6. Seite - Nr. 282
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'
Freitag, den 1. Dezember 193g
Das Blaue Valides — Kautluesls!
Südosteuropa rückt naher heran. — Großzügige wirtschaftliche Zusammenarbeit im Aufbau. — Man kauft gern im „deutschen Kaufhaus"
In den Wochen und Monaten, da wesentliche Teile des Atlantischen Ozeans Kriegsgebiete sind, hat das Blaue Band des Ozeans seine Bedeutung eingebüßt. 2n den gleichen Wochen und Monaten hat sich für Deutschland ein neues Blaues Band gefunden, das zwar nichts mit den Weltmeeren zu tun hat, aber doch auch mit dem Wasser: es ist die vielbesungene blaueDonau, die als gewaltige Verkehrsstraße eine Neihe von Landern Südosteuropas mit dem Reich verbindet und auch die weiter südöstlich gelegenen Länder noch anzieht. Längs dieses neuen > BlauemBandes, das sich die deutsche Wirtschaft zu erobern j im Begriffe steht, gibt es Weizen und Mais, j stehen Bohrtürme für Erdöl und Schacht- s anlagen für Erze, wachsen gewaltige Wäl- j der, pflegt man Tabak- und Weinkultu- ! ren, Obstbäume, Oelfrüchte und vieles ! andere mehr. j
Es ist zweckmäßig, sich angesichts der von England ver- - suchten Blockade zu vergegenwärtigen, was die seit Jahren j eingeleitete Annäherung des Reiches an die südosteuropäi- j schen Länder in wirtschaftlicher Hinsicht heute bedeutet. Daß l sie nichts mit Hcgemoniebestrebungen, nichts mit deutschen s Besiedelungs- und Durchdringungswünschen zu tun hat, : liegt heute, da sich im osteuropäischen Raum die Trennung j der Nationalitäten vollzieht und Konfliktstoffe größten ! Umfanges aus dem Wege geräumt werden, auf der Hand. ^ Nur auf der Grundlage gegenseitigen nationalen Verständnisses ist ein engerer Wirtschaftsverkehr auf die Dauer I möglich. Deshalb hat die politische Annäherung die wirt- s schaftliche anbahnen müssen. !
Für den Südosten ist Deutschland ein indu- i strielles Warenhaus, ein Land mit hoch- : entwickelter industrieller Fertigfabri- s kation, das den Ländern des Südostens jene Güter zu ! liefern vermag, die ein steigender Lebensstandard der ! Bevölkerung erforderlich macht und die zur weiteren wirtschaftlichen und technischen Erschließung unentbehrlich sind. ! Südosteuropa wiederum ist ein leistungsfähiger Lieferant von Getreide, ! von Oelfrüchten und von Bodenschätzen. ^ Getreide steht in Ueberjchußmengen zur Verfügung, ins- s besondere nachdem die drei letzten Ernten llberdurchschnitt- I lich ausgefallen sind. Oelfrüchte kommen von der unteren Donau, wo Leinsaat und Sonnenblumensamen in großen Mengen gewonnen werden, aber in enger Zusammenarbeit mit Deutschland auch Sojabohnenänbau betrieben wird.
Einen besonderen Aktivposten der Südost-Lieferungen bilden die Bodenschätze. Rumänien verfügt über Erdöllagerstätten; ihre Produktion ist zwar gesunken, aber es dürfte mit modernen Methoden der Lagerstüttenforschung und der Erdölgewinnung doch möglich sein, nennenswerte ! Mengen bereitzustellen, und vor allem sind die Tanklüger : überfüllt. Jugoslawien erzeugt Eisen-, Kupfer- und Zink- : erze, es hat große Lagerstätten an Bauxit, jener hochwer- ! tigen natürlich vorkommenden Tonerde, aus der fast aus- ! schließlich die heutige Aluminiumproduktion gewonnen ! wird. Bulgarien hat Eisen- und Kupfererze, Griechenland ! vermag uns Chromerze, Kupfererze, Magnesit und Schwefel : zu liefern. Hinzu kommt als ein in großen Mengen immer - wieder nachwachsender Werkstoff, das Holz. Besonders Jugo- ! slawien und Rumänien verfügen über riesige Holzbestünde, ! für deren Transport nach dem Reich die Donau der natur- ! gegebene Verkehrsweg ist.
Bei allen diesen Erzeugnissen ist der Austausch gegen deutsche Güter nicht nur für die deutsche Wirtschaft ein Gewinn, sondern auch für die' Ausfuhrländer selbst; denn die Bevölkerung, besonders die bäuerliche, lebt dort größtenteils noch in wenia erfreulichen '
sozialen Verhältnissen, die zum Teil durch Verschuldung, Besitzzersplitterung usw. entstanden sind. Hier nun kann Deutschland in zweifacher Hinsicht helfen. Einmal indem es als leistungs- und zahlungsfähiger Käufer für die landwirtschaftlichen Produkte auftritt, und zweitens, indem es seine großen Erfahrungen sowohl in der Technisierung der Landwirtschaft wie in der Veredelung von Vieh und Kulturpflanzen und nicht zuletzt in der Bekämpfung von Pflanzenschädlingen zur Verfügung stellt. Der rumänische Wirtschaftsvertrag vom März des Jahres ist das Musterbeispiel einer solchen Hilfeleistung für die Erschließung und wirtschaftliche Förderung der Südostländer. So erweist sich das Blaue Band des Kontinents als ein überaus vielfältiges Band wirtschaftlicher Beziehungen, dem gerade im Kriege besondere Bedeutung zukommt.
Iugendverschickung auch im Kriege
Berlin» 29. Noo. Die neue Aufgabenstellung der Heimatfront zwingt auch in der Jugenderholungspflege zu höchster Konzentration der verfügbaren Mittel und Kräfte, obwohl die Mittel und Möglichkeiten heute beschränkt sind. Wie im NS.-Volks- dienst mitgeteilt wird, hat die NsV. alle Vorbereitungen getroffen, um die Jugenderholungsarbeit fortzusetzen. Im Weltkriege waren Maßnahmen der Jugenderholungspflege nötig, um die Kinder aus Städten und Jndustriebezirken, in denen sich eine
Die Ausdehnung des Wirtschaftskrieges auf die Ausfuhrwaren spürbare Lebcnsmittelverknappung bemerkbar machte, in größerer Zahl herauszunehmen und aufs Land zu bringen. Unter dieser Parole gelang es allein im Jahre 1917 das die größten Ernährungsschwierigkeiten brachte, etwa 609 000 Kinder auf viele Wochen und Monate kostenlos auf dem Lande unterzubringen. Heute ist das Motiv dieser Arbeit nicht mehr der, Kampf gegen den Hunger, sondern die Erhaltung einer gesun-- den Jugend. Die Lebensmittel-Versorgung in den Städten ist heute vom ersten Tage an geregelt.' so daß Notstände ausgeschaltet sind. Dennoch gilt es, möglichst vielen Kindern einen notwendigen Erholungsaufenthalt zu verschaffen. Diese Arbeit erholungsbedürftigen Jugend in Stadt und Land zur Wiedsrist heute nicht mehr einseitig städtisch orientiert. Es gilt, der Herstellung ihrer vollen Leistungsfähigkeit zu verhelfen. Kennzeichen der heutigen Maßnahmen ist eine spezialisierte Erho- lungsfürsorge als gesundheitliche Maßnahme. In diesen Rahmen gehören die Kinder-Laadverfchickung und die Kinderheim- Entsendung. Auch die Kinderland-Verschickung als vorbeugende Maßnahme wird heute weitergeführt. Nach dem ursprünglichen Verteilungsplan des Jahres 1939/40 ist die Entsendung in Familienpflegestellsn zu 70 Prozent abgewickelt. Für diese Aufgabe müssen heute vor allem die Gaue und Kreise alle Kräfte einfetzen, die neue Aufgaben im Interesse des Freimachungsgebietes nicht zu übernehmen brauchten. Auch für die Kinderheim-Entsendung stehen trotz der Jnanspruchnabme vieler Heime Jur andere Zwecke Plätze ausreichend zur Verfügung.
In der Heimaifrsnt Rot-KreuZ-Arbett wie bisher
nsg. Wenn heute an alle nicht in der Wehrmacht zum Einsatz gekommene, daheimgebliebene und arbeitsfähigen Volksgenossen der eindringliche Appell ergeht, sich für den gemeinnützigen Ehrendienst im Deutschen Roten Kreuz zur Verfügung zu stellen, so sollte sich jeder immer wieder die zahlreichen zusätzlichen Aufgaben, die durch den Ausbruch der Kampfhandlungen dem Deutschen Roten Kreuz erwachsen sind, vor Augen führen und auch seinerseits versuchen, wenigstens etwas von dieser gesteigerten Arbeitslast auf seine Schultern zu nehmen.
Die Einsatzmöglichkeiten für freiwillige DNK.-Helfer, DRK.- Helferinnen bezw. -Schwesternhelferinnen sind heute sehr mannigfaltig, und täglich ergeben sich neue. Keineswegs ist es so, wie mancher es sich vorstellt, daß er nach seiner freiwilligen Meldung nun gleich „ins Feld geschickt" werden könnte, einem Kriegslazarett, einem Lazarettzug, einem Lazarettschiff usw. zugeteilt werden würde und so unmittelbaren Liebesdienst an unseren Soldaten ausüben könnte. Für alle diese Tätigkeiten sind, was sich wohl von selbst versteht, in erster Line die langjährig ausgebildeten, berufserfahrenen Sanitäter und Schwestern des
! DRK. vorgesehen und auch sofort am ersten Tage zu Tausende»! ! eingesetzt worden. Die Lücken aber, die dadurch in der Heimat ^ entstanden sind und daneben die zahlreichen neuen Aufgaben, die der Ausbruch der Kampfhandlungen dem DRK. in der Heimat gestellt hat (hier vor allem die sanitäre Betreuung der Flüchtlinge, die Errichtung von Erfrischungsstellcn für durchgehende Lazarettzüge usw.), können nur dann wieder erfüllt bezw. gefüllt werden, wenn der Aufruf des DRK. um verstärkte Mitarbeit i» allen Kreisen der Heimat befolgt wird.
In großem Umfange hat das DRK. bereits mit der Nachschulung von aktiven männlichen und weiblichen Einsatzkräfte» begonnen. Noch langen jedoch die verfügbaren und in Ausbildung befindlichen Kräfte nicht aus, den von der Heimat bezw. in der Heimatarbeit gestellten Anforderungen zahlenmäßig gerecht zu werden. Für jeden, der sich freiwillig zur Verfügung stellt, findet sich eine seinen Fähigkeiten und Kräften entsprechende Beschäftigung, und sei es — was gerade für die Aeltrren, dir nicht zurückstehen wollen, gilt — auch nur in den Ortsgemeinschaften, wo das DRK. gemeinsam mit dem Deutschen Frauenwerk und der NSF. die notwendige Bereitschaftswäsche näht, behelfsmäßiges Verbandsmaterial herstellt usw.
Neben all diesen heute selbstverständlich im Vordergrund stehenden kriegswichtigen Aufgaben hat nun aber das DRK. nach wie vor noch seine sonstigen Pflichten in der Heimat zu erfüllen und auch hierfür die erforderlichen Ersatzkräfte bereitzustellen und heranzubilden. Hier ist in erster Linie die Mithilfe im Sanitäts- ^ dienst des zivilen Luftschutzes zu nennen, die dem DRK. neben ! der Unterstützung des Sanitätsdienstes der Wehrmacht durch das ! Reichsgesetz über Pas Deutsche Note Kreuz vom 9. Dezember 1937 übertragen worden ist. Auch die Weiterführung des gesamten Rettungswesens im Inland, in dessen Mittelpunkt das DRK. durch einen besonderen Ministerialerlaß vom 10. Februar 1938 gestellt wurde und bei dem es aufs engste mit der örtlich zuständigen Polizei zusammenarbeitet, sowie die Aufrechterhaltung des ihm obliegenden Unfallhilssdienstes in den Städten und auf dem Lande und der sanitäre Teil des Straßenunfallhilfsdienstes, bei dem das DNK. auf Grund ein.r besonderen ! Vereinbarung mit dem NSKK. zusammenarüeitet, sind eine ^ Selbstverständlichkeit.
Die schnelle Einsatzbereitschaft, die sichere, gründliche, zuverlässige und stille Art, mit der das DRK. hier in der Heimat zugunsten aller Daheimgebliebenen auch seinen Alltagspflichlen weiter nachkommt, trotz seines restlosen Einsatzes für die Wehrmacht, verpflichten auch jeden einzelnen Volksgenossen, sich zur Mitarbeit bedingungslos, das heißt in gleicher Weise für den Einsatz in der zusätzlichen Wehrmachtsarbeit wie für die gemeinnützige sonstige Arbeit des DRK. zur Verfügung zu stellen.
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Mit Rat und Tat
Feuerung sparen!
' Wenn man in seinem Ofen Koks brennt, soll man beim Herausnehmen der Asche alle halbverbrannten Koksstücke sorgfältig sammeln. Diese Stücke werden dann gut mit Wasser angefeuchtet und wieder in den Ofen getan; sie brennen dann so gut wie neuer Koks. Koksasche verrührt man mit Wasser, breitet sie aus ! einer Fläche aus und läßt sie trocknen. Diese AschekucheU legt ! man in den Ofen, wenn man gute Glut hat. Sie helfen nicht nur i die Glut lange erhalten, sondern wärmen auch.
> Aufgesprungene Lippen
> Zur Behandlung aufgesprungener Lippen ist als Mittel der j Wahl der feste Verschluß des Mundes bei jedem Aufenthalt im ! Freien zu empfehlen. Denn dadurch packt man das Uebel an der ! Wurzel und behütet die empfindsame Schleimhaut der Lippen ! vor jeder weiteren Verwundung, die durch die Befeuchtung derselben mit der Zunge eintreten mutz. Wenn aufgesprungene Lippen aber einmal vorhanden sind, kann man sie am besten mit verdünnter Arnikatinktur behandeln, keinesfalls aber, wie es vielfach verbreitet ist, Creme oder Salbe veluvenden. Durch diese wird die Heilkraft der Schleimhaut vielmehr lediglich noch weiter geschädigt, werden durch feste Fette aller Art doch die Poren der Schleimhaut verschlossen und diese von der Luft abgeschlossen. Als einsaches Hausmittel kann man auch das Einreiben mit Glycerin empfehlen, nachdem man die Lippen zuvor mit warmem Wasser abge '' >i
»ur«Lseir-kucriiSLci-ivrr ovncu venera c>L«oek «eisre» weno^e» (24. Fortsetzung.)
Das Mädchen an seiner Seite spürte es, leise faßte sie nach seiner Hand und drückte sie.
„Liebster!" flüsterte sie ganz leise
So süß klang ihm das kleine Wort, daß er alle Sehnsucht nach der Heimat zurückdrängte und der allgewaltigen Liebe, die seine Seele erfüllte, Raum gab.
»Du lieber Kamerad!"
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^>Ms die Brüder in ihrer gemeinsamen Behausung an- gelangt waren, fiel Werner nur so in einen Sessel.
„Geh' gleich schlafen. Werner. Oder hast du noch einen Wunsch?" "
Werner schüttelte den Kopf. Klaus war ehrlich bekümmert.
„Laß dir helfen, Bruder."
Da brach sich Bahn, was Werners Seele qualvoll erfüllte Werner Michael weinte, schluchzte wild auf.
Sein ganzes Elend, seine in den Staub getretene unendliche Liebe zu dem schönen Weibe schrie aus dem Weinen.
„Wir müssen fort von hier. Klaus Ich halte es nicht mehr aus," bat er dann flehend
Klaus nickte.
„Ja, Werner, wir müssen wieder einmal heim, dorthin, wo unser Vater ruht."
„Und die Mutter — die Mutter. Klaus."
Tiefe Innigkeit erfüllte Klaus Die Mutter! Die bei ihrer Kinder Geburt starb
Die Mutter! — Wie fehlte sie ihnen.
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Staatsanwalt Dr. Wälfung brachte seine Braut nach Hause Er glich einem bösartigen Tier. Mit seiner zynischen Ruhe war es vorbei.
Er hatte gesehen, wie die Frau, nach der er leine Hand ausitreckte, sich in der Liebe zu dem anderen schier verzehrte
Zu deutlich hatte ihm die schöne Frau gezeigt, wie sie sich vor ihm ekelte, wie grenzenlos gleichgültig er ihr geblieben war
Alle Mühe, die er sich gab, sich damit zu beruhigen, daß Lurch die verschiedensten Umstände Frau Maya fest an ihn
gebunden lei und daß er, wenn er sie erst als Frau an seiner Seite hatte, schon von seinem Gattsnrecht Gebrauch machen wolle, war nutzlos
Er fühlte, daß er der Verschmähte war Völlig ausgewechselt war er Mit seiner kühlen Ruhe schien es vorbei zu sein Erregt sprach er auf sie ein Einen förmlichen Haß empfand er gegen Werner Michael. Er sprach nur noch von dem „unverfrorenen Burschen." Frau Maya sagte kein Wort
Als sie in ihrem Boudoir stand, nur Thea in ihrer Nähe, atmete sie auf
„Gnädige Frau sind nicht wohl?"
„Thea, helfen Sie mir!"
„Was ist Ihnen, gnädige Frau?"
„Verlassen Sie mich nicht Nur setzt nicht. Thea Ich bin ja io schlecht gewesen — aber es wird nun doch noch anders."
Das Mädchen lauschte versonnen. Eine stille Freude sprach aus ihren Augen.
„Gnädige Frau —!"
„Nenne mich nicht mehr so! — Bitte, nicht Sag' Frau Maya und hilf mir Ich habe ihn doch so lieb."
„Dann geben Sie mir den Ring "
„Was willst du - ?"
„Dem Staatsanwalt zurückbringen."
Da jauchzte die schöne Frau auf: „Was willst du? O. tue es. ja tue es "
Sie streifte den Ring ab.
„Hier nimm ihn — nimm ihn. Gott sei Dank! Ach, wenn ich doch noch ein guter Mensch werden kann. Wenn es noch möglich wäre Thea, bleib' jetzt bei mir."
„Ja, Frau Maya, jetzt bleibe ich."
9.
Der Kommerzienrat saß am Krankenbett seiner Tochter Ein harter Ausdruck beherrschte ihre Züge, der nicht weichen wollte, so freundlich auch der Vater auf sie einsprach „Du darfst noch nicht aufstehen, Annette Doktor Schmelzer hat es mir ans Herz gelegt Erhol' dich erst richtig, dann schicke ich dich ein halbes Jahr nach Italien, an die Riviera." Sie scywieg zu seinen Worten.
„Oder möchtest du hier bleiben ?" drängte er sie.
Müde ließ sie sich in die Kissen zurückfallen.
„Sprich dich doch aus. Kind "
Da hob üe die Augen voll zu ihm auf.
„Warum hast du deine Stiefbrüder von ihrer Schelle verjagt?"
Verlegen zupfte der Kommerzienrat an seinem Bart Er zögerte mit der Antwort.
„Wer hat dir denn wiche Geschichten erzählt, Annette''" „Ich . weiß nichts Genaues. Eine Frau, die . . . einem von deinen Brüdern sehr nahestand, hat es mir gesagt. Du mußt ihnen sehr unrecht getan haben. Sehr, Vater " „Nein. Annette! Wenn jeder, der seine Interessen wahr- nimmt. ein schlechter Kerl ist, dann gäbe es nur Lumpen auf Gottes Erdboden "
„So erzähl' mir doch. Vater "
Widerwillig begann der Kommerzienrat und berichtete kurz und nüchtern der Tochter den Tatbestand „Nun. war es wirklich so schlimm, was ich tat?"
Annette schwieg und iah mit müden, wehen Augen vor sich hin.
„So rede dock schon. Mädel"
„Fremde Menschen werden dir vielleicht zustimmen — ich aber kann verstehen, wie furchtbar Klaus und vielleicht auch Werner gelitten haben, als du ihnen den Michaelshof wegnahmst."
„Lieber sollte ich auf mein gutes Geld pfeifen? Was?" „Geld." Unendlich verächtlich sagte sie es „Es waren doch deine Brüder, ihr stammt doch von einem Vater "
Der Kommerzienrat wollte sprechen aber er fand nicht das rechte Wort Ihm war plötzlich, als ob das Gebäude seiner PZeltanschauung doch nicht !o fest begründet sei.
Er erhob sich und streichelte ihr die Wangen.
„Reden wir nicht mehr davon. Annette. Ist nun vorbei und nicht mehr zu ändern "
„Doch! Du mußt es wieder gutmachen."
„Ich? Ick denke nicht daran, Annette. — Erhall dich fetzt und mache mir nicht wieder Dummheiten Warum hast du mich eigentlich io in Angst und Sorge gebracht?"
„Warum?" Sie lächelte bitter „Weil ich unnütz aus der Welt bin. Ich trage die Sehnsucht nach allem Schönen und Göttlichen in mir und muß immer beiseite stehen Was soll ein unnützer Mensch wie ich? Du hast ja Erich. Vater " „Den! Der mein Geld verpraßt — vergeudet. Hast du eine Ahnung was ich dem Bürschchen in den letzten Wochen geopfert habe Mit dem hat mich Gott gestraft!"
„Es ist deine Schuld. Vater "
„Ich weiß es, Annette. Ich habe ihm allen Willen gelassen. Mutter hat ihn noch schlimmer verwöhnt, und nun ist es vielleicht zu spät. — Nicht einmal vor den Damen, die dich besuchen, nimmt er sich zusammen. Vorgestern hat er sich von Fräulein Eschler, die bei dir war. eine beschämende Abfuhr geholt Geohrfeigt hat sie ihn "
Annette richtete sich hastig >m Bett auf. j „Wo ist Erich, Vater? Ich möchte mit ihm sprechen, l (Fortsetzung folgt.)