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Nagolder Tagblatt . Der Gesellschafter*
Montag, den 2. Zanuar 1939
Rückblick auf das *
Die Wirtschaft dient dem Volke. Eie ist seit der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus zuerst ein Werkzeug in der Hand der Staatsführung, die im Namen und nach dem Willen des Volkes über die innere Gestalt und die Ansprüche des Reiches nach Außen bestimmt. Mehr als in irgend einem Jahre nach dem Umbruch haben die zwölf Monate des Jahres 1938 Gültigkeit und Richtigkeit dieses ersten nationalsozialistischen Grundsatzes in der Wirtschaftspolitik bestätigt. Das gesamte wirtschaftliche Leben der Nation richtet sich nach den Anforderungen aus, die ein Jahr aktivster deutscher Außenpolitik an es stellte. Der Anschluß Oesterreichs, noch mehr aber die Heimkehr des Sudetenlandes zwangen den Staat zu Eingriffen und Ansprüchen in alle Teile des nationalen Wirtschaftslebens, wie sie seit Kriegsfchluß in einem solchen Umfange niemals notwendig waren. Es stellt der Nation eia gutes Zeugnis as, daß alle Eingriffe und Veränderungen mehr oder weniger reibungslos in dem bestehenden Wirtschaftsapparat eingebaut werden, alle Ansprüche befriedigt werden konnten, ohne daß damit schwerwiegende und breitere Schäden verbunden waren. Den erfolgreichen Einsatz der deutschen Wirtschaft für die Politik der Staatsführung verdankt die Nation auf der anderen Seite den Jahren der Pflege, des Wiederaufbaus und der Gesundung, die der Staat Adolf Hitlers ihr von 1933 bis 1937 angÄeihen ließen.
Westbefestiguuge« und Reseroistenübungea
Schon der Anschluß Oesterreichs stellte an die Wirtschasts- und Finanzkraft des Reiches bedeutsame Anforderungen. Aber noch ehe der wirtschaftliche Anschluß restlos durchgeführt war, zwangen die Tendenzmeldungen des Auslandes über deutsche Truppenbewegungen im Mai den Führer zu ernsten Entscheidungen. Sie führten wenige Monate später zu einer europäischen Umwälzung, wie sie bereits in de» Sommermonaten im gewissen Sinne revolutionäre Veränderungen und Abwandlungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt und in der deutschen Finanzpolitik hervorriefen und gleichzeitig zwei Zweige des Wirtschaftslebens, das Transportwesen und die Bauwirtschnft vor Aufgaben von selten gekanntem Umfange stellten. Im Juni erließ Eeneralfeld- marschall Eöring als Beauftragter für den Vierjahresplan jene wichtige Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung, „durch die jeder deutsche Staatsangehörige für eine begrenzte Zeit verpflichtet werden kann, auf einem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz Dienste zu leisten". Hunderttausende von Arbeitskräften schufen auf Grund dieser Verordnung in den folgenden Monaten den Schutzwall am Rhein, der im Verein mit den Reservisteneinberufungen und der Bereitschaft des deutschen Volkes und seiner Führung, den Sudetendeutschen notfalls mit der Waffe in der Hand ihr Recht zu verschaffen, der Septemberkrise zu einem ebenso glücklichen wie für Deutschland erfolgreichen Ausgang verhaft.
Der Bau der Weftbefestigungen und die militärischen Vorbereitungen Deutschlands im September stellten an eine Wirtschaft Ansprüche, die schon im Frühjahr 1938 einen Höchstgrad der Beschäftigungen und Leistungen erreicht hatte. Der Arbeitsmarkt war in jenen Frühjahrsmonaten infolge der Aufrüstung und der Durchführung des Vierjahresplans, aber auch durch den Ruf der Landwirtschaft nach Kräften zur Bewältigung der Erzeugungsschlacht bereits außerordentlich angespannt. Namentlich in den einschlägigen Gewerben und Berufen fehlte es vielfach an dringend notwendigen Kräften. So ordnete deshalb der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung im Juni beispielsweise an, daß die Betriebe der Bauwirtschaft Arbeiter und technische Ange- Steinmetzen, Stuckateure, Zimmerbandwrrker, Dachdecker,
, Steinmetzen, Stuckateur und Eipshandwerker, Pflasterer und Sträßenbauhandwerker nur noch mit schriftlicher Zustimmung des zuständigen Arbeitsamtes einstellen dürfen. Die Zustimmung wurde versagt, wenn sie entweder staats- oder wirtschaftspolitische Aufgaben beeinträchtigen konnten. Höchstleistungen wurden weiter an die deutsche Reichsbahn gestellt, die in diesem Jahre Güter und Menschen transportierte, für die der Vorrat an Laderaum und die Größe des Wagenparks restlos eingesetzt werden mußte. Zur besseren und sicheren Bewältigung der steigenden Anforderung entschloß sich die Eisenbahn denn auch in diesem Jahre zu einem Fahrzeugbauprogramm.
Endlich judenreine Wirtschaft
Noch ein weiteres Mal wurde das Wirtschaftsleben der Nation 'n den Dienst nationalsozialistischer Staatsiübruna
Zirtschaftsjahr 1938
gestellt, bei der Ausschaltung des Jrchentams auch aus der deutschen Wirtschaft. Dieser alte Grundsatz des Nationalsozialismus, der mit Rücksicht aus die Gesundung und den Wiederaufbau einer mit Millionen von Erwerbslosen und furchtbaren Stagnationserscheinungen kämpfenden Wirtschaft nur langsam und schrittweise verwirklicht werden konnte, fand in den letzten Monaten des Jahres 1938 endlich seine Erledigung. Die Mordkugel, die ein polnischer Jude in Paris auf «inen deutschen Diplomaten abschoß, lösten in ganz Deutschland Gegenmaßnahmen aus, auf denen der Staat seine Verordnungen und Erlasse zur Entjudung der Wirtschaft und damit restlosen Ausschaltung diese» fremd- rassigen Bestandteils aus dem völkischen Körper der Nation aufbaute. Dem gesamteu Judentum Deutschlands wurde eine Geldbuße im Betrage von einer Milliarde NM. auferlegt» deren Zahlung durch die rechtzeitige Inventarisierung de» jüdischen Vermögens im Sommer dieses Jahres stchergestellt war. Die erste Rate wurde am 15. Dezember dieses Jahre» fällig. I« vierteljährlichen Abständen folgt im nächsten Jahr die Zahlung der restlichen drei Raten.
Parallel zu dieser finanziellen Aktion wurden die höheren Verwaltungsbehörden ermächtigt, Juden die Veräußerung oder Abwicklung ihres gewerblichen Betriebes oder die Veräußerung ihres Grundbesitze» wie ihre sonstigen Vermögensteile aufzutrageu. Juden untersagte der Staat weiterhin, Grundstücke und Rechte an Grundstücken in Deutschland zu erwerben. Er verbot ihnen Gold, Platin, Silber, Edelsteine und Perlen zu erwerben, zu verpfänden oder freihändig zu veräußern. Schließlich führt« er einen Depot- zwang für Wertpapiere ein, die sich in jüdischem Besitz befinden. Seit all jenen Reinigungserlaffen spielt der Begriff der Arisierung im Wirtschaftsgeschehen dieser Tag« eins wichtige Rolle. Durch geeignete wirtschaftliche Organisation überwachen Staat und Partei die technischen Einzelheiten einer Ueberführung jüdischer Geschäfte oder jüdi- schen Besitzes in arische Hände. In vielen Fällen schalte« sich diese oder andere Stellen beim An- oder Verkauf jüdischen Eigentums, etwa jüdischer Automobile, ein, und garantieren dadurch einmal ein rasches Zeitmaß der Enftu- düng, hindern aber auch die Verschleuderung vou Werte« und die Zerstörung des Preisniveaus.
Das „Wunder- der Finanzierung
Schon in den ersten Jahren nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik erörterte das Ausland geschäftig die „geheimnisvollen" Methoden der Finanzierung. Auch über die Kosten der Wirtschaftspolitik dieses Jahres zerbrach es sich mit überkommenen, aber vielfach veralteten Begriffen der Wirtschastsdenkens den Kopf. Reichsbankpräfident Dr. Schacht und Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Kr» sigk verwiesen zu wiederholten Male« darauf, daß die im Wege des staatlichen Kurzkredits erfolgte Kreditausweitung die einzige Methode gewesen sei, mir der man i« Jahr« 1933 der katastrophalen Arbeitslosigkeit begegne« und di« Wirtschaft wieder auf Touren bringen konnte. Sowohl de, Reichsfinanzminister wie der Neichsbankprästdent stellten nach der vollständigen Inbetriebnahme und Ausnutzung der wirtschaftlichen Kräfte de» Reiches an Stelle der Kreditausweitung als Parole der Zukunft die Leistungssteige, rung auf. Mit diesem Parolenwechsel verband sich von selbst eine Aenderung der Finanzierung. Grundsätzlich mutz sich das Reich die notwendigen Mittel für die geplanten und innen- wie außenpolitisch dringenden Aufgaben durch Aus- gäbe von Reichsanleihen und Reichsschatzanweisungen unmittelbar durch den Kreditmarkt beschaffen, soweit sie nichi aus den legalen Haushaltseinnahmen flüssig gemacht werden können. Von diesen Mitteln hat das Reich, wie'gewisse Veränderungen der Steuergesetzgebung zeigen, ausgiebig Gebrauch gemacht.
Erträge der Landwirtschaft und der Industrie
Die Leichtigkeit, mit der die Reichsanleihen im allgemeinen untergebracht werden konnten, die günstigen Geschäftsabschlüsse, die auch in diesem Jahre bei einer Beurteilung des Ertrages der deutschen Wirtschaft ins Auge fallen, zeugen im übrigen deutlich von den gesunden wirtschaftliche« Verhältnissen, die es dem Staate gestatteten, zwecks Durchführung seiner außen- und innenpolitischen Ziele, alsc zwecks Schaffung des großdeutschen Reiches, zwecks Sicherung dieses Reiches und seiner inneren Ausgestaltung durch Bauten und Straßen, auf sie zurückzugreifen. Es sind in übrigen nicht nur die großen Unternehmungen, die groß« wirtschaftliche Gewinne buchen und sie dem Staat in de« verschiedensten Formen zur Verfügung stellen können. Di« Zunahme der Einlagen bei den Sparkassen, die Eingänge bei den Versicherungen lassen erkennen, daß auch die große
Mehrzahl sparen kann und Rücklagen macht. Das außerordentlich gute Weihnachtsgeschäft erinnert weiter daran, wie sehr trotz aller staatlichen Beanspruchungen die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Schichten stabilisiert geblieben find.
Außerordentlich gute Erträge wies in diesem Jahre auch die deutsche Landwirtschaft auf. Eine weit über durchschnittliche Vrotgetreideernte und eine unerwartet gute Hackfruchternte zeugten von dem Einsatz des deutschen Bauerntums zur Sicherstellung der Volksernährung. Die guten Ernteergebnisse zogen im übrigen im Verein mit ernährungspolitischen Maßnahmen vor der Septemberkrise ein großzügiges Bauprogramm für 2 Millionen Tonnen Lagerraum nach sich. Daß die Landwirtschaft ihre großen Erfolge auch mit großen persönlichen Opfern bezahlt hat, wurde auf den Aussprachen des letzten Reichsbauerntages in Goslar deutlich. Das Problem der Landflucht, Fragen der Rationalisierung landwirtschaftlicher Betriebe und eine Neubewertung der bäuerlichen Arbeit auf dem Acker, um diese Dinge kreisen die Anstrengungen der verantwortlichen Stellen des Reichsnährstandes und des Beauftragten für den Nierjahresplan. Im Grunde sind die Probleme der Landwirtschaft gerade gegenwärtig ähnlich den Fragen der allgemeinen Wirtschaft und der Industrie gelagert. Mangel an Arbeitskräften, Zwang zur Nationalisierung und Mehrleistung, hiermit beschäftigen sich auch die Mitarbeiter des Generalfeldmarschall Göring und des Reichswirtschaftsminister Funk. Die Beauftra"''nac>n. die Hermann Eöring Minister Funk zur Leistungssteigerung und Rationalisierung, dem Obersten von Schell zur Rormung und Vereinfachung im Kraftfahrwesen und Direktor Lange zur Planung des deutschen Maschinenbaus erteilte, weisen in die gleiche Richtung.
Wirtschaftsbeziehungen zn» Au sla n d
Deutschlands Außenhandelsbilanz schloß in diesem Jahre im Gegensatz zu früheren Jahren mit einem pas- stoeu Saldo ab. Die außerordentlichen Bedürfnisse der Einfuhr staatspolitisch wichtiger und lebensnotwendiger Rohstoffe und Lebensmittel überwog unsere Ausfuhrmöglich keite«. Auf der anderen Seite «öffneten die Veränderungen der politischen Gestalt Mitteleuropas erweiterten Wirtschaftsbeziehungen mit den Staaten des Südostens ungeahnte Möglichkeiten. Enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Tschechoslowakei, mit Ungarn und Rumänien stehen an erster Stelle im Programm der deutschen Außenhandelspolitik. Die Reise des Reichswirtschastsministers Funk in die Hauptstädte der Donau- und Balkanstaaten, die Warenkredite Deutschlands an die Türkei wie an Polen und schließlich die Gründung des Süd-Ost-Guropa-Jn- stituts in Wien weifen der Zukunft des deutschen Außenhandels den Weg. Daß die Mittel und Wege der deutschen Außenhandelspolitik erfolgreich sind und sein werden, geht im übrigen deutlich aus englischen Empfindlichkeiten und Anstrengungen zur Begegnung des deutschen Einflusses auf wichtigen Auslandsmärkten hervor. Auch in dieser Beziehung darf deshalb Deutschlands Wirtschaft hoffnungsvoll in die Zukunft sehen. Unter der sicheren Führung Adolf Hitlers und Hermann Görings als Beauftragten für den Vierjahresplan wird Deutschlands Wirtschaft auch weiter die Rolle eines wichtigen und wesentlichen Werkzeuges in der Hand der deutschen Staatsiüb«,«»
Württ. Sparkasseneinlage» im November 1938. Die Einlagen
bei den württembergischen öffentlichen Sparkasse» haben im November i» verstärktem Maße zugenommen. Das Sparergebnis des Monats November ist bisher das beste des ganzen Jahres. Die Spareinlagen sind um 13,g Will. RM. auf 93,7 Mill. RM. gestiegen. Ein Vergleich mit den Vorjahren zeigt, daß der Spareinlagenzuwachs im November 1937 9,1 Mill. RM. und im November 1936 nur 2.4 Mill. RM. betragen hat. Die Erhöhung des Einzahlungsüberschusses ist in der Hauptsache auf die Steigerung der Einzahlungen zurückzuführen, die mit 34,8 Mill. RM. um 7,4 Mill RM. über den Einzahlungen im Vergleichsmonat des Vorjahres liegen. Auch die Rückzahlungen sind mit 81,3 Mill. RM. gegenüber denienigen vom November 1937 (18,3 MM. RM.) um 3,0 Mill. RM. angestiegen. Die Gesamts einlagen betragen auf Monatsende 1226,8 Mill. RM. Der neue Eesamieinlagenbestand liegt um 144,6 Mill. RM. höher als am 30. November 1937.
Wally: „Ich möchte meinem Bräutigam zur Verlobung eine Ueberraschung bereiten".
Hilde: „Sage ihm dein richtiges Alter!"
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Vater: „Peter, was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!"
Peter: „Großartig! Dann will ich mal schnell die ganz« Schokolade aufeffen!"
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38. Fortsetzung
Nachdruck verboten
Weder Thea noch Herbert bemerkten das elegante Paar, das einige Tische entfernt saß, ein junger Herr und eine sehr hübsche junge Dame.
Eines war jedenfalls sicher,, diese junge Dame brachte Herbert Medow das größte Interesse entgegen, ein Interesse, das vou dem Herrn in ihrer Begleitung geteilt wurde.
„Du irrst dich wirklich nicht?" fragte er. „Es ist Herbert Medow?"
Lisa Melrum sah ihren Bruder ungeduldig an.
„Wie joll ich mich irren," erwiderte sie. „Natürlich ist er es. Ich werde doch Herbert kennen."
„Und was willst du tun?"
„Ich weiß auch nicht. Was meinst du, Kurt?"
Kurt Melrum trank seinen Kaffee aus und stellte die Tasse bedächtig nieder. Dann beugte er sich etwas über den Tisch zu seiner Schwester hinüber.
„Du kennst meine Meinung über Medow," sagte er. „Ich irre mich selten und ich weiß, was uns der Junge nützen kann. Er ist wieder obenauf, wie es scheint. Wenn du es geschickt anfängst, Lisa, kann uns das von großem Vorteil fein, ich habe ausgezeichnete Renntips, todsichere Tips, und nur das Geld fehlt wieder einmal."
Lisa zuckte die Achseln.
„Ich wundere mich sehr über deine Worte," sagte sie. „Vor ein paar Wochen hast du mir gerade das Gegenteil gesagt und mir geraten, ihm einen Brief zu schreiben und jede Verbindung mit ihm abzubrechen."
„Allerdings," «ntwortete er, „aber jetzt ist das etwas
anderes. Sieh ihn doch an, wie er angezogen ist. Er hat Geld."
„Und?" ->
„Und wir haben keines."
Sie schwiegen eine Weile, dann sagte sie:
„Also soll ich sagen, daß ich es mit dem Brief nicht so gemeint hatte?"
Er lächelte.
„So ungefähr," meinte er. „Die Einzelheiten muß ich deiner diplomatischen Geschicklichkeit überlassen. Du hast doch großen Einfluß auf ihn gehabt, und es gab kein Opfer, das er nicht deinetwegen gebracht hätte."
Sie lachte aus.
„Da hast du mal recht, Kurt," erwiderte sie. „Sogar ins Gefängnis ist er meinetwegen gekommen. Vielleicht schreckt ihn das vor weiteren Bekanntschaften mit mir ab. Und dann — vergiß die Dame nicht, die bei ihm fitzt. Sie scheinen vertraut zu sein. Und — hübsch ist sie auch."
„Geh' hin," sagte er kurz, „und sprich mit ihm."
„Er wird tun, als ob er mich nicht kennt," murmelte sie. „Ich gehe lieber nicht hin."
„Du gehst hin," sagte er. „Hast du Angst oder hast d« die Nerven verloren?"
Sie sah ihn nicht an und ein Zucken flog über ihr Gesicht.
„Nun?" fragte er. ^ . .
Sie stand aus. - - - ' , , , ^
„Ich gehe," sagte sie. -
Ihr Bruder sah sie auf einmal bewundernd an.
„Ich habe es mir gedacht," erklärte er, „ich habe es mir gedacht, daß du es tust. Also — Hals- und Beinbruch! Und paß auf, was ich dir sage. Tu sehr erstaunt, nütze das Erstaunte aus, um ihn in ein Gespräch zu verwik- keln und richte es dann so ein, daß ich herüberkommen kann."
„Hoffentlich blamiere ich mich nicht vor allen Leuten," sagte sie. „Das geht dann auf dein Konto, Kurt."
Sie ging hinüber und legte Herbert Medow die Hand auf die Schulter.
„Herbert!" rief sie, „ja — Herbert, bist du es denn wirklich? Ist das eine Ueberraschung!"
Herbert Medow war zusammengezuckt, aber doch gleich ausgestanden.
Lisa Melrum! Lisa stand vor ihm.
Er übersah die Hand, die sie ausstreckte, und sie zog sie rasch zurück. Eine Falte stand auf seiner Stirn, und sein Blick hatte einen eisigen Ausdruck.
„Bist du ärgerlich?" fragte sie leise.
„Aergerlich? Nein!"
„Doch, Herbert," erwiderte sie. „Ich weiß, du bist es. Und du bist im Recht. Mein Brief —" Vertraulich fuhr sie noch leiser fort: „Wenn — wenn ich dir bloß erklären könnte — Ein dummer Irrtum — Ich meine unter vier Augen..."
Sie unterbrach sich und wandte sich auf einmal Thea zu.
„Störe ich? Ach, bitte, Herbert, willst du uns nicht bekannt machen?"
Sie lächelte, denn sie wußte, daß ihr Lächeln unwiderstehlich war. Doch der eisige Eesichtsausdruck Herberts milderte sich nicht.
Er stellte Lisa vor und Thea erinnerte sich natürlich sofort ihres Namens. Das also war die Frau, die eine so große Rolle in Herberts Leben gespielt hatte, die ihm zum Verhängnis geworden war.
Er hatte Thea als Dr. Hansen vorgestellt, und Lisa begriff sofort, mit wem sie es zu tun hatte. Ein Blick genügte ihr, um die geistige Ueberlegenheit dieser Frau festzustellen, und sie atmete auf. Eine derart kultivierte Frau konnte keine Rivalin sein und es mochte nur eine sehr oberflächliche Freundschaft zwischen ihr und Herbert bestehen.
Lisa bemerkte, wie Thea ungeduldig nach der Armbanduhr sah. Das bedeutete, daß sie gehen wollte — und das patzte ausgezeichnet zu Lisas Absichten. Es würde nicht schwer sein, Herbert zu bestimmen, zu bleiben und an Kurts Tisch zu kommen. Es arrangierte sich alles wunderbar.
Fortsetzung folgt.