlässe und Auswirkungen dieser in England heftig umstrittenen Maßnahme. Auch heute versuchen die regierungsfreundlichen Blätter, durch erheblichen Stimmenaufwand die neue Wehrpflicht als eine „ungeheuer wichtige Maßnahme" hinzustellen. Sie sind vor allem bestrebt, jene Stimmen zu entkräften, die auf die geringe Tragweite und den weitgehenden propagandistischen Zweck des Regierungsbeschlusses Hinweisen. Im übrigen kann man fest- ftellen, daß die englische öffentliche Meinung durch den Wehrpflicht-Erlaß sehr scharf in zwei Gruppen getrennt wurde, die aus dem Zeitungsbild deutlich ersichtlich ist. Während die Oppositionsblätter aus grundsätzlichen Erwägungen und „Daily Expreß" aus praktischen Gründen sich gegen die Einführung der Wehrpflicht aussprechen, betonen „Times", „Daily Telegraph" und „Daily Mail", daß die „Maßnahme der Regierung begrüßenswert sei". So erklärt die „Times", man habe so lange gezögert, in der großen Aufgabe der kolossalen Aufrüstung Englands einen derartigen Umschwung einzuführen, weil man befürchtet habe, daß sie England zeitweilig eher schwächer als stärker machen würde. Jetzt aber sei man davon überzeugt, daß ein Systemwechsel notwendig sei, wenn England seinen Verpflichtungen Nachkommen wolle. ..Daily Telegraph" ver
sucht dem Leser die Wehrpflicht schmackhaft zu machen. Ma« könne sich kaum eine „mildere Zwangsmaßnahme" vorstelle«. 2n schärfstem Ton schreibt jedoch das Labourblatt „Daily He- rald", die Regierung habe nicht einmal, sondern viermal da» gegebene Versprechen, in Friedenszeiten keine Wehrpflicht einzuführen, gebrochen. Das letztem«! sei das am 29. März geschehen, und dieses Datum sei wichtig, denn damals sei die Lage praktisch genau so gewesen wie heute. Das Versprechen sei damals nach dem „Einmarsch in die Tschechei" und nach der britischen Garantie an Polen gegeben worden. Man müsse jetzt fragen, ob man den Worten der Regierung überhaupt noch glauben könne. Die ganze Angelegenheit „sei ehrlos nicht nur für Lhamberlain, sondern für die gesamte Regierung". „News Lhro- nicle" erklärt, die Regierung täusche sich, wenn sie glaube, daß sie die ganze Angelegenheit ohne Opposition durchbringeu werde. 2m übrigen seien die Maßnahmen der Regierung derart klein, „daß sie weder Mussolini noch vor allem Hitler irgend etwas an- haben könnten". Man habe nahezu den Eindruck, daß die Regierung die Zwangsmaßnahmen um des Zwanges willen eingeführt habe. „Daily Expreß" greift die Regierung ebenfalls an und erklärt, die britische Regierung komme immer zu spät.
Berlin» 27. April. Nachdem es erst vor wenigen Woche« der deutschen Luftfahrt gelungen ist, den wohl am heißeste» international umstrittenen und erstrebten Flugrekord, den absolute» Geschwindigkeits-Weltrekord, in ihre» Besitz z» bringe», ist am Mittwoch die hervorragende Leistung des Heinkel-Flug- zeuges von einem Messerschmitt-Flugzeug erneut «Verbote» worden. Das Messerschmitt-Jagdflugzeug Me 109 R hat unter der Führung des Flugzeugführers Fritz Wendel a«f der Meßstrecke bei dem Flughafen Augsburg eine Eeschwiu» digkeitoon7SS,11St»«deukilometer erreicht. Der bisherige Weltrekord des Heiulel-Flugzeuges stand auf 74SFS Stundenkilometer.
Der neue Weltrekord des Messerschmitt-Flugzeuges zeigt, wie Eeneralluftzeugmeister Generalleutnant lldet vor Vertreter» der Presse ausführte, eindeutig, daß schon der Weltrekord des Heinkel-Jägers kein Zufallserfolg war, sondern daß derartig« Höchstleistungen das Ergebnis der planmäßigen Arbeit in der deutschen Luftfahrtindustrie sind. 2m friedlichen Wettstreit habe« die beiden weltbekannten Flugzeugwerke, deren Betriebssichrer auf dem letzten Reichsparteitag von dem Führer mit dem Nationalpreis ausgezeichnet wurden, fast die gleichen Ergebnisse erzielt, ein klarer Beweis dafür, daß sie beide in der Entwicklung der Jagdflugzeuge die richtigen Wege gehen und stets das Bestmögliche an Leistungen erreichen. Deutschland kann wirklich stolz darauf sein, daß die deutsche Luftfahrtindustrie zwei lei- stungsmäßig etwa ebenbürtige Jagdflugzeuge erstellt hat und zwar Jagdflugzeuge, die in ihrer Geschwindigkeit um über 299 Kilometer in der Stunde vor den Spitzenleistungen des Auslandes stehen.
Ebenso wie bei dem Hcinkel-Jagdflngzeug ist der »eue Geschwindigkeits-Weltrekord der Me 109 R mit dem unter der Nennleistung von 1175 PS. bekannten Mercedes-Benz DB LA erflogen worden, dessen Weiterentwicklung in der Zwischenzeit das Erreichen derarliger Geschwindigkeiten ermöglichte. Al» Luftschraube wurde ein VDW-Propeller der Bereinigten De«b>
Pilot Wendel. (PrPse-Hoffmann, Zander-Multiplex-K.)
so auch mit der Wehrpflicht, die sie sofort nach München oder nach der Einverleibung der Tschechei habe einführen sollen. Im übrigen sei die ganze Angelegenheit z ie mlich kümmerlich, denn bei dem augenblicklichen Ausmaß werde England mindestens fünf Jahre gebrauchen, um eine Armee von einer Million aufzubauen. England könne aber keine fünf Jahre warten.
Rekruten-,.Begeisterung" in England
Mit welcher Begeisterung die zwanzigjährigen Engländer die Einführung der Dienstpflicht ausgenommen habe«, geht daraus hervor, daß sie gleich nach Bekanntwerden der Nachricht die letzte Möglichkeit ausnutzten, sich dieser neuen Wehrpflicht zu entziehen. Der Nachrichtendienst des britischen Rundfunks gab bekannt, daß diejenigen Zwanzigjährigen, die sich bis Mitternacht in den Rekrutierungsbüros der Territorialarmee zum freiwilligen Dienst gemeldet hätten, nicht zur Ableistung der halbjährigen Dienstpflicht herangezogen würden. Darauf herrschte in kürzester Zeit in allen Rekrutierungsbüros ein beängstigendes Gedränge. Bis Mitternacht hatten die Rekrutierungsbüros schwer zu arbeiten; zum erstenmal hatten sie keine Sorgen, ihre Listen zu füllen. Und Tausende von jungen Engländern hatten die Gewißheit, einer ihnen höchst unangenehmen Verpflichtung noch die angenehmste und bequemste Seite abgewonnen zu haben. Sie bleiben Zivilisten, machen ihre Hebungen und haben außerdem noch das „Prinzip der Freiwilligkeit" gerettet.
scheu Metallwerre verwendet, wie er allgemein in der de»tjcheu Luftwaffe eingeführt ist.
Hinsichtlich der Start- und Landeeigenschaften LeDer Flugzeuge ist zu betonen, daß sie jeden normalen Flugplatz benutzen können, eine Tatsache, die für die militärische Brauchbarkett dieser Flugzeugmuster von wesentlicher Bedeutung ist.
Glückwünsche -es Eeneralfekdumrschalls GSring
Der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Eeneralseldmarschall Eöring, hat an Professor Messerschmitt folgendes Telegramm gerichtet: „Ich freue mich, daß es Ihnen im friedlichen Wettstreit um die absolut höchste Fluggeschwindigkeit gelungen ist, eine Weltbestleistung vo«. 755,11 Stundenkilometer aufzustellen. Sie zeigt mir, daß die geistigen Schöpfer der Flugzeuge meiner Waffe den richtige» Weg beschritten haben, den wir nicht wieder verlassen werde«. Ihnen und der Gefolgschaft meinen Dauk und mein« Anerkennung."
An Generaldirektor Kissel von den Daimler-Denz-Werke« richtete Eeneralseldmarschall Göring folgendes Telegramm: „A» dem letzten Erfolg des Messerschmitt-Flugzeuges mit 755,11 Kilometer Stundengeschwindigkeit hat wiederum ihr Motor DB 6S1 reichen Anteil. Ihnen und Ihrer Gefolgschaft spreche ich «erue» Dank und meine Anerkennung aus."
Schließlich hat Eeneralseldmarschall Görntg a« den Fl«Meug- führer Fritz Wendel das folgende Telegramm gesandt: „2» Anerkennung Ihrer hervorragende» Leistung und Ihres persönliche« Einsatzes znr Erringung der Weltbestleistung vo« 755,11 Stundenkilometer ernenne ich Sie zum Flugkapitä»."
Gespräch mit dem schnellsten Mann der Wett
Kurz nach dem Weltrekord, den die Messerschmitt Me ISS R mit der beispiellosen Geschwindigkeit von 755,11 Stundenkilometer erzielte, sprachen wir mit Fritz Wendel, dem Mann, der diese Maschine führte und der heute der schnellste Mann der Welt ist. 2n der Stimme des jungen Piloten klingt noch die Erregung nach und die Freude über diesen gewaltigen Erfolg. Wendel ist erst L4 Jahre alt und stammt aus einem kleinen Ort bei Worms. Sofort nach Verlassen der Schule trieb es ihn zur Fliegerei, und schon mit 17 Jahren machte er ^n Mannheim seinen ersten Flugschein. Sein Lehrer war der bekannte Kunst- fliegor Lochner. Von Mannheim ging er zur deutschen Verkehrsfliegerschule und war anschließend anderthalb Jahre bei der Luftwaffe, wo er sich weitere fliegerische Erfahrungen aneignete. Anfang 1936 trat er in die Messerschmitt AG. ein, wo er dann Tag um Tag die neuen Jagdeinsitzer der Messerschmitt AE. einflog, die den Stolz der jungen deutschen Luftwaffe bilden.
Wir fragten Wendel nach seinen Erlebnissen während des Re- kordfluges. „Von Erlebnissen kann wohl nicht die Rede sein", meinte er lachend, „dazu ging alles viel zu schnell. Außerdem muß man sich bei dem Weltrekord, der in einer Höhe unter 75 Meter geflogen wird, derartig auf die Einhaltung der Höhe konzentrieren, da ein Sekendenbruchteil von Unaufmerksamkeit zur Katastrophe führen kann, daß man an nichts anderes denken darf. Lange haben wir auf diesen Flug gewartet, immer wieder machte uns das Wetter eine» Strich durch die Rechnung; aber jetzt war es endlich soweit. Allerdings war es ziemlich diesig und es wehte ein Wind mit einer Stärke von 25 Stundenkilometer. Dadurch hatte ich auf der einen Strecke eine Geschwindigkeit von 782 Stundenkilometer, die bei Gegenwind natürlich absank. Ich bin stolz darauf, daß ich diesen Weltrekord für Deutschland errungen habe. Mein Dank gilt neben allen denen, die am Entstehen dieser Maschine beteiligt waren, vor allem unserem genialen Betriebsführer und Konstrukteur, Pro- sessor Messerschmitt."
Neuer Geschwindigkeits-Weltrekord
Deutsches Jagdflugzeug erreicht 758,11 Stundenkilometer Geschwindigkeits-Weltrekord