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loren hatte. Dagegen sträubte sich ihre Natur. Besonders den Knaben Schäk vermiete sie bitter. Die beiden Mädchen? Nun, Quieta war selbst ein Weibchen und glaubte, ihres Geschlechts gäbe es immer noch reichlich genug in der Welt.
Zuletzt setzte sie die Suche auf dem Wasserwege fort. Mit ihrem feinen Näschsn beschnupperte sie jeden Einstieg. Hier hatten Rehe geschöpft, dort hatte ein Reiher gestanden, gefischt und gekalkt. Mancherorts waren tote Fische ange- fchwemmt. Sie stammten aus den kleineren Nebengewäs- fern, wo sie eingefroren und erstickt waren. Jetzt führten sie überschäumenden Frühlingswässer ihre Leichen zu Tal. Manch ein Hecht schnellte in der mondhellen Nacht spielend über die Fluten. Quieta kümmerte es nicht. „Quiet, — quiet — quiet!" — pfiff wehmütig, aber durchdringend ihr Lockruf durch die Nachr.
Rotvoß, der alte Sünder, schlich hoffnungsfroh an das Äser. Anderer Leute Leid war stets seine Freud. Er erwischte aber kein krankes oder verletztes Fischotterlein, sondern einen wütenden Bitz Quietas.
Als die Morgensonne ihre Strahlen liebevoll über Fluß und Aue erglänzen ließ, fand sie Quieta zusammengerollt auf einer alten Kopfweide liegen. Sie streichelte der Erschöpften tröstend das Fell. Quieta blinzelte überrascht ins Licht. Noch nie hatte sie sich erkühnt, in freier Ebene auf einer Weide ein Nachtquartier zu beziehen. Zunächst wußte sie nicht, wie sie hierhergekommen war. Dann aber fiel ihr der kleine, herzige Schäk ein, und mit einem langen, klagenden Ton glitt sie vom Stamm herab dem nahen Graben zu.
Wochenlang setzte Quieta die Suche fort. Die Streifen zogen stets weitere Kreise. Ueberall blieben die Spuren ihrer Vranten zurück. So entstand bald das Gerücht von einer Unzahl Fischottern, und es setzte eine planmäßige Verfolgung ein. Manch ein Schrotschuß peitschte neben Quieta ins Wasser, manch eine Kugel sang dicht an ihr vorbei.
In einer mondhellen Frostnacht barg sie sich unter dem überhängenden Rasenkamp eines Hohlufers. Da hörte sie Tappeln. Ein bekannter Geruch wehte ihr in die Nase. Sie hob den platten, schmalen Kopf und windete. Ein Otter spannte hüpfend auf ihr Versteck zu, ein kleinerer folgte. Und dieser war — Schäk! Gesund und gut bei Leibe. Seine Mutter kannte er noch. Sofort fing er an, mit ihr zu spielen. Quieta war überglücklich. Sie benahm sich lustig und albern wie das jüngste Otterfräulein.
Der alte Ottermann Schrill hatte Schäk in einem Garten entdeckt, der nahe einem Mühlenteich lag. Ein feister Müller bewachte Schäk. Schrill lockte den Kleinen ins Wasser und verleitete ihn zur Flucht. Der Müller barst beinahe vor Grimm; denn er hatte für den Jungotter einen erheblichen Preis zahlen müssen. Die sofort einsetzende Verfolgung nutzte nichts. Schrill war ein zu gerissener alter Knabe.
Nun saß er da und freute sich, so plötzlich zu einer Familie gekommen zu sein. Doch nicht lange, da gab er das Signal zum Aufbruch. Ihm klang noch das Wutgebrüll des Müllers in den Ohren, und je weiter man von solchen tobsüchtigen Zweibeinern entfernt war, desto besser für die eigene Schwarte. Davon aber wollten Mutter und Sohn nichts wissen. Sie vergaßen in der Freude des Wiedersehens sogar das Fischen. Zuletzt machte Schrill sogar noch mit. Hei, das war eine Lust! Die geschmeidigen Körper schossen im Wasser aneinander vorbei, unten hindurch, oben her- !
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"
uver, uverschlugen sich und jagten manchmal in wildem Wettschwimmen dahin. Der Mond schaute freundlich lächelnd zu.
Schrills Ahnungen von der Tücke des Menschengeschlechts bestätigten sich nur zu schnell. Der Müller hatte eiligst die Jagdnachbarn verständigt. Und während früh morgens die drei Glücklichen in einer uralten, halbverfallenen Notröhre sich zu einem Klumpen geballt dem süßen Schlafe Hingaben, plantschten Vraken und stichelhaarige Köter durch das Uferwasser, schritten schwerbewaffnete Männer mordgierig durch den Wiesennebel. Auf dem Flusse aber stemmte sich ein Boot gegen die Strömung.
Quieta, die vorsichtig wie alle Muttertiere dem Höhleneingang am nächsten lag, erwachte davon, daß ein Köter jäh in die Röhre hineinschnob. Sie hatte nur den einen Gedanken: rette Schäk! Wie ein Blitz fuhr sie dem Feind an die Kehle. Der prallte zurück. Und an den Kämpfenden vorbei stürzten Schrill und Schäk nach dem rettenden Wasser.
Aber stehe, ein zweiter Hund packte den langweiligen Schäk, der noch immer dis Gefahr nicht recht begriffen hatte. Da geriet Schrill in eine maßlose Wut. Jetzt bewies er, wie gefährlich ein Otter sein kann. Schrill erwischte den Hund am Bein und ließ nicht eher los, bis der Laufknochen knackte. Dann warf er sich hmter Schäk ins Wasser.
Quieta hatte den Rest der Meute aufgehalten. Von allen Seiten packten geifernde Rachen zu. Sie biß wie eine Rasende um sich, erreichte auch das Wasser, spürte aber in den Weichen und am ganzen Körper solche Pein, daß sie sich kaum bewegen konnte. Noch einmal tauchte sie, um nach der wutkläffenden Meute zurückzuäugen. Dabei hatte sie das Boot völlig außer acht gelassen. Aus dem fuhr eine lange Feusrzunge. Tausend Schmerzen durchzuckten den Körper Ser Tiermutter. Sie wandte den Hellen Bauch nach oben und trieb mit der Strömung.
„Da haben wir das alte Vieh", sagte der Müller haßerfüllt, als Quieta gelandet wurde.
Am Abend spielte der Ottermann mit Schäk weit aufwärts in der Weser. Der kleine Bursche dachte kaum noch daran, daß er eine Mutter gehabt, daß sie heldenmütig für ihn ihr Leben geopfert hatte.
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10 Milk. NM. Pfandbriefausgabe der Württembergischen Hypothekenbank. Die Lockerung der Emissionssperre, die schon verschiedenen Hypothekarkreditbanken die Möglichkeit von Neu- rmissionen an Pfandbriefen erbrachte, hat sich nunmehr auch auf die Württembergische Hypothekenbank AG., Stuttgart, ausgewirkt. Wie in der o. HV. des Instituts der AR.-Vorsitzer Geh. Komm.-Rat Remshard (Bayrische Hyp. und Wechselbank, München) mitteilte, hat die Württembergische Hypothekenbank jetzt die Genehmigung erhalten, 10 Mill. RM. 4,5proezntige Hypo» thekenpfandbriefe zu emittieren und zwar 5 Mill. RM. sofort, die allerdings zweckgebunden sind. Nach der letzten Bilanz wies die Bank einen Hypothekenbestand von 169,15 Mill. RM. aus, denen Deckungshypotheken von 177,32 Mill. RM. gegenüberstanden. Die o. HV. genehmigte sodann den Abschluß für das Geschäftsjahr 1938 (Dividendenerhöhung von 5 auf 5,5 Prozent) ohne weitere Aussprache. Die Aussichten werden von der Verwaltung als günstig beurteilt.
Schwäbische Bank AG., Stuttgart. Die Schwäbische Bank AG., Stuttgart, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 1938 wieder befriedigend gearbeitet. Die Aufwärtsentwicklung des Eeschäits
_ Dienstag, den 4. April 1833
hat angehalten. Die Bekanntgabe einer Dividende von wieder 6 Prozent steht bevor.
1 Alb-Elektrizitätswerk Geislingen. In der HV. des auf genossenschaftlicher Grundlage arbeitenden Unternehmens, machte der AR.-Vorsitzer, Bürgermeister Hezler-Geislingen, eingehende Ausführungen über die gute Entwicklung des Werkes, die zu einem sich stets steigernden Stromabsatz geführt habe. Das Jahr 1938 sei in jeder Hinsicht das bisher beste Geschäftsjahr seit Bestehen des Werkes gewesen. Das AEW. sei auch in der Lage gewesen, die nötigen Erweiterungen mit rund 150 000 RM. aus eigenen Mitteln aufzubringen. Die Vermögenswerte seien in der Bilanz per 31. Dezember 1938 vorsichtig eingesetzt. Trotzdem könne die Dividende um 0,5 auf 5,5 Prozent erhöht werden. Die HV. genehmigte den Abschluß und erteilte Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung.
Jnlandsbriefgebiihre» «ach Böhmen und Mähren. Vom 1. April an gelten im Postdienst vom übrigen Reich nach dem Protektorat Böhmen und Mähre» für gewöhnliche Briese und Postkarten Jnlandsgebühren.
Württ. Kreditverein. In der HV. der Württembergischer Kreditverein AE., Bodenkreditanstalt, Stuttgart, wurde der Abschluß für das Geschäftsjahr 1938 (5 Prozent) ohne Aussprache genehmigt. Anstelle des ausgeschiedenen Direktors Heinrich Schmidt wurde Direktor Hartmann (Württ. Bank Stuttgart) und anstelle des verstorbenen Verbandsdirektors Schumacher Direktor Vröckel (Zentralkäste württ. Volksbanken Stuttgart) ne« m den AR. gewählt. Wie die Verwaltung mitteilte, hat die Nachfrage nach den Pfandbriefen auch im neuen Geschäftsjahr angehalten. Das Institut hat vor einiger Zeit die Ermächtigung zur Neuausgabe von 5 Mill. RM. Pfandbriefen und von 5 Mill. RM. Kommunal-Obligationen erhalten. Der Erlös dieser Emissionen ist nicht für das allgemeine Beleihungsgeschäft, sondern ausschließlich für Wohnbauten im Rahmen des Vierjahresplans, der Wehrmacht und der Städtegründung zu verwenden. Die neuen Pfandbriefe werden nur nach Maßgabe des jeweiligen Beleihungsbedarfs ausgegeben.
Hanf Union AG., Schopsheim. Bei der Hanf Union AE., Schopfheim, liegt der Umsatz 1938 mengenmäßig sogar über dem des Rekordjahres 1937. Die Rohstoffversorgung war in jeder Hinsicht gesichert. Die Kapazität konnte voll ausgenützt werden. Aus dem Jahresgewinn von 169 079 (178 900) RM. wird aus das 1,3 Mill. RM. betragende AK. eine Dividende von 8 (7) Prozent verteilt. Die Aussichten werden für das laufende Jahr durchaus günstig beurteilt, nachdem die Rohstoffversorgung gesichert ist. 4 »
Expreßgutverkehr zu Ostern 1938. Um Verzögermrgen in der Beförderung und Zustellung von Expreßgütern zu Ostern 1939 zu vermeiden, nimmt die Reichsbahn in der Zeit vom 2. bis 10. April 1939 keine sperrigen und unhandlichen Güter sowie keine Güter im Einzelgewicht über 50 Kilogramm als Expreßgut an. Die FD- und die D-Züge werden über diese Zeit für die Beförderung von beschleunigtem Eilstückgut (ausgenommen lebende Tiere und Blumen) ausgeschloffen. Nähere Auskunft erteilen die Bahnhöfe.
Die GAe der württembergischen Getreideernte
Die Güte der Getreideernte 1938 war im Reichsdurchschnitt etwas bester als 1987. Dagegen lagen nach den Erhebungen des Statistischen Reichsamtes die west- und süddeutschen Anbaugebiete im allgemeinen unter dem Reichsdurchschnitt. Am schlechtesten schneiden hier ab die Rheinprovinz und Württemberg. In Württemberg ist 25,3 Prozent bei Winterweizen, 35,2 Prozent bei Hafer „gering" begutachtet. Von dem Gesamtertrag an Winterroggen von 44 665 Tonnen wurden 60,5 Prozent gut, 25,5 Prozent mittel und 14 Prozent gering bewertet. Für 1937 war das Eüteverhältnis der württembergischen Ernte zuin Reichsdurchschnitt etwas bester
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b5 8 Kutter(Margarine)oderSckmalz. liest formt man eine volle, legt sie als kand auf den loctenboden und drückt sie an die form. kela o: 1 gekaufter kftl. Marmelade. Sackzeit: 15-20 Minuten bei guter Mittelkilze.
250- 500 8 kanancn. Oen ausgekükllen Soden bestreickt man mit der Marmelade und legt die abgezogenen, in Sckeiben
I/!päck-ken Or.OctkecOötterfpeifemit gefcknittenen Kanonen darauf. Vas kalbe pcickcken lZötterspeise wird nack Oorftkrist in 1/4l Wasser Zucker, pfirfick- od. Zilcone-löeftkmack. aufgelöst und kalt gestellt, wenn die Speise anfängt steif zu werden, wird sie auf den lortenboden l /4 l Wasser. gegeben, vamit der lbust sckniNfest wird, must die lorte reckt kalt, gestellt werden. Zur Verzierung
Ver zierun g: lzaselnuflkerns oder streut man die in Sckeiben gefcknittenen lzaselnuflkecne oder Mandeln auf den Sand der lorte.
abgezogene Mandeln. kitte cmssrknoidon 1
Roman von Klara Haidhausen.
-Urheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 12. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Heute war sie dankbar, daß die Promenade noch menschenstiller lag und die Musik nur gedämpft aus den Jnnen- räumen der Hotels herüberklang. Heute brauchte sie die Pille, gewaltige, durch keine Künste von Menschenhänden gestörte Größe der Natur, um an ihr zu ermessen, wie klein und nichtig alles war, was dem törichten Herzen übermächtig und unendlich wichtig erscheinen wollte.
Schweigend schritt sie an des Doktors Seite, bemüht, ihre Gedanken für die kommende Aussprache zu sammeln und zu ordnen, — und der feinfühlende Mann verstand und ehrte dieses Schweigen.
Vor Dithas Bootshaus blieben sie stehen und Ditha öffnete mit ihrem Schlüssel. Vier schmucke Fahrzeuge schaukelten Seite an Seite auf den leichtbewegten Wellen: eine , prachtvolle Segeljacht, ein kleines Motorboot und zwei Paddelboote. Ditha liebte den Wassersport sehr und verbrachte viele ihrer freien Stunden draußen auf dem See.
„Wollen wir segeln?" wandte sich Römer fragend an sie. Doch sie wehrte ab: „Nein, nicht segeln, Doktor! Es erfordert zu viel Aufmerksamkeit und ich möchte ruhig mit Ihnen sprechen können. Wenn Sie nicht zu müde sind, möchte ich Sie bitten, zu rudern."
Bereitwillig entnahm Doktor Römer dem an der Wand des Bootshauses befestigten Ständer zwei Ruder, sprang damit in eines der Boote und reichte Ditha stützend die Hand, ihr beim Einsteigen behilflich zu sein. Mit warmem Druck umschloß sie seine Finger, nahm dann gewandt ihm gegenüber Platz und half mit geübten Griffen, das Boot aus der Halle zu schieben und die Paddel einzuhängen.
Dann aber, als nun Doktor Römer sich fest in die Ruder legte und den Kahn mit kräftigen, taktmäßigen Schlägen rasch dem offenen See entgegenMrte. lebnte Ke KL wieder
schweigend in ihren bequemen Sitz zurück. In unbewußtem Spiel streckte sie die Hand über den Bootsrand in das Wasser hinein und ließ die weiche, kühle Flut über die schlanken Finger rieseln, — ihre Augen aber suchten die weite Wasserfläche, den leicht bewölkten Himmel und die schneegekrönten Häupter der Berge, die in den Strahlen der tiefer und tiefer gleitenden Sonne langsam aufzuleuchten begannen. In durstigen Atemzügen trank sie die oft geschaute und doch ewig neue Schönheit dieses herrlichen Stücks Erde in sich ein und tiefer Friede, wie ihn naturverbundene Menschen immer am Herzen der gütigen Allmutter empfangen, kam über sie. Nun war sie ruhig zu der Lebensbeichte, die sie dem Manne gegenüber, der mit wehen Augen und wundem Herzen nichts sah als das Bild der schönen, geliebten Frau vor sich, schuldig zu sein glaubte.
Sie waren schon ziemlich weit vom Lande entfernt — kein Unberufener würde lauschen, keine unliebsame Störung sie unterbrechen. Bittend legte Ditha die Hand aus Doktor Römers Arm: „Darf ich nun sprechen, Gert?"
Er zog die Ruder ein und ließ den Kahn frei auf den leise plätschernden Wellen treiben. Warm klang seine Stimme in das große Schweigen ringsum: „Ich danke Ihnen, daß Sie mir Ihr Vertrauen schenken wollen, Fräulein Ditha, ich weiß was Sie mir Großes damit geben. — Aber ich möchte nicht, daß Sie sich irgendwie mit dieser Aussprache quälen, nur weil Sie denken, mir eine Genugtuung für ein rasch gesprochenes, unbedachtes Wort schuldig zu sein. Ich habe es auch ohnedies längst vergeben und bin überzeugt, daß Sie mir nicht wehtun wollten."
„Ich danke Ihnen, Gert," sagte Ditha innig, „und ich bitte Sie zugleich: Lassen Sie mich sprechen! — Es ist besser, wenn Sie einmal klar sehen» warum ich all Ihrem treuen Werben gegenüber unempfindlich blieb, wenn Sie einmal wissen, daß mein Herz längst einem anderen gehört."
Sie sah, wie die Finger des Mannes sich schmerzhaft in- einanderschoben und legte tröstend ihre Rechte darüber. „Ich weiß, es tut Ihnen weh, Gert, das zu hören, aber es mutz einmal ausgesprochen werden in Ihrem eigenen Interesse." -
Sich wieder zurücklehnend fuhr sie fort: „Sie haben Papa ja noch gekannt, Kollege! Er war gebürtiger Luzer- ner, zog aber schon in jungen Jahren über das Meer hinüber in die Neue Welt und verbrachte den größten Teil seines Lebens in San Franziska. Dort lernte er auch meine Mutter — eine Deutsche — kennen, dort wurde ich und acht Jahre später mein einziges Schwesterchen geboren. Vater war ein tüchtiger, gewiegter Kaufmann und vom Glück begünstigt, es gelang ihm,' sich mit der Zeit ein sehr ansehnliches Vermögen zu erwerben.
Wir waren eine sehr glückliche Familie, Papa, Mama und ich — bis Mandie geboren wurde und Mama das Leben kostete. — Von diesem schweren Schlag hat Papa sich nicht mehr erholt, sein Wirkungskreis in Frisco und die ganze Neue Welt überhaupt war ihm verleidet. Er machte so rasch als möglich sein Vermögen flüssig und kehrte hierher in die Heimat zurück. Wir alle durften ihn begleiten, Maudie, die damals ein halbes Jahr alt war, unsere Dienerschaft, die aus lauter Deutschen bestand, ich und auch Mama in ihrem schweren Metallsarg.
Hier in Luzern erwartete uns Papas Mutter, die uns mit schrankenloser Liebe ans Herz nahm und alles tat, um namentlich mir, die ich doch schon so groß war und namenloses Heimweh um die Tote hatte, die verlorene Mutter zu ersetzen.
Als ich elf Jahre alt war. starb Maudie, die ich vergötterte, an Diphterie. Ich hielt sie die ganze letzte Nacht in den Armen und sah, grausam gefoltert, wie das geliebte Leben unter unsäglichen Qualen langsam erlosch. Ich konnte es nicht fassen, daß die Ärzte machtlos daneben standen und war in meinem grenzenlosen Schmerz ungerecht genug, ihre Machtlosigkeit Unfähigkeit zu nennen.
In dieser martervollen Nacht reifte in mir der Entschluß Ärztin zu werden, Kinderärztin, die natürlich, io dachte ich: in meiner kindlichen Unwissenheit — allen, allen armen und kranken Kindern helfen würde. Papa, dessen ein- und alles ich nach Maudies Tod geblieben war, tat alles, um mir die Erreichung dieses Zieles so leicht als möglich zn mackeu. (Fortsetzung folgt.)