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Nagolde» Tagblatt »Der Gesellschafter'

Donnerstag, den 20. April 193S

rung der Ostmark bildet einen beachtlichen Kraftzuwachs der neuen großdeutschen Wirtschaft. Das Sudetenland besitzt in seinen reichen Kaolinlagern einen einzigartigen Rohstoff Non besonders wertvoller Qualität (fast rein weiß brennend), ferner in seiner Radiumerzeugung eine europäische Monopolstellung. In Böhmen und Mähren sind es die zahlreichen Vorkommen an Nichteisenmetallen sowie an Edelmetallen, die eine Wertbereicherung darstellen, wenngleich sie bei weitem nicht den Bedarf decken können. Bor allem aber bringt das Reichsprotektorat uns wertvolle Industriekapazitäten mit, wie beispielsweise die Skodawerke, deren Erzeugung gerade in der gegenwärtigen Zdit eine ge­waltige Steigerung des industriellen Wehrpotentials des neuen Eroßdeutschlands darstellt. So steht Deutschland an diesem Ehrentage seines Führers nicht nur geeinigt und in­nerlich gefestigt da, sondern auch größer, stärker und mäch­tiger als fe zuvor in seiner Geschichte. P. B.

Tagung des Reichsheimstältenamies

Dr. Lsy und Dr. Steinhäuser zur Wohnungsfrage

Berlin, 18. April. Auf der am Dienstag in Berlin abgehal­tenen Sondertagung des Reichsheimstättenamtes und der Woh­nungsunternehmungen der DAF. wurden wichtige Fragen des Wohnungsbaues eingehend behandelt. Reichsorganisationsleitsr Dr. Ley wies darauf hin, daß es eine der schwierigsten Auf­gaben der letzten Jahre für die DAF. war, die Uebernahme einer Unzahl von Unternehmungen im Wohnungsbau durchzu- führen, die in eine Einheit zusammengeschweißt werden mutzte. Diese vergangene Epoche könne man als eine Zeit der Reife be­trachten. Jetzt könne die DAF. auf Grund der gesammelten Er­fahrungen beispielgebend durch ihre eigenen Bauten auf dem Gebiete des Wohnungsbaues wirken. Wie die Partei, so muffe die DAF. als Gliederung der Partei überall als bewegender Motor die Dinge vorwärtstreiben. Es müßten möglichst preis­werte Wohnungen hergestellt werden unter Zugrundelegung von Familien, die wenigstens vier Kinder haben. Dabei sollen die technischen Neuerungen, besonders auch Bade- oder Brauseanla­gen, weitgehende Beachtung finden. Weiter dürften wir uns nicht auf den Standpunkt stellen, daß nun unbedingt jeder Woh­nungsinhaber zugleich Siedler sein soll oder Ackerland oder Gar­ten mitbearbeiten solle. Für den Großteil unserer Bevölkerung müßten wir aus den verschiedensten Gründen auch mehrstöckige Häuser mit mehreren einzelnen Wohnungen errichten. Nur wo aus dem Berufsleben heraus eine Garantie für eine einwand­freie Bearbeitung des anvertrauten Bodens gegeben sei, könne es zweckmäßig sein, Garten- oder Siedlungsland zur Verfügung zu stellen.

Auch in der Rede des neuen Leiters des Amtes, Dr. Paul Steinhäuser, wurde die Wichtigkeit der Aufgaben der DAF. aus dem Gebiete der Wohnungspolitik unterstrichen. Dr. Stein­häuser wandte sich vor allen Dingen gegen die bisher vielfach üblichen sogenannten Volkswohnungen mit gänzlich ungenügen­dem Wohnraum. Er habe kein Verständnis dafür, daß man so­genannte -Volkswohnungen mit 32 Quadratmeter Wohnfläche und 1^4 Zimmern zu Tausenden baut und einer Familie zu­mute, darin zu einer deutschen Vollfamilie heranzuwachfen.

Baldur von Schirach in Marienburg

Marienburg, 18. April. Der Reichsjugendführer ist am Diens­tag zum drittenmal am Vortage des Geburtstages des Führers in der Stadt Marienburg eingetrofsen, um den neuen Jahrgang der Zehnjährigen in die Hitlerjugend aufzunehmen. Der Bür­germeister der Stadt Marienburg hieß Baldur von Schirach aus diesem Anlaß im Rathaus herzlich willkommen. Der Bürger­meister erinnerte an den gewaltigen Abstimmungssieg des Deutsch­tums in Marienburg, dem zu Ehren ein Denkmal errichtet sei, auf dem die Worte stünden:Dies Land bleibt deutsch!" An­schließend überreichte der Bürgermeister dem Reichsjugendführer einen wundervoll ausgeführten Abguß dieses Denkmals. Der Reichsjugendführer erwiderte, Burg und Stadt sowie die Idee Marienburg seien heute Symbol für die Haltung und das Leben der ganzen deutschen Jugend geworden.

«Deutschland führend in der Lustfahrt"

Begeisterte Anerkennung brasilianischer Flieger

Rio de Janeiro, 18. April. Die von Oberstleutnant de Souza e Mello Ararigboia geführte brasilianische Lustwafsenkommission, die auf Einladung Eeneralfeldmarschall ELrings längere Zeit in Deutschland zum Studium der deutschen Fliegerei weilte, ist mach Brasilien zurückgekehrt. Sie gab der brasilianischen Presse

gegenüber begeisterte Erklärungen über die außerordentlichen Eindrücke ihres Besuches in Deutschland,einem Land, wo wirk­liche Arbeit geleistet wird". Die ihnen in Deutschland in jeder Weise erleichterte Möglichkeit, die Technik und Organisation der deutschen Fliegerei gründlich kennenzulernen, habe ihnen wert­volle Erfahrungen vermittelt, die zum Nutzen Brasiliens an- ; wendbar seien. Oberstleunant Ararigboia hob besonders das gurr § Material und die absolute Sicherheit der deutschen Verkehrs- f und Militärflugzeuge hervor. Man könne ohne Uebertreibung j erklären, daß Deutschland heule wohl das führende Land in der i Luftfahrt sei, in welcher die Deutschen den Gipfel der Vollkom­menheit erreicht hätten.

Das 2üjahrige Bestehen -es Reichs-ahufchutzes

Stuttgart, 18. April. Am 18. April führte sich zum 20. Male der Tag, an dem der Regierungsrat Heiges von der damäligen Eisenbahn-Generaldirektion Stuttgart mit einer kleinen Schar von beherzten, vaterlandsliebenden Eisenbahnern den Stuttgar» ter Hauptbahnhof von den Roten, die ihn bis dahin besetzt hiel-

> ten, säuberte und so den Grund legte für den Aufbau des heu-

> tigen Deutschen Reichsbahnschutzes. Zum Gedenken an diesen Tag j fand am Dienstag im Hofe des Neuen Schlosses in Stuttgart

eine Feier statt, zu der'1500 aktive Bahnschutzbeamte aus dem ganzen Reich angetrcten waren. Als der Oberste Bahnschutz- i führer, der stellv. Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn, j Staatssekretär Kleinmann, in Begleitung des Reichsbahnschutz- ! fiihrers Ministerialrat Hülsenkamp, des Bahnschutzgründers Mi- - nisterialrat Heiges und des Präsidenten der Reichsbahndirektion ! Stuttgart, Honold, eintraf und die Fahnenkompagnie abschritt, ^ war eine überaus große Zahl von Ehrengästen aus Partei und ! Staat um die Rednertribüne versammelt. Man sah u. a. Staats­sekretär Waldmann in Vertretung von Reichsstatthalter Murr, Ministerpräsident und Kultminister Mergenthaler, Innen- und § Wirtschaftsminifter Dr. Schmid und Finanzminister Dr. Deh- i linger.

j Reichsbahnschutzführer Hülsenkamps besonderer Gruß galt j den Bahnschutzmännern, die in der Mehrzahl dem Bahnschutz von j Anfang an angehören, sowie den Abordnungen aus der Ostmark. , die heute zum erstenmal an einer Feier des großdeutschen Bahn-

> schutzes teilnehmen Der Oberste Bahnschutzführer, Staatssekrc- ! tär Kleinmann, gab einen Rückblick auf jene Zeit nach dem s Zusammenbruch, als der deutsche Bahnschutz gegründet wurde j und so manches Mal eine harte Bewährungsprobe ablegen mußte l im Kampf gegen rotes Untermenschentum, gegen Plünderer und ! Saboteure am Eisenbahnbetrieb. Der Redner gedachte hier be- : sonders des Einsatzes des Gründers der ersten Bahnschutzorgani- f sation in Stuttgart, des jetzigen Ministerialrats Karl Heiges im l Reichsverkehrsministerium, der mit seinen Männern durch ent- , schlossenes Handeln den roten Machthabern von einst gezeigt

habe, daß Deutschland niemals auf die Dauer ein Staat der Un­ordnung sein könne.

Während das Lied vom guten Kameraden erklang, die Fah­nen sich senkten und die Fahnenkompagnie das Gewehr präsen­tierte, gedachten die Versammelten der 64 Bahnschutzmänner, die seit der Gründung des Vahnschutzes in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben hingegeben haben und deren Pflichterfüllung den Bahnschutzmännern allezeit Vorbild sem wird. Sodann weihte der Oberste Bahnschutzführer die drei Fahnen des Vahn­schutzes der Reichsbahndirektionen Wien, Linz und Villach durch Berührung mit der ältesten Fahne der SA.-Standarte 119 Stutt­gart. Ein Vorbeimarsch beschloß die Feier.

Abends fand in der Gewerbehalle ein Kameradschaftsabend statt, bei dem Präsident Honold-Stuttgart, Ministerialrat Hülsen­kamp und Heiges sowie der stellv. Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn, Staatssekretär Kleinmann, sprachen. Anschließend ! folgte ein buntes Programm mit allerlei Vorführungen.

! Crailsheim, 18. April. (Bosch baut neues Werk.) ! Nach längeren Verhandlungen zwischen der Crailsheimer

> Stadtverwaltung und unter tatkräftiger Unterstützung von Staatssekretär Waldmann, einem Sohne Crailsheims, ei­nerseits und der Robert Bosch GmbH., Stuttgart, anderer­seits, ist in unmittelbarer Nähe von Crailsheim, auf Ge­markung Jngersheim, ein großes Gelände von Bosch ange­kauft worden, auf dem ein Zweigwerk dieser Gesellschaft er­richtet wird, dessen Vau in einigen Tagen beginnt. Darüber hinaus hat die Robert Bosch GmbH, von der Stadt Crails­heim ein früheres Fabrikgebäude, das später als Arbeits-

' lager diente, gepachtet, auf dem eine Anlern- und Umschu­lungswerkstätte für das kommende Werk errichtet ist. Diese Lehrwerkstätten wurden am Montag ihrer Bestimmung übergeben mit 22 Lehrlingen und 25 llmschulungskräften zuzüglich den 3 Meistern.

Roman von Klara Laidhausen.

Arheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 25. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Doktor Hormann, dem es inzwischen gelungen war, die Blutung zum Stillstand zu bringen, schritt nun zu einer gründlichen Untersuchung des Auges, das ziemlich stark ver- schwollen in seiner Höhlung lag. Mit geheimer Freude beobachtete Ditha, wie ruhig und gründlich er dabei zu Werk ging und vernahm mit Entzücken die liebevoll trö­stenden, aufmunternden Worte, mit denen er dazwischen- durch zu seiner kleinen Patientin sprach.

Franz war immer ein großer Kinderfreund gewesen und er war es auch heute noch. Das verriet die ganze Art, wie er mit dem Kinde umging und ihm jetzt nach beende­ter Untersuchung mit befreitem, frohen Lachen über den verwirrten Scheitel strich.

Gar nichts fehlt, Mäuslein, siehst Du, weil Du so brav still gehalten hast! Nun machen wir einen schönen Verband und in ein paar Tagen ist alles wieder gut."

Für Ditha selbst schien er vorläufig kaum einen Ge­danken übrig zu haben. Wie selbstverständlich nahm er die verschiedenen Handreichungen entgegen, die sie ihm leistete und dachte offenbar nicht im mindesten darüber nach, wieviel gründliche Sachkenntnis und welch vorzüglich ge­schulter Blick dazu gehörte, sich in völlig fremder Umgebung vom ersten Augenblick an derartig zurechtzufinden. Er schien es nicht zu fühlen, wenn beim Anlegen des Verbandes seine Hand die schlanken, weißen Finger der neuen Gehilfin streifte, ihr aber war's bei jeder Berührung, als ob ein glühend heißer Strom durch ihren Körper ginge.

Während Doktor Hormann dann noch der Mutter einige Anweisungen gab und geduldig ihre wortreichen Befürch­tungen von häßlichen Narben und lebenslanger Entstellung zu beschwichtigen suchte, stand Ditha selbstvergessen bei

dem kleinen Mädchen, das ein wenig erschöpft, aber ganz zufrieden auf dem Verbandstisch lag und streichelte zärtlich die weichen Kinderhändchen. Ihr ganzes Herz war voll Dank und Jubel. Sie dachte nicht mehr an das, was werden sollte, nicht mehr an all das heiße, vermessene Wünschen ihres Herzens sie genoß nur in tiefem, heiligem Glücks­empfinden, was ihr diese Stunde schon gegeben hatte und was ihr die kommenden Tage und Wochen immer von neuen geben würden: das Glück um den geliebten Mann sein und ihm dienen zu dürfen. War das allein nicht schon Erfüllung und Seligkeit genug?

Sie hatte die kleine Patientin zu dem wartenden Auto hinausgetragen und behutsam in die Polster gebettet nun trat sie wieder in die blumengeschmllckte Diele zurück und streifte mit der Hand die Regentropfen von dem glän­zenden dunklen Scheitel.

Oh, nun sind Sie naß geworden!" klang da Franz Hor- manns fröhliche Stimme von der Türe des Ordinations­zimmers herüber.Ist es sehr schlimm?"

Durchaus nicht, Herr Doktor!" erwiderte Ditha lächelnd. Es regnet längst nicht mehr so stark wie in der Frühe."

Na, dann ist's gut!" lachte er herzlich.Dann können wir ja wohl zu einem andern Thema übergehn. Bei un­serer ersten Unterhaltung muß es schließlich nicht gerade das Wetter sein, nicht wahr?"

Ditha konnte nicht anders, als herzhaft in sein köst­liches, bezwingendes Lachen einstimmen. Aber schon im glei­chen Augenblick bemerkte sie ein leises Stutzen Franz Hor- manns. Er neigte den Kopf etwas zur Seite und schien mit gespannten Sinnen ihrem Lachen nachzulauschen. Suchte er in seinem Gedächtnis nach, wo er dieses Lachen schon ge­hört hatte? Fand er?-

Sie war plötzlich still geworden und sah ihn ängstlich forschend an.

Aber er hatte den Bann schon abgeschüttelt und streckte ihr nun mit unveränderter, fröhlicher Herzlichkeit beide Hände entgegen:Lasten Sie sich nun einmal richtig be­grüßen, vorher war ja gar nicht Zeit dazu. Es tut mir

Bitz, Kr. Balingen, 18. April. (Viermal Golden- Hoch z e i t.) Vier hiesige Ehepaare, die in diesem Jahre auf ein 50jähriges Ehejubiläum zurückblicken können, haben am letzten Sonntag das Fest der Goldenen Hochzeit im Kreise ihrer Nachkommen gemeinsam begangen. Es sind dies di» Ehepaare Wilhelm und Barbara Matthes, Matthias und Berta Leibfritz, Karl und Anna Vlickle'und Wilhelm und Anna Maria Schick.

Bergenweiler, Kr. Heidenheim, 1^ April. (Ertrun- k e n.) Beim Spielen an der Brenz fiel hier das vier Jahr» alte Söhnchen Eotthold des Korbmachers Karl Malisi ins Master und ertrank. Obwol die Brenz sofort abgesucht wurde, konnte die Leiche noch nicht geborgen werden.

Friedrichshafen, 18. April. (Zwei jugendliche Ausreißer.) Auf einem Abstellgleis wurden in einem leeren Eisenbahnwagen zwei Burschen mittellos aufgegrif- fen, die dort Nachtquartier bezogen hatten. Die Burschen, von denen der eine 18, der andere 16 Jahre alt ist waren ihren Eltern in Recklinghausen in Westfalen durchge­brannt, nachdem sie einen größeren Geldbetrag gestohleir hatten. Vis Stuttgart waren sie mit der Bahn gefahren und hatten es sich dort gut gehen lasten. Als das Geld aysge- gangen war, wandelten sie zu Fuß in Richtung Vodensee.

Aus dem Gerichtssual

Betrügerinvon Format" erhält zwei Jahre Zuchthaus

Stuttgart, 18. April. Die 3. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart verurteilte die 42jährige verheiratete Mathilde Lau- zinger aus Stuttgart-llntertiirkheim wegen schwerer Urkunden­fälschung, Urkundenunterdrückung, Rückfallbetrugs, Diebstahls und erschwerter Unterschlagung zu der Gesamtstrafe von zwei Jahren Zuchthaus und 300 RM. Geldstrafe. Die Angeklagte, die schon als Jugendliche eine Diebstahlsstrafe erlitten und später zwei ihrer Arbeitgeber um Beträge in Höhe von 8000 und 3500 RM. geschädigt hatte, was ihr zehn Monate Gefängnis eintrug, war im Sommer 1930 auf Grund eines Zeugnisses, das ihr Vor­leben verschwieg, als Kontoristin zu einer Stuttgarter Firma ge­kommen. Da sie sich als durchaus fleißig und tüchtig erwies, schenkte ihr der Chef volles Vertrauen. Erst drei Jahre später merkte er, daß ihm die Kontoristin nach und nach 7000 RM. aus der Kaste entwendet hatte. Statt sie alsbald zu entlasten, verzieh er ihr den groben Vertrauensmitzbrauch und behielt sie weiter im Geschäft. Darauf ging ihm die Angeklagte hinter seine beiden Scheckbücher und ließ sich auf verschiedenen Formularen, auf denen sie die Unterschrift ihres Chefs täuschend nachgemacht hatte, etwa 800 RM. auszahlen. Auch diese Schlechtigkeit kam ans Tageslicht, aber wiederum verzieh ihr der großmütige Chef und begnügte sich mit der Wegnahme der Scheckbücher. Da Mat­hilde jedoch zuvor die Antragsformulare auf Ausstellung eines neuen Scheckbuches an sich genommen hatte, war es ihr ein leich­tes, zwei neue Scheckbücher auf den Namen des Chefs zu be­schaffen, mit denen sie dann im Laufe der Zeit weitere 4000 RM. für sich erbeutete. Selbst diese Lumperei war dem Chef nicht zu viel; er drückte wiederum ein Auge zu und beschränkte sich auf ernste Ermahnungen. Erst als Mathilde noch zwei wei­tere Scheckbücher angeschafft und ihr Treiben fröhlich fortgesetzt hatte, hielt er eine weitere Verbindung mit ihr für zwecklos. Seine Langmut war ihm insgesamt auf 16 740 RM. zu stehen gekommen. Heute noch hat seinetüchtige" Kontoristin eine Schuld von 7000 RM. bei ihm stehen, nachdem sie ihm ein in­zwischen von ihr ererbtes Haus übereignet hat.

Er wollte seinen Bruder mit der Zimmerflinte erschießen

Ulm, 19. April. In seinem letzten Fall hatte sich das Schwur­gericht Ulm mit dem ledigen, 30 Jahre alten Romuald Abt aus llpflamör (Kreis Saulgau) wegen versuchten Totschlags zu be­fassen. Zwischen dem Angeklagten und seinem Bruder bestand schon längere Zeit deshalb ein gespanntes Verhältnis, weil der jüngere Bruder den Hof bekommen sollte. Der Angeklagte, ein streitsüchtiger Mensch, der auch vor kurzem wegen eines Sitt­lichkeitsverbrechens zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt wurde, hatte nun am Sonntag, 6. November 1938, in einer Wirtschaft wieder eine Auseinandersetzung mit seinem Bruder. Als die Gäste glaubten, der Streit sei geschlichtet, ging der Angeklagte, der schon zehn Glas Bier getrunken hatte, nach Hause, holte sich eine Zimmerflinte, mit der er einen Schuß auf seinen Bruder abgab, glücklicherweise ohne zu treffen. Vor Gericht wollte er nun geltend machen, daß er nur einen Schreckschuß habe abgeben wollen. Das Gericht ließ diese Ausrede aber angesichts der be­lastenden Zeugenaussagen und der sonstigen Vorkommnisse nicht gelten und verurteilte den Angeklagten unter Einbeziehung der früheren Strafe zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehrverlust.

leid, daß ich Sie gleich in der ersten Minute so in Anspruch nehmen mußte."

Mit leisem, glücklichem Lachen legte Ditha ihre Hände in die Franz Hormanns, während sie in dem instinktiven Bemühen, das verräterische Leuchten ihrer Augen zu ver­bergen, die Lider mit den langen, dunklen Wimpern senkte. In seligem Erbeben fühlte sie den warmen Druck, mit dem Franz ihre Finger umschloß und einen Augenblick lang festhielt.

Also auf recht gute Kameradschaft, Fräulein . -.

Lore!" ergänzte Ditha herzhaft, da er zögerte.

Seine Augen strahlten auf und er nickte ihr zu:Das ist hübsch, daß Sie uns erlauben wollen, Sie so zw nennen. Uns Süddeutschen liegen ja die steifen Anreden so wenig, besonders unter Hausgenosten. Haben Sie übrigens doch Zeit gehabt, sich mit Mama etwas bekannt zu machen?"

Ditha nickte.Oh doch, ich war fast eine halbe Stunde oben, ehe Sie anriefen. Wir haben sogar schon Wein ge­trunken."

Ja? Na, dann kennen Sie Mütterchen ja schon recht gut, denn sie pflegt aus ihrem Herzen keine Mördergrube zu machen. Besonders wenn ihr jemand gefällt, und ich zweifle nicht, daß Sie ihr sehr gut gefallen haben."

Sie standen sich noch immer in der Diele gegenüber und Doktor Hormanns schönheitsfrohe Augen genosten mit inni­gem Behagen das reizende Bild, das Ditha in ihrer jungen Schönheit im Rahmen der blühenden Topfgewächse bot. Sie stand gerade mit dem Rücken gegen eine vollerblühte Hor­tensie und die schweren, zartlila Blütendolden nickten über und neben dem feinen Mädchenkopf, als wären sie nur daz« geschaffen, ihm zur Folie zu dienen.

Franz Hormann war ein Schönheitsfanatiker und außer­dem ein Mensch, der die glückliche Gabe besaß, jede Annehm­lichkeit, die ihm das Leben in den Schoß warf, vollbewußt und dankbar auszukosten. Und da er auch die kleinen Freu­den zu würdigen verstand, gab es kaum je einen Tag, der die Aktiv-Freudenseite seines Lebenshauptbuches völlig un­beschrieben ließ.

(Fortsetzung folgt.)