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Nr. 68

Dienstag, äen 21. März 1939

113. Jahrgang

Wie sie lügen ...

Stundenplan für deutsche Eroberungen"

London, 20. März. Die englische Presse bringt eine ganze Fälle von Lügenmeldungen hetzerischen Charakters. Zur Beleuchtung der Bösartigkeit der Hetzer sei nur noch angeführt, daßNews Lhronicle" vom 17. März es fertig gebracht hat, einenStun­denplan des Dritten Reiches für künftige Er­oberungen" seinen Lesern vorzusetzen, der jetzt die Runde durch die ausländische Presse macht. Bei dem englischen Blatt weis; man ganz genau, welche Absichten das Dritte Reich hegt. Ungarn soll 1939, Jugoslawien 1940, Rumänien und Bulgarien im Herbst des gleichen Jahres und alle Wcst- ftaaten einschließlich Frankreich im Frühjahr 1941er­obert", jawohlerobert" werden. Das PariserOeuvre" ließ derRuhm" des englischen Schwesterblattes nicht ruhen. Es trumpft am 19. März mit der Lügenmeldung auf, die deutsche Wehrmacht werde gewisse Teile Polens, unter anderem das Olsagebiet, besetzen, nachdem es schon Tage vorher behauptet hatte, der Reichsführer habe in Warschau mitgeteilt, daß Deutschland als Unterpfand vorläufig Oberschlesien besetzen werde. Im übrigen hatte dasOeuvre" noch einen besonderen Schlager für die skandinavischen Länder, denen eine Blockade durch deutsche U-Boote angesagt wurde, wenn sie nicht 50 Prozent ihrer Waren freiwillig an die autoritären Staaten lieferten.

Der LondonerDaily Telegraph" wendet sich zum Unterschied noch einmal nach einer anderen Himmelsrichtung. Er behauptet am 17. März, Deutschland beabsichtige die Unterstützung der kroatischen Autonomieforderung, um einen Vorwand zu bekom­men, deutsche Streitkräfte im Adriatischen Meer zu stationieren! Journal des Debats" wärmt das alte Märchen von dem Plan militärischer Operationen gegen Holland und Belgien auf. In der Erkenntnis der Logik hat es allerdings am weitesten gebracht dieGazette de Bruxelles", die ihren Lesern eine llebersthrift präsentiert:Nach der Tschechoslowakei Antwerpen!" Und Libre Belgique" gar schießt im belgischen Staatsgebiet den Vogel damit ab, daß sie behauptet, in Berlin sei ein Belgien- Büro unter Aufsicht von Rudolf Heß gegründet worden.

Wieder eine LSgenmeldung erledigt

Der norwegische Außenminister erteilt den französischen Hetzern eine Abfuhr

Oslo, 20. März. Außenminister Koht, der von seinem mehr­tägigen Besuch in Paris, wo er an der Sorbonne Vorträge hielt am Montag zurückkehrte, trat sogleich im zuerst erscheinenden Nachmrttagsülatt den Hetzmeldungen der französischen Presse aufs entschiedenste entgegen, wonach die deutsche Negierung schon vor Mölf Tagen vondenskandinavischenStaa- ten unter Drohungen verlangt haben solle, sich so­wohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Beziehung Deutsch­land anzuschließen. Der Außenminister erklärt, ihm sei hiervon auch nicht das geringste bekannt. Im Außenministerium finde sich nicht ei» Wort, nicht einmal eine Silbe darüber. Es sei dies eines der üblichen Gerüchte, die aus den verschiedensten Gründen ausgehängt und verbreitet wurden. Er könne wie schon ! früher sagen, daß aller Grund vorhanden sei, solchen Presse- ^ Meldungen in Zeiten wie den jetzigen mit allergrößter Heftigkeit zu begegnen. Bis zum heutigen Tage, so betonte Koht nochmals, hat man von dem angeblich vor zwölf Tagen erfolgtenDruck" Deutschlands im norwegischen Außenministerium noch nichts »erspürt.

AuchDaily Telegraph" schreibt, das Kabinett prüfe di? Frage, ob es geraten sei, sofortige Beratungen mit Frankreich, Sowjetrußland und den Valkanstaaten (!) zu eröffnen. Man er- ! l°hre, daß der Sowjetbotschafter Maisky ersucht worden sei, die Ansicht seiner Regierung übergewisse Punkte" einzuholen, denen man in London wesentliche Bedeutung beilege. Die seit langem von der britischen Regelung vertretene Ansicht, daß es kernen Zweck habe, irgendwelche Länder nördlich oder westlich Eiv ^ unterstützen, werde in Downing Street zur Zen überprüft. Der politische Korrespondent derNews Chro- mcle will von maßgebender Stelle erfahren haben, daß das in seiner letzten Samstagsitzung den Gedanken des prak- stch langst bestehenden Bündnisses zwischen England, Frankreich, Sowjetrußland und anderen Stall­en grundsätzlich gutgeheißen habe. In allergröß- »r Ausmachung meldetDaily Mail" bereits, daß die britische Aegrerung die sowjetrussische Regierung formell ausgefordert habe, ihre Beteiligung an einem Pakt mit England und Frankreich zu prüfen.

Pariser Geständnisse

Die Einstellung der Demokratien enthüllt Eine Hetzlüge gegen Deutschland über Rumänien

Paris, 20. März. Ein Blick in die vor Wut zitternde franzö- We Presse zeigt die Borniertheit und von keiner Maske mehr »»hüllte Niedertracht einer Politik, die keineswegs auf Moral Liebe zu den Unterdrückten" basiert, sondern nun offen "ber den Zusammenbruch verbrecherischer Einkreisungspo- !>tik wütet. Aufschlußreich für die innere Linie solcher Politi- i sind, mix gewisse Eingeständnisse der Enttäuschung, auch die , Mnen Darlegungen künftiger Bemühungen. So plaudertEpo- Mc« über die Schleichwege der englischen Diplomatie von USA.

! bis Sowjetrußland. Das Hauptziel der britischen Aktion fei, Ru- ! mänien, eine der größten Weltquellen von Getreide, Petro- , leum und Holz, nicht zu friedlicher Zusammenarbeit mit dem ! deutschen Nachbarn kommen zu lassen. Rumäniens riesige Reich- ; tümer würden die Wirkungen einer Blockade um Deutschland (!) ! auf Monate hinaus abschwächen. Dies hätten die Militär- und , Wirtschaftssachverständigen Londons verstanden. Daher handle London in Warschau, Sofia, Ankara, Belgrad und Athen, vor allem aber in Sowjetrußland. Und deshalb habe sich eine regel­rechte englisch-sowjetrussische Annäherung abgezeichnet.

Früher, als die Tschecho-Slowakei sich noch in die Flanke des Reiches schlug, als 40 Divisionen eine der reichsten deutsche» Provinzen bedrohten und als die Flugzeuge von der böhmischen Plattform gegen Berlin, Dresden und München aussteigen konn­ten, wäre dies alles viel leichter gewesen. Heute gehe es nur noch, wenn man sich aufdie riesige Bastion Sowjetrußlands" stütze.

Zurückweisung englisch-französischer Liigenmeldungen durch Rumänien

! Bukarest, 20. März. Die rumänische Presse veröffentlicht über- § einstimmend und teilweise in großer Ausmachung eine Mittei- ^ lung der amtlichen rumänischen NachrichtenagenturRador", in der die Behauptung von einem angeblichenUltima­tum" des Reiches an Rumänien im Verlauf der gegen­wärtig stattsindenden Wirtschaftsverhandlungen aufs entschieden­ste in Abrede gestellt wird. Die englische und die französische Presse hatte in dreister Weise die Lüge verbreitet, daß Deutsch­land im Zuge der zur Zeit im Gange befindlichen Wirtschafts­vorhandlungen einen Druck auf Rumänien ausgeübt habe. In politischen Kreisen Rumäniens ist man empört über dieses durch­sichtige Manöver, mit dem die deutsch-rumänischen Wirt­schaftsverhandlungen gestört werden sollten. Die für die rumä­nische Außenpolitik maßgebende Stelle hat sofort eingegriffen und durch ihre Dementi alles getan, um die freundschaftliche Atmosphäre zu erhalten, in der sich diese Verhandlungen zwi­schen der rumänischen Regierung und dem deutschen Vertreter Ministerialdirektor Wohltat bisher abgespielt haben.

Sie Luge von einem deutschen NMmatum

an Rumänien

London, 20. März, lieber die merkwürdigen Umstände, die die s Nachricht von einem angeblichen deutschen Ultimatum in Ru- > mänien umgaben, erfährt man folgende Einzelheiten: Die Mel- ! düngen derTimes" und desDaily Telegraph" über das Ul- ! timatum waren von einem hohen Beamten des Auswärtigen ! Amtes (Vansittart) zusammen mit dem hiesigen rumänischen Ge- j sandten Tilea lanciert worden. In Wirklichkeit lag ein solches ! Ultimatum nicht vor. Die Nachricht bezog sich auf die Verhand- ! lungen, die seit drei Wochen zwischen Deutschland und Rumänien j über eine wirtschaftliche Annäherung geführt werden und in ^ denen auf deutscher Seite vor allem Ministerialdirektor Wohl- ; tet beteiligt ist. Der hiesige rumänische Gesandte gab den an- s geblichen Vorschlägen Deutschlands auf dieser wirtschaftlichen ! Konferenz den Charakter eines Ultimatums. Das Außenmini- - sterium in Bukarest dementierte jedoch, daß ein Ultimatum vor- ^ läge, so daß zwei widersprechende Nachrichten, die eine vom j Außenministerium in Bukarest und die andere unter Mithilfe > des englischen Auswärtigen Amtes von dem hiesigen rumänischen ! Gesandte erfundene, den Weg in die Oeffentlichkeit nahmen, j Später sah auch der Gesandte sich gezwungen, die von ihm selbst j erfundene Lügenmeldung zu dementieren.

London und Moskau einig

gegen Deutschland

London, 20. März. Die Zeitungen Englands, gleichsam als des friedlichsten, sanftesten, moralischsten und uneigennützigsten Lan­des seit Jahrhunderten, begegnen dem großen deutschen Schritt zur Sicherung Zentraleuropas weiter mit einfältigenDro- hungen und albernsten Einschüchterungsversu­ch e n. Die politische Aktivität, die in London während des Wo­chenendes herrschte, bildet den Gegenstand der Besprechungen der Montagpresse. Sämtliche Blätter berichten übereinstimmend, daß für Montag eine Sondersitzung des britischen Kabinetts ein­berufen sei und daß Lord Halifax am Nachmittag im Oberhaus eine längere Erklärung abgeben werde. Die Blätter stellen d i e in London erfundene und in Bukarest längst de- mentiertedrohendeHaltungDeutschlandsge- genüberRumänien"indenVordergrund.

Mit Ausnahme derTimes" sprechen die Blätter in mehr oder weniger deutlicher Form von der Möglichkeit einer ge­meinsamen Front aller demokratischen Staa­ten unter Englands Englands Führung, wobei aber eigentümlicherweise die Sowjetdiktatur neben Frankreich als einer der wesentlichsten Faktoren eines solchen demokrati­schen Paktes angesehen wird.

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Die neue Lage"

Nach einer Woche deutscher Weltgeschichte, die zu einer grundlegenden Neuordnung Mitteleuropas durch Adolf Hit­ler führte, ist die englische Auffassung, daß jetzt ein neues Kapitel britischer oder, wie man vorsichtiger sagt, demokra­tischer Weltgeschichte beginnen müsse. In dem Bestreben, diesen Akt würdig einzuleiten, ist man in fast allen Län­dern westlich unserer Grenzen zu einer wilden Aus­peitschung der nationalen Leidenschaften übergegangen. Jede Rede, die gehalten, jede Erklärung, die abgegeben wird, ist bis in das letzte Wort hinein erfüllt mit Deutschenhass. Auch die vorläufige Zurückziehung der Botschafterzur Berichterstattung" ist als eine bewusste Brüskierung der deutschen Politik gedacht, ganz zu schwei­gen von der offenen Unterstützung der Benesch-Hazardenre durch Washington, die Sperrung der tschechischen Guthaben, die Verweigerung der Anerkennung des deutschen Protek­torats und die damit im Zusammenhang stehenden Demar­chen in Berlin, die unzweideutig und scharf von Deutschland zurückgewiesen werden mussten. Dass in dem Kübel, unter dem das neue Feuer flackert, auch Tendsnzlügen jeder nur erdenklichen Art gekocht werden, ist bei der Mentalität der demokratischen Kriegshetzer durchaus verständlich. Man sieht deukftch, wie bereits aus den verschiedensten Süppchen eine neue Kriegsschuldlüge zusammengebarut wird. In der­artigen Dingen haben die Engländer grosse Erfahrung. Auch die moralische Heuchelei fehlt nicht, nie diesen gan­zen Sud für puritanische Gemüter schmackhaft machen kann. Das tollste ist die Lüge von einem deutschen Ultimatum an Rumänien.

Es ist im Grunde überflüssig, diese neue Kreuzzugspre­digt gegen die faschistischen Staaten auf ihre Gründe und Hintergründe näher zu untersuchen. Die Wortführer find alles alte Bekannte, deren Handschrift und Mundwerk in tausend Leitartikeln -. er jch 'cn Wochen einen Niederschlag fand. Interessant ist nur, dass auch die nüchtern denkenden Staatsmänner von dieser bewussten Auspeitschung und Ver­nebelung der öffentlichen Meinung allmählich mitgerissen werden. Sie verlassen den Kurs einer wirklich weitdenken­den Weltpolitik und sinken in nationale Voreingenommen­heiten zurück, die vor hundert oder vor zwanzig Jahren modern waren. Tragisch dabei ist nur ein: die Unfähigkeit, mit der echten Entwicklung der Dinge Schritt zu halten, die selbst ein Mann wie Chamberlain zu törichten und unangebrachten Vorwürfen gegen Deutschland und Adolf Hitler veranlasst. Tragisch aber ist auch der geringe Mut auf der Gegenseite, mit dem wie­dererstarkten Deutschland einen gemeinsamen Ausgleichs­kurs in Europa einzuschlagen. Statt dessen faselt man zwar von einerneuen Lage", aber man steht diese Lage aus­schliesslich im Stil der alten Allianzen. Dass das wirkliche Problem allein die Anbahnung eines gesunden Verhält­nisses zwischen dem britischen Empire und der grotzdeutschen Kontinentalmacht ist, will man nicht zugeben. Man wi.'d in London nervös bei dem Gedanken, dass auch ein anderes grosses Volk seine heiligsten Lebensrechte verwirk­licht. Man sieht nicht, dass zwischen Deutschland und England und zwischen Deutschland und Frankreich keinerlei Streitfra­gen mehr bestehen, wenn die britischen Vergewaltigungs­versuche des deutschen Aufstiegs aufgegeben werden. Man schreit weiter ins Leere, und man wundert sich, dass man in Deutschland nur noch die Achseln zuckt oder die altbekann­ten Lügenparolen mit einem Ingrimm beantwortet, der al­lerdings auch allmählich in den letzten Tagen zu wachsen beginnt.

Wie in Wahrheit die Lage ist, zeigt ein Blick in die deut­sche und ausländische Presse. Hier Klarheit, Ernst und Of­fenheit, dort Hysterie, Verdrehungen, ein Schwanken zwi­schen wildem Machttoben und Minderwertigkeitskomplexen. In London, Paris und Washington die geschäftige Beteue­rung:Wir werden unsere Länder jetzt in eine einzige Waf­fenschmiede verwandeln." In Deutschland dieHeimkehr des Führers nach Berlin. Eine Jubelkundgebung ohnegleichen, eine unlösbare Verschworenheit von Volk und Negierung. Aber noch ein Wesentlicheres ist greifbar: In den Demokratein steht hinter der äusseren Kraftmeierei ein blasses Gefühl der Furcht. In Deutschland und Italien durchdringt alle Bekundungen des nationalen Wilens ein tiefes Gefühl der Entschlossenheit und unbedingten politi­schen Klarheit. Das Bewußtsein eines höheren Rechtes, ei­nes lebendigen Stolzes begleitet jeden politischen Schritt in der Praxis, eine Opferbereitschaft, die im Willen wurzelt und die das mitztönige Geschrei der anderen als unecht und peinlich empfindet. Zwischen diesen beiden verschiedenen Eeisteshaltungen gibt es im Augenblick kaum eine Brücke. Der Brückenschlag ist auch deshalb schwer, weil England in seiner Propaganda von einer Vergewaltigung von Völkern und Rassen spricht, die schmerzlichste Empfindungen in jeder deutschen Erinnerung wachrufen muß. Wer kostete die Lei­den der Nachkriegszeit bis zur Neige? Unser Volk. In wel­chem Lande marschierten französische Negerbataillone und wurden brutale Unterdrückungsakte gegen eine waffenlose» hochzivilisierte Bevölkerung durchgeführt? In Deutschland. Welche Staaten aber heuchelten Versöhnung in Versailles, genau so wie sie jetzt heucheln? Wir brauchen die Na­men nicht zu nennen. Es ist das alte Lied. Unsere Erfah­rungen und Erinnerungen sprechen deutlich genug. Noch ein­mal fällt das grossdeutsche Reich auf denselben Schwindel nicht herein.

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