8. Seil« Rr. 32

Nagold«» TagblattDer Sesellfchaftrr

Dienst««, de« 7. Februar igW

^c^les deut8c^68 8!ut

Oerilstlilsnci« ?kei tiereuckt Hveltderükivt - Von ^rs^^Iinen tri8 - Au8 äer 6e8ckiti»1e eäler pferä«familien

Immer, wenn irgendwo in Deutschland Reit­turniere abgehaltcn werden, finden sich nicht nur viele pferdcbegeisterte Fachleute aus dem In- und Ausland dazu ein, vielmehr gehören zu den Zu­schauern dieser Turniere stets auch jene unzähli­gen Menschen aus den verschiedensten Volksschich­ten, die zwar nicht den sprichwörtlichenPferde­verstand" besitzen, dennoch aber begcisterie Be­wunderer dieser edlen und adligen Tiere sind.

die sich als Lebensaufgabe die Züchtung edler Pferde gestellt haben.

Wer weiß zum Beispiel, daß die Bauern des bayrischen Rottais seit tausend Jahren das über­aus leistungsfähige Arbeitspferd züchten, das jeden Wettbewerb auch mit den schweren Belgiern aufnehmen kann? Das Rottal liegt südlich der Donau, vom Inn-Bogen begrenzt, eingebettet in üppig grünende Wiesen ei» ideales Weideland.

Und hier fingen die Bauern schon vor tausend Jahren, nach dem Einfall der Ungarn in dieses Gebiet, mit der Pferdezucht an. Die kleinen und zähen nngarischenPanjepferdchen waren der Stammbaum. Sic kreuzten sie mit eng- lischem Blut und erzielten so im Laufe der Jahrhunderte das Oberländer und das Rottaler Pferd. Der Roltnler wurde das ideale Kntschierpferd, der Oberländer das tüchtigste Arbeitspferd.

Das bäuerliche Brauchtum im Rottal ist naturgemäß stark von die­ser tausendjährigen Tradition beein­flußt. An hohen Festtagen fahren die Bauern häufig im Achterzug zur

Harun al Raschid", der Stolz des Gestüts Aus dem Usa-KnltursilmDas Paradies der Pferde", der in Ostpreußen gedieht wurde

Landschaftsteile zur Verfügung. Wohl sind cs die Menschen, die hier alles in die rechte Bahn leiten, aber mit Methoden, bei denen das Pferd alles und der Mensch nichts ist. Kein Schimpfwort fällt. Ein Pferdepfleger, der seinen Schützling etwa eitlensaudummen Depp" oder ähnlich nennen würde, hätte seine sofortige Entlassung verwirkt. Selbstverständlich sind auch Peitschen und Gerten verpönt. Die Menschen unterhalten sich mit den Pferden als mit ihren Kameraden.

Rottalcr Fohlen

Warum das wohl? Pferde sind Kameraden der Menschen, in guten und in schlechten Zeiten, an schönen und an schlimmen Tagen. Pferde sind unsere Mitkämpfer, ob auf dem Turnierfeld um sportlichen Ruhm, beim harten Alltagskampf des Lebens oder in Kriegszeiten stets sind sie treue Helfer der Menschen, verläßliche Freunde.

Hat man aber dem Pferd nicht schon oft genug den Tod prophezeit? Behauptet, daß die Motori­sierung dem Pferd den Lebensraum nimmt? Ge wiß, es gab Zeiten, in denen die deutsche Pferde zucht als etwas Nebensächliches galt. Obwohl sie Wcltruhm besaß...

Das ist, gottlob, anders geworden. Nicht nur, daß die klassischen Zuchtstätten auf deutschem Boden wieder hochgebracht worden sind, auch die in einzelnen deutschen Gauen von bäuerlichen Kreisen gepflegte Tradition der Zucht hochwerti­ger Pferde ist wieder aufgelebt und aufgeblüht. Das edle deutsche Zuchtpferd, ob Arbeits- oder Reitpferd, wird wieder von allen Ländern der Welt nicht nur bewundert und gelobt, sondern auch gekauft.

Lälior Arbeit

Aber nur wenig Menschen kennen die Pflcge- nnd Zuchtstiitten des rassisch wertvollen deutschen Pferdes. Sie wissen nicht, wie zäh an der Ber cüelung durch Jahrzehnte und Jahrhunderte hin­durch gearbeitet worden ist. Sie können sich kein Bild von den großen Gestüte» machen und erst recht nicht von dem geradezu sportlichen Ehrgeiz, mit dem gerade bäuerliche Züchter die Pferde zucht betreiben. Es ist nicht der materielle Ge winn, sondern der ideelle Ruhm des besten Zucht erfolgs, der hier den Antrieb und die Zähigkeit des Durchhaltens gibt. Der Kulturfilm hat uiw in jüngerer Zeit diese züchterische Arbeit näher gebracht. Man hat im Filmbild die Landschaft, die Tiere und dazu die Menschen kenncngelernt.

WDMWWM

Kameraden des Soldaten Artillerie im Anmarsch Eine Szene aus dem Ufa-KultursilmDeutschlands Heer" tZur Vcrösfentl. frcigegebcn d. ReichSkricgsminrstcr u. Oberbefehlshaber ber Wehrmacht)

Aukn.

Kirche. Und wenn in Pfarrkirchen, wo sich übrigens die älteste Trabrennbahn Deutschlands befindet, Pferdemarkt ist oder Turniere veranstaltet wer­den, dann reicht die Bedeutung dieser Tage weit über das Rottal, ja über Deutschlands Grenzen hinaus. Dann sind Käufer uns England und an­deren Ländern zur Stelle.

Cs ist durchaus keine Seltenheit, daß Dauern des Rottals zwanzig bis dreißig edle Zuchttiere im Stall stehen haben. Wohl werden auch noch an manchen anderen Orten Deutschlands, in Axel­schwang zum Beispiel, in der Pfalz, in Schles­wig, in Mecklenburg usw. deutsche Pferds von hohem Wert auf bäuerlichen Höfen gezüchtet, aber die älteste Tradition können zweifellos die Rott­taler Bauern für sich in Anspruch nehmen.

Die IrsLebnvr

Das Staatliche Gestüt Trakohnen besteht seit zweihundert Jahren. Elfhundert edle Zuchtpferde tummeln sich in diesem weitgedehnten Wiesenland im äußersten Nordostzipfel Deutschlands. Sie leben in einem wahren Pferdeparadies. So heißt übrigens auch der von dem Regisseur Wil­helm Prager für die Ufa hergestellte Kulturfilm.

Er zeigt die geradezu paradiesischen Lebensverhältnisse der Trakehner Stuten und Hengste. Die Stuten, eingeteilt in Rappen-, Fuchs-, braune und gemischte Herden, leben ungebunden in Laufställen und aus Weiden, den Hengsten stehen ganze

Und diese seit zweihundert Jahren geübte Zuchtmethode hat einen tiefen Sinn. Auf diese Art wurde den Trakehnern Charakter anerzogen ...Die Trakehner Pferde sind berühmt ob ihrer Anständigkeit und Vornehmheit. Es muß einfach ausgeschlossen sein, daß sie beißen oder schlagen.

Diese guten Eigenschaften sind diesem ostpreußi­schen Pferd durch viele Generationen hindurch planvoll anerzogen worden. In zweijähriger Ausbildung werden die Hengste in der Prüfungs­anstalt nicht nur auf ihre äußeren Merkmale ge­prüft, sondern auch auf ihre Tugend schlechthin. Und nur die Besten unter ihnen dürfen die Stammväter berühmter Pferdegenerationen wer­den. Der Ruhm des Trakehners macht nicht vor den Grenzen seines Geburtslandes halt. Dieses edle Ergebnis deutscher Zucht ist von dev Pferdesach^euten aller Länder als bestes Militär­pferd der ^ Welt anerkannt. Harmonisch vereint dieses Halbblut Schönheit der Form, Kraft und Ausdauer mit einem gutmütigen Charakter, ohne im mindesten temperamentlos zu sein.

Das Trakehner Pferd ist aus einer Mischung ostpreußisch - russischer Stuten mit dem Blut edler arabischer Hengste und englischer Vollblüter entstanden. Vom englischen Vollblut erbte es Kraft und Ausdauer, vom arabischen Vater Schönheit und Adel. Zur Zeit sind Zuchtversuche in umgekehrter Richtung im Gange. Es werden Trakehner Hengste mit arabischen Stuten gekreuzt.

In dem Ufa-Kulturfilm vonDeutschlands Heer" war zu sehen, wie sehr in neuerer Zeit auch die deutsche Militärmacht wieder zum Förderer edlen deutschen Pferdematerials ge­worden ist.

Im vork I^ipiWL

Seitdem die beiden Brudervölker Deutschland und Oesterreich ein einziges Großdeutsches Reich geworden sind, wird auch das bekannte Staats­gestüt Piber bei Köflach in Kärnten einen neuen Aufschwung erleben und wieder zu einer Vorbild lichen deutschen Pflegestätte edler Rassepferde werden. Hier ist die Zucht der Lipizzaner. Das sind jene weltberühmten Schimmel der Wiener Spanischen Hofreitschule, die durch ihr geradezu artistisches Können alle Pferdeliebhaber begeistern. Sie sind die Nachkommen der prächtigen Streit­rosse aus der Ritterzeit. In ihren Adern fließ! spanisches, neapolitanisches und arabisches Blut.

Ihren Namen bekamen sie von dem im Jahre 1850 begründeten staatlichen Gestüt in dem Dorfe Lipizza auf dem Bergrücken Opcina bei Triest. Aber schon dreihundert Jahre vorher wurde hier auf dem felsigen Boden des Karst in herber AI penluft die Zucht dieser Edelrasse betrieben. Die Pferde mußten wie die Gemsen in dem harte» Felsengeklüft an Steilabhängen herumklettern. Und das schuf die Voraussetzung für die besonde­ren Fähigkeiten des Lipizzaners, der ungeschlage- ner Meister der Hohen Schule ist. Jetzt sind sowohl das nach dem Weltkrieg vom Karst nach Kärnten verlegte Gestüt als auch die Wiener Spanische Hofreitschuie in die Obhut des deutschen Heeres übernommen worden.

Wenn wir nun aus Reit- und Fahr-Turnieren, die in vielen Städten Deutschlands abgehnlteu werden, die kühnen, geschickten Springer bewnn-

Paradies der Pferde"

Spielende Hengste im Gestüt Trakehnen

der»; wen» das Galoppieren dieser edlen Pferdc unter ihren tüchtigen Reitern über die Bahn uns zum ästhetischen Genuß wird und wenn wir immer wieder hören, wie die deutschen Turnier pferde bei Wettbewerben in aller Welt glänzende Siege erringen dann muß man daran denken daß die Voraussetzungen dazu in jahrhundcrte langer zäher Arbeit von den Züchtern geschaffen worden sind.

Die deutsche Pferdezucht ist keine Liebhaberei, sondern Bolkssache! lleinrick diiltner

Aukv. Ilks

Achte lang" eine vorzügliche Leistung von Fahrer und Pferden

Rottaler Gespann aus dem KulturfilmIn de. Rott", der vor allen, schöne Pferdebilder brinüL.