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Nr. 287
Donnerstag, äen 7. Dezember 1939
113. Jahrgang
Churchill gesteht seine Unterschlagungen ein!
Der Tiefstand amtlicher britischer Moral im Unterhaus wieder einmal erwiesen / Die schweren englischen Verluste werden so lange wie möglich geheim
gehalten / Verschärfung des Piratenkrieges
DNB. London, 7. Dez. Zm englischen Unterhaus sprach Winston Churchill am Mittwoch folgenden klassischen Satz: „Ich beabsichtige nicht, über alle Schaden zu berichten, es fei denn, daß sie in weiten Kreisen bekannt werden, oder daß ich annehmen muß, daß der Feind davon Kenntnis erhalten hat". Mit anderen Worten: Solange es irgend geht, verschweigt der Erste Lügenlord die schweren Verluste, die seine Flotte erleidet. Für dieses Eingeständnis ist die Welt von ganzem Herzen dankbar. Es zeigt, was man von den märchenhaften Ziffern zu halte» hat, die W. C. von Zeit zu Zeit im Unterhaus vom Stapel läßt, wie er das am Mittwoch wieder getan hat.
Die Rede des sehr ehrenwerten Marineministers glich einem formvollendeten Eiertanz. Sie war gespickt voll Widersprüche. Während er einmal davon sprach, die ständigen deutschen Angriffe seien eine „Lebensbedrohung" für Großbritannien, behauptete er gleich danach, der englische Schiffsverkehr habe trotzdem ausrechterhalten werden können. Ja noch mehr, von Monat zu Monat seien die Verluste an Handelsschiffen zurückgc- gangen. Im Oktober seien sie nur noch halb so groß gewesen wie im September und im November um ein weiteres Drittel kleiner. Und dabei hat es doch gerade in de» letzten Wochen überall vor der englischen Küste gekracht, und die Zeitungen in allen Hauptstädten der Welt konnten noch nie so viele Schiffsuntergänge und Verluste der britischen Marine registrieren!
Am meisten tobte sich dann Churchill — trotzdem nach seiner Meinung die englische Handelsmarine ja garnicht ernstlich bedroht ist — über die vielen Minenexplosionen in den letzten Tagen aus. Als schwachen Trost für die llnterhausmitglieder fügte er hinzu, vielleicht werde er nach Weihnachten imstande sein, hierüber mehr zu sagen. Winston Churchill hatte dann die Stirn, zu behaupten, die englische Handelsschisfahrt habe in den ersten drei Kriegsmonaten nur 346 666 Tonnen verloren. Dabei mußte Reuter doch am Montag erst zugeben, daß die Zahl viel höher liege, nämlich bei rund 746 666 Tonnen.
Churchill hielt es wieder nur für nötig, den Untergang der „Courageous", der „Royal Oak", zweier Zerstörer und eines ll- Bootes, von insgesamt etwa 56 666 Tonnen zuzugeben.
Wir wollen hiermit seine Angaben vervollständigen, indem
DNB. Riga, 7. Dez. Auf der Karelischen Landenge ziehen sich die finnischen Truppen in zunehmendem Maße zurück. Am Mittwoch morgen wird bestätigt, daß die vorgeschobenen finnischen Abteilungen die Grenzorte Nykyrka, Valkjärvi und Rautu aufgegeben haben. Der Rückzug ersolgt auf die Grenzstellungen binter dem Woukksen-Fluß und südöstlich von Biborg. Die Russen sind am Mittwoch vormittag im Vorrücken begriffen, wobei sie von zahlreichen Panzerzügen und starker Artillerie unterstützt werden.
Nördlich vom Ladoga-See pressen die russischen Truppen hart auf die finnischen Linien. An der östlichen Grenze vom Ladoga- See wird auch ein verstärkter russischer Druck gegen Sonjärvi gemeldet. Die finnische» Vorposten hätten Salmis und Suvi- lahti aufgegeben. Es ist anzunehmen, daß die Finnen in diesen Gebieten in den nächsten Tagen sich weiter zurückziehen müssen. Eine ähnliche Entwicklung erwartet man für das Gebiet nördlich vom Ladoga-See.
Weiter ist es den Russen gelungen, die Eisenbahnlinie östlich von Nurmes zu bedrohen. Zm Petsamo-Distrikt haben sich die Finnen halten können.
Ueber die Tätigkeit der russischen Seestreitkriifte heißt es am Mittwoch morgen, daß das Bombardement auf Hogland fortgesetzt wurde, auch seien Landungsversuche unternommen worden. Die Besetzung der im Finnischen Meerbusen gelegenen Insel Groß-Tyttaskären durch die Russen wird am Mittwoch bestätigt.
Helsinki, 6. Dez. Die Wegdringung der noch in Finnland verbliebenen Deutschen geht weiter. Die Abbeförderung erfolgt über Abo. Am Donnerstag fährt von Abo der deutsche Dampfer „Pieto" ab. In Mäntuluoto ist ein Ruß-Dampfer angekommen, so daß die Deutschen auch von dort aus abreisen können.
Finnland befestigt Alands-Inseln
Helsinki, 6. Dez. Das finnische Außenministerium teilte a Dienstag nachmittag mit, daß die finnische Wehrmacht den Schutz der Neutralität der Alands-Inseln gegen alle eventuellen Angriffe übernommen habe. Es verlautet, daß die Inseln befestigt «erden sollen, um den Eingang zum Bottnischen Meerbusen zu schließen.
wir die schwersten der übrigen Verluste der britischen Kriegsmarine kurz und sachlich aufziihleu.
Torpediert wurden: Die „Nepulse", die „Belfast", ein schwerer Kreuzer der London-Klasse. Durch deutsche Fliegerbomben wurden vernichtet bezw. schwer getroffen: Die „Ark Royal", die „Hood", die Southampton", die „Edingburgh", die Mohawk und die „Zron Duke".
Winston Churchill kam dann auf die völkerrechtswidrige Blockade der deutschen Ausfuhr zu sprechen. Er behauptete, die Schiffsverluste, welche die Neutralen erlitten hätten, hätten England genötigt, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Woher sich Großbritannien allerdings das Recht nimmt, für die neutralen Länder Rache zu üben, wurde schamhaft verschwiegen. Mit unerhörtem Zynismus erklärte dann der Erste Lügenlord, durch diese Export-Blockade würden „den Neutralen keine besonderen Unannehmlichkeiten verursacht werden. Sie dürften eben einfach keine deutschen Waren auf ihren Schiffen befördern lassen".
Und damit die Neutralen von dieser Arbeit ganz befreit würden, möchten sie doch ihre Dampfer für die Dauer des Krieges den Engländern leihen. Dies dürste ein neues Geständnis der enormen Verluste der britischen Handelsmarine sein.
Mit ganz besonderem Interesse wird die deutsche Oessentlich- keit davon Kenntnis nehmen, daß bereits 1666 englische Hau- delsdampfer bewaffnet wurden, und daß Herr Churchill sogar 2666 Schisse bewafsnen will. Im Landkriege behandelt man bewaffnete Zivilisten als Heckenschützen. Zm Seekriege gelten keine anderen Grundsätze: Bewaffnete Handelsschiffe sind Pirate«. fchiffe!
Obwohl jedermann weiß, wie sehr sich Churchills Flotte in alle Winkel verkrochen hat, oerstieg sich der. Erste Lord der Admiralität zu der ungeheuerlichen Behauptung, dieser Krieg sei „ein merkwürdiger Krieg für Deutschlands Flotte, die überall zurückgctrieben wird". Kurz darnach bekam Winston Churchill vor seiner eigenen Courage Angst und bemerkte bekümmert, der Preis für die Kontrolle der See durch Großbritannien sei „oft sehr teuer". Er warne ausdrücklich: Man müsse mit weiteren schweren Verlusten rechnen. Und darauf kann er sich verlassen . . .
Finnische Truppen auf den Alands-Inseln gelandet
Helsinki» 6. Dez. Die Minierung der Gewässer um die Alands- Inselgruppe wurde am Dienstag mittag abgeschlossen. Im Anschluß hieran wurde am Dienstag gemeldet, daß finnisch? Truppen in großer Zahl auf den Alands-Inseln gelandet seien.
Schwedische Minensperre im Bottnischen Meerbusen
Stockholm, 6. Dez. Zur Erleichterung der Bemühungen, die schwedische Neutralität zu schützen, sind in den schwedischen Tsrri- rorialgewässern des südlichen Teiles des Bottnischen Meerbusens Minen ausgelegt worden. Die Minensperre befindet sich zwischen 60 Grad 21 Min. und 60 Grad 15 Min. nördlicher Breite.
Moskau zur Berlrelnng der finnischen Imeressen durch Schwebe«
Stockholm, 6. Dez. Schweden teilte der Sowjetregierung mit, daß die finnische Regierung ihr die Mission anvertraut habe, die finnischen Interessen in der Sowjetunion zu wahren. Die Sowjetregierung erklärte jedoch, daß sie die finnische Regierung, die Schweden diese Mission erteilt habe, nicht anerkenne und daß unter diesen Umständen die Frage einer solchen Wahrung der finnischen Interessen nicht gestellt werden könne.
Amerika-Finnen schicken Flugzeuge
Stockholm, 6. Dez. Aus Helsinki meldet „Aftonbladet", die finnische Minensperre bei Aland hindere russische Kriegsschiffe, in den Bottnischen Meerbusen einzufahren. Gleichzeitig werde mitgeteilt, daß die Verschiffung finnischer Truppen nach den Alands-Inseln durchgeführt sei. „Nya Dagligt Allehanda" meldet, daß Amerika eine große Anzahl Flugzeuge nach Finnland schicken werde. Es handle sich um Flugzeuge, die von amerikanischen Staatsbürgern finnischer Volkszugehörigkeit gespendet worden seien, und von amerikanischen Piloten geführt würden.
Die Kampfhandlungen in Finnland
Moskau, 6. Dez. Die Blätter enthalten weiter zahlreiche Schilderungen und Stimmungsbilder von den Kampfhandlungen gegen Finnland. Aus einem Bericht der „Prawda" über die Einnahme der Insel Hogland im Finnischen Meerbusen geht hervor, daß Hogland von den Finnen vor dem Eintreffen der sowjetischen Kriegsflotte geräumt worden war. Die Insel sei nach
Der Wehrmachlsbericht
Keine besonderen Ereignisse
Berlin, K. Dez. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Keine besondere« Ereignisse.
Großadmiral Naeder in Wilhelmshaven
Berlin, 6. Dez. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Dr. h. c. Raeder, besichtigte am 5. Dezember in Wilhelmshaven Besatzungen von Streitkräften des Führers der Zerstörer.
-Oe>a)iegnng oura, Llnheuen 0er >owielischen Kriegsmarine im Sturm genommen worden.
Die weiteren Frontberichte legen davon Zeugnis ab, daß ins- "oesonders auf der Karelischen Landenge in den letzten Tage» sehr erbittert gekämpft wurde. Bei der Einnahme des Erenz- städtchens Terioki z. V. hätten schwere Kämpfe stattgefundsu. Alle Berichterstatter unterstreichen weiter, daß die von den Finnen überall ausgelegten Minen und Höllenmaschinen dem Vormarsch der Roten Armee als schwierigstes Hindernis im Wege stehen.
Helfinkt gersumr
Helsinki, 6. Dez. Dichte Wolken und Schneewekker behinderten auch am Mittwoch die Lufttätigkeit. Bei Petsamo und am Nord- teil des Ladoga-Sees hat sich der Druck der Russen gegen die finnischen Stellungen verstärkt. Tanks, Panzerautos, Flugzeuge und starke Jnfanteriekräfte wurden bei den Angriffen eingesetzt. An einigen Punkten sind die Russen bis 36 Meilen in das -i^ -nische Gebiet eingedrungen. Unterdessen wird die Freimachung Helsinkis fortgesetzt. Obwohl die Stadt jetzt nur noch eine geringe Bevölkerung aufweist, ist sie Sitz der Regierung geblieben. Die meisten Kabinettsmitglieder leben in den Vororten, die Ministerien, die in der Nähe des Hafens gelegen waren, mußten verlegt werden. Der Bau neuer bombensicherer Unterstände wird bald fertiggestellt sein.
Russische Bomben auf kanadisches Nickelbergwerk
Oslo, 6. Dez. Aus Kirkenes wird gemeldet, daß drei russische Flugzeuge Bomben auf Kolosjoki, das Zentrum der großen kanadischen Nickelgesellschaften in Finnland, abgeworfen hätten Die ersten Meldungen besagen, daß kein aroßer Schaden entstanden sei. Die finnischen Abwehrgeschütze traten in Tätigkeit, jedoch wurde keines der Flugzeuge abgeschossen.
Ausländische Flüchtlinge aus Finnland
in Schweden eingetroffe«
Stockholm, 6. Dez. Am Dienstag abend sind aus Finnland zwei Schisse mit rund 500 Flüchtlingen in Stockholm angekommen. Darunter befinden sich 50 Schweizer, 30 Engländer, ferner Holländer, Ungarn und etwa 100 Amerikaner. Weiter ist fast die gesamte norwegische Kolonie von Helsinki, etwa 50 Personen, nach einer Reise von viereinhalb Tagen in dem schwedischen Hafen Norrtälje angekommen. Der Frachtdampfer, auf dem die Norweger Finnland verlassen hatten, konnte nur mit erheblichen Schwierigkeiten Norrtälje erreichen, weil kein Lotse zur Hand war. Beim Einlaufen in den Hafen ist das Schiff auf Grund gelaufen, so daß die Fahrgäste mit einem Zollboot an Land gebracht werden mußten.
Zum neuen Llebeswerben um Italien
Eine Absage
Rom, 6. Dez. Mit aller Entschiedenheit wendet sich der Direktor des „Giornale d'Jtalia" gegen jene Maßnahmen, die darauf abzielen, Italien irgend eine Rolle im russisch-finnischen Konflikt übertragen zu wollen. Es sei bezeichnend, wie das halbamtliche Blatt ausführt, daß man neben den Stimmen, die Italien seit bald zwei Monaten in Verbindung mit einem sogenannten Val- kanblock bringen, nunmehr auch Stimmen laut würden, die ihm eine neue Mission zuteilen möchten. Italien, das man noch während der Sanktionszeit als isoliert bezeichnen wollte, stehe heute wieder im Mittelpunkt der internationalen Politik, und die Erkenntnis von der italienischen Macht, den italienischen Mitteln und Positionen setze sich in aller Welt immer entschiedener durch. Allerdings dürfe man dabei, wie der Direktor des halbamtlichen Blattes mit offenbarer Bezugnahme auf das Liebeswerben um Italien betont, nicht übertreiben, denn wenn die amerikanische Zeitung „Washington Post" beispielsweise erkläre, man sollte sich
Vorabend des Zusammentritts des Genfer Rates bemühen, Italien zu einer Rückkehr in die Liga zu beweg e n, so könne man darauf nur antworten, daßderartige Bemühungen mit Aussicht aus Erfolg 1935/38 hätten unternommen werden können. Heuteseteszuspät. Ab 11. Dezember, zwei Jahre nach der Austrittserklärung der italienischen Regierung, werde Italien unwiderruflich und endgültig die Genfer Liga verlassen haben und keinerlei Beziehungen, auch nicht einmal mehr verwaltungstechnischer Natur, mit ihr pflegen.
Finnischer Rückzug aus äer Rarel.Lanäenge
Panzerzüge und Artillerie unterstützen den Vormarsch der Russen — Starker Druck auch an den anderen Fronten — Fortsetzung des Bombardements auf Hogland