8. Seite Nr. 286

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'

Mittwoch, den 6. Dezember 1939

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Die Auseinandersetzung zwischen der Sowjetunion und Finnland wird von England zu einer wüsten Hetze nicht etwa gegen Moskau, sondern gegen Deutschland ausgenutzt. Man hat nach altbewährten Methoden die ganze Schuld an dieser Entwicklung von sich ab und einer gänzlich unbeteiligten dritten Macht in die Schuhe gescho­ben. Mit diesen durchsichtigen Mätzchen will man die außer­ordentliche Verlegenheit verbergen, in die man durch die Entwicklung der letzten Tage gekommen ist. Man weiß hier sehr genau, daß ähnlich wie im Fall Polens die britische Regierung gar nicht in der Lage ist, eine Aktion von irgendwelcher Bedeutung zu unternehmen. So beschränkt man sich ausschließlich darauf, das Vorgehen der Sowjet­union in den englischen Zeitungen sozusagen moralisch zu bedauern. Den eigentlichen Entrüstungssturm aber lenkt man auf Deutschland ab, eine Spiegelfechterei, die auch von den Neutralen bereits als Ausdruck der üblichen briti­schen Heuchelei durchschaut wird.

Es ist durchaus überflüssig, sich in diesem Punkt mit England irgendwie auseinanderzusetzen. Viel wichtiger ist die Frage, die auch von Italien bereits angeschnitten wurde, inwiefern England selbst an einer Zuspitzung der finnisch- russischen Auseinandersetzungen schuldhaft beteiligt ist. Hier läßt sich in der Tat ein Schuldkonto aufmachen, das haar­genau in den Eesamtrahmen der von England seit Jah­ren betriebenen Einkreisungs- und Vernichtungspolitik gegenüber Deutschland hineinpaßt. Die Beziehungen Eng­lands zu den nordischen und baltischen Staaten und zu Finnland werden nur klar, wenn man sie im Lichte jener fehlgeschlagenen Hoffnung auf die Einbeziehung der Sow­jetunion in den Kampf gegen Deutschland steht. Für dieses Ziel war England bereit, im gesamten Ostseeraum eine reinliche Trennung, besser wohl eine angeblich reinliche Trennung zwischen seinen eigenen Interessen und denen der Sowjetunion herbeizuführen. Im Falle eines gelunge­nen Abschlusses mit Moskau hätte die britische Regierung, wie heute völlig klar ist, keinen Augenblick gezögert, für die sowjetrussischen Interessen an der russischen Nord- und Nordwestgrenze und zum Teil auch gegenüber Polen ein nachdrückliches Wörtlein einzulegen. Es war für London selbstverständlich, daß bei einer vollzogenen Einkreisung auch Finnland in diesen antideutschen Staatenblock einzu­beziehen war. Und da man sehr wohl wußte, welche sehr begreiflichen Wünsche nach einer Berichtigung der sowjet­russisch-finnischen Grenzen, nach einer größeren Sicherung Leningrads und nach einem vermehrten Schutz des Ostsee- Weißmeerkanals in Moskau bestanden, so hatte man sich auch die Frage überlegt, wie sich in einem solchen Falle England verhalten sollte. Es kann kein Zweifel daran sein, daß London im Endeffekt bereit war, sowjetrussischen Wün­schen weitgehend entgegenzukommen. Die jetzige Heuchelei nach der Zuspitzung aller dieser Fragen ist deshalb umso verlogener, weil England niemals daran gedacht hat, ohne jede Gegenleistung die Sowjetunion zur militärischen Hilfe­leistung gegen Deutschland gewinnen zu können.

Erst nach der Zerschlagung der Einkreisungsträume wurde die britische Haltung der Sowjetunion gegenüber eine andere. London versuchte, nach Möglichkeit seinen Einfluß rn Norwegen, Schweden und Finnland auszubauen, um diese Länder als Sprungbrett der englischen Wünsche weiter benutzen zu können. Man ging so weit, besonders Finnland nachdrücklich zum Widerstand gegen die in Moskau vor­handenen Erenz-Revistonsbestrebungen zu ermuntern. Durch diese englischen Quertreibereien, die von Moskau sehr genau gesehen und auf das schärfste gegeißelt, wurden, erreichte man jene Erschwerung der unmittelbaren sowjet- russifch-finnischen Aussprache, die unter anderen Umständen nach Ansicht anderer neutraler Mächte zu einem Ergebnis geführt hätte. Aber trotz dieser bewußten Rückensteifung spielte man auch diesmal wieder ein doppeltes Spiel. Man machte der Sowjetunion zwar nach Möglichkeit Schwierig­keiten, aber man hütete sich wohlweislich, sich stärker in die Auseinandersetzung einzulassen als unbedingt erfor­derlich war. Man wäre auch jetzt noch bereit gewesen, Finn­land preiszugeben, wenn sich dadurch eine Besserung der englisch-sowjetrussischen Beziehungen hätte erreichen lassen. So zuckte man sofort zurück, als Moskau Ernst machte. Man überließ Finnland seinem Schicksal, beschuldigte Deutsch­land des Verrats und begnügte sich Moskau gegenüber, mit einem mehr oder weniger billigen Pressesturm, der den einzigen Zweck hatte, die wahre Schuld Englands an der Entstehung dieses neuen Konfliktes zu verschleiern.

Es mag genügen, diese Zusammenhänge kurz aufzuzei- gcn, die ein Urteil über die neue Perfidie der britischen Negierung im Gesamtbild der großen europäischen Aus­einandersetzungen erlauben. Die Lehre daraus haben aus­schließlich die neutralen Mächte zu ziehen, die auch weiter­hin englischen Ratschlägen und heimlichen Unterstlltzungs- angeboten ihr Ohr leihen. An der deutschen Auffassung gegenüber dem englischen Doppelspiel können ..uch die Ereig­nisse in Finnland nichts ändern. Sie sind vielmehr ein Beleg für jene alte Wahrheit, die eine deutsche Zeitung kurz in den Satz zusammengefaßt hat: Wer sich auf Eng­land verläßt, begeht Selbstmord. Auch in Londoner poli­tischen Kreisen gibt es eine ganze Anzahl von Persönlich­keiten, die der gleichen Auffassung huldigen.

Der russisch-finnische Konflikt

Am 26. November ereignete sich ein schwerer Grenzzwischenfall an der karelischen Grenze, bei dem nach der amtlichen russischen Meldung durch finnisches Artillerieseuer mehrere Soldaten der Roten Armee getötet wurden. Die Kündigung des sinnisch-sow- jetrussischen Nichtangriffspaktes durch den Auhenkommissar Molo- tow und der Abbruch der diplomatischen Beziehungen waren die Folge. Am. November begannen Kampshandlungen, die sich am Ladoga-See und an der Eismeerküste abspielten und in deren Verlaus russische Flieger militärische Anlagen im Innern Finn­lands bombardierten. Die Regierung Cajander trat zurück. Ein neues Kabinett unter der Führung Rytis wurde gebildet. Die militärischen Ereignisse in Finnland wurden von den Westmäch­ten mit lärmender Entrüstung beantwortet. Man denkt in London nicht im mindesten daran, die Finnen in irgend einer Form zu unterstützen. Aber man meint, aus der Angelegenheit propagandistisches Kapital gegen Sowjetrußland und auch gegen Deutschland schlagen zu können auf finnische Kosten! England trägt durch seine Politik der verhüllten, aber dennoch recht deut­lichen Ermunterung Schuld an der finnischen Haltung, die diese Entwicklung heraufbeschworen hat. England war überdies schon in den Jahren zuvor bestrebt, Finnland als Ostseevormacht für seine Interessen zu gewinnen. Es hat Finnland sowohl von Ruß­land wie von Deutschland abzudrängen gesucht und es damit zu eine Politik bestimmt, die weder mit Finnlands geographischer Lage noch mit seiner Stärke vereinbar war. In Helsinki war man sich offenkundig über die Auswirkungen einer solchen Politik nicht im klaren.

Lite Kampfhandlungen der letzten Tage haben nun den Ein­marsch Sowjetrußlands in der Karelischen Landenge und anderen Teilen der finmsch-russtschen Grenze auf einer Tiefe von 20 bis 40 Kilometer gebracht, ferner Luftangriffe auf befestigte Plätze sowie einen Vorstoß zur See.

Die Sowjetrussen haben im finnischen eroberten Grenzgebiet eine neue finnische Regierung Kuustnen eingesetzt, die bereits mit Moskau einen Beistands- und Freundschaftsvertrag abschloß, während das finnische Kabinett Rytis sich zu Verhandlungen bereit erklärte. In dem Veistandsvertrag ist auch die Grenz­ziehung festgelegt, wonach Finnland das westliche Sowjetkarelien mit 70 000 Quadratkilometer erhält und dafür auf der karelischen Landenge bei Leningrad (Petersburg) 3900 Quadratkilometer abtritt, außerdem einige kleinere Inseln.

Flimmerkiste" erobert die Welt

Vor 44 Jahren wurde in Berlin der deutsche Film geboren

Der Erfinder des deutschen Films, Max Sklada- nowsky, ist in Berlin 76jährig gestorben.

An den Eingängen desWintergartens", des bekannten Ber­liner Varietes, hängen seit ein paar Jahren zwei Erinnerungs- lafeln. Auf ihnen stehen die Namen der beiden Erfinder des deutschen Films: Max und Emil Skladanowsky. Wenn in den Filmtheatern allabendlich Millionen von Menschen «cspannt das Geschehen auf der Leinwand ver>ol"»n. Wochen­schau, Lustspiel oder Filmdrama an sich vorüberrollen lassen dann denkt bestimmt keiner daran, daß der eine der Erfinder dieser unsterblichen technischen Großtat noch mitten unter ihnen lebte. Hochbetagt lebte in Berlin Max Skladanowsky in der Familie seines Sohnes und genoß einen sorgenfreien, friedlichen Lebensabend. Ihm wurde das glückliche Geschick weniger Erfin­der zuteil, daß er das Werk, dem seine Pionierarbeit galt, zu weltbedeutender Größe sich entwickeln sah.

Genau 44 Jahre sind verflossen, seit Berlin die Geburt des deutschen Films erlebte. Max Skladanowsky, der jetzt die Augen schloß, hat im Freundeskreis oft erzählt, wie ihm, der auf Wunsch seines Vaters das Photographieren erlernt hatte und der zugleich auch die Kunst der Glasmalerei und der technischen Herstellung von Nebelbilderqpparaten gelernt hatte, zuerst der Gedanke kam, man müsse auch bewegliche Bilder zustande brin­gen können. Diese Idee kam ihm erstmalig, als er bei einem Lichtbildervortrag seines Vaters im November 1879 den großen Doppelprojektionsapparat bediente. Von jenem Tage an galt seine ganze Sehnsucht und seine unermüdliche Arbeit der Ver­wirklichung dieses Ziels.

Max Skladanowsky arbeitete nicht vergeblich an seiner Erfin­dung. Schon 1892 hatte er den ersten Kurbelkasten gebaut, dessen technische Apparatur drei Jahre später unter Nr. 88599 als DRP. eingetragen wurde. Sein treuer Helfer bei allen uner­

müdlichen Versuchen war sein Bruder Emil, während der älteste . der Brüder Skladanowsky, Eugen, der noch in Berlin lebt und soeben sein 80. Lebensjahr vollendet hat, seinerseits zum Gelingen beitrug, indem er, von Beruf Artist, zuerst die Anre­gung gab, auch kleine theatralische Szenen zu drehen, bei denen er selbst als ersterFilmstar" auf der Leinwand erschien.

Der Ruhm der neuenWundermaschine" ging auf, als die damaligen beiden Direktoren des BerlinerWintergartens" von der neuen Erfindung hörten, mit einem Hafermotor erster Klasse nach Pankow hinauskutschierten, wo die Skladanowskys ihre kleinen Szenen drehten und kurzerhand die Erfinder - samt ihremProgramm" auf einen ganzen Monat für den ^ Wintergarten verpflichteten. Dieser Vertrag brachte den Brü­dern Skladanowsky damals die sensationelle Gage von 2250 Mark ein!

Max und Emil Skladanowsky reisten nach der ersten erfolg­reichen Premiere im Berliner Wintergarten mit ihrerFlim­merkiste" durch ganz Europa. Das hinderte aber die Erfinder nicht, unermüdlich an einer Verbesserung des Apparates zu arbeiten. Max Skladanowsky hat bis zu seinem Tode den Weg des deutschen Films mit brennendem Interesse verfolgt. Als er vor 44 Jahren, am 1. November 1895, seine Erfindung zum ersten Male vor 1500 Besuchern vorführte, ahnte er wohl selbst nicht, daß damit eine technische Großtat vollbracht war, die zu einem wesentlichen Teil das Gesicht der kommenden Epoche bestimmen sollte.

Eoldfund weckte Reissfieber

In dem amerikanischen Staat G»orgia wurde kürzlich eine neue Eoldmine entdeckt. Die Nachricht von diesem Fund, die in den amerikanischen Zeitungen verbreitet wurde, hatte in allen USA.-Staaten eine unerwartete Wirkung. Hunderte von Bergarbeitern, Abenteurern, berufsmäßigen Goldsuchern und Arbeitslosen packten ihre Koffer, um nach der Fundstelle abzu­reisen. Es war ein Gold-Rausch, wie er immer einzusetzen pflegt, wenn irgendwo eine neue Goldader gefunden worden ist. Auf einmal sprach alles nur noch von Georgia. Die Abenteurer sahen sich bereits als Millionäre und die Arbeitslosen hofften, auf einen Schlag ihrer Not enthoben zu werden. Das Reise­fieber wurde jedoch auf eine jähe Weise abgekühlt. Denn schon am nächsten Tag wurde bekanntgegeben, daß die Goldminen­gebiete bereits einen festen Besitzer haben, der die gefundene Goldader allein ausbeuten will. Die Ader soll eine Dicke von ! zwei Fingern haben. Es handelt sich übrigens um eine der ! ältesten Goldminen, die in Amerika überhaupt gefunden wurden.

^ Bereits vor 110 Jahren wurden hier die ersten Eoldfunde > gemacht. Später, als man glaubte, daß die Mine völlig aus-, ^ oebeutet sei, zogen die Goldgräber in Gebiete, die ihnen lohnen­der zu sein schienen. Die jetzt gefundene Goldader hat man damals völlig überfehen.