7. Leite Nr. 44

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter

Dienstag, den 21. Februar 183S

Thrombose

Was ist das für eine Krankheit?

Durch große Statistiken ist erwiesen worden, daß die Zahl der Erkrankungen an Thrombose in den letzten Jahren zu- genommen hat, und es sind eine ganze Anzahl von Theorien ausgestellt worden, um diese Zunahme zu erklären. Dieses Bemühen der Aerzte, hinter die Ursache des häufigen Auf- ! treten dieser Erkrankung und damit hinter die Vedingun- > gen überhaupt, die zum Auftreten der Thrombose führen, zu ! schauen, ist um so verständlicher, wenn man daran denkt, j daß die Thrombose nicht nur eine Krankheit ist, die den Patienten oft viele Wochen lang ans Bett fesselt, sondern ihn manchmal auch wirklich ernsthaft bedroht und manchen Erfolg einer geglückten Operation gerade nach operativen Eingriffen stellt sich Thrombose ja nicht selten ein in Frage stellt. Hier sei daran erinnert, daß man unter Thrombose die Entwicklung eines Blutgerinnsels in einer Blutader meist einer Blutader des Unterschenkels j versteht, das die Blutzirkulation mehr oder weniger stark ! beeinträchtigt und manchmal, wenn etwa ein Stückchen die- § ses Gerinnsels sich löst und mit dem Blutstrom fort­geschwemmt wird, zur sogenannten Embolie, zur Ver­stopfung einer Blutader in einem entfernten Bezirk, zürn Beispiel in der Lunge oder am Herzen, führen kann.

Im Zusammenhang mit der Frage nach den Bedingungen, s die für die Entstehung eines solchen Blutgerinnsels verant- - wörtlich zu machen sind,ist ein Artikel von Professor Lom- s mel in einer ärztlichen Zeitschrift interessant, der auf einige Umstände aufmerksam macht, deren Kenntnis genügt, um möglicherweise in manchem Fall der Entstehung einer Thrombose wirksam Vorbeugen zu können. Um diese Be­dingungen zu verstehen, muß man vorausschicken, daß es j nicht allein das Herz ist, das den regelmäßigen Blutumlauf ! im Körper gewährleistet. Um das Blut aus den unteren ! Gliedmaßen in das Herz zurückzupumpen, kommt es neben der Kraft des Herzens auch sehr viel auf die Bewegungen der Veinmuskulatur und auf die Atembewegungen an. Wenn die Muskeln der Beine tätig sind, so werden sie ab­wechselnd dick und dünn, wie man das ja zum Beispiel auch von dem Veugemuskel des Oberarmes, vom Bizeps, den man beim Beugen des Armes anspannt und beim Strecken wieder erschlaffen läßt, kennt. Diese Muskelbewegungen wirken nun sozusagen massierend auf die Blutgefäße ein, > indem sie das Blut aus ihnen sanft zurückdrücken und so berzwärts fördern. Die Atembewegungen weiterhin bewir­

ken ourch ore Lewegungen des Zwerchfells bei jeder Ein­atmung einen sanften Druck auf die Eingeweide des Bauches und sind so der Strömung des Blutes aus den Blutgefäßen des Bauches zum Herzen förderlich. Wenn man nun daran denkt, daß die Thrombose durch eine Blutgerinnung zustande kommt, so kann man sich leicht vorstellen, daß diese Ge­rinnung um so seltener eintreten wird, je besser das Blut aus den unteren Gliedmaßen zum Herzen befördert wird und je weniger die Gefahr besteht, daß es sich in den Blut­gefäßen der Beine staut. Wenn man also fragt, was man zur Verhütung einer Thrombose tun könnte, so muß die Antwort heißen: man muh dafür sorgen, daß neben der Arbeit des Herzens selbst auch die Arbeit der Beinmusleln und eine gute Atmung der Strömung des Blutes förder­lich sind. Und hier liegt möglicherweise auch die Erklärung für die Zunahme der Thrombose in den letzten Jahren. Der Einsatz der Maschinen und eine oft zu reichliche Ernährung haben dazu geführt, daß die Menschen sich im allgenieinen weniger körperlich ausarbeiten und zum Fettansatz neigen, der dann wiederum dazu führt, daß die Unlust zu körper­licher Arbeit steigt usw. Eine Reihe von Untersuchungen iiber Einzelfragen zu diesem Thema scheinen die Theorie von Professor Lommel zu bestätigen. Und wenn dem so ist. so ist die Folgerung daraus einfach abzuleiten. Bescheiden­heit im Essen, genügende körperliche Bewegung. Also Sorge um die Vermeidung übermäßigen Fettansatzes und um die Erhaltung körperlicher Elastizität und vernünftiges Atmen wie es bei körperlicher Arbeit meist von selbst geschieht, wie es bei sonstiger körperlicher Ruhe aber durch entspre­chende vernünftige Atemübungen ersetzt werden muß dürften außer allen anderen Vorteilen auch den haben, daß sie der Gefahr, später einmal an einer Thrombose zu er­kranken. wirksam Vorbeugen, Dr. P. N.

3st Blinddarmentzündung erblich?

Unser Leben ist von zwei grundlegenden Faktoren be­stimmt, von der Erbmasse, von den körperlichen und seeli­schen Anlagen, die uns von unseren Eltern mitgegeben wur­den, und von den logenannten Umweltfaktoren, von jenen Einflüssen, die vom ersten Tage unseres Lebens an unser körperliches und seelisches Ergehen gestalten. Wenn man nach dieser Voraussetzung fragt, welche Gründe für eine Er-

Kein Haus ohne denGesellschafter"

rrankung irgend welcher Art vorliegen, so wird man bei der Antwort auf diese Frage ebenfalls zu unterscheiden haben, wie weit etwa eine ererbte Veranlagung zu dieser Er­krankung vorhanden war und wie weit Einflüsse der Um­welt zu ihrer Entstehung beigetragen haben. Bei vielen Krankheiten sind wir im allgemeinen geneigt, nur den äußeren Einflüßen, irgend welchen Schädigungen durch Er­kältung, falsche Ernährung usw., eine Bedeutung beizu­messen, während ererbteKrankheitsneigungen" im all­gemeinen unbeachtet bleiben. Daß diese trotzdem eine manch­mal ausschlaggebende Rolle spielen können, und zwar auch bei Erkrankungen, bei denen wir keinesfalls gewohnt sind, irgend welche Erbeinflüsse zu vermuten, zeigt eine inter­essante Untersuchung über die Häufigkeit der Erkrankung an Blinddarmentzündung einmal bei solchen Menschen, deren Eltern ebenfalls einmal in ihrem Leben an einer Blind­darmentzündung gelitten haben, und zum anderen bei sol­chen Kranken, deren Eltern keine Blinddarmentzündung durchgemacht haben. Diese vor kurzem veröffentlichte sta­tistische Untersuchung hat das interessante Ergebnis gezeigt, daß solche Menschen, deren beide Eltern einmal eine Blind­darmentzündung durchgemacht hatten, in 18,2 Prozent eben­falls an einer Blinddarmentzündung erkrankten, während von 100 Menschen, deren Eltern keine Blinddarmentzün­dung gehabt hatten, nur etwa 9 in ihrem späteren Leben an einer Blinddarmentzündung erkrankten. Aus dieser Untersuchung ergibt sich also mit großer Deutlichkeit, daß auch bei der Blinddarmentzündung, bei einer Erkrankung ' also, bei der man irgend welche erblichen Einflüsse kaum ! vermutet hätte. Erbfaktoren eine Nolle spielen, und zwar wahrscheinlich derart, daß ein Mensch von seinen Eltern ! einen, wenn man so sagen will, anfälligen Blinddarm, ! eine gewisse Schwäche der Gewebe, die ihn aufbauen, erbt, s und daß der Mensch mit einer solchenBlinddarm-Erb- . Masse" eben bei entsprechenden äußeren Bedingungen eher i in die Lage kommen wird, eine Blinddarmentzündung zu , bekommen als andere Menschen, die in dieser Beziehung ! von ihren Eltern besser ausgestattet wurden. Wenn man schätzen will, in welchem Maße die Erbmasse und in welchem - Maße äußere Bedingungen bei der Entstehung der Vlind- i darmentzündung eine Nolle spielen, so ergibt sich, nach einer ! besonderen Umrechnung der oben genannten statistischen l Feststellungen, daß die Erbanlage etwa dreimal so bedeu- ! tungsvoll ist wie die äußeren Umwelteinflüsse, wenn das j Schicksal die Frage entscheidet, ob ein Mensch von einer Er­krankung an Blinddarmentzündung frei bleibt oder nicht.

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