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Nr. 277

Zamstag, äen 25. November 1939

113. Jahrgang

Der Fall Döpking «nd Kreml«

Weitere Einzelheiten über die Attentutspläne Otto Strassers

gen ergaben, daß Gegenstände seines persönlichen Bedarfes bei seiner Schwester in Stuttgart hinterlegt waren, wurde durch eine dort sofort vorgenommene Haussuchung allerschwerstes Be­lastungsmaterial gefunden. In einer Georg Elser gehörenden Werkzeugliste fanden sich «eben vollständigen Uhrwerken ver­schiedene Uhrenteile, die teilweise sogar identisch mit den Fun­den im Sprengschutt des Biirgerbräukellers waren. Außerdem enthielt diese sogenannte Werkzeugkiste Werkzeuge, darunter Mei­ßel und Bohrer, an denen Mörtelüberreste festzustellen waren. Die umgehend vorgenommene spektralanalytische Untersuchung dieser Mörtelspuren ergab eine völlige llebereinstimmung mit dem Tatortmaterial.

Und dennoch leugnete Georg Elser hartnäckig.

Den Versuch, heimlich über die Grenze zu entkommen, be­gründete er damit, er habe sich der Unterhaltspflicht für ein außereheliches Kind entziehen wollen. Den geheimnisvollen Zweck seines vielmonatigen Aufenthalts in München ohne Ar­beitsstelle erklärte er damit, er habe dort einen Kursus absolvie­ren wollen, um sich dann im Ausland als Facharbeiter zu be­tätigen. Und schließlich die bei ihm Vorgefundene Ansichtskarte des Biirgerbräukellers habe er von der Grenze aus seinem Va­ter zum Abschied schicken wolle«. Inzwischen hatte die festge- stcllte Lieferungsfirma der Korkisolierung eine Personalbeschrei­bung des Käufers dieser Platte abgegeben, die sich genauestens mit dem Erscheinungsbild des immer mehr verdächtigen Elser deckte. Und dennoch leugnete er hartnäckig. Endlich am 14. No­vember nach Gegenüberstellung mit jenen Angestellten des Bür- gerbräukellers, die ihn tatsächlich im August gesehen hatten, und nach Vorhalt der Tatsache, daß er bereits im Frühjahr 1939 sich um die Stelle des damaligen Hausburschen des Vürgerbriiu- kellers beworben habe, diesem sogar 59 Mark zur Abtretung dieser Stellung bot, brach Georg Elser angesichts des drückende« Beweismaterials zusammen. Dem ersten Geständnis am 14. No­vember folgte am 15. November ei« umfasseudes schriftliches Ge­ständnis, das am 16. «nd 17. November durch maßgerechte Skiz­zen der gesprengten Säule und der Sprengkammer und der Maschinerie, die die Zeitzündung zur Auslösung brachte, er­gänzt wurde.

In allen Einzelheiten und Phasen wurde durch die Unter­suchung und das Geständnis des Verbrechers ei« Plan enthüllt,

der so teuflisch überlegt, so fanatisch zäh durchgesührt wurde, daß nur die gütige Fügung ihr Einhalt zu bieten vermochte.

Wenn aber dieses Schurkenspiel gelungen war, wie konnte man verhindern, daß Elser nach Deutschland wegen gemeiustru Mordes ausgeliefert wurde? Für diese« Fall hatte Elser jenes laudesverräterische Material bei sich, das der Auftraggeber leicht über seine guten Verbindungen besorgte.

Das ist das Werkzeug, ein Mörder, der wohl ohne Zweifel den traurigen Ruhm für sich in Anspruch nehmen kann, besonde­rer Spezialist seines Faches zu sei«. Letzterer aber ist jener grenzenlose Verbrecher im Hintergrund, der seinen Gesellen in der Schweiz erwartete und schleunigst dann das Weite suchte zurück zur Firma nach London.

Die weiteren Untersuchungen führte« zur Ermittlung der Hin­termänner und Auftraggeber des Verbrechens. Die Veröffentli­chung der genauen Ergebnisse dieser Untersuchungen wird erst der Öffentlichkeit unterbreitet werden könne«, wen« es der Stand des polizeilichen Gesamtermittlungsoerfahrens zuläßt.

Der Wehrmachtsbericht

Deutsches U-Boot bestätigt Torpedierung derBelfast" im Firth of Forth Wiederholte erfolgreiche Luftkämpfe an der Westfront Drei feindliche Flugzeuge abgeschossen

Berlin, 24. Nov. Das Oberkommando -er Wehrmacht gibt bekannt:

Im Westen etwas regere Spähtrupp- und Arttllene- tätigkeit.

Die Luftwaffe setzte ihre Erkundungstätigkeit über französischem Gebiet fort. Zwischen den zur Unterstützung der Aufklärungsflugzeuge und zum Schutze des Grenz­gebietes eingesetzten deutschen Jägern «ad feindlichen Jagd­flugzeugen kam es wiederholt zu Luftkämpfen. Hierbei wurde ein englisches Flugzeug bei Verdun, ein Flugzeug bei Saarbrücken und ein französisches Flugzeug durch Flak bei Zweibrücken abgeschossen.

Die Nachricht derNeuyork Times" von der schweren Be­schädigung des britischen KreuzersBelfast" wird durch die Meldung eines U-Bootes bestätigt, das einen Kreuzer der Southampton-Klasse im Firth of Forth torpediert hat. Nach Meldungen der britischen Admiralität lief weiter -er britische ZerstörerGipsy" au der englischen Oftlüste auf eine Mine und sank.

Der modernste Kreuzer, erst kurz vor dem Krieg in Dienst gestellt

DNB. Berlin, 24. Nov. Amtlich wird vcrlautbart: A.n 21. September 1939 wurden, wie bereits gemeldet, vom Volks­gerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Sprengstofsverbrechen und Landesverrat der Hoteldiener Karl Döpking, geb. 28. 8. 1898 in Dankersen, und der kaufmän­nische Angestellte Helmut Krcmin, geboren am 4. 5. 1997 in Stewken, zum Tode und zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.

Aus dem Urteil ist zu entnehmen, daß Döpking im Mai 1936 aus Deutschland nach der damaligen ESN. emigriert war, wäh­rend Kremin im Juli 1936 aus Furcht vor einer Bestrafung wegen eines begangenen Raubiidersalles Deutschland verlassen ! hatte. Beide fanden durch Emigrantenkreise in Prag Anschluß an Otto Strasser und waren schließlich in der Folgezeit in dem Büro Otto Strassers in Prag tätig. Als sich Strasser nach dem Scheitern seines erste« Versuches eines Sprengstosfattentats im Jahre 1936, in dessen Verlauf der Prager Jude Helmut Hirsch in Stuttgart festgenommen und am 8. 3. 1937 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, mit der erneuten Durchsiih- ! rung von Sprengstofsanschlägen im Jahre 1937 befaßte, gewann ! er beide für seinen Plan. Zunächst war ein Anschlag auf dem > Reichsparteitag in Nürnberg geplant. Dieser Anschlag kam je- i doch aus zeitlichen Gründen nicht mehr zur Durchführung, weil der Parteitag inzwischen schon zu Ende gegangen war. Strasser ? gab nunmehr Len Auftrag, den Anschlag während des Duce- i Besuches in Deutschland f25. 9. bis 29. 9. 1937) und, falls dieser ! nicht durchgeführt werden kann, jedenfalls während des Ernte- > dankfestes aus dem Bückeberg (3. 19. 1937) durchzuführen. Döp- j king und Kremin haben daraufhin den Sprengstoff durch Mit- ! telsmänner am 16. 9. 1937 nach Deutschland verbringen und zu- i nächst auf den Bahnhöfe« Leipzig und Dresden ausbewahren lassen. Das geplante Verbrechen kam nicht mehr zur Ausführung, j Die Geheime Staatspolizei hatte, wie beim ersten Versuch, glück­licherweise noch rechtzeitig durch systematische Ueberwachungs- maßnahmen Kenntnis von dem neuerlichen Plan erhalten und diesen durch die Sicherstellung des Sprengstoffes und die spätere Festnahme der Beauftragten Döpking «nd Kremi» vereiteln z können. Die beide» Verbrecher erwartet nunmehr die Voll­streckung des Urteils. ^

Wie Elser überführt wurde ^

Berlin, 24. Nov. Am Abend des 8. November um 21.43 Uhr ) erfolgte bereits von der Berliner Zentrale aus die höchste Alar- - mierung der gesamten Polizei, automatisch waren damit gleich- . zeitig alle Grenze« des Reiches verschlossen. In der gleichen Nacht noch wurde auf Befehl des Neichsführers ff eine Son- s drrkommisfion an den Tatort nach München entsandt, in Berlin j bildete sich unter Leitung des Chefs der Sicherheitspolizei und j des SD. eine Zentralstelle. In der Nacht zum 9. November wur- ! den an den Grenzen abgesehen von viele« eingehenden Ueber- ! Prüfungen über 129 Festnahmen durchgeführt! Bei einer dieser ^ angeordneten Maßnahmen bei Konstanz beobachteten die Zoll- s asststenten Rieger und Zipperer im sogenannten Wessenberg- ! garten einen Mann, der sich in etwa 15 Meter Entfernung vom Schweizer Grenzzaun bewegte. Der Unbekannte gab an, daß er einen gewissen Feichtlhuber vom Trachtenverein Konstanz suche, welchem Verein er früher auch angehört habe. Aus der Wache mies er sich mit einer Erenzkarte, die auf ein häufiges Wechseln über die Schweizer Grenze hindeutete, als Georg Elser aus. Eine sofortige körperliche Durchsuchung wurde vorgenommen. Es fanden sich bei Elser versteckt insgesamt 15 einzelne Dokumente mit Auszeichnungen von verschiedenen Munitionsdepots, La­dungseinrichtungen von Rüstungsbetrieben sowie genaue An­gaben über Munitionslieferungen, dazu Teile von komplizier, ten Geschoßzündern sowie schließlich eine Karte des Vllrgerbräu- kellers in München. Georg Elser wurde sofort der Sonderkom- misfion in München zugeführt. Inzwischen hatte die Sonderkom­mission in München ihre Arbeit ausgenommen.

Die Annahme, daß es sich um eine Höllenmaschine mit mecha­nischem Zeitzünder handeln mußte, wurde schon am Mittag des 9. November durch das Auffinden wesentlicher Einzelteile be­stätigt.

Niederschläge in einzelnen Sprengteilen wurden durch chemi­sche Untersuchung als Rückstände eines besonderen Sprengstof­fes festgestellt. Außerdem noch war die Sonderkommisston in der Lage, Teile einer Schalldämpfisolierungsplatte mit Firmenaus­druck ficherzustellen sowie an Ueberresten von Patentbezeichnun- ge« an einzelnen Sprengstiicken in mühsamer Einzelarbeit die Herstellungsfirmen der verwandten Uhrwerke ausfindig zu machen.

Die Personalbeschreibung der verdächtigen Erscheinung, die sich mehrfach schon im Vürgerbräukeller Herumgetrieben hatte, gab bereits erste Anhaltspunkte, die Person des an der Schwei­zer Grenze verhafteten Georg Elser in den engere« Berdachts- krris hineinzustellen. Wie bei jedem Verhafteten hatten auch bei ihm bereits eingehende Feststellungen im persönlichen Le- bcnskreis dazu geführt, daß sich die ersten Verdachtsmomente ständig und immer stärker »erdichteten. Nachdem die Ermittlun-

Reuyork, 24. Nov. DieNeuyork Times" veröffentlicht eine ihrem Neuyorker Büro zugegangene vertrauliche Meldung, wo­nach ein deutsches U-Boot im Firth of Forth den dort veranker­te» britische» KreuzerBelfast" torpedierte. Einzelheiten seien nicht mitgeteil worden. Das Blatt hebt hervor, dies sei der zweite gelungene Versuch deutscher U-Boote, in einen geschützte» britischen Marinehafen einzudringeu. Der Angreifer ist, diese« Meldung zufolge, entkomme».

Unterdessen hat das deutsche ll-Voot die Torpe­dierung gemeldet. Der torpedierte KreuzerBelfast" ist ein Kreuzer des neuesten englischen Typs. Das Schiff wurde erst im August d. I. in Dienst gestellt und ist mit den modernsten Schutzvorrichtungen gegen Torpedos ausgerüstet. DieBelfast" hat eine Wasserverdrängung von 1V00Ü Tonnen und erreicht 32 Knoten Geschwindigkeit. Die Bestückung besteht aus zwölf 15,2- und vier 4,7-Zentimeter-Eeschützen. Zur Fliegerabwehr verfügt dieBelfast" über zwölf 10,2- und sechzehn 4-Zentimetcr- Flugabwehrkanonen. Ferner ist sie mit acht Torpedoausstoßroh­ren ausgerüstet und hat vier Flugzeuge an Bord, die mit einer Schleudsranlage gestartet werden.

Zur Torpedierung des modernen britischen KreuzersBelfast" schreibt der Deutsche Dienst:

Am Mittwoch veröffentlichte dieNeuyork Times" und mit ihr verschiedene amerikanische Agenturen, so die United Pceß und die Associated Preß, die Meldung, daß ein deutsches ll-Voot mitten im Firth of Forth den modernen britischen KreuzerBel­fast" torpediert und schwer beschädigt habe. Fraglos war diese Meldung über die neue glänzende Waffentat der deutschen Ma­rine den amerikanischen Agenturen in London von einer Seite zugegangen, die von der Torpedierung dieses nagelneuen mo­dernsten britischen Kreuzers genaueste Kenntnis hatte. Fraglos war auch der britischen Admiralität bereits zu diesem Zeitpunkt die Torpedierung derBelfast" bekannt. Obwohl Winston Chur­chill durch das englische Lügenministerium täglich verkünden läßt, daß er sogleich alle englischen Verluste wahrheitsgemäß bekannt- s gäbe, hüllte sich die englische Admiralität über dieBelfast" in i völliges Stillschweigen und tut es auch heute noch. Allerdings ! wagte man es nicht mehr, die Torpedierung einfach zu dementie- ! ren. wie man es noch bei der ..Revulse" und der ..Arc Ronal" l

getan hatte. Man schwieg und gab den in London anwesenden neutralen Korrespondenten weder eine Bestätigung der Ver­senkung, noch irgend eine Auskunft. Es ist verständlich, daß der Lord der britischen Admiralität die Torpeoierung derBelfast" nicht zuzugeben wagte, war doch dieser Kreuzer erst im August 1939 in Dienst gestetll worden und mit den modernsten Schutz­vorrichtungen gegen Torpedoangriffe ausgerüstet.

Obwohl die Meldungen, die von den neutralen Korresponden­ten aus London kamen, schon keinen Zweifel daran ließen, daß das kühne Unternehmen des deutschen U-Bootes von vollem Er­folg begleitet war, hat die deutsche Seekriegsleitung, getreu ihrem Grundsatz, nur vollkommen gesicherte Erfolgsmeldungen auszugeben, mit der Veröffentlichung des neuen großartigen Sie­ges deutschen ll-Boot-Eeistes so lange gewartet, bis die erste Meldung des erfolgreichen ll-Bootes selbst vorlag. Diese Mel­dung hat in vollem Umfange die neutralen Berichte bestätigt: Der modernste englische KreuzerBelfast" wurde auf das schwerste getroffen. Er wurde getroffen wie die Flugzeugträger Courageous^ undArk Royal", wie dieRoyal Oak", wie die Repulse", wie die zahlreichen britischen Zerstörer, Minensuch­boote und U-Boote. Sie ist aus dem Verband der britischen Flotte ausgeschieden, wie das SchlachtschiffHood" und die Kreu­zerSouthampton",Edinburgh" undMohawk", wie dieIran Duke". Wie sagte Herr Winston Churchill, der Erste Lord der britischen Admiralität, noch vor wenigen Tagen vor dem briti­schen Unterhaus?: Die U-Voot-Eesahr ist gebannt England beherrschtdieNordsee! Das ist die Antwort der deutschen Kriegsmarine! Das Torpedo des heldenhaften deutschen U-Bootes hat nicht nur dieBelfast" getroffen, es hat zugleich auch diese Lüge Churchills torpediert.

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verlegenes Schweigen des Londoner Rundfunks zur Torpedierung derBelfast"

Berlin, 24. Nov. Obwohl bereits in der Neuyorker Presse und in zwei deutschen Nachrichtensendungen die Torpedierung des englischen KreuzersBelfast" der Weltöffentlichkeit bekannt­gegeben worden war, hüllt sich der Londoner Rundfunk, der erst am Donnerstag wieder einmal geprahlt hatte, die britische Ad­miralitätgebe jeden Verlust sofort bekannt", in seinen Nach­richten immer noch in völliges Stillschweigen. Die Hetzer an der Themse erwähnen mit keinem einzigen Wort diesen neuesten schweren Schlag, der dieunbesiegbare Flotte" seiner Majestät getrosten hat.