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Nr. 99

Freitag, äen 28. April 1939

113. Jahrgang

Charnberlain über Krise

Londoner Regierung fühlt sich wie im Kriege

London, 27. April. Im Unterhaus brachte Ministerpräsident Lhamberlain am Donnerstag den Antrag der Regierung über die Einführung des Zwangsdienstes ein. Lhamber­lain sagte, die Regierung freue sich, daß sich eine Gelegenheit zur Aussprache über einen Vorschlag, das Freiwrlligensystem durch die Einführung einer begrenzten und vorübergehenden Maß­nahme von Zwangsdienst zu ergänzen, biete. Lhamberlain streifte dann den Druck, unter dem die Regierung gearbeitet habe und sagte:Ich glaube, daß es wichtig ist, daß eine Er­klärung in dieser Woche abgegeben wurde, weil, wenn sie bis zur nächsten Woche aufgeschoben worden wäre, fast jeder Beschluß mit der morgigen Rede des deutschen Reichskanzlers in Verbin­dung gebracht worden wäre. Wir besitzen keine Informationen über den möglichen Inhalt der Rede. Unsere Vorschläge sind gaiy unabhängig davon."

Lhamberlain unterzog sich dann der Aufgabe eines Nachwei­ses, daß die Regierung ihre bekannten Versprechen, in Friedens­zeiten keine Wehrpflicht einzuführen, nicht gebrochen habe. Zur Zeit solcher Versprechen habe im Unterschied zum gegenwär­tigen Augenblick (??) in keinem Falle ein Krieg gedroht. Der Ministerpräsident beschwor das Parlament, jetzt keinen Auf­schub der beschlossenen Maßnahmen in die Wege zu leiten und berührte dabei auch die Möglichkeit einer Parlamentsauflösung.

Lhamberlain teilte hierauf unvermittelt mit, daß sich die Lage seit dem 29. März so radikal geändert habe. Großbritannien habe sich seitdem verpflichtet gefühlt, Polen, Griechenland und Rumänien Zusicherungen zu geben. Wenn diese Zusicherungen wirksam sein sollten, müßten sie das Vertrauen einflößen, daß Großbritannien auch wirklich die Absicht habe, sie zu halten. Es würden Zweifel darüber geäußert, ob Großbritannien es ernst meine. Ln den letzten Wochen hätten sich diese Zweifel ver­mehrt. Es werde das bittere Scherzwort gebraucht, daß Großbri­tannien bereit sei, bis zum letzten Franzosen zu kämpfen und daß Großbritannien von einer Hauptstadt zur anderen betteln gegangen sei. Durch die Zweifel sei die gesamte Anstrengung zur Schaffung einer gemeinsamen Front gegen die Herrschaft der Gewalt (siehe Palästina ! Redaktion) in Zweifel gestellt worden.

Charnberlain soll Churchill Platz mache«!

Die Opposition tut verärgert

London, 27. April. In der Unterhaus-Aussprache über die Er­klärung Lhamberlains stellte der Leiter der Opposition, Attlee, fest, daß die Regierung mit der Einführung der Wehrdienst- pslicht das feierlich gegebene, erst noch vor vier Wochen bestätigte Versprechen gebrochen habe, wonach England in Friedenszeiteu keine allgemeine Wehrpflicht einführen würde. Lhamberlain er­widerte, er fei überzeugt, daß die gegenwärtigen Umständenicht als Friedenszustand bezeichnet werden könnten". Der Oppo­sitionsliberale Sinclair beklagte sich darüber, daß die Oppo- fition nicht vorher unterrichtet worden sei. Als ein unabhängi­ger Abgeordneter fragte, ob die Regierung eine Volks­abstimmung oder Neuwahlen abhalten wolle, schüt­telte Lhamberlain den Kopf. Aus mehrfaches Drängen, daß die Aussprache über Donnerstag hinaus ausgedehnt werden solle, erklärte der Ministerpräsident, daßnoch andere wichtige Dinge" zu regeln seien.

Die kurze Aussprache schloß mit der Feststellung eines radi­kalen Abgeordneten, der unterstrich, daß der Ministerpräsident, nachdem er kürzlich die Politik Churchills angenommen habe, wenn eran st ändigwäre,zu rücktret ennudLhur- ! chill Platz machen solle.

Englands halbe Wehrpflicht

Presse versucht die «eue Maßnahme schmackhaft zu mache«

London, 27. April. Das große Thema der Londoner Blätter ist die Einführung der Wehrpflicht Seiten über Seiten der Blätter sind angefüllt mit den Berichten über Zweck, Anlässe und Auswirkungen dieser in England heftig umstrittenen Maß­nahme. Auch heute versuchen die regierungsfreundlichen Blätter, durch erheblichen Stimmenaufwand die neue Wehrpflicht als eine ungeheuer wichtige Maßnahme" hinzustellen. Sie sind vor allem bestrebt, jene Stimmen zu entkräften, die auf die geringe Tragweite und den weitgehenden propagandistischen Zweck des Regierungsbeschlusses Hinweisen. Im übrigen kann man fest- ftellen, daß die englische öffentliche Meinung durch den Wehr­pflicht-Erlaß sehr scharf in zwei Gruppen getrennt wurde, die aus dem Zeitungsbild deutlich ersichtlich ist. Während die Oppositionsblätter aus grundsätzlichen Erwägungen und Daily Expreß" aus praktischen Gründen sich gegen die Einfüh­rung der Wehrpflicht aussprechen, betonenTimes",Daily Telegraph" undDaily Mail", daß dieMaßnahme der Re­gierung begrüßenswert sei". So erklärt dieTimes", man habe so lange gezögert, in der großen Aufgabe der kolossalen Auf­rüstung Englands einen derartigen Umschwung einzuführen, weil man befürchtet habe, daß sie England zeitweilig eher schwä­cher als stärker machen würde. Jetzt aber sei man davon über­zeugt, daß ein Systemwechsel notwendig sei, wenn England sei­nen Verpflichtungen Nachkommen wolle. ..Daily Telegraph" ver­

sucht dem Leser die Wehrpflicht schmackhaft zu machen. Ma« könne sich kaum einemildere Zwangsmaßnahme" vorstelle«. 2n schärfstem Ton schreibt jedoch das LabourblattDaily He- rald", die Regierung habe nicht einmal, sondern viermal da» gegebene Versprechen, in Friedenszeiten keine Wehrpflicht ein­zuführen, gebrochen. Das letztem«! sei das am 29. März ge­schehen, und dieses Datum sei wichtig, denn damals sei die Lage praktisch genau so gewesen wie heute. Das Versprechen sei da­mals nach demEinmarsch in die Tschechei" und nach der bri­tischen Garantie an Polen gegeben worden. Man müsse jetzt fragen, ob man den Worten der Regierung überhaupt noch glau­ben könne. Die ganze Angelegenheitsei ehrlos nicht nur für Lhamberlain, sondern für die gesamte Regierung".News Lhro- nicle" erklärt, die Regierung täusche sich, wenn sie glaube, daß sie die ganze Angelegenheit ohne Opposition durchbringeu werde. 2m übrigen seien die Maßnahmen der Regierung derart klein, daß sie weder Mussolini noch vor allem Hitler irgend etwas an- haben könnten". Man habe nahezu den Eindruck, daß die Re­gierung die Zwangsmaßnahmen um des Zwanges willen ein­geführt habe.Daily Expreß" greift die Regierung ebenfalls an und erklärt, die britische Regierung komme immer zu spät.

Berlin» 27. April. Nachdem es erst vor wenigen Woche« der deutschen Luftfahrt gelungen ist, den wohl am heißeste» international umstrittenen und erstrebten Flugrekord, den abso­lute» Geschwindigkeits-Weltrekord, in ihre» Besitz z» bringe», ist am Mittwoch die hervorragende Leistung des Heinkel-Flug- zeuges von einem Messerschmitt-Flugzeug erneut «Ver­bote» worden. Das Messerschmitt-Jagdflugzeug Me 109 R hat unter der Führung des Flugzeugführers Fritz Wendel a«f der Meßstrecke bei dem Flughafen Augsburg eine Eeschwiu» digkeitoon7SS,11St»«deukilometer erreicht. Der bisherige Weltrekord des Heiulel-Flugzeuges stand auf 74SFS Stundenkilometer.

Der neue Weltrekord des Messerschmitt-Flugzeuges zeigt, wie Eeneralluftzeugmeister Generalleutnant lldet vor Vertreter» der Presse ausführte, eindeutig, daß schon der Weltrekord des Heinkel-Jägers kein Zufallserfolg war, sondern daß derartig« Höchstleistungen das Ergebnis der planmäßigen Arbeit in der deutschen Luftfahrtindustrie sind. 2m friedlichen Wettstreit habe« die beiden weltbekannten Flugzeugwerke, deren Betriebssichrer auf dem letzten Reichsparteitag von dem Führer mit dem Na­tionalpreis ausgezeichnet wurden, fast die gleichen Ergebnisse erzielt, ein klarer Beweis dafür, daß sie beide in der Entwick­lung der Jagdflugzeuge die richtigen Wege gehen und stets das Bestmögliche an Leistungen erreichen. Deutschland kann wirklich stolz darauf sein, daß die deutsche Luftfahrtindustrie zwei lei- stungsmäßig etwa ebenbürtige Jagdflugzeuge erstellt hat und zwar Jagdflugzeuge, die in ihrer Geschwindigkeit um über 299 Kilometer in der Stunde vor den Spitzenleistungen des Aus­landes stehen.

Ebenso wie bei dem Hcinkel-Jagdflngzeug ist der »eue Ge­schwindigkeits-Weltrekord der Me 109 R mit dem unter der Nennleistung von 1175 PS. bekannten Mercedes-Benz DB LA erflogen worden, dessen Weiterentwicklung in der Zwischenzeit das Erreichen derarliger Geschwindigkeiten ermöglichte. Al» Luftschraube wurde ein VDW-Propeller der Bereinigten De«b>

Pilot Wendel. (PrPse-Hoffmann, Zander-Multiplex-K.)

so auch mit der Wehrpflicht, die sie sofort nach München oder nach der Einverleibung der Tschechei habe einführen sollen. Im übrigen sei die ganze Angelegenheit z ie mlich kümmerlich, denn bei dem augenblicklichen Ausmaß werde England minde­stens fünf Jahre gebrauchen, um eine Armee von einer Million aufzubauen. England könne aber keine fünf Jahre warten.

Rekruten-,.Begeisterung" in England

Mit welcher Begeisterung die zwanzigjährigen Engländer die Einführung der Dienstpflicht ausgenommen habe«, geht daraus hervor, daß sie gleich nach Bekanntwerden der Nachricht die letzte Möglichkeit ausnutzten, sich dieser neuen Wehrpflicht zu entziehen. Der Nachrichtendienst des britischen Rund­funks gab bekannt, daß diejenigen Zwanzigjährigen, die sich bis Mitternacht in den Rekrutierungsbüros der Territorialarmee zum freiwilligen Dienst gemeldet hätten, nicht zur Ableistung der halbjährigen Dienstpflicht herangezogen würden. Darauf herrschte in kürzester Zeit in allen Rekrutierungsbüros ein be­ängstigendes Gedränge. Bis Mitternacht hatten die Rekrutie­rungsbüros schwer zu arbeiten; zum erstenmal hatten sie keine Sorgen, ihre Listen zu füllen. Und Tausende von jungen Eng­ländern hatten die Gewißheit, einer ihnen höchst unangenehmen Verpflichtung noch die angenehmste und bequemste Seite ab­gewonnen zu haben. Sie bleiben Zivilisten, machen ihre Hebun­gen und haben außerdem noch dasPrinzip der Freiwilligkeit" gerettet.

scheu Metallwerre verwendet, wie er allgemein in der de»tjcheu Luftwaffe eingeführt ist.

Hinsichtlich der Start- und Landeeigenschaften LeDer Flug­zeuge ist zu betonen, daß sie jeden normalen Flugplatz benutzen können, eine Tatsache, die für die militärische Brauchbarkett dieser Flugzeugmuster von wesentlicher Bedeutung ist.

Glückwünsche -es Eeneralfekdumrschalls GSring

Der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Eeneralseldmarschall Eöring, hat an Professor Mes­serschmitt folgendes Telegramm gerichtet:Ich freue mich, daß es Ihnen im friedlichen Wettstreit um die absolut höchste Fluggeschwindigkeit gelungen ist, eine Weltbestleistung vo«. 755,11 Stundenkilometer aufzustellen. Sie zeigt mir, daß die geistigen Schöpfer der Flugzeuge meiner Waffe den richtige» Weg beschritten haben, den wir nicht wieder verlassen werde«. Ihnen und der Gefolgschaft meinen Dauk und mein« An­erkennung."

An Generaldirektor Kissel von den Daimler-Denz-Werke« richtete Eeneralseldmarschall Göring folgendes Telegramm:A» dem letzten Erfolg des Messerschmitt-Flugzeuges mit 755,11 Kilo­meter Stundengeschwindigkeit hat wiederum ihr Motor DB 6S1 reichen Anteil. Ihnen und Ihrer Gefolgschaft spreche ich «erue» Dank und meine Anerkennung aus."

Schließlich hat Eeneralseldmarschall Görntg a« den Fl«Meug- führer Fritz Wendel das folgende Telegramm gesandt:2» Anerkennung Ihrer hervorragende» Leistung und Ihres persön­liche« Einsatzes znr Erringung der Weltbestleistung vo« 755,11 Stundenkilometer ernenne ich Sie zum Flugkapitä»."

Gespräch mit dem schnellsten Mann der Wett

Kurz nach dem Weltrekord, den die Messerschmitt Me ISS R mit der beispiellosen Geschwindigkeit von 755,11 Stundenkilo­meter erzielte, sprachen wir mit Fritz Wendel, dem Mann, der diese Maschine führte und der heute der schnellste Mann der Welt ist. 2n der Stimme des jungen Piloten klingt noch die Erregung nach und die Freude über diesen gewaltigen Erfolg. Wendel ist erst L4 Jahre alt und stammt aus einem kleinen Ort bei Worms. Sofort nach Verlassen der Schule trieb es ihn zur Fliegerei, und schon mit 17 Jahren machte er ^n Mannheim seinen ersten Flugschein. Sein Lehrer war der bekannte Kunst- fliegor Lochner. Von Mannheim ging er zur deutschen Ver­kehrsfliegerschule und war anschließend anderthalb Jahre bei der Luftwaffe, wo er sich weitere fliegerische Erfahrungen an­eignete. Anfang 1936 trat er in die Messerschmitt AG. ein, wo er dann Tag um Tag die neuen Jagdeinsitzer der Messerschmitt AE. einflog, die den Stolz der jungen deutschen Luftwaffe bilden.

Wir fragten Wendel nach seinen Erlebnissen während des Re- kordfluges.Von Erlebnissen kann wohl nicht die Rede sein", meinte er lachend,dazu ging alles viel zu schnell. Außerdem muß man sich bei dem Weltrekord, der in einer Höhe unter 75 Meter geflogen wird, derartig auf die Einhaltung der Höhe konzentrieren, da ein Sekendenbruchteil von Unaufmerksamkeit zur Katastrophe führen kann, daß man an nichts anderes denken darf. Lange haben wir auf diesen Flug gewartet, immer wie­der machte uns das Wetter eine» Strich durch die Rechnung; aber jetzt war es endlich soweit. Allerdings war es ziemlich diesig und es wehte ein Wind mit einer Stärke von 25 Stunden­kilometer. Dadurch hatte ich auf der einen Strecke eine Ge­schwindigkeit von 782 Stundenkilometer, die bei Gegenwind na­türlich absank. Ich bin stolz darauf, daß ich diesen Weltrekord für Deutschland errungen habe. Mein Dank gilt neben allen denen, die am Entstehen dieser Maschine beteiligt waren, vor allem unserem genialen Betriebsführer und Konstrukteur, Pro- sessor Messerschmitt."

Neuer Geschwindigkeits-Weltrekord

Deutsches Jagdflugzeug erreicht 758,11 Stundenkilometer Geschwindigkeits-Weltrekord