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Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'
Donnerstag, de« 2. Februar 19SS
vert Sammlung, konzentrierte Aufmerksamkeit, ztelgerechte Fortbewegung und Lebenserhaltung in sachlich besonders ausgeprägter Weise. Hinzu kommt dann die Weckung sozialer Momente: Rücksicht auf die Oeffentlichkeit und eindar- aus sich entwickelnder zuchtvoller Ehrgeiz, sich als Wett- j bewerbssinn offenbarend. Alles Komplizierte tritt zuruck. So wird das Kraftfahren zu einer Schule der Konzentra- j tion und der natürlichen Eharakterfestigung. i
Dr. Paneth saßt das Ergebnis seiner Beobachtungen in j dem Satz zusammen: „Jede Fahrt im Kraftwagen oder aus dem Motorrad wirkt wie ein Bad im Jungbrunnen der - Primitivität, und deshalb ist dieser Sport gerade kompli- > zierten Menschen in schwierigen Lebensstellungen — und das heißt ja schon beinahe: Nervösen — so besonders forderlich und bekömmlich." ,
In erster Linie denkt der Arzt hierbei an das Selbstfahren im üblichen Sinne, nicht etwa an sportliche Höchstleistungen des Rennfahrers, an Schnelligkeitsrekorde und ähnliches. Denn Höchstleistungen setzen auch hier wie aus allen Gebieten des Sports eisernes Training und besondere körperliche Eignung voraus. Auch soll damit nicht gesagt sein, daß alle Menschen, insonderheit solche mit schweren nervösen Störungen, der Kraftfahrt zugeführt werden mükten. _
Buntes Allerlei
Scotland Yard in Röten l
»Deutscher Prinz" im englischen Nebel verschwunden
Eine tolle Schwindleraffäre hielt dieser Tage die s englischen Polizeistationen in Atem. s
Ganz England lacht über einen dreisten Schwindler, der tage- lang die Beamten von Scotland Pard an der Nase herumsührte. , Ts ist selbstverständlich, daß die Nachricht vom geheimnisvolle» Verschwinden einer ausländischen Fürstlichkeit, nämlich eines deutschen Prinzen, ganz Scotland Hard auf die Beine bringen mußte. Der englischen Kriminaltehörde war die Mitteilung zugeleitet worden, daß der deutsche „Prinz Wolfs Heinrich von Stolberg-Stolberg", ein Vetter der Prinzessin Juliane von Holland, der sich seit einigen Wochen in der englischen Hauptstadt aufhalte, nachdem er von Amerika herübergekommen war, plötzlich auf geheimnisvolle Weise verschwunden sei. !
Diese Nachricht bewirkte, daß zunächst umfassende Nachforschungen auf Grund der Fremdenlisten über die in den drei letzten Monaten eingereisten Fremden vorgenommen wurden. Dabei s fand man wirklich ein Formular mit einer Aufenthaltsbewilli- i gung, das auf den Namen des Prinzen Stolberg-Stolberg aus- ! gestellt war. Als Wohnort in London war das Haus eines ge- wissen Sir John Fitzgerald angegeben. Sofort begab sich ein Beamter von Scotland Pard zu der angegebenen Adresse und fragte nach dem Prinzen. Aber Sir John Fitzgerald sah äußerst j erstaunt aus. Er kannte weder den Prinzen, noch hatte er über- j Haupt einen Prinzen zu East gehabt. s
Die Untersuchung der englischen Kriminalpolizei ging weiter. ! Spuren führten angeblich bis nach Southampton. Hier hatte > man einen Chauffeur verhaftet, dessen Wagen ein holländisches Nummernschild führte. Der Mann behauptete, die Limousine, die > er fuhr, gehöre einem Prinzen Stolberg-Stolberg. Außerdem gab i er zögernd noch zu, der Prinz hätte auf einem Ueberseedampser, ! der binnen Kürze nach Amerika abgehe, eine Passage belegt. ! Merkwürdigerweise stimmte auch diese Angabe — der Name des i Prinzen stand tatsächlich in den Listen der Schiffsagentur. Aber j wo war der Prinz selbst geblieben? Scotland Pard war ratlos, f Und es wäre wahrscheinlich noch immer ratlos wenn nicht I plötzlich Prinz Wolfs Heinrich von Stolberg-Stolberg selbst ein- , gegriffen hätte. Er las nämlich, in seinem Schloß im Harz sitzend, : sprachlos in einer englischen Zeitung, daß er in London verloren ! gegangen sei und man ihn fieberhast suche. Darauf griff der Prinz zum Telephon. Er rief bei dieser Zeitung an. Und stellte : fest, daß er überhaupt in seinem ganzen Leben noch nicht in ' England gewesen sei. In Amerika auch nicht. Und er wäre ! wohlbehalten in seinem Schloß im Harz. „Den Mann", fügte der Prinz hinzu, „der in meinem Namen zwischen Amerika und London hin- und herreist, würde ich am liebsten selber einsangen.
Es muß ein besonders geriebener Schwindler sein..." j
Scotland Pard atmet auf. Gott sei Dank, der Prinz lebt. Und ! es kommt jetzt nur noch darauf an, den Pseudoprinzen in Sicherheit zu bringen, der sich so großzügig Namen sreurder Fürstnch- keiten beilegt.
Ein Schäfer kämpfte mit Wildschweinen !
Aus Königshofen im Erabfeldgau wird berichtet, daß bei einer f Jagd auf Wildschweine in der Nähe von Trappstadt zwei Sauen,
von denen eine angeschossen war, auf eine Schafherde losgtngen. j Der Schäfer wehrte sich mit Schippe und Messer, wobei er gleich- f zeitig mit einem Wildschwein zu Fall kam. Obwohl da» eine § -Tier einen schweren Stich erhalten hatte, ging es flüchtig. Di». > andere Sa« wurde von den Hunden gehetzt und konnte mit einem Beil erlegt werde«. Inzwischen war die von zünftigen Jäger» abgehaltene Saujagd ergebnislos. i
Englische Hausgehilfinnen ans Sankt Helena !
Infolge der Abwanderung eines großen Teils deutscher Haus- - gehilfinnen aus England sind die englischen Hausfrauen ge- ! zwungen, sich nach neuen Kräften umzusehen. Dem Kolonialmi- ! nister und dem Arbeitsminister ist der Vorschlag unterbreitet I worden, aus Sankt Helena, dem Exil Napoleons, junge Mäd- ! chen nach England zu rufen. Der Vorschlag wird gegenwärtig ! überprüft. Sankt Helena zählt etwa 3750 Einwohner. ^
Akademische Würde für ein Kochrezept ;
Vor 200 Jahren geschah es, daß ein junges Mädchen in Schwe- ; den, die Gräfin Eva de la Eardie, auf ihrem elterlichen Gut Kartoffeln zu pflanzen begann. Diese heute so gewöhnliche Erdfrucht war damals eine große Seltenheit. Der englische Seefahrer Francis Drake hatte im Jahre 1585 Kartoffeln nach England gebracht. In Schweden wurde der Kartoffelanbau ein Jahrhundert später eingeführt. Eva de la Eardie unternahm Versuche mit der Herstellung von Brot aus Kartoffelmehl. Sie ahne wohl nicht, daß diese Versuche von der schwedischen Akademie der Wissenschaft als epochemachend bezeichnet wurden. Aber im Jahre 1748 wurde die Gräfin Eva Eckeblad, geborene de la Eardie, in einer feierlichen Sitzung der schwedischen Akademie für ihre Bemühungen zu ihrem Mitglied ernannt. Auf Grund ihrer Anweisungen wurde eine volkstümliche Schrift verfaßt unter dem Titel: „Ueber den Anbau von Kartoffeln, ihr Nutzen s und Gebrauch". In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts ! wurden Kartoffel» auch in Schweden zu einem Volksnahrungsmittel. !
118-Jährige hat 727 Nachkomme» !
In Gdingen ist in diesen Tagen die Zigeunerin Bogumila s Kozerowa, eine der ältesten Frauen der Welt, gestorben. Sie ge- § noß unter ihren Stammesangehörigen ein derartiges Ansehen, ! daß Zigeuner-Vertretungen aus ganz Europa zur Beerdigung - der Greisin herbeiströmten. Ihren Ruhm verdankt sie ihrer Hell- , sehekunst. Es wird berichtet, daß sie die Ermordung des Zaren i Nikolaus II. vorausgesagt habe. Zweimal besuchte sie in ihrem s Leben Amerika, einmal China. Sie verheiratete sich fünfmal und i hinterließ 15 Kinder, 52 Enkelkinder, 240 Urenkelkinder und ! 420 Ur-Urenkelkinder.
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Reichskennzifser für die Lebenshaltungskosten. Die Reichs- tcnnziffer für die Lebenshaltungskosten stellt sich für den Durchschnitt des Monats Januar 1939 auf 125,8 (1913 gleich 100): sie hat gegenüber dem Vormonat (125,3) um 0,4 o. H. angezo- j gen. In der Kennziffer für Ernährung, die sich von 121,3 auf s 122,0 (plus 0,6 v. H.) erhöht hat, wirkte sich weiterhin die jah- j reszeitlich bedingte Preissteigerung für Kartoffeln und Gemüse i aus. Bei den übrigen Vedarfsgruppen hat sich lediglich die j Kennziffer für Bekleidung von 131,9 auf 132,1 (plus 0,2 v. H.) § erhöht. !
Stuttgarter Hofbräu AE., Stuttgart. Die Stuttgarter Hof- ! brau AE. schlägt der auf 27. Februar 1939 einzuberufenden o. HV. vor, für das Geschäftsjahr 1937/38 aus einem Reingewinn s von 261248 (262 702) RM. eine Dividende von 4 (6) Prozent f U verteilen und den restlichen Gewinn in Höhe von 81 247.93 z RM. vorzutragen. — Der Vorschlag, die Dividende zu Gunsten s des Eewinnvortrages niedriger zu halten, solle den Anforderun- l gen für größere Investierungen (Kesselhaus-Neubau, Erweiterung des Maschinenhauses) sowie für die erhöhten Steuern und ! die zu erwartende wesentliche Erhöhung der Roggenstützungsum- i läge Rechnung tragen. j
Ein Abend in Barcelona
Erinnerung von E. M. Wötzel.
Barcelona 1914, kurz vor Ausbruch des Weltkrieges. Ich irottete gemächlich auf der „Nambla", der Hauptverkehrsstraße, welche die Stadt schnurgerade durchzieht. Brausendes Großstadtleben flutete an mir vorüber. In nervöser Hast strömten die Menschen an prächtigen Kaufläden vorbei, die denen „Unter den Linden" in Berlin oder „Rue de la Paix" in Paris wenig nachstehen. Hier spürte man nichts von dem
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Eine heitere Geschichte um Liede und Zugs in uno um München von Hans Wagner
Urbeberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Mauz, Regensburg. 14. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
„Ich bin ja selber Jägerstochter, da kenn ich mich schon ein bisserl aus. So einen Drilling, wie ihn Ihr Jäger führt, einen mit Seitenschlossen und so feiner Gravierung und so ausgesuchtem Schaftholz, nein, so einen kann sich ein einfacher Revierjäger mit seinem geringen Gehalt nicht leisten. Oder bezahlen Sie ihn so gut?"
„Der Drilling, na gewiß, das ist 'ne ganz schöne Waffe, aber deshalb brauchen Sie doch kein Mißtrauen gegen den Jäger oder gegen mich zu hegen. Den Drilling habe ich ihm billig abgelassen, weil ich mir einen neuen kaufte."
„Sie müssen mich schon für recht dumm halten! Dem Jäger sein Drilling ist ja moderner und besser als Ihrer, viel besser! Also da stimmt etwas nicht.
Und wie ist es mit den Böcken? Sie selber haben so ein schwaches Sechserböckerl geschossen, das Gewicht! haben Sie mir ja in der Hütte gezeigt. Und der Herr Jäger, der schießt den Hochkapitalen Kreuzbock. Machen Sie das immer schon so in Eschenkirchen?"
„Den Kreuzbock hält ich auch lieber selber geschossen, auf Weidmannswort! Aber er war zugewandert, war keiner >on unseren Böcken. Doch Sie kennen sich ja recht gut aus ,m Weidwerk, so gefallen Sie mir noch viel besser, kleine Hilde!"
„Kleine Hilde! Kleine Hilde, sagen Sie, damit ist's nichts, solang ich nicht weiß, was draußen in Eschenkirchen gespielt wird."
„Und wenn Sie's wüßten?"
„Aha, jetzt fangen Sie schon an, sich zu verraten. So hätten Sie nicht fragen dürfen! Also, was ist los?"
„Nichts, gar nichts. Der Neubauer ist mein Jäger, den
Drilling hat er von mir, und den Bock hat er geschossen, weil es ein fremder war, einer, der nur eine Gastrolle bei uns gab, die ihm nicht gut bekam."
„Und das soll ich glauben? Da irren Sie sich aber gewaltig. Ihr Jäger haltet halt zusammen! Aber ich kriegs schon raus, was da gespielt wird, sowahr ich Hilde heiße. Gleich morgen besprech ich's mit dem Hannerl, und eh' wir nicht Bescheid wissen, eher fahren wir nicht mehr zu Ihnen hinaus."
„Um Gottes willen! Mein Freund . . ."
„So ists recht! Jetzt haben Sie sich schon wieder verplappert! Mein Freund' haben Sie gesagt, er ist also nicht Ihr Jäger?"
„Fräulein Hilde, jetzt hören Sie mal zu: Mit Ihrem Mißtrauen können Sie eine mit viel List eingefädelte Sache verderben. Da muß ich Ihnen schon einen Teil der Wahrheit anvertrauen."
„Na endlich sind Sie so weit! Aber warum nur einen Teil?"
„Im Gehen macht sich das Erzählen schlecht. Und wenn ich Sie zur Mitwisserin mache, dann müssen Sie mir schon auch einen Beweis geben, daß Sie mir vertrauen."
„Wo ich noch gar nicht weiß, was jetzt für ein neuer* Schwindel kommen wird ..."
„Setzen wir uns halt auf diese Bank da. Dann will ich Ihnen sagen, was ich von der Sache verraten darf. Aber Bedingungen muß ich stellen."
„Welche denn?"
„Erstens mal muß ich, wenn ich mit Ihnen solch geheimnisvolle Dinge so recht im Vertrauen besprechen soll, auch vertraulich mit Ihnen reden dürfen. Nicht immer Fräulein Hilde', nein einfach .Hilde'..."
„Wenn es gar nicht anders geht, dann sagen Sie halt Hilde, aber das gilt nur, bis ich weiß, was mit Ihrem Jäger und dem Hannerl los ist."
„Und dann, Hilde, mußt du sagen: .Bitte, lieber Bernd, erzähle', dann fange ich an..."
„Das auch noch, also sag ich halt: bitte, lieber Bernd, erzähle!"
„unterirdischen Spanien" mit seine« geheime« politische« Klubs. Barcelona war vov jeher der Lieblingsfitz der roten Revolution. Blutige Bolksaufstände, erbitterte Barrikadenkämpfe hatten oft die Straßen dieser Stadt durchtobt.
Ich bestieg eine Straßenbahn, die ihren Weg in südöstlicher Richtung nahm. 2n der Hasenvorftadt Barcelonetta verließ ich den Wagen. Enge Gassen — Fabriken — Magazine und Docks. Aus einer Wirtschaft tonte aufpeitschende Musik. Nach kurzem Entschluß stand ich in der mit Arbeitern, Fischern und Mattosen überfüllten Hafenschenke. Erstickend heiße Luft — wüster Lärm zechender und würfelnder Menschen schlug mir entgegen. Die Jacken und Hemden der Männer, die Mantillen der Fraue« leuchtete« i« grellen Farben.
Der Kellner brachte ein großes Glas Arguardiente. „Ta- ballero", flüsterte er hastig und deutete auf eine Tür am Ende der Schankstube: „Prächtige Hahnenkämpfe — gute Wetten — schöne Frauen!" Ich gab ihm ein Geldstück und suchte dann den Hinteren Raum der Schenke auf. Durch einen Vorhang gelangte man in ein kleines Amphitheater. Ringsum standen Bänke, dichtbesetzt mit Männern und Frauen. Unter diesen auch einige junge hübsche Katalonierinnen. Ihre großen Fächer schwirrte« ununterbrochen, um die lästigen Fliegen abzuwehren.
Federn und Unrat bedeckten den schmutzigen Lehmboden. Der Patron, der die Kämpfe veranstaltete, trat auf mich zu. Ich gab ihm einige Geldstücke. Zwei Hähne wurden hereingebracht, denen Kamm und Schwanzfeder« abgeschnitten waren.
Sofort rasen die Tiere aufeinander los — zerfleischen sich mit den scharfen Schnäbeln. Ihre Federn färben sich blutig. Ein wilder lautloser Kampf. Die Zuschauer schreien und wetten. Ekel und Empörung steigen in mir hoch. Nach drei- big Minuten liegt der eine Hahn am Boden — ein formloser Klumpen. Der Kampf ist zu Ende. — Mit Lärm und Zetern werden die Wetten untereinander erledigt. Ein Matrose der spanischen Marine gerät mit einem riesigen stiernackigen Kerl, dessen Gestcht eine fürchterliche Narbe entstellt, in Streit. „Ich habe nur fünf Peseten aus den „Weißen" verloren, nicht zehn!" erklärt in ruhigem Ton der Matrose. Eine Horde jener Elemente, die einen steten Kampf gegen Staatsgewalt und Gesellschaftsordnung führen, umringt die Streitenden. Eingeborener Haß gegen das Militär bricht aus ihnen hervor. Der Narbige — seine Gefährten nennen in Antonio — packt den Mattosen an der Kehle „Das lügst du, seiger Hund!" — Ein Faustfchlag des schmächtigen, aber gewandten Seemannes wirft den Angreifer zwischen die Bänke. Enger schließt sich der Ning der Umstehenden.
Antonio springt aus.
2n seiner Hand blitzt eine Navaja. Die rote Eürtelbinde schlingt er um den linken Arm. Auch der Matrose zieht sein scharfes Klappmesser und schützt die Linke mit einem bunten Fetzen. Sodann stehen die beiden regungslos, sich beobachtend.
„Fünf Peseten auf Antonio!" unterbricht eine heisere Stimme die lautlose Stille. Der stößt plötzlich zu, seinem Gegner die Wange schlitzend. Eine Frau kreischt gellend auf. Blindwütend fahren die Männer aufeinander los. Stich aus Stich. Bald rinnt aus unzähligen Wunden das Blut. Purpurn färben sich ihre Hemden. Unter johlenden Anfeuerungen schließen die Zuschauer Wetten ab. Die Klinge des Matrosen verfängt sich in der Armbinde Antonios — nochmals fährt dessen Messer in den ungedeckten Rücken des Wehrlosen. Die Menge jubelt. Aber nur einige Augenblicke — dann bringt der vor Schmerz Rasende mit blitzschnellen Stößen Antonio zum Weichen, der wankt und klappt wie eine Ma- rionsttenpuppe zusammen. Ein Tumult entsteht. Der Matrose wird von Kameraden fortgeschleppt.
Note Nebel wogen vor meinen Augen. Mit unsicheren Schritten haste ich dem Ausgang zu. Einige Polizeibeamte erscheinen. Allein sie sind machtlos und werden nicht viel erfahren.
Befreit atme ich draußen die küble Nachtluft ein. Der südliche Himmel leuchtet in strahlender Sternenpracht. Dunkel und drohend erheben sich die gewaltigen Mauern der von Philipp V. erbauten Zitadelle — Wälle und Geschütze-
Seit dieser Nacht find mehr als zwanzig Jahre verstrichen. Jene unmenschliche, an Grausamkeiten sich berauschende Menge der Hafenschenke von Barcelonetta steht wieder in meiner Erinnerung. Jetzt ist das Land der Schauplatz furchtbar erschütternder Ereignisse geworden.
„Und drittens: Stillschweigen."
„Das versteht sich."
„Und zum Schluß: Wenn es nicht anders geht, verlassen wir uns auf deine Hilfe."
„Naja, wenns halt nicht anders geht. Jetzt sang aber endlich an!"
„Dann paß auf: Der bewußte .Jäger' ist mein Freund, mein bester Freund sogar. Schon von der Universität her. Die Jagd in Eschenkirchen hat er auch gepachtet. Ich bin nur sein East, ständiger Jagdgast allerdings. Von dem Zusammenstoß, den er mit den Eltern vom Hannerl im Wirtshaus draußen gehabt hat, weißt du ja, und ebenso, wie er bei Hubers empfangen oder vielmehr nicht empfangen worden ist. Vom Hannerl war er von allem Anfang an ganz begeistert, von dem Sonntag an, wo sie ihn wegen der entlaufenen Hedi angesprochen hat. Und weil sie ihn für einen Förster hielt, sagte er sich: Jetzt spielst du halt die Rolle weiter und siehst zu, ob dich das Hannerl auch mag, wenn du nichts weiter bist als eben der einfache, schlichte Jäger. Deswegen riefen wir die ganze Maskerade ins Leben. Und dann kam noch etwas hinzu. Der Herr Huber bot ein Gut zum Verkauf an, für das sich mein Freund interessiert. Weil er aber nicht wollte, daß durch den Besuch im Huberschen Büro sein Inkognito gelüstet würde, deshalb schickte er einen anderen Freund hin, der unter seinem Namen auftreten und verhandeln soll. Du hast ihn heut kennen gelernt."
„Der, mit dem das Hannerl daherkam? Der? Das ist ein Freund von euch? Aber der paßt schon gar nicht zu euch. Und ich Hab das Hannerl auch noch aufgezwickt mit ihrem vornehmen Kavalier!"
„Ja, er paßt freilich nicht so recht zu uns. Aber eine rührende Anhänglichkeit bewahrt er uns. Und wenn er es sich nicht gerade in den Kopf gesetzt hätte, uns die Rauschund Rauchgifte abzugewöhnen, sowie das Meucheln harmloser Tierlein, würde er uns viel lieber sein."
„Und wenn er sich um das Gut bemühen soll, da muß er sich doch als Jäger ausgeben, leicht wird ihm das nicht fallen."
(Fortsetzung folgt.)