8. Seite — Nr. SK
Nagoldcr Tagblatt »Der Gesellschafter
Dienstag, den 7. Mär, 1838
beabsichtigte Regelung wird schon jetzt bekanntgegeben, um der , Landwirtschaft, insbesondere den an Brennereien angeschlossene« landwirtschaftlichen Betrieben, vor der Frühjahrsbestellung die Möglichkeit zu geben, durch Ausdehnung des Anbaues stärke- reicher Kartoffelsorten dem erhöhten Bedarf an Fabrikkartoffel» Rechnung zu tragen. Der Fabrikkartosfelanbau muß neben dem bedarf der Brennereien unbedingt die volle Erfüllung der Verarbeitungspflichten der Stärke- und Flockensabriken sicherstes», ;
Wann wird geflaggt? !
Eine Anordnung des Reichsministers des Innern i
Berlin, 5. März. Der Reichsminister des Innern hat die be- - stehenden Vorschriften über die Beflaggung der Dienstgebäude ' sowie über die Flaggensetzung der öffentlich-rechtlichen Reli- j gionsgesellschasten unter teilweiser Aenderung und Ergänzung ! ne« Lekanntgemacht. Diese Bestimmungen gelten im gesamte« grvtzdeutschen Reichsgebiet. Danach wird nach den näheren Bestimmungen dieser Erlasse an folgenden Tagen regelmäßig ohne besondere Anordnung geflaggt:
1. am Reichsgründungstag (18 Januar),
2. am Tag der nationalen Erhebung (30. Januar),
3. am Heldengedenktag, der in diesem Jahr aus den 12. März fällt,
4. am Geburtstag des Führers (20. April),
5. am Nationalen Feiertag des deutschen Volkes (1. Mai),
6. am Erntedanktag, der in diesem Jahre auf den 1. Okt. fällt,
7. am Gedenktag für die Gefallenen der Beweu^.r (9. November).
Am Heldengedenktag wird, abweichend von dem bisherigen Brauch, Vollstock geslaggt.
Me öffentliche Fürsorge in Württemberg
Während Ende März 1833, kurz nach der Machtübernahme, m Württemberg noch 94 671 hilfsbedürftige Parteien (Unter- stützungsfälle) von den Fürsorgeverbänden lausend in offener Fürsorge zu unterstützen waren, betrug nach den neuesten Mitteilungen des Württ. Statistischen Landesamts ihre Zahl im Durchschnitt des Rechnungsjahres 1937/38 nur mehr 40 883; sie hat sich somit um S3 788 oder rund 57 v. H. seit dem Krisenhöchststand Ende März 1933 verringert. Ausschlaggebend für die Verminderung der Gesamtzahl der laufend in bar unterstützten Fürsorgeempfänger war die abnehmende Zahl der Arbeitslosen, die wieder Beschäftigung erhalte» hatten. Waren Ende März 1933 insgesamt 48 585 Arbeitslose vorhanden, die von den Gemeinden als Wohlfahrtserwerbslose voll oder zusätzlich Unterstützung erhielten, so bezifferte sich diese Zahl im Durchschnitt des Jahre 1937/38 nur noch aus 1999, d. s. 46 586 oder rund 96 v. H. weniger als Ende März 1933. Die Zahl unterstützten Kleinrentner ist von 10459 auf 8139, die der Sozial- > rentner von 16893 auf 16437 und schließlich die der sonstigen z Hilfsbedürftigen von 16 407 aus 13 399 zurückgegangen, während ! bei den in der gehobenen Fürsorge unterstützten Kriegs- ! beschädigten, Kriegerhinterbliebenen und Gleichgestellten s eine Abnahme von 2327 auf 909 festzustellen ist. Mit der ver- ! ringerten Zahl der Hilfsbedürftigen haben gleichlaufend die Für- ! iorgekostsn einen beträchtlichen Rückgang erfahren. Im Rech- : .mngsjahr 1937/38 erreichten die Fürsorgekosten der Gemeinden ) und Gemeindeverbände nur mehr einen Betrag von 26,581 Mil- > Zonen RM. gegenüber 55,937 Millionen RM. im Rechnung-;- i -ahr 1932/33. j
Von den im Durchschnitt des Rechnungsjahres 1937/38 lau- j ieud in offener Fürsorge bar unterstützten Parteien zählten ! 44 072 zum Personenkreis der gehobenen Fürsorge und 6811 zum Personenkreis der Allgemeinen Fürsorge (Armenfürsorge). Die i Unterbringung in Anstalten für Geistes- und Ner- ; venkranke erforderte mit rund 5,4 Millionen RM. weitaus s den größten Aufwand; etwa nur halb so groß sind demgegenüber . die Beträge, die für die Unterbringung Hilfsbedürftiger in s Altersheimen und Siecherchäusern aufgewendet werden müssen, nämlich 2,5 Millionen RM. Auch die Kosten für die Unter- ' bringung in Krankenhäusern erreichen noch eine Summe, die ! (mit 1,6 Millionen RM.) die Millionengrenze überschreitet. s
Unter den Ausgaben der öffentlichen Fürsorge nehmen die - unmittelbaren Fürsorgekosten an die einzelnen Hilfsbedürftigen s den breitesten Raum ein. 2m Rechnungsjahr 1937/38 haben diese i einen Aufwand von 26,581 Millionen RM. erfordert gegen 29,357 > Millionen NM. im Vorjahre. Der gesamte Haushalt der Für- ! sorgeverbänoe umfaßt im Berichtsjahr 47,219 Millionen RM. Ausgaben und 14 888 Millionen RM. Einnahmen. Der Zu- ! ichußbedarf belief sich somit aus 32,831 Millionen RM. ^
Weniger SiratzenverkehrsimfAle
Württemberg hatte, wie die Mitteilungen des Württ. StM» stischen Landesamts bekanntgeben, im 4. Vierteljahr 1938 insgesamt 2626 Straßenverkehrsunfälle zu verzeichnen. Davon ent- ,-allen allein 625 auf Stuttgart und 494 auf die übrigen zehn -lläist- mit 20 000 und mehr Einwohnern. Die Zahl der Ver- 'ehrsunsälle hat sich cm Vergleich zum 4. Vierteljahr 1937 um 456 oder 14,8 v. H. verringert. Ebenso ist in Stuttgart in dieser Zeit die Unfallziffer um 185 oder 22,8 v. H. und bei den ! übrigen Städten ab 20 000 Einwohnern um 154 oder 23,8 v. H. i zurückgegangen. Dieser Rückgang ist als bedeutsamer Erfolg des > Kampfes gegen die Verlehrsunfällc zu werten. Die Zahl der s rm Straßenverkehr getöteten und verletz tenPersonen ! ist mit der Verminderung der Vcrkehrsunfälle ebenfalls gesunken. Insgesamt sind in der Berichtszeit bei 54,9 v. H. der Unfälle ^ Personen getötet oder verletzt worden. Getötet wurden 104 und s verletzt 1746 Personen, d. s. 28 Getötete und 240 Verletzte wem- , ger als im 4. Vierteljahr 1937. Bei der überwiegenden Zahl der > Unfälle (68,4 v. H.) lag die Ursache bei einem Kraftfahrzeug > oder dessen Führer. Für Stuttgarr unv die übrigen Städte ab . 20 000 Einwohner ergibt sich für Kraftfahrzeuge mit 74,3 und j 70,7 v. H. noch eine höhere Veteiligungsziffer. Die häufigsten ! llnfallnrsachen kamen auch diesmal wieder zustande durch falsches > Einbiegen und lleberholen. Nichtplatzmachen beim Ausweichen ; oder Aeberholtwerden (19,7 v. H.), weiterhin durch übermäßige j Geschwindigkeit (17,2 v. H.) und Nichtbeachten der Vorfahrt ; (15,5 v. H.); Radfahrer und Fußgänger hatten mit 6,2 und 7,7 , v. H. Anteil an den llnfallnrsachen !
Im ganzen Jahr 1938 ereigneten sich in Württemberg ! 10 899 Straßenverkehrsunfälle gegen 11695 im Jahre 1937. Die ! Zahl der Unfälle hat demnach trotz weiterer Motorisierung des i Straßenverkehrs um 6,8 v. H. abgenommen. Getötet wurden 863 > und verletzt 7472 Personen. Von den 14 302 ermittelten Unfall- ; Ursachen hatten die Kraftfahrzeuge oder deren Führer mit 10 074 i die weitaus meisten verschuldet. .
PfiichLjahr, Landdienst!
nsg. Seit Verkündung des allgemeinen Pflichtjahres für Mä- j del gehen bei der Gebietsführung der schwäbischen Hitler-Ju- i gend täglich zahlreiche Anfragen ein, wann und wo Mädel das Pflichtjahr ableisten müssen, ob Befreiungen oder Zurückstellun- s gen möglich sind usw. Nun macht die Gebietsführung der HI. ; darauf aufmerksam, daß diese Angelegenheiten nur von den Ar- ' beitsämtern erledigt werden. Der Landdienst stellt nur eine ; Form — allerdings die beste und schönste — dar von den ver- , schiedenen Arten (Landdienst, Landhilfe, Hauswirtschaftliches ! Fahr, landwirtschaftliches Arbeitsverhältnis nsw.) auf die das ; Pflichtjahr abgeleistet werden muß. Vormerkungen und Anmel- - düngen von Mädeln werden natürlich heute schon angenommen. , Jungen zwischen 14 und 25 Jahren können sofort Aufnahme in ^ den Landdienst finden. Anmeldungen sind zu richten an das Landdienstreferat des Gebietes Württemberg (20) in Stutt- ; gart, Erust-Weinstein-Straß« 40.
Luftschutz-Lehrgänge für die Äugend
Zwischen der Reichsjugendführung und dem Präsidium des Reichsluftschutzbundes wurde eine Vereinbarung getroffen, wo- : nach bereits in den nächsten Monaten ein verstärkter Einsatz der deutschen Jugend in der Luftschutzarbeit er- - folgen wird. ,
In dem Bestreben, das gesamte deutsche Volk luftschutzüereit ' zu machen, werden in Zukunft alle deutschen Jungen und ; Mädel im Alter von 13 bis 14 Jahren, das ist der ; letzte Jahrgang des deutschen Jungvolks und des Jungmädel- ^ bundes, in jedem Jahr in Sonderlehrgängen im Selbstschutz ausgebildet. Die HI. und der BdM. stellen dem ; Reichsluftschutzbund die zu dieser Ausbildung zusätzlich erforder- ' lichen Lehrkräfte zur Verfügung. Jedes Jahr wird ein gemein- , schriftlicher Jugendluftschutztag durchgeführt, der von der ' geleisteten Arbeit Zeugnis ablegen wird. 2m übrigen finden in ^ allen Sommerlagern der HI. und des BdM. Unterweisungen im Luftschutz statt. In den nächsten Monaten werden die Lehrkräfte ^ aus HI. und BdM. ausgebildet. Am 1. November 1939 setzt die : Selbstschutzausbildung ganzer Jahrgänge ein. i
— Einsteklungsbedingungen für de« Flottendienst der Kriegsmarine. Das Oberkommando der Kriegsmarine weist daraus . hin, daß besondere Anforderungen für den Dienst in der Flotte nur an die Tauglichkeit der Freiwilligen gestellt werden. Sie müssen borddiensttauglich sein. Die Freiwilligen des Flotten- i
dienstes dienen mindestens 4z4 Jahre, bei Eignung zum Unter» offizier 12 Jahre. Der Dienst an Bord der Kriegsschiffe mit ihre» vielfältigen Aufgaben in der Heimat und im Auslande ist für jeden jungen Deutschen eine vorzügliche Schule. Diejenigen, di« ein technisches Handwerk gelernt haben, erhallen im Dienst cm den Maschinenanlagen und sonstigen technischen Einrichtungen der Kriegsschiffe eine wertvolle Weiterbildung. Die nach 4>L Dienstjahren ausscheidenden Soldaten erhalten eine Dienstbelohnung von 525 RM. und einen Berechtigungsschein für bevorzugte Arbeitsvermittlung. Nach 12jähriger Dienstzeit ausscheidende Unteroffiziere können Beamte werden. Sie werden auf Schulen entsprechend vorgebildet und in das Militäranwärterverhältnis überführt. Außerdem erhalten sie eine Dienstbelohnung von 750 RM. Einstellungsgesuche werden laufend das ganze Jahr hindurch vom 2. Admiral der Nordseestation (Einstellung) in Wilhelmshaven und vom 2. Admiral der Ostseestation (Einstellung) in Kiel angenommen. Wer in der Kriegsmarine Offizier werden will, muß neben körperlich und geistig hervorragender Veranlagung die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse Nachweisen. Grundsätzlich wird das Abschlußzeugnis einer höheren Lehranstalt (Gymnasium, Oberrealschule usw.) verlangt. Einstellungsgesmhe sind an die Inspektion des Vik- dungswesens der Marine in Kiek zu richten. — Einstellungen finden nur Anfang Oktober jeden Jahres statt. Anmeldungen sind wenigstens ein Jahr vor dem beabsichtigten Einstellungszeitpunkt einzureichen.
Geständnisse eines Mörders
Johann Stössenreuther, zum Tode verurteilt» gesteht seine Morde
Nachdem ver Hilfsarbeiter Johann Stössenreuther, der in der Mordsache Schüle vom Schwurgericht Kempten zum Tode verurteilt worden ist, nunmehr be- den Vernehmungen in Stuttgart ein volles Geständnis seiner Untaten abgelegt hat, durch das fünf weiters Fälle von Lustmord aufgeklärt werden konnten, hat sich in der Vodenseegegend roter der Bevölkerung eine gewisse Beruhigung eingestellt. Seit 1907 sind dort immer wieder Lustmorde entdeckt worden, ohne daß die Tat hatte gesühnt werden können.
Das Schwurgericht Kempten verurteilte ihn auf Grund von Indizien am 29. November 1938 zum Tode. Das Gericht hatte festgestellt, daß Stössenreuther im Wald zwischen Hörbolz und Unterreitnau der Maria Schüle aufgelauert hatte, als sie sich von Hörbolz nach Unterreitnau in die Schule begeben wollte, ähnlich wie im Fall der Notburga Dörler von Lochau, die er keim Kirchgang im Walde abpaßte und ermordete. Er hielt dem Kind sofort Mund und Nase zu und trug es in ein Dickicht. Dort legre er das bereits bewußtlose Kind auf den Boden und erwürgte cs. Nachdem er das bereits tote Kind noch geschändet hatte, nahm er die Leiche in einem Rucksack mit, wobei er einem Zeugen wegen der ungewöhnlichen Traglast ausgefallen war. Stössenreuther legte gegen das Urteil des Schwurgerichts Revision beim Reichsgericht ein, drese wurde aber verworfen.
Der Kriminalpolizcileitstelle Stuttgart lag besonders an der Aufklärung der am 1. Dezember 1938 verübten Mordtat an der 10 Jahre alten Maria Pryatelly aus Vllrgermoos, Kreis Friedrichshafen. Als Kriminalrat Koppenhöser am Freitag, 24. Februar, mit Genehmigung des Oberstaatsanwaltes in Kemoten die Ueberführung des Mörders von München nach Stuttgart hatte vornehmen lassen, schien zwar die Aussicht zur Erlangung eines Geständnisses noch äußerst gering, denn die erste Antwort des Mörders nach seinem Eintreffen in Stuttgart auf eine entsprechende Frage lautete: „Ich werde unschuldig verurteilt." Tatsächlich gelang es aber, Stössenreuther 30 Stunden nach seinem Eintreffen in Stuttgart dahin zu bringen, daß er anfing, sein Herz auszuschütten und ein umfassendes Geständnis abzulegen, das er tags darauf schriftlich zu Protokoll gab. Da aber mit der Möglichkeit gerechnet werden mußte, daß die Geständnisse der fünf anderen Mordtaten nur gemacht wurden, um die drohende Hinrichtung noch möglichst lange hinauszuschiebe.r, war in jedem einzelnen Falle eine genaue Nachprüfung notwendig. So wurde denn der austerordentlrch rüstige 68jährige Mann innerhalb dreier Tage an sämtliche in Frage kommenden Leichenfundorte am östlichen Bodensee geführt, insbesondere auch auf den Pfänder und den Eichelberg. Und nun erfolgte eine überraschende Wendung: Die an den Tat- bezw. Fundorten der Kinderleicht» errichteten Kreuze und Mar- terlinschriften lösten einen völligen Zusammenbruch des hartgesottenen Sünders aus. Völlig selbständig zeigte er den Weg zu den einzelnen Tatorten und bat jeweils, zu den Eltern der
M ZMkl M ihr 8W
ki»e Weitere Geschichte »m Liebe und Md in und um München von Hans Wagner
UrbeberreKtsschutz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 42. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
An der Prinzregentenstraße bog er hernach in den Englischen Garten ein. Der Hund sollte sich noch ein wenig aus- laufen. Aber kaum hatte er ihn vom Riemen gelöst, als der Strolch plötzlich mitten aus dem Wege stehen blieb und aus eine Bank hin paßte. Die Behänge hatte er hochgezogen, als wenn er recht überrascht sei und jeden Laut, der von dort kam, aufsangen müßte, aber er benahm sich keineswegs feindlich, wedelte vielmehr vergnügt mit dem Rutenstummel.
„Aha," sagte sich sein Herr, nachdem er erst verwundert das ausfallende Benehmen des Hundes beobachtet hatte, „da trefs ich noch aus alte Bekannte." Und er lauschte mit gespannter Miene. Hm, das hörte sich ja an, als wenn zwei eifrig beim Küssen wären. Und das, ja, beim heiligen Hubertus! das war die Stimme seines Freundes Walter, und das da, unverkennbar war das die Stimme des kleinen Fräuleins Hintermeyr. Ein Win! rief den Hund zurück und mit unhörbarem Jägerschritt wandte sich der Karl in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
„Den haben wir grad genug getrotzt, gelt alter Strolch, da wollen wir ihm den Abend heut schon gönnen. Aber hoffentlich stellt er sich nicht gar zu ungeschickt an beim Küssen. Die Eretl war schon die rechte für ihn, scheint's mir.
Und siehst du, alter Kumpan, so einer, der sonst immer nur in seinem nüchternen Dienst steckt und der sich keine kleine Freude gönnen mag im Leben, der braucht nur hierherzukommen an unsre grüne Isar, da wird noch ein ganz vernünftiger Mensch aus ihm. Das Bier schmeckt ihm jetzt, dem Walter, das Rauchen hat er auch gelernt, und wenn ich mich nicht ganz irre, da lernt er jetzt auch noch das Küssen. Mehr kann man doch eigentlich nicht verlangen."
XIII.
Am nächsten Vormittag läutete es bei Hubers an der Vorsaaltür. Die Frau Mama, die grad in der Nähe war, öffnete gleich selber. Die Hilde stand draußen.
„Grüß Gott, Frau Huber, ich wollt nur mal schauen» ob's Hannerl zu Haus ist."
„Freilich ifts da, tommens nur herein."
„Aber ich stör doch nicht etwa?"
„A wo, tommens nur, Fräulein Hilde, d'Hedi macht so schon so an Radau. Dö mag Eahna schon recht gern, d'Hedi. Da kommts ja schon, s'Hannerl."
In deren Zimmer verschwanden die beiden Freundinnen.
„Du, Hannerl, er ist wieder da."
„Wirklich, aber er wollte doch länger bleiben?",
„Ich denk mir halt, daß das unser Brief bewirkt hat. Wie ifts, fahren wir heut nach Eschenkirchen? Willst ihn doch Wiedersehen, deinen Jäger?",
„Und du deinen Bernd, gelt?"'
„O, den seh ich hier schon auch."
„Also fahren wir. Ich weiß so nicht, was ich zu Haus ansangen soll. Immer muß ich mir das Lob aus den Herrn Doktor anhören. Ganz übel könnts einem werden mit der Zeit. Wenn das noch lang jo weitergeht, geh ich fort von zu Haus."
„Ach was, patz nur auf, der läßt dich schon in Frieden, ich Hab ihn jetzt kürzlich erst mit einem anderen Mädel gehen sehen."
„Was du nicht sagst! Das wär schon ein Glück! Wenn er nur einmal den Eltern begegnen würde mit seiner neuen Freundin!"
Am Nachmittag fuhr das Wagerl endlich wieder seinen vertrauten Weg nach Eschentirchen hinaus.
Kaum aber war das Hannerl daheim zur Tür hinaus, als die Frau Huber ihren Mann rief und ihn aufforderte: „Alois, geh, komm amal mit in'n Hannerl sei Stuben, da liegt a Trumm auf'm Tisch, dös schaut so komisch aus, i woaß net, was dös sein könnt, leicht kennst 'as du."
Der Herr Gemahl gehorchte.
„Dös is a Schrotpatronen g'wen, wia's d'Jager Ham."
„O jegerl, da kann do ebbs passiern, und so ebbs hats Hannerl umananda liegn, geh, Alois, nimms weg, eh' daß's explodiert."
„Hat sich ebbs mit'm Explodiern. Dö kann gar nimmer explodiern, dö is do abg'schossen."
„Kann nix mehr passiern? 2s nimmer g'fährlich? Wirklich net? Da is scho guat. Aber wissen möcht i halt doch, Z'was as Hannerl so a Trumm aufhebt. Ob dös leicht... ha, Alois, jetzt woaß i's. Woaßt, von wem dö Patronen is? Dö kann nur vom Herrn Doktor sein, dö hat sich's Hannerl halt ausg'hoben, damits an Andenken hat von eahm, aber i Habs ja glei g'sagt, unser Kind is net so dumm. Dös woaß scho, wem's gern Ham derf. Jetzt freu i mich schon drauf, wanns Frau Herrschaftsguatsb'sitzerin wird.
Und a Vüachl liegt aa da. Dös Hab i aa no net g'sehn. Was is denn dös für oans? Geh, lies du, Alois, i Hab mei Augnglasl net bei der Hand."
Der Herr Gemahl griff nach dem Buch und las vor: „Sofienruh. Wie ich mir das Landleben dachte und wie ich es fand. Von Sofie Jansen."
„Da schau nur grad," überschlug sich Mama Hubers Stimme vor freudiger Ueberraschung, „da schau nur grad, dös is schon a ganz a kluage, unser Hannerl, koan Ton sagts, und derweil tuats sich in aller Still vorbereiten für d'Zukunft."
Die Frau Huber hätte kaum so optimistisch gesprochen, wenn sie gewußt hätte, daß es sich um diejenige Patrone handelte, die der ihr ja auch bekannte Jäger von Eschenkirchen abgefeuert hatte, um seinen Freund zu foppen, und daß das Hannerl die Hülse heimlich aufgehoben hatte, ehe sie sich ins Dickicht flüchtete, um von dem in seinem Idyll so jäh gestörten Jagdherrn Schilling nicht aufgespürt zu werden, weil sie halt irgendetwas von ihrem Jäger haben wollte, und wenn es auch nur eine wertlose Hülse war, die er beim Entladen achtlos weggeschmissen hatte, nichts wie Blech und ein wenig vom Pulver angesengte Pappe...
(Fortsetzung folgt.)