k. Seite - Nr. 93
Nagolder Taablatt „Der Gesellschafter'
Freitag, de» 21. April 1939
Wehrmachtsteile, Eeneralfeldmarschall Göring, Großadmiral Dr. h. c. Raeder, Generaloberst von Brauchitsch sowie den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generaloberst Kei - t e l, zur Entgegennahme der Glückwünsche der Wehrmacht.
Die deutschen Gemeinden und die Neichshauptstadt gratulieren
Als nächster Gratulant erschien eine Abordnung des Deutschen Eemeindetages, die dem Führer die Glückwünsche der deutschen Gemeinden und Gemeindeverbände aussprach. In Anwesenheit des Reichsministers des Innern Dr. Frick überreichte der Leiter des Deutschen Eemeindetages, Reichsleiter Fi ehIer, der Oberbürgermeister der Hauptstadt der Bewegung, dem Führer die Urkunde der Adolf-Hitler-Stiftung der deutschen Gemeinden und Eemeindeverbände für junge Architekten und Städtebauer. Diese Stiftung soll als Dank für den Führer die Ausbildung zum Baumeister und Städtebauer fordern. Als Fonds für die Stiftung haben die deutschen Gemeinden und Gemeindeverbände den erfreulich hohen Betrag von 1.5 Mill. RM. gestiftet.
Oberbürgermeister und Stadtpräpdent Dr. Lippert hatte bereits vorher dem Führer die Glückwünsche der Reichshauptstadt überbracht.
Danzrgs Wünsche
vor der Abfahrt zur Parade empfing der Führer in seinem Arbeitszimmer den Gauleiter und die Regierung der freien Stadt Danzig zur Entgegennahme ihrer Glückwünsche. Gauleiter Förster überreichte dem Führer mit folgender Ansprache den Ehrenbürgerbrief der freien Stadt Danzig:
An diesem hohen Festtag des ganzen deutschen Volkes bin ich mit der Danziger Regierung hierher gekommen, um als Sprecher der gesamten deutschen Danziger Bevölkerung Ihnen, mein Führer, zu Ihrem heutigen Geburtstag die allerherzlichsten Glückwünsche für Ihr persönliches Wohlergehen auszusprechen. Sie dürfen versichert sein, daß ich den tiefsten Herzenswunsch der Danziger erfülle, wenn ich Ihnen am heutigen Tage für Ihr weiteres hoffentlich recht, recht langes Leben beste Gesundheit und vollste Kraft zur Lösung aller Lebensfragen unseres deutschen Volkes wünsche. Besonders erfreut sind aber die Danziger, mein Führer, daß Sie heute, an Ihrem Geburtstag, Ehrenbürger der freien Stadt Danzig werden. Obschon Danzig abgetrennt ist, wollen Sie, mein Führer uns die große Freude machen, die Ehrenbürgerschaft dieses stets deutschen Landes an der Ostsee anzunehmen. -- Gauleiter Förster verlas den Text der von Prof. Richard Klein, München, gestalteten Ehrenbürgerurkunde. „Adolf Hitler, dem Führer des deutschen Volkes, hat der Senat der freien Stadt Danzig in unauslöschlicher Dankbarkeit für das Werk sittlicher und völkischer Erneuerung des deutschen Volkes und als Zeichen ewiger blutsmäßiger Verbundenheit Danzigs mit dem deutschen Volk unter Zustimmung der Stadtbürgerschast das Ehrenbürgerrecht verliehen. Dies wird hiermit bekundet.
Der Senat der Freien Stadt Danzig"
Ich darf Ihnen, mein Führer, so schloß Gauleiter Förster, diese Urkunde nun feierlich im Namen der Danziger Bevölkerung mit dem erneuten Gelöbnis überreichen, Ihnen und dem Großdeutschen Reich unverbrüchliche Treue zu bewahren und bedingungslose Gefolgschaft zu leisten.
Der Führer nahm den Ehrenbürgerbrief mit Worten herzlichen Dankes entgegen und beauftragte den Gauleiter, diesen Dank und seine Grütze der Bevölkerung der freien Stadt Danzig zu übermitteln.
Dor Eröffnung der Neichsgarlenschau !
Was blüht auf der Reichsgartenschau? ^
Stuttgart, 19. April. Die Blumensymphonie der Reichsgarten- ' schau, die am Samstag eröffnet wiro, beginnt gleich beim ersten f Einsatz mit einem Fortissimo. Man ist ;a hier dem Norden um ein gutes Stück voraus, und die letzten warmen Tage haben wahre Wunder gewirkt. Ein Farbenrausch und ein Blütenzauber schon zu Anbeginn — sollte das noch steigerungsfähig sein? Nach einer Richtung hin bestimmt nicht: Schon beinahe mitten in der Stadt und noch mehr auf allen Hügeln rings herum stehen Tausende und Abertausende von Obstbäumen in prachtvollster Blüte. Kirsch-, Pfirsich-, Birn- und Apfelbäume in der Gartenschau beteiligen sich im Bewußtsein ihrer Verpflichtung an diesem Zauber und schaffen damit den prächtigsten Rahmen, den man sich denken kann für all das andere Frühlingsblühen.
Pasten zu blühenden Blumen kalte Zahlen? Eigentlich nicht, aber sie find schließlich doch Maßstab für jene, die den Worten
nicht trauen, dafür aber die Zahl anbeten. Was und wie viel ? blüht jetzt auf der Reichsgartenschau in Stuttgart? Laßt Zahlen j sprechen...
i An die 60 000 Stück Goldlack sind es, die den Winter vortrefflich Lberstanden haben. Vielfach ist der Goldlack an anderen Stellen erfroren, hier ist er beinahe wie durch ein Wunder , durchgekommen und seine satten Farben heben sich wirkungs- z voll vom frischen Frühlingsgrün ab. Mir den Rosen war es f ähnlich wie beim Goldlack, auch sie sind in vielen Gegenden des Reiches durch die jähen Temperaturunterschiede des Winters zu . Schaden gekommen, in Stuttgart in der Reichsgartenschau ist ' ihnen nichts geschehen.
Doch — die Rosenzeit kommt erst, bleiben wir bei der Gegenwart, bleiben wir bei den 80 000 Maßliebchen, 20 000 Tulpen aus deutschem Anbau — auf ihre Pracht und ihr Farbenspiel sind unsere Gärtner besonders stolz —, den 70000 vielfarbigen Primeln, den 200000 Stiefmütterchen und Vergißmeinnicht. Diese Zahlen sind das Maß, mit dem beiläufig alles andere gemessen werden soll, alles andere, was ; da noch den Frühlingszauber im Freigelände vervollständigt, f Narzissen und Hyazinthe und Levkoyen, dann in ^ j den Staudenflächen etwa schon die Gemswurz und das Kaukasus- Vergißmeinnicht oder bei den Polsterpflanzen die Gänsekresse,
§ das Blaukisten und mancherlei Steinbrecherarten, f Und mancherlei anderes, was eben im Frühling in Württem- f berg im allgemeinen und in der — unberufen — bisher glück- j haften Reichsgartenschau im besonderen blüht. Daß sich die Stutt- i garter und die aus der näheren und weiteren Umgebung Kommenden die Ga.itenschau im Frühjahr, im Sommer und im Herbst ansehen werden, das ist für sie Ehrensache. Aber die aus der weiten Ferne, wann sollen sie kommen? Nun denn, zunächst einmal im Frühling zu den Hunderttausenden von Frühlingsblüten. Wenn es nur irgendwie geht, werden sie wiederkommen im Sommer und im Herbst. Denn das ganze Jahr wird es blühen auf dem Killesberg, dem riesigen Gelände der Reichsgartenschau 1939.
Schwäbische Gausieger nach Köln einberufen
nsg. Stuttgart, 19. April. Rund 380 der besten schwäbischen RBWK.-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen — dazu kommen noch 70 Studenten —, die durch ihre Leistung im Gauwettkampf des Reichsberufswettkampfes die Ehre eines Gausiegers erworben haben, sind in diesen Tagen zum Reichswettkampf nach Köln einberufen worden, der bekanntlich in der Zeit vom 22. bis 30. April stattfindet. Sie vertreten dort die schwäbische Arbeiterschaft und kämpfen in der Elite der besten Arbeiter aus dem ganzen Reich um den Titel des Reichssiegers. Die 350 Reichswettkampfteilnehmer und -teilnehmerinnen unseres Gaues treten ihre Reise in die rheinische Metropole bereits am kommenden Samstag früh an. Im Laufe des Samstags treffen die Sonderzüge aus dem ganzen Reich mit den über 6000 Wettkampfteilnehmern ein. Die erste offizielle Veranstaltung findet am Sonn- j
> tag in Form einer großen Eröffnungskundgebung in der Messe- j Halle statt, auf der Gauleiter Staatsrat Erohe und Obergebiets«
> führer Axmann sprechen werden. Montag und Dienstag sind die Tage der berufstheoretischen und berufspraktischen Wettkämpfe. An den beiden darauffolgenden Tagen werden die sportlichen und
l hauswirtschaftlichen Wettkämpfe für die Mädchen und Frauen
i durchgesührt. Den Höhepunkt bringt die traditionelle Abschlußkundgebung und Siegerverkündung durch den Reichsorganisationsleiter Dr. Ley und den Reichsjugendführer Baldur von Schirach am Samstag, den 29. April. Sofort anschließend treten die aus den Reihen der Reichssieger ausgelesenen Vesten ihre Reise nach Berlin zur Vorstellung beim Führer am Tage der Nationalen Arbeit an.
Ausbildung der Fachlehrerinnen
in den Hauswirtschaftlichen Seminaren Kirchheim «. T. und Heilbronn
Das Amtsblatt Nr. 7 des Kultministeriums enthält eine Zusammenstellung der Bestimmungen über die Ausbildung der Fach- s lehrerinnen in den Hauswirtschaftlichen Seminaren Kirch- ! heim u. T. und Heilbronn. Die Ausbildung erstreckt sich > grundsätzlich auf die drei Fachgebiete Hauswirtschaft (mit > Gartenbau), Handarbeit und Turnen. Die seither drei- i jährigen Normalkurse für Bewerberinnen, die Klasse 6 einer i Oberschule (möglichste Klasse 6 der hauswirtschaftlichen Form als Abschlußklasse) mit Erfolg durchlaufen haben oder eine gleichwertige Ausbildung besitzen, sind auf zweieinhalb Jahre verkürzt worden. Für Bewerberinnen mit Reifeprüfung der hauswirt- ichaftlichen Form der Oberschule für Mädchen (in Ausnahme- ! fällen auch der sprachlichen Form oder einer Oberschule für
Jungen, ergänzt durch hauswirtschaftliche Kenntnisse), beträgt die Ausbildung zwei Jahre Die Bewerberinnen müssen in dem Kalenderjahr ihres Eintritts mindestens das 18. Lebensjahr zurücklegen. Sie haben in Zukunft vor dem Eintritt den Arbeitsdienst abzuleisten. Die Auslese erfolgt nach den allgemeinen Auslesebestimmungen und wird durch eine Eignungsprüfung getroffen, die außer bestimmtem Wissen und Können die allgemeine Reife, das Urteilsvermögen und die Fähigkeit zu klarem Ausdruck festzustellen hat.
Für frühere Volksschülerinnen, besonders vom Lande, besteht an jedem Seminar eine einjährige Vorklasse zur Uebermittlung der als Grundlage für die Ausbildung nötigen deutschkundlichen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse. Das Unterrichtsgeld beträgt in den Seminarlehrgängen jährlich 120 RM., in der Vorklasse 60 RM. Bedürftige Schülerinnen mit guter Begabung und Führung können teilweise oder volle Befreiung vom Schulgeld und außerdem Staatsunterstützungen erhalten. Das Verpflegungsgeld ist sehr nieder gehalten. Im letzten Ausbildungsjahr wohnen die Schülerinnen nach einer neuen Bestimmung grundsätzlich auf eigene Kosten in der Stadt und verköstigen sich selbst. Für bedürftige und würdige Schülerinnen können Ausnahmen gemacht werden.
Dis ReichssraueMhrerin spricht in Stuttgart
nsg. Am Donnerstag, den 18. Mai 1939, findet um 10 Uhr in der Stuttgarter Stadthalle die diesjährige Großveranstaltung der NS.-Frauenschaft Gau Württemberg-Hohenzollern statt. Die Reichsfrauenführerin Pgn. Scholtz - Klink wird auch in diesem Jahre zu den Frauen unseres Gaues sprechen. Die Mitarbeiterinnen der NS.-Frauenschaft und des Deutschen Frausn- werkes des ganzen Gaues werden an diesem Tage in Stuttgart weilen. Nach der Großkundgebung werden sie alle gemeinsam am Nachmittag die Reichsgartenschau besuchen, wo die NS.- Frauenschaft ebenfalls mit einer großen Sonderoeranstaltung hervortreten wird.
— Die übertragbaren Krankheiten in Württemberg. In der Woche vom 2. April bis 8. April 1939 sind in Württemberg folgende Fälle von übertragbaren Krankheiten, einschließlich der erst beim Tode bekanntgewordenen Krankheitsfälle (Todesfälle in Klammern) angezeigt worden: Diphtherie 25 (2), Scharlach 48 (—), Tuberkulose der Atmungsorgane 47 (16), Tuberkulose der Haut 2 (—), Tuberkulose anderer Organe 4 (1), Genickstarre 2 (1), Kinderlähmung 1 (—), Unterleibstyphus 3 (—), Paratyphus 2 (—), übertragbare Gehirnentzündung 1 (1), Kindbettfieber 6 (—), Keuchhusten 35 (—), Vang'sche Krankheit 1 (—).
Die Katastrophe der „Parts"
Trotzdem Brandstiftung?
Paris, 20. April. Der Brand des Ozeandampfers „Paris" in Le Havre beherrscht am Donnerstag die gesamte Pariser Presse. Die Blätter bringen große Bilder von dem gekenterten Schiff. Fast allgemein wird dabei darauf hingewiesen, daß es sich nicht um einen zufälligen Brand, sondern nach Ansicht des Schiffspersonals und sämtlicher Hafenfachleute um Brandstiftung handle. Eine offizielle Bestätigung dieser Behauptung sei jedoch noch nicht zu erhalten. Das Feuer habe sich mindestens von zwei, wenn nicht gar von drei Stellen ausgebreitet. Handelsminister de Chapedlaine, der am Mittwoch persönlich die Untersuchung der Katastrophe der „Paris" geleitet und sich mehrmals telefonisch mit Ministerpräsident Daladier unterhalten hatte, beantwortete am Mittwochabend verschiedene Fragen von Pressevertretern. Auf die Frage, ob ein Attentat vorlings, erklärte der Minister nur, er habe die strengste Untersuchung vorgeschrieben. Auf eine Frage, ob die Sicherheitspolizei nicht vor einigen Tagen das Sonderkommissariat der Transatlantik-Eesellschaft davon unterrichtet habe, daß entweder die „Paris" oder die „Normandie" gesprengt werden solle, erklärte der Minister: „Ja, es hat Drohungengegeben. Das ist die Tatsache. Seit dem Tage, an dem die Dienststellen der Sicherheitspolizei von diesen Drohungen Kenntnis erhalten hatten, wurde eine sehr strenge Ueberwachung durchgesührt." Sämtliche verantwortliche Persönlichkeiten seien sogleich unterrichtet worden. Die „Normandie" habe in die Luft gesprengt werden sollen.
In Paris wird unterdessen weiterhin das Inventar der Kunstgegenstände ausgenommen, die in letzter Minute noch von Bord des brennenden Schiffes gerettet werden konnten. Sämtliche Gemälde und andere Kunstgegenstände aus dem Schloß von Versailles sind gerettet worden. Man befürchtet jedoch, daß eine große Anzahl sehr wertvoller Manuskripte der französischen Nationalbibliothek Opfer der Flammen geworden find.
Roman von Klara Haidhausen.
Lrheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 26. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Daß ihm eine gütige Fügung mit der neuen Hausgenossin ein solch schönes und wie es schien auch liebes, natürliches Menschenkind ins Haus beschert hatte, war ein neues, frohes Plus, das ihn mit starker Befriedigung erfüllte. Er freute sich über Ditha, ohne jede Nebengedanken, wie er sich gefreut hätte, wenn ihm jemand eine schöne, seltene Blume für seinen Garten gebracht hätte.
Ditha hätte keine Frau sein müssen, wenn sie das offene Wohlgefallen, mit dem Franz' Blicke auf ihr ruhten, nicht deutlich gefühlt hätte. Anfangs freute sie sich von Herzen darüber, zumal sie mit ihrem feinen, weiblichen Instinkt klar erkannte, daß in seiner Bewunderung nichts lag, worüber sie hätte erröten müssen. Als er aber dieses Wohlgefallen nun gleich so unverblümt in Worte kleidete, wich ihre Freude einem leisen Befremden. Das war ein Ton, der ihr fremd war. Sie gehörte zu den Frauen, die bei aller Herzlichkeit und Natürlichkeit immer einen Hauch von Unnahbarkeit um sich haben, eine unsichtbare Hoheitsgrenze, die plumper Schmeichelei und Zudringlichkeit stets rechtzeitig ein Halt gebietet. Sie war überzeugt gewesen, daß man in ihr auch in dienender Stellung und im einfachen Kleid immer die Dame erkennen und respektieren würde.
In diese Vorstellung hinein drängte sich nun die leichte, ein wenig formlose Art, mit der Franz zu ihr sprach, wie ein Mißton, der ihr Unbehagen verursachte. „Ich zweifle nicht daran, daß Sie Mama sehr gut gefallen haben," hatte er gesagt und der Nachsatz: „So gut, wie Sie mir gefallen .." stand allzu deutlich in seinen Augen. Ditha zögerte einen Augenblick mit der Antwort, überlegte, ob sie ihm zu verstehen geben sollte, daß ste seine Art zumindest verfrüht
I empfand einer völlig Fremden gegenüber. Dann aber ver- ! warf ste diesen Gedanken. Franz stand ihr doch als Chef gegenüber, sie war seine Angestellte, und er wollte ihr wohl in seiner warmen, impulsiven Herzlichkeit den Eintritt in die neuen Verhältnisse erleichtern, indem er diesen vertraulich kameradschaftlichen Ton anschlug. An ihr war's, seinem Bemühen dankbar entgcgenzukommen, nicht ihm durch übertriebene, kindische Empfindlichkeit das Zusammenarbeiten zu erschweren.
Doch ihre Einsicht kam zu spät, Doktor Hormann war ein guter Psychologe, wie jeder Arzt es sein soll, er hatte ihr leises Zurückweichen und Befremden sofort bemerkt und auch richtig gedeutet. Er trat einen Schritt näher und sah sie bittend an.
„Seien Sie, bitte, nicht böse, Fräulein Lore, daß ich das so offen ausgesprochen habe — ich weiß, daß ich nach unserer erst so kurzen Bekanntschaft kein Recht dazu habe. Aber es ist merkwürdig, ich habe das Gefühl als ob wir uns schon lange, lange kennen würden. Deshalb ist es mir fast unmöglich, kühle, rein konventionelle Redensarten mit Ihnen zu wechseln. Vielleicht erinnern Sie mich an jemand, den.. Er brach jäh ab.
Ditha hatte einen Augenblick, beschämt, daß er ihre llberempfindlichkeit so schnell durchschaut hatte, den Blick gesenkt. Als sie ihn nun wieder hob, erschrak sie über die Veränderung, die plötzlich in Franz Hormanns Gesicht vor sich gegangen war. Eine wahnsinnige Erregung schien darin zu arbeiten; die Lippen lagen so fest zusammengepreßt, daß sie nur mehr wie ein schmaler Strich erschienen, die Augen starrten weitgeöffnet auf sie.
Ditha fühlte, wie ihr alles Blut zum Herzen strömte. War ihr Spiel schon zu Ende, noch ehe es recht begonnen? Hatte Franz sie schon erkannt? —
Wenn ste später an diese Minuten zurückdachte, wunderte sie sich selbst, daß sie so rasch die Kraft gefunden hatte, den Bann zu brechen, der sich lähmend auf sie beide legen wollte. Aber sie war sich mit fast visionärer Klarheit sofort bewußt
geworden, daß nur ein schnelles, harmloses Wort ihrerseits, die Situation noch retten konnte, ehe ihre Nerven der furchtbaren Anspannung erlagen.
Mit bebender Stimme sagte sie: „Es scheint, daß ich unangenehme Erinnerungen in Ihnen wecke, Herr Doktor? Es tut mir sehr, sehr leid!"
Franz atmete tief auf und fuhr sich mit der Hand nervös durch das dichte Haar. Dann schüttelte er leicht den Kopf. „Unangenehme, Fräulein Lore? Nein. Aber etwas schmerzliche! Sie gleichen dem Mädchen, das mir einmal das Liebste auf der Welt war, das ist alles."
„Das ist sehr viel, Herr Doktor!" erwiderte Ditha, die es nicht mehr hindern konnte, daß ihre Augen voll Tränen standen. „Das ist so viel, daß es wohl besser ist, wenn ich Ihr Haus wieder verlasse."
Nun war er ehrlich erschrocken. „Um Gottes willen, Fräulein Lore, wohin denken Sie? Davon kann doch niemals die Rede sein! — Zu dumm, daß ich mich nicht besser beherrschen konnte!"
Doktor Hormann war wirklich voll Zorn gegen sich selber. Da stand nun das arme Mädel, leichenblaß und zitternd, die schönen Augen voll Tränen. Und das alles schon in der ersten Stunde ihres Hierseins! — Er hätte sich schlagen mögen, daß er sich nicht besser beherrscht hatte, aber die Erkenntnis, wie sehr sie Ditha glich, war zu jäh über ihn hereingebrochen.
Schon vom ersten Augenblick an, da drinnen im Ordinationszimmer, war sie ihm so eigentümlich vertraut gewesen, daß er gar nicht das Gefühl gehabt hatte, als ob eine Fremde um ihn herumhantiere. Ihre weiche, dunkle Stimme, ihr melodisches Lachen hatten sich in sein Ohr schmeichelt wie liebe, lang entbehrte Klänge. Er hatte sich keine Rechenschaft darüber gegeben, warum das so war. hatte es nur als etwas sehr Schönes, Angenehmes empfunden und sich darüber gefreut.
(Fortsetzung folgt.)