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Nr. 50
Dienstag, äen 28. Februar 1939
113. Jahrgang
Zum Einkommensteuer-Gesetz
Berlin, 27. Febr. Nachdem bereits das Aenderungsgesetz vom i 1. Februar 1938 zum erstenmal auch rassepolitische Gesichtspunkte > im Sreuerwssen berücksichtigt hatte, dient das Einkommensteuer- ! änderungsgesetz 1939 im Sinne der weiteren Fortentwicklung des j Steuerrechts im nationalsozialistischen Sinne arbeitseinsatzpoti- s rischen und rasscpolitischen Zwecken, wie Oberregierungsrat ! Rogge vom Reichsfinanzmiinsterium in einer wichtigen Erläute- i rung der Neuregelung in der „Deutschen Steuerzeitung" sagt. ^ Nach der Neuregelung sind die einzelnen Steuerbeträge der i Steuergruppr I, d. h. sür Ledige, grundsätzlich um ein Achtel der ! bisherigen Steuerbeträge erhöht worden. Wie der Sachreferent hierzu jedoch bemerkt, wird eine Erhöhung in den unteren Ein- ! kommenstusen nicht eintreten. Das gilt für Einkommen (Mittel- : betrage) bis einschließlich 4000 RM. Bei den Einkommen (Mit- ; telbeträgen) 4500 RM., 5000 und 5500 RM. jährlich ist die Er- ^ Höhung geringer als ein Achtel der bisherigen Steuerbeträge. > Erst bei Einkommen von 6000 RM. jährlich und ! darüber sind die Steuerbetrüge der Steuergruppe I um ein ! volles Achtel höher als bisher. Der Höchstsatz in der ! Steuergruppe I von 55 v. H. wird bei einem Einkommen (Mit- telbetrag) von.70 000 RM. erreicht. ^
2n dis neue Steuergruppe 1L fallen Verheiratete, aus deren ; Ehe bis zum Ende des Veranlagungszeitraumes ein Kind nicht ; hervorgegangen ist, obwohl die Ehe länger als fünf volle Ka- > lenderjahre bestanden hat. Verheiratete Personen dieser Art haben in Zukunft 40 v. H. mehr Einkommensteuer zu entrichten, i Es gibt im Deutschen Reich nach dem Stand vom 1. Januar 1937 ! etwa 3,4 Millionen Ehepaare ohne Kinder. Bei etwa 1,8 Millionen Ehepaaren besteht die Ehe länger als fünf Jahre. Da- i nach ist anzunehmen, daß, unter Berücksichtigung der im Gesetz . enthaltenen Ausnahmen von der Besteuerung nach Steuer- ^ gruppe ll, etwa 1,4 Millionen Ehepaare in die neue Steuer- , gruppe II fallen werden. Die wichtigsten Ausnahmen von dieser ^ Neuerung sind folgende: Die Steuersätze der Steuergruppe l! ^ sind immer dann nicht anzuwenden, wenn bei den betreffenden j Ehepaaren das Einkommen der Ehegatten im Veranlagungszeit- ! raum 1880 RM. nicht überschritten hat. Ferner sind auf Ver- > heiratete, Sie nach der neuen Fassung in die Steuergruppe II . fallen, die niedrigeren Steuersätze der Steuergruppe III i anzuwenden, wenn die Ehegatten im Kalenderjahr 1937 nicht > mehr als 12 009 RM. Einkommen gehabt haben und einer der ^ Ehegatten bis zum Ende des Kalenderjahres 1938 das 55. Lebensjahr vollendet hat. Hierdurch sollen Härten vermieden wer- ^ den, die sonst bei älteren kinderlosen Ehepaaren s entstehen könnten. Jedoch werden unter diese Ausnahmevorschrist - Personen dann nicht fallen, wenn sie erst im Kalenderjahr 1938 , geheiratet haben. ^
Endlich wird die steuerliche Behandlung des Jude« grundsätz- ! lich geregelt. Er wird jetzt nicht mehr im wesentlichen wie andere i Steuerpflichtige behandelt, sondern die Vorschrift ordnet an, ^ daß Juden grundsätzlich in die höchste Steuergruppe, in die ; Steuergruppe I, fallen. Hiervon gibt es nur wenige Ausnahmen. Juden fallen dann nicht in die Steuergruppe I, sondern in IV, ! wenn sie eheliche Abkömmlinge oder Stiefkinder haben, die keine Juden sind und bei denen die sonstigen Voraussetzungen für eine ; Kinderermäßigung gegeben sind. Das trifft z. B. bei bestimmten !
Mischehen zu. Ehepaare fallen unter die besondere Vorschrift für Juden immer dann, wenn der Ehemann Jude ist.
Ledige mit kleinem oder mittlerem Einkommen Berlin, 27. Febr. Durch Staatssekretär Reinhardt wird uns auf Anfrage bestätigt, daß sich die Erhöhung der Einkommensteuer der Ledigen nur bei denjenigen Ledigen auswirken wird, die monatlich mehr als 442 RM. Lohn oder Gehalt haben, und bei Veranlagten, deren Jahreseinkommen 4250 RM. übersteigt. Die Ledigen mit kleinem oder mittlerem Einkommen erfahren demnach durch das Einkommensteuer-Aenderungsgejetz keine Mehrbelastung.
Deutsch-polnische Besprechungen
in Berlin ausgenommen
Berlin, 27. Febr. Wie bereits mitgeteilt worden ist, hat der Reichsminister des Auswärtigen von Ribbentrop anläßlich seines Staatsbesuches Ende vorigen Monats mit dem polnischen Außenminister Oberst Beck vereinbart, Fragen der Behandlung der beiderseitigen Volksgruppen alsbald zum Gegenstand besonderer Besprechungen zwischen Vertretern der deutschen und der polnischen Regierung zu machen. Diese Besprechungen wurden in Berlin durch den Staatssekretär des Auswärtigen, Freiherrn von Weizsäcker, eröffnet. Deutscherseits nehmen daran teil Ministerialdirektor Dr. Bollert vom Reichsministerium des Innern und Legationsrat Bergmann vom Auswärtigen Amt, poluischerseits Ministerialdirektor Zyborski vom polnischen Innenministerium uud Ministerialrat Kunicki vom polnischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten.
Das belgische Kabinett zuruckgelreien
Die Sozialdemokraten verweigerten die weitere Mitarbeit
Brüssel, 27. Febr. Die Regierung Pierlot» die erst am Dienstag vergangener Woche nach einer langwierigen Ministerkrise zustande kam, ist am Montag wieder zurückgetreten. Das Kabinett ist an der Haltung der sozialdemokratischen Minister gescheitert, die in einem Miuisterrat am Montaguachmittag erklärten, daß sic ihre Mitarbeit in der Regierung nicht mehr sortsetzen könnten.
Der sozialdemokratische Parteirat hatte am Montagmorgen beschlossen, seine Ablehnung der geplanten 5prozentigen Kürzung aller Staatsgehälter und Pensionen sowie der sonstigen Verwaltungsausgaben ausrecht zu erhalten. Die Regierung blieb ihrerseits aus dem Standpunkt bestehen, daß die Kürzungen wegen der Sanierung der belgischen Finanzlage unvermeidlich seien; die sozialdemokratischen Minister teilten darauf mit, daß sie ihre Mitarbeit im Kabinett nicht mehr fortsetzen könnten. Infolgedessen batte die Regierung Pierlot ihre Gesamtdemission eingereicht.
Franco-Regierung von England anerkannt
Loudon, 27. Febr. Von unterrichteter Seite wird mitgeteilt, I dag der britische Agent in Bnrgos, Sir Robert Hodgso«, am Montag vormittag im Aufträge der britischen Regierung dem «ationalspanischen Außenminister General Jordana den Beschluß seiner Regierung über die formelle diplomatische Anerkennung der Franco-Regierung zur Kenntnis gebracht hat.
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Ehamberlains Erklärung im Unterhaus
London, 27. Febr. Ministerpräsident Chamberlain gab am Montagnachmittag im Unterhaus bekannt, daß die britische Re-' grerung die Regierung General Francas bedingungslos anerkannt habe. Er habe mit Genugtuung von den öffentlich abgegebenen Erklärungen Francas Kenntnis genommen, daß Regierung entschlossen seien, die traditionelle lln- abhangigkeit sicherzustellen und Strafmaßnahmen nur in solchen fallen zu ergreifen, wo kriminelle Verbrechen vorlägen. Die französische Regierung gebe gleichzeitig mit der britischen die Anerkennung General Fraucos bekannt. Die Mitteilung des Ministerpräsidenten wurde mit lautem Beifall auf den Regierungsbänken ausgenommen, während einige Abgeordnete auf den Oppositionsbänken ihre Entrüstung mit dem Rufe „Schande" kundgabcn.
Zur Begründung der bedingungslosen Anerkennung durch England erklärte Chamberlain, die britische Regierung habe die Lage in Spanien und die Maßnahmen, die sie im Lichte aller ihr zur Verfügung stehenden Informationen ergreifen wollte, sehr sorgfältig geprüft. Infolge des Falles von Barcelona und der Eroberung von Katalonien habe General Franco jetzt die Kontrolle über den größten Teil des spanischen Gebietes zu Lande und zur See. Dieses Gebiet umfasse die meisten Industriezentren Spaniens und die meiste« Produktionszentren. Selbst wenn die „republikanischen" Streitkräfte im südlichen
Teil Spaniens versuchen sollten, Widerstand zu leisten, bestehe kein Zweifel mehr über den endgültigen Ausgang des Kampfes, dessen Verlängerung nur zu weiteren Menschenverlusten führen könnte. Darüber hinaus sei es für die britische Regierung unmöglich, die „republikanische Regierung" als die souveräne Regierung Spaniens anzusehen, da diese keinerlei Autorität mehr besitze und „sich außerdem verstreut" habe. Unter diesen Umständen habe die britische Regierung beschlossen, General Franco anzuerkennen.
Paris schließt sich an
Französischer Ministerrat beschließt Anerkennung Francas
Paris, 27. Febr. Die französische Regierung hat in ihrem Ministerrat am Montagnachmittag einstimmig die de jure-Anerken- nung der Franco-Regierung beschlossen.
Der französische Ministerrat, der kurz nach 17 Uhr MEZ. im Elpsee unter Vorsitz des Präsidenten der Republik zusammengetreten war, dauerte bis gegen 19 Ulsr MEZ. Ministerpräsident Daladier hat den Ministern die Umstände dargelegt, unter denen sich in Bnrgos die Verhandlungen abwickelten, die zwischen Senator Verard und General Jordana, dem Außenminister der nationalspanischen Negierung, eingeleitet worden waren. Daladier hat ferner die als Abschluß dieser Besprechungen zustandegekommenen Abmachungen bekanntgegeben. Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten hat der Miuisterrat darauf einstimmig die de jnre-Anerkennung der Regierung des Generals Franco beschlossen. Gemäß der diplomatischen Tradition ist der Direktor für die politischen Angelegenheiten des Quai d'Orsay Charvsriat beauftragt worden, nach Vurgos zu reisen, um diesen Beschluß Frankreichs der nationalspanischen Regierung zu übermitteln. Die Ernennung eines französischen Botschafters dürfte noch im Laufe dieser Wache erfolaen.
! Wer wird Papst?
! Das Konklave hält die katholische Welt in Hochspannung
! Am Morgen des 1. März schließen sich die höchsten Wür- ! denträger der katholischen Kirche im Vatikan zum Konklave ! ein; am 2. März stimmen sie zum ersten Mal ab und erhal- I ten dadurch einen wirklich zuverlässigen lleberblick über die s wahren Stimmungen und Einstellungen, die im Kollegium ! der Kardinale vorherrschen. Höch ste und entscheidende Fragen ! der katholischen Kirchenpolitik stehen bet jeder Papstwahl zur Erörterung und Entscheidung, sodaß gerade das Kon- s klave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes die Kardi- s näle zur Erörterung kirchenpolitischer Grundfragen zwingt l und sie über die Einstellung der Mehr- und der Minder- ^ zahl zu ihnen in. umfassender Weise belehrt. Die Frage „Wer wird Papst?" können selbst die Kardinale vor Eröffnung des Konklave nicht mit Zuverlässigkeit beantworten. Erst nach den ersten Abstimmungen vermögen selbst sie, die den besten Einblick in die Strömungen der Kirchenpolitik besitzen, über den vermutlichen Ausgang richtungweisende Angaben machen. Allein dann erfährt die Welt sie nicht mehr, denn Plomben und Schlösser haben die Türen und Fenster des Vatikans versiegelt.
So muß bis zur Verkündung des Wahlergebnisses die Frage „Wer wird Papst?" anders gestellt werden. Es muß heißen „Wer hat Chancen, Papst zu werden?" Die katholische Kirchenwelt, namentlich in Italien und vor allem in Rom, ist, je näher der Tag der Entscheidung heranrückt, begreiflicherweise voll. Vermutungen. Es werden die unterschiedlichsten Gesetzmäßigkeiten, Vergleiche mit früheren Papstwahlen und die vielfältigsten Charakterisierungen der papstfähigen Kardinäle herangezogen, um Prognosen zu stellen und die Richtung anzudeuten, in der sich die Kardinäle entscheiden können. Theoretisch bestände sogar die Möglichkeit, daß ein Nichtkardinal gewählt würde. Allem dir Erfahrung vieler Jahrhunderte schließt diese Möglichkeit ebenso aus wie die Erwählung eines Nicht-Italieners.
Siebenundzwanzig der 62 im Konklave versammelten Würdenträger scheiden somit aus dem Bereich der Vermutungen aus. Es bleiben die 35 italienischen Kardinale. Es bat sich vielfach eingebürgert, diese 33 italienischen Kardinäle in verschiedene Gruppen einzuteilen. Man unterscheidet Curicn-Kardinüle, also kirchliche Würdenträger, die im Vatikan selbst mit der Gestaltung der allgemeinen Kircheu- politik vertraut sind. Zu ihnen gehören der bisherige Kardinal Staatssekretär Pacelli und neben anderen die Kardinäle Massimi, Marmaggi und Maglione. Ihnen gegenüber werden die sogenannten Bischoss-Kardinäle gestellt, die einen italienischen Bischofssitz verwalten. Innerhalb dieser beiden wesentlichsten Gruppen werden die Ordenskardi- näle, das sind kirchliche Würdenträger, die aus einem katholischen Orden, etwa dem Jesuiten-, Karmeliter- oder Vene» diktinerorden hervorgegangen find, und die Kardinäle zwischen 60 und 70 Jahren besonders betrachtet.
Zu den Ordenskardinälen rechnen in erster Linie der Jesuit Voetto, der Benediktiner Schuster (Kardinalerzbischos von Mailand) und die Karmeliter Rosst und Piazza. Zu den Vischofskardinälen zwischen 60 und 70 Jahren gehören Mgr. Dalla Costa (Florenz) 67 Jahre, Mgr. Nasalli Rocca (Bologna) 67 Jahre, Mgr. Ascalesi (Neapel) 67 Jahre, Mgr. Lavitrano (Palermo) 65 Jahre und Mgr. Fossati (Turin) 63 Jahre. Im allgemeinen wählen die Kardinale selten den Mann eines Ordens, in der Annahme, daß ei« Jesuit oder ein Benediktiner zu sehr den bestimmten Anschauungen seines Ordens zuneigt und dadurch leichter in Gefahr kommt, einseitig zu handeln. Die Curien-Kardinäle gelten nicht mit Unrecht als Männer der Politik. Ein Cu- rien-Kardinak käme also in erster Linie dann als Wahlsiege! in Frage, wenn ein politischer Papst den Stuhl Petri besteigen soll. Die Bischofs-Kardinale dagegen, die sich weniger mit allgemein-politischen Fragen innerhalb ihrer Diözese beschäftigen, genießen als Kirchenoberhaupt den Ruf religiöser und seelsorgerischer Päpste. Bei der vielfach erörterten Frage „Politischer oder religiöser Papst?" spielt also die Einteilung in Curien- und Bischoss-Kardinäle eine bedeutsame Rolle.
Zu den ersten Anwärtern unter den Eurien-Kardinäle« zählt nach den in Rom und in Italien kursierenden Vermutungen der Kardinalkämmerer Pacelli, früher Nuntius in Berlin. Die Liste der Bischoss-Kardinäle führt Mgr. Dalla Costa aus Florenz an. Allein es wäre verfehlt, nun von einem Wahlkampf zwischen Pacelli und Dalla Costa die Entscheidung zu erwarten. Denn eine alte Lehre zur Papstwahl besagt, daß derjenige, der das Konklave gewissermaßen schon als Papst betritt, gewöhnlich als Kardinal wieder herauskommt und derjenige, welcher vielleicht gar- nicht daran gedacht hat, in die engere Wahl zu kommen, das Konklave als Papst verläßt. Auch die Ausschaltung der Ordenskardinäle aus dem Kreis der Papstfähigen (papa- bili) darf nicht als unumstößlich angesehen werden. Die Zeitschrift „Vita Jtaliana", die eng mit dem faschistischen Organ, der „Regime Fascista" zusammenhangt, erklärte vor kurzem sogar, daß die Ordenskardinäle erste Anwärter auf den Papststuhl seien, einmal weil aus ihren Reihen lange kein Papst mehr hervorgegangen sei und zum andern, weil die Geschichte beweise, -aß mit einer solchen Wahl die katholische Kirche stets gut gefahren sei.
! Es ist Tradition und spricht auch für die Einsicht des