8 Seile — Rr. 42
Nagolder Tagblatt .Der Gesellschafter-
Samstag, den 18. Februar 1939
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Die bewegte Geschichte der Automobil-Ausstellungen — 1924: Gesamteindruck trostlos — 1933: Start zur Motorisierung der Ration — 1939: Milliouen sparen für de» KdF.-Wagen
Nirgendwo läßt sich Deutschlands Aufstieg als Autoland, der Sregeszug des deutschen Kraftwagens besser ablejen als an der bewegten und geradezu abenteuerlichen Geschichte seiner nationalen und internationalen Automobil-Ausstellung. Sie find der beste Gradmesser für die qualitative und quantitative Entwicklung der Autoproduktionsie offenbaren den jeweiligen Stand des Absatzes und der konstruk- üven Ideen, sie lassen das gewaltige Auf und Ab erkennen, dem das deutsche Auto namentlich in den letzten zwei Jahrzehnten ausgesetzt gewesen ist. Von der ersten Berliner Automobil-Ausstellung nach der Inflation im Jahre 1924 tzhrieb ein erfahrener Fachschriftsteller, die spärlichen Eröff- aungsworte hätten geklungen wie die Ansprache eines Vorbeters bei einer Buß- und Vettagsversammlung. An der Lage von 1924, die einen trostlosen Gesamteindruck machte, waren ebenso sehr politische wie wirtschaftliche Faktoren beteiligt, sodaß eine französische Fachzeitschrift den Satz niederschreiben konnte: „Die deutsche Verwaltung bremst systematisch die Entwicklung der Automobil-Industrie durch Vorschriften."
Vergleicht man die Lage von 1924 mit der von 1939 vor der Eröffnung der diesjährigen großen internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung, so kann man es kaum fassen, daß noch vor anderthalb Jahrzehnten dieser heute so wichtige Zweig des deutschen industriellen Schaffens vollkommen am Boden lag. 1924 gab es noch keine Normalisierung der Produktion, keine Fabrikanten und Konstrukteure, die an die Vorzüge serienweiser Herstellung dachten. Jeder konstruierte auf eigene Faust, möglichst individuell nach eigenen Ideen. Zwar erstrebte man durch Vereinfachung der konstruktiven Mittel einen billigeren Wagen, den sich auch andere als nur die hochbemittelten Volksschichten leisten konnten. Aber der richtige Weg zum Massenabsatz war noch nicht gefunden. Es gab damals 200 Motorradfabrikanten und 82 verschiedene Personenkraftwagentypen, deren größter Teil heute nicht einmal mehr dem Namen nach bekannt ist. Lediglich Firmen mit langer Tradition wie Daimler, Benz und Audi konstruierten und produzierten Wagen, die mit ausländischen Erzeugnissen Vergleiche aushalten konn- ! ten. Aber das waren meistenteils Luxuswagen, deren Preise ! und Fahreigenschaften noch meilenweit von denen entfernt ! waren, die heutzutage ein wohlfeiler Gebrauchswagen be- ! sitzt-
1939 dagegen steht im Zeichen des Volkswagens. Millionen Schaffender sparen für den KdF.-Wagen, den Wagen des gesamten deutschen Volkes, den jeder erwerben kann und der alle Fahreigenschaften aufweist, die selbst ein anspruchsvoller Autofahrer an einen Kleinwagen stellen kann. Gleichzeitig steht die deutsche Kraftfahrzeugindustrie im Zeichen des Vierjahresplans vor einer neuen umwälzenden Kräftekonzentration. Oberst von Schell, der Generalbevollmächtigte für das Kraftfahrwesen, hat eine umfassende Typenbereinigung in Aussicht gestellt. Von den bisherigen 113 Lastkraftwagentypen werden nur 13 übrig bleiben und von den 52 Personenwagentypen ist nur die Erhaltung von etwa 26 bis 30 geplant. Statt 150 verschiedene Motorräder wird man später nur noch 30 Motorradtypen kaufen können. Entwickelte sich die Autoproduktion in den nächsten Jahren nach 1924 von der Einzelherstellung zur serienweisen Fabrikation durch große Autounternehmungen, so stellt das Jahr 1939 eine Fortentwicklung auf dem gleichen Wege von der Planung und Produktion neuer Typen und Modelle durch die einzelne Fabrik Mr gemeinsamen Planung für alle Fabriken durch eine Forschungsanstalt unter der Leitung Dr. Porsches in Aus- s stcht.
Wieviel Entwicklungsstufen aber hat die Auto-Industrie von 1924 bis 1939 durchschritten! 1925 herrschte ein großes ! Durcheinander im Ausstellungswesen, da die vom Reichs- ; verband der Automobil-Industrie beanspruchte Oberhoheit s nicht anerkannt wurde. Auf der Leipziger und auf der Köl- > «er Messe, auf der Frankfurter Messe und auf der Außen- ! feiter-Ausstellung in Dortmund konnte das kaufende Publikum sich Automobile aussuchen und am Ende des Jahres ! hielt dann noch der RDA. seine traditionelle Berliner Au- ! tomobil-Ausstellung, aber auch nur im nationalen Rahmen, ^ ab. Technisch bemerkt man auf all diesen Ausstellungen An- j fätze zu einfacheren Konstruktionen. Gegenüber der ameri- - kanischen Konkurrenz versuchten die deutschen Konstrukteure s ihre Motoren und Karosserien den schlechteren deutschen s Stratzenverhältnissen und ohne sparsameren Treibstoffver- ! brauch anzupassen. Vernünftigere und schönere Karosserie- ! formen erscheinen. !
„Bergaufsahren" auf der Autofchau
Auf der Berliner Automobil- und Motorradausstellung wird man an diesem gelandegängigen Kraftwagen der Firma Borgward - Bremen die Funktionen des Triebwerks beim Vergauf- fahren gut beobachten können.
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Erst im Jahre 1926, als Deutschlands Automobil-Industrie in das Bureau Permanent des Constructeures d'Auto- mobiles ausgenommen wurde, konnte sich unsere Produktion auch auf den internationalen Ausstellungen im Auslande zeigen. Damit lief auch die Zulassung der ausländischen Industrie zur Berliner Ausstellung parallel. Deutschlands größte Automobil-Ausstellung wurde wieder wie vor dem Kriege international. In diese Jahre fällt der erste Aufschwung des deutschen Autos. Die Industrie hat sich technisch und geistig umgestellt. Mutlosigkeit und Niedergeschlagenheit sind optimistischen Zukunftshofsnungen gewichen. Die November-Ausstellung von 1928 wurde in jeder Hinsicht ein voller Erfolg. Das Ausland kaufte auf dieser ersten internationalen Berliner Ausstellung auch deutsche Autos. Es gab dort eine ganze Reihe standardisierter serienmäßig hergestellter Typen, genau wie jenseits des Atlantik. Mit dem Ausbau der Schwingachsen marschierte Deutschland sogar allen anderen Ländern voraus. Allein mit der Wirtschaftskrise der Jahre 1930 bis 1932 erkrankte auch die Auto- Industrie, ging es mit den Automobil-Ausstellungen abwärts. Steuerliche Hemmungen beeinträchtigten den Siegeszug des Autos. Es war, als sei der Kraftwagen das Stiefkind der Regierung und der Autofahrer der letzte Mann im Staate. Diesen Eindruck konnte selbst die Konstruktion des billigsten vierrädriaen Wagens in Gnrona. des DKW. mit Frontantrieb und Schwingachse für 1685 und 1800 RM. nicht verwischen.
Die große Wende erfolgte 1933. Die Ausstellung, die kurz nach dem 30. Januar 1933 eröffnet wurde, sollte ursprünglich ein flammender Protest des Lebenswillens der Automobil-Industrie gegen die furchtbare steuerliche Gesamtbelastung des Kraftsahrzeugverkehrs darstellen. Sie. wurde viel mehr. Der Führer eröffnete die Schau am Kaiserdamm und gab durch die Verheißung einer allmählichen steuerlichen Entlastung und den Plan der Reichsautobahnen den Startschuß für die Motorisierung der Nation. Mit welchen Riesenschritten der Siegeszug des deutschen Autos erfolgte, das ist noch in jedermanns Erinnerung. Man darf sicher sein, daß auch die Schau von 1939 ein Markstein des Fortschritts sein wird.
Aussehen über das englische Rüstungs-Weißbuch
London, 16. Febr. Die Veröffentlichung des Rüstungs-Weißbuches der britischen Regierung mit der sensationellen Enthüllung, daß England im Finanzjahr 1839 588 Millionen Pfund für Rüstungszwecke ausgeben wolle, hat in der Presse ein verständlich starkes Aufsehen ausgelöst. Die Blätter schneiden dabei sämtlich die Frage an, ob diese größere Anleihevollmacht genügen werde, um die riesigen Rüstungskosten zu decken. Die Möglichkeit einer abermaligen Erhöhung der Einkommensteuer wird überall angedeutet. Die „Times" begrüßt es, daß man jetzt auch die Kosten der Zivilverteidigung in den Verteidigungshaushalt einbezogen habe. Diese Kosten seien von 3,5 Millionen Pfund im Jahre 1937/38 auf 56 Millionen Pfund laut Voranschlag im Jahre 1939/40 angestiegen. Der „Daily Telegraph" schreibt, die Kosten seien zwar beunruhigend, die Regierung könne aber dessen sicher sein, daß das Land einstimmig bereit sei, alle Lasten für die nationale Sicherheit zu tragen. Auch der marxistische „Daily Herald" sagt, die Rüstung sei zwar eine harte Aufgabe für eine Demokratie. Bei
der Lage der Dinge aber sei sie unvermeidlich. Die oppositions- liberale „News Chronicle" muß ebenfalls feststellen, daß die Vergrößerung der Anleihevollmacht für die Regierung nur auf wenig Kritik stoßen werde und daß sie von dem Einkommensteuerzahler in der Hoffnung begrüßt werden würde, daß er nicht so viel zu zahlen haben werde. „Daily Mail" stellt zu den Veröffentlichungen des Weißbuches über die Fortschritte der Rüstungen fest, wenn diese Berichte auch ermutigend seien, so liege doch deswegen noch kein Anlaß vor, alles für befriedigend zu halten. Man müsse Weiterarbeiten. England könne das, denn es sei noch weit davon entfernt, sich den Riemen enger schnallen zu müssen. Die Regierung brauche sich nicht zu fürchten. Das englische Volk sei bereit, seinen Anteil an der Bürde zu tragen.
Luftfahrtminister Sir Kingsley Wood sprach am Mittwoch abend in Croydon über die britische Rüstungspolitik. Er knüpfte dabei an die Veröffentlichung des Weißbuches an und betonte, daß England jederzeit bereit sei, irgend welchen internationalen Nüstungsabkommen zuzustimmen. Das Ziel der britischen Rüstungspolitik sei, den Frieden aufrechtzuerhalten und England stark zu machen. Die englischen Rüstungen bedeuteten nicht, daß man an einen Krieg glaube oder ihn erwarte.
Das britische Rüstungs-Weißbuch
Das Weißbuch über das Rüstungsprogramm der britischen Regierung führt aus, daß sich die Ausgaben für die drei Wehrmachtsteile im Finanzjahr 1937 auf rund 262 Millionen Pfund und im Finanzjahr 1938 auf rund 338 Millionen Pfund belaufen haben. Für das am 1. April beginnende Finanzjahr 1939 seien insgesamt 323 Millionen Pfund vorgesehen. In den ersten drei Jahren des fünfjährigen Aufrüstungsprogramms der Regierung hätten sich somit die Ausgaben auf fast 1200 Millionen Pfund belaufen. Diese Erhöhung der Ausgaben sei zum größten Teil notwendig geworden durch den Ausbau der Luftabwehr, im Finanzjahr 1938/39 beliefen sich die Voranschläge für den britischen Luftschutz auf über 9 Millionen Pfund, für 1939/10 seien 42 Millionen Pfund vorgesehen. Für Lebens mittel- und Vrennstosflagerungen seien im vergangenen Jahre 8,5 Millionen Pfund ausgegeben worden. Im kommenden Jahr werde man hierfür 12 Millionen Pfund verausgaben.
Die gesamten Verteidigungsausgaben für 1939, einschließlich der zivilen Verteidigungsdienste, wurden sich auf rund 580 Millionen Pfund belaufen, was die Ausgaben des laufenden Jahres um rund 175 Millionen Pfund übersteige.
Die Anfangsstadien des britischen Aufrüstungsprogrammes seien nun beendet. Für die Luftwaffe seien Bomber und Jagdflugzeuge in Kanada bestellt worden. Augenblicklich befinde sich eine Mission in Australien, um auf diesem Gebiete eine Zusammenarbeit mit Australien herzustcllen. Die Mission werde sich auch nach Neuseeland begeben.
Im kommenden Finanzjahr würden in die Flotte KO neue Kriegsschiffe mit einer Eesamttonnage von rund 120 000 Tonnen eingereiht werden. Man beabsichtige außerdem, zwei ueue Schlachtschiffe in das Flottenbauprogramm für 1939 aufzunehmen, womit dann alles in allem neu« Großkampfschifse auf Kiel gelegt seien.
Das Flottenbauprogramm umfasse außerdem zwei ueue Zerstörerflottillen, sowie 20 neue schnelle Begleitschiffe eines neuen Modells zum Schutze der Handelsschiffahrt gegen Luft- und Flugzeugangriffe. Außerdem würden Vorkehrungen getroffen für den Bau eines neuen Flugzeugmutterschiffes, womit sich dann insgesamt sechs dieser Schiffe im Vau befinden. Das Programm umfasse außerdem den Bau von sechs Großen Kreuzern mit 6-Zoll-Bestückung (15,24 Zentimeter) und einige kleinere Schiffe.
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„Bismarck" heißt Deutschlands neuester großer Stahlriese, das 35 OOO-To -nueu-Schlachtfchiff
Zn feierlichem Rahmen lief am Dienstagmittag auf der Werft von Blohm und Voß Deutschlands neuestes Schlachtschiff „Bismarck" vom Stapel. Adolf Hitler ehrte in seiner Rede insbesondere den Altreichskanzler Bismarck, den Schöpfer des Zweiten Reichs. Die Taufe vollzog die Enkelin des Eisernen Kanzlers, Frau Dorothee v. Loewen- feld. Unser Bild zeigt den gewaltigen Koloß nach dem Stapellauf. (Bildtelegramm Scherl- Mater.)