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l?r. 4

Oonnerslag, äen 5. Januar 1939

113. Jahrgang

Das japanische Kabinett zurückgelreten

Baron Hiranuma der neue Ministerpräsident?

Das U-Voot-Gestpenst

Was bezwecken die freundschaftlichen Flottenbesprechungen BerlinLands«?

Totio, 4. Ja«. Wie die japanische Nachrichtenagentur Domei meldet, ist das Kabinett Konoe zurückgelreten. Fürst Konoe be­gab sich zum Kaiser, um ihm den Eesamtrücktritt des Kabinetts norzutragen.

Der Entschluß wurde in der Kabinettssitzung am Mittwoch morgen gefaßt, nachdem in tagelangen vorbereitenden Bespre­chungen Konoe mit der Umgebung der Krone und des Präsi­denten des Staatsrates, Hiranuma, sowie den Mitgliedern des Kabinetts und alle Instanzen den Rücktritt gebilligt hatten.

Zum Rücktritt des Kabinetts Konoe wird aus politischen Krei­sen mitgeteilt, die in den letzten Monaten geplantenationale" Mobilisierung, die das Ziel hatte, eine geschloffene Einheitspar­tei herzustellen, sei zunehmend auf den Widerstand der Parteien gestoßen, den aktivistische Kreise durch Auslösung des Reichstages hätten beseitigen wollen. Der Innenminister, Admiral Suetugu, soll dies auch innerhalb des Kabinetts angeblich befürwortet haben, dadurch sei aber die Geschlossenheit des Kabinetts in Frage gestellt worden.

Wie von unterrichteter Seite verlautet, soll die neue Regie­rung etwa folgendermaßen aussehen: Ministerpräsident Baron Hiranuma, Außenminister Arita, Kriegsminister Jtagaki, Marineminister Hasegawa, Innenminister Shiono und Landwirtschaftsminister Sakai.

Baron Hiranuma ist 73 Jahre alt. Er ist Jurist und wurde im Jahre 1907 Vizejustizminister im Saionji-Kabinctt, 1923 war er Justizminister. Von 1926 bis 1936 war er Vizepräsident des Geheimen Staatsrates, danach Präsident. Züranuma stellt ent-

> schieden der nipponisrischen Bewegung nahe und war Führer der s aktivistischen Kokuhonkai.

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i Für st Konoe gab eine Erklärung ab über dieGründe I seines Rücktritts, in der es heißt: Der China-Konflikt i habe allmählich ernste Ausmaße angenommen, und infolgedessen sei die innen- und außenpolitische Lage immer verwickelter ge­worden. Er habe oft gefürchtet, das; seine Fähigkeiten der gegen­wärtigen Lage nicht gewachsen seien, aber der Ernst der Zeit habe einen Kabinettswechsel bis heute nicht gestattet. Der China-Konflikt sei nun in ein neues Stadium ! eingetreten und die Regierung müßte nunmehr alle ! Kräfte vereinigen für den Aufbau einer neuen Ord- ! nung und die Aufrechterhaltung eines dauernden Friedens in ! Ostasien. Er sei überzeugt, daß es notwendig sei, das Vertrauen / des Volkes durch Festlegung neuer Richtlinien unter einem neuen ! Kabinett zu finden. Die unerschütterliche grundsätzliche Politik i der Regierung im China-Konflikt sei bereits festgelegt und vom Kaiser gebilligt worden.Nachdem ich", so schließt die Erklä­rung,so die sckiwere Verantwortung hierfür übernommen hatte,

> fühle ich mich beschämt, daß meine Fähigkeiten nicht ausreichen, ! um meine Aufgaben durchzuführen. Das ist der Grund für den ! Rücktritt meines Kabinetts."

Hirarmma mit der Neubildung öeauflragt

Tokio» 4. Jan. Baron Hiranuma wurde am Mittwochnach­mittag vom Kaiser in Audienz empfangen und mit der Vil« duna des neuen Kabinetts beauftragt.

Italienfeindliche Kundgebungen-

nach der Militärparade vor Daladier

Rom, 4. Jan. Eine Meldung der Agencia Stefan! aus Tunis besagt, - sich nach der Militärparade vor Daladier am Diens­tagabend autiitalieuische Kundgebungen ereignet haben. Unter Echmährufe» gegen Italien, de« Duce «nd den Grase» Eiano habe marxistischer Mob die Fensterscheiben der italienische« Zei­tungUnione" «nd der italienischen Buchhandlung eingeworfe«. Der lärmende Hanfe« habe sei« Treibe« zwei Stunde« lang fortsetzea könne«, ohne daß die Polizei eine Verhaftung vor­nahm. In der Rue d'Jtalie sei das Geschäft des italienischen Schneiders Volpicelli gestürmt worden, wobei die Schaufenster zerschlagen wurden und eine dort ausgestellte italienische Tri­kolore entwendet und verbrannt wurde. Auch bier habe die Po­lizei nicht eingegriffen.

Daladier besichtigt Tirnis-MagirroMme

Paris, 4. Jan. Ministerpräsident Daladier ist am Mittwoch vormittag mit dem Sondcrzug in Gabes eingetrossen. In sei­ner Begleitung befanden sich der Eeneralresident von Tunis, Labonne, sowie die Generale Georges und Vuillemin. Nach kur­zem Aufenthalt setzte Daladier im Kraftwagen die Reise fort, um die Befestigungsanlagen von Nareth, die sogenannte Tunis- Maginotlinie, zu besichtigen, die kurz hinter der Stadt beginnt.

Die nationalfpanische Offensive

mit neuen Erfolgen fortgesetzt

Bilbao, 4. Jan. Der nationalspanische Heeresbericht meldet, daß die Fortschritte der nationalen Offensive am Dienstag die an den Vortagen erzielten Erfolge bei weitem übertreffen. An der ganzen Front erlitt der Feind wieder außerordentlich hohe Verluste. Der linke Flügel eroberte die Orte Ana, Vernet, Foradada, Moncla und Torre de Llua sowie verschiedene Höhen. Es wurden mehrere hundert feindliche Tote gezählt. Die An­zahl der Gefangenen hat bereits 2500 überschritten, dar­unter befinden sich auch mehrere bolschewistische politische Kom­missare. Außerdem wurde wieder eine reiche Waffen- und Mu­nitionsbeute gemacht.

Wie erst jetzt bekannt wird, sprengte« bolschewistische Verbre­cher vor ihrem Rückzug vier große Wohnhäuser ohne Warnung der Bewohner in die Luft, so daß nahezu alle Insasse« unter de« Trümmern begraben wurde». Nach der Einnahme durch »atio- nalspanische Truppen wurden die Leichen der bei der Sprengung umgekommenen Personen geborgen. In der Hauptsache sind es Frauen und Kinder, die auf diese furchtbare Weise getötet wurden.

Militärische Kreise in Vurgos beurteilen die Lage an der kata­lanischen Front außerordentlich günstig und weisen darauf hin, daß der wichtigste Teil der Operationen »och bevorstehe. Wie die Frontberichterstatter weiter Mitteilen, wurde auch die Ort­schaft Flix an der Straße BalaguerAgramunt besetzt. Ferner gelang es den nationalspanischen Truppen des Südflügels, den Ort Camaseca südlich von Lasteldan einzunehmen.

Die nationale Luftwaffe war wieder äußerst rege. Vom» benfliegcr bewarfen die militärischen Ziele Barcelonas. Im Luftkampf wurden fünf rote Flieger abaeickollen.

Lue vormarscyierendeii Truppen wurden überall von der Zi­vilbevölkerung begeistert empfangen. Der nationalspa­nische Sender wandte sich in einem Aufruf an die Bevölkerung Kataloniens und forderte sie auf, sich der nationalen Erhebung anzuschließen, denn die endgültige Befreiung Kataloniens stehe dicht bevor.

lieber die Einnahme von Artesa de Segre berichtet der Frontberichterstatter des Deutschen Nachrichtenbüros, daß dieser Erfolg in militärischen Kreisen als der bedeutendste der bisheri­gen Offensive angesehen werde. Der Feind betrachtete Artesa als die Schlüsselstellung für die Verteidigung Kataloniens. Dies i geht auch aus den außerordentlich starken Befestigungsanlagen I ; hervor, die n. a. zahlreiche Reihen zenrentierter Schützengräben ^ und Betonbunker aufwicsen.

! Gedrückte Stimmung und Hunger in Barcelona

i Bilbao, 4. Jan. Die Kampforganisation der Sozialdemokra- I tischen Partei berief eine außerordentliche Tagung für den i 20. Januar nach Barcelona ein, um angesichts des Leängstigen- ! den Vordringens der nationalen Truppen in Katalonien wich- j tige Beschlüsse zu fassen. Für die Verteidigung Barcelonas sollen - energische Sofortmaßnahmen beschlossen werden. In politischen Kreisen Barcelonas herrscht ein ausgesprochener Pessimis­mus. Die politischen Kommissare suchen täglich die Kriegs­materialfabriken auf, wo sie die Belegschaften auseuern, lleber- stunden zu machen, und zwar soll 14 Stunden täglich gearbeitet werden. Auf diese Weise will man den Personalbestand der Fabriken herabsetzen, um die zur Verstärkung des Heeres not­wendigen Menschen zu gewinnen.

Aus den Provinzen Lerida und Tarragoua trafen bereits über 10 000 geflüchtete Landleute in Barcelona ein, die durch die nationale Offensive gezwungen wurden, Haus und Hof zu ver­lassen. Die Verpflegung wird dadurch in Katalonien immer j schwieriger und der Hunger ständig drückender. Gleichzeitig ! verstärkten die roten Gerichte ihre Tätigkeit gegen Leute, die s wegen Spionage oder Desertion angeklagt sind. So wurden am I Dienstag drei Offiziere zum Tode verurteilt, weil sie eigen- ! mächtig ihre Stellung aufgegeben hatten. 80 Soldaten sehen , ihrer Aburteilung wegen Desertation entgegen

! KsmAnmisteuprozetz m Lissabon

Bombenattentat auf den Ministerpräsidenten vor de« Militärsondergericht

Lissabon, 4. Jan. Am Dienstag begann vor dem ersten Mili­tärsondergericht in Lissabon ein großer Kommunistenprozeß. In diesem Prozeß kommt das am 4. Juli 1937 gegen den portugie­sischen Ministerpräsidenten Dr. Salazar verübte Bombenat­tentat zur Aburteilung. Als Hauptangeklagte und Anstifter des Attentats stehen drei kommunistische Rädelsführer von der ille­galen Volksfront vor Gericht. Weitere 15 Angehörige kommu­nistischer Zellen werden der Ausführung des Attentats oder der Beihilfe beschuldigt. Die umfangreiche Anklageschrift um­faßt außerdem verschiedene andere kommunistische Anschläge, so z. B. gegen die Pulverfabrik in Varcarena, das Pulvermagazin Cascais und gegen Benzintanks der Vacuum-Oel-Compagnie im Lissaboner Hafen.

Der erste Prozeßtag war in erster Linie mit dem Ausruf der 74 Zeugen sowie der Verlesung der Anklageschrift ausgefüllt.

Wer einem Partner vertragliche Rechte zubilligt, mutz da­mit rechnen, datz sie eines Tages auch in Anspruch genom- men werden. Das von allen Abkommen nach 1933 wohl am wenigsten kritisierte deutsch-englischeFlottenab- kommen gestand Deutschland n. a. das Recht auf gleiche U-Boot-Tonnage mit England zu. Es sah weiter vor, datz Deutschland trotz der Flottenabreden zwischen den Welt­mächten, bis 1942 keine schweren 10 000 Tonnen-Kreuzer zu bauen, fünf dieser Kreuzer noch nachträglich konstruieren dürfe. Wenn Deutschland entgegenkommenderweise sich frei­willig bereit erklärte, von diesen Rechten nur dann, wenn besondere Umstände dazu zwingen, praktischen Gebrauch z» machen, so dürfte sich doch niemand der Illusion hingeben» datz es den vierten und fünften schweren Kreuzer niemals auf Stapel legen und auch die bisherige Tonnage-Grenze für den U-Vootbau von 45 Prozent der englischen Tonnage nicht überschreiten werde. Dieser Illusion haben sich die ver­antwortlichen Marinestellen Englands auch niemals hinge­geben. Die freundschaftlichen Besprechungen, die feit dem 30. Dezember des Vorjahres nach den vertraglichen Bestim­mungen zwischen deutschen und englischen Delegationen stattfanden, haben diesen Eindruck praktischen und nüchter­nen Denkens von Seiten des englischen Partners aus be­stätigt.

Unrühmliche Ausnahmen von diesen Beweisen britischen Wirklichkeitssinnes machen allerdings einige englische Blätter. Sie machen es im Gefolge der vorsprechenden französischen Presse, die sich wieder einmal für die Englän­der den Kopf zerbricht. Beide, die englischen wie die fran­zösischen Stimmen, die sich in Schwarzjeherei und gespensti­schen Voraussagen über die deutsche U-Doot-Politik erge­hen, wollen päpstlicher als der Papst sein. So ergietzen sich über die Welt gegenwärtig die üppigsten kombinatorischen Blüten über die wahren Ziele der deutschen Flottenbaupo­litik. Keine strategische, keine politische Ueberlegung, die jene Privatpolitiker Englands und Frankreichs etwa aus­gelassen hätten. Man hat den Lesern alles serviert, was nur einigermaßen auf diese wenig bekömmliche politische Speisekarte patzte.

Es fehlt nichts, weder die deutsche Absicht, das Mittel­meergleichgewicht zu stören, noch in Spanien ungebührlichen Einflug zu erwerben, noch gegen die Chamberlain-Reise nach Rom quer zu schießen, noch das Argument, auf Roose- velts Flottenmanöver im Atlantik eine Antwort zu ertei­len. Das Gewebe all dieser Kombinationen ist allerdings außerordentlich durchsichtig. Namentlich nachdem Frankreich die Spitze in der Eespenfterseherei mit deutschen ll-Bootew hält. Ausgerechnet Frankreich, das die Weltgeschichte viel­leicht einmal dafür verantwortlich machen wird, daß Unter­seeboote noch weiterhin auf den Werften der großen Welt­mächte gebaut werden. Kein Zweifel, gewisse Stellen in Frankreich und England beabsichtigen, aus der deutschen In­anspruchnahme bereits zugestandener Rechte wieder einmal ungewöhnlich großes Kapital zu schlagen.

Dabei liegt Deutschland gewiß nichts ferner, als den Rüstungswettlauf zu steigern, zu dem die Westmächte trotz des Münchener Abkommens und entgegen deutscher und ita­lienischer Warnungen Zuflucht genommen haben. Deutsch­land erachtet gegenwärtig die Umstände für gegeben, unter denen es bereits vor Jahren seinen Anspruch auf Gleich­heit der U-Bootstärke mit England anmeldete. Es wird da­bei einzig und allein von dem Gedanken bestimmt, den Ve- dürfnissen seiner Landesverteidigung und der Schutzpflicht für seine Seeverbindungen zu genügen. Weder hat es solch hochfliegende Pläne wie die Errichtung eines ll-Vootfperr- dienstes mit Italien im Miüelmeer oder im Atlantik, worüber französische Blätter Kombinationen anstellen. Noch plant Deutschland die Zerstörung des Gleichgewichtes im Mittelmeer, worüber sichSunday Times" verbreitet. Sol­che Pläne spuken lediglich in den Köpfen jener, die durch systematische Greuelpropaganda und Verdächtigun­gen Deutschlands kopfscheu gemacht wurden.

Ein Vergleich zwischen den U-Bootstärken etwa der USA., Englands, Frankreichs und Rußlands auf der einen und Deutschlands und Italiens auf der anderen Seite legt die Haltlosigkeit derartiger marinepolitischer Kombinationen schlagend bloß. Es hätte wahrlich weit mehr Grund für Deutschland und Italien bestanden, zu dem Zeitpunkt, a!s England und Amerika in nicht abreitzender Folge mit n :;^n Flottenrüstungsprogrammen herauskamen, Alarm zu schla­gen, als heute, da Deutschland, den Verträgen gemäß, über bereits zugestandene Rechte freundschaftliche Besprechungen führt. Es steht noch nicht einmal fest, wie weit Deutschland in der praktischen Anwendung dieser Rechte gehen wird.

Man halte fest, datz bereits eine Absicht Deutschlands, 50 Prozent der englischen U-Voot-Tonnage zu besitzen, die gegenwärtigen freundschaftlichen Besprechungen ebenso not­wendig macht wie der Wunsch, 100 Prozent der englischen Tonnage für U-Boote zu erbauen. Auch darüber, ob das Deutsche Reich sich entschließt, den vierten und fünften oder nur den vierten schweren Kreuzer auf Stapel zu legen, kann die Weltöffentlichkeit erst in einigen Tagen, d. h. nach Abschluß der Aussprache mit den Engländern orientiert wer­den. Es ist deshalb auch verfrüht, Prophezeiungen über d:e