8. Seite Nr. 276

Rexolder Tagblatt .Ter Vesellfchaster'

Freitag, den 24. November 1939

Die EiitwMU

Mit der raschen und eindeutigen Aufklärung des Attentats im Bürgerbrüukeller hat die geheime Staatspolizei nicht nur Deutschland, sondern der ganzen Welt einen überaus großen Dienst erwiesen, dessen außenpolitische Folgen vorläufig noch gar nicht abzusehen sind. Wer die Geschichte der Kriminalistik kennt, weiß, daß es niemals genügt, nur einen.Verdacht gegen den Täter eines schweren Verbrechens zu Theben. Die lückenlose Auf­deckung der Spuren, die Ausfädelung der Beweiskette, die Erhellung aller Hintergründe erst gibt jenes Bild der Tat, das dann im Geständnis des Täters seinen klarsten Ausdruck findet und eine Urteilsfindung erlaubt. Erst die menschlichen Gründe eines Verbrechens enthüllen seinen inneren Charakter, seine Ziele und seine Verwerflichkeit. Was seit dem 9. November oder besser noch seit der Nacht vom 8. auf 9. November von der geheimen Staatspolizei in Deutschland unternommen wurde, um das Attentat von München aufzuhellen, hatte, das darf heute offen gesagt werden, den Zweck einer Eesamtbereinigung. Es kam nickst nur darauf an, den Täter selbst zu verhaften, man mußte auch seine Auftraggeber feststellen. Man mußte die Atmo­sphäre' klären, aus der heraus das Verbrechen geschah. Denn der Anschlag im VLrgerbräukeller war ein politisches Attentat. Er galt dem Staatsoberhaupt des mächtigsten europäischen Reiches. Er galt der stärksten politischen Bewegung unseres Kontinents. Auch seine Ziele konnten nur politischer Natur sein, selbst wenn sie nach den Metho» den des gemeinsten Verbrechertums ausgeführt wurden.

Diese politischen Ziele liegen nach den Enthüllun­gen des ^-Reichsführers, nach der Verhaftung des Haupttäters und nach der Feststellung seiner Auftrag­geber heute offen vor aller Welt. Die Ziele und ebenso dis Methoden! Und das für alle anständigen Menschen fast Unwahrscheinliche ist damit in seinem vollen Umfang bewiesen, daß die Regierung des englischen Reiches, dis den jetzigen Krieg heraufbeschworen hat, in Erkenntnis ihrer Unzulänglichkeit auf militärischem und wirtschaft­lichem Gebiet den Beschluß gefaßt hat, ihren großen Geg­ner auf die feigste und gemeinste Art zu treffen, die es überhaupt gibt, durch Meuchelmord. Dies ist das Faktum, um das sich heute weder Herr Chamberlain noch irgend­ein anderer Engländer herumdrücken kann. Dies ist das Ergebnis der deutschen polizeilichen Untersuchung. Und diese Ungeheuerlichkeit wird durch zweierlei bestätigt, erstens durch das Geständnis des Täters und zweitens durch die Verhaftung der beiden leitenden Persönlichkeiten des Intelligence-Service, die seit Wochen in der Hauptstadt eines benachbarten neutralen Staates gegen Deutschland arbeiteten und dabei, ohne es selbst zu wissen, unmittel­bare Fühlung mit Beamten des deutschen Geheimdienstes hielten, der auf diese Weise jeden ihrer Schritte kontrollie­ren konnte.

Man stellte sich vor> was die Welt gesagt hätte, wenn amtliche deutsche Stellen etwa in der Schweiz einen eng­lischen Mörder gedungen hätten, um heimlich und heim­tückisch den englischen König bei irgendeiner offiziellen Gelegenheit mitsamt der englischen Regierung durch einen Bombenanschlag zu beseitigen. Es hätte sich ein Schrei der Entrüstung erhoben, der wahrscheinlich binnen kurzem alle zivilisierten Völker der Erde zu einem Kreuzzug gegen das deutsche Volk vereinigt hätte. Man hätte vor einem Ver­brechen gestanden, wie es die moderne Welt kaum jemals erlebte. Und man hätte sich in der moralischen Verurtei­lung dieses Verbrechens zweifellos durch keinen Ableug- nungsoersuch beirren lassen, der von der schuldigen Negie­rung irgendwie unternommen worden wäre. Heute ist dieser hier hypothetisch gekennzeichnete Fall in England Wirklich­keit geworden. Die englische Regierung hat durch beamtete britische Persönlichkeiten, deren Zentralstelle in Downingstreet unmittelbar neben dem Hause des engli­schen Ministerpräsidenten liegt, den Mordanschlag gegen Adolf Hitler unternehmen lassen. Sie muß, auch wenn sie es ableugnet, darum gewußt haben, denn die Leiter des Intelligence-Service sind nicht nur die Untergebenen, sondern die engsten Freunde der führenden britischen Persönlichkeiten.

Vielleicht fragt man draußen: Liegt wirklich der Zusam­menhang zwischen dem Intelligence-Service und dem Atten-^ täter völlig klar? Da London mit solchen Fragen bereits hausieren geht, erheben wir die Gegenfrage: Wagt man wirklich, sich auf so billige Art und Weise um ein Verwer­fungsurteil herumzudrücken? Hat man nicht die Einzel­heiten der Untersuchungsergebnisse der deutschen geheimen Staatspolizei mit nüchternen Augen gelesen? Sind sie nicht deutlich genug? Da ist zunächst einmal der Attentäter selbst, den London jetzt alseinzelnes Subjekt" abtun möchte. Von wem gekauft? Etwa von Otto Straffer, diesem politischen Hasardeur und von wahnwitzigem Ehrgeiz hin und her gerissenen Verbrecher, der als Landesverräter am 30. Januar 1933 aus Deutschland nach Prag flüchtete, weil seine Käuflichkeit bei jedem Angehörigen der national­sozialistischen Partei sprichwörtlich bekannt war? Dieser Otto Straffer hat seit seiner Flucht aus der Heimat, die ihn verachtet, unzählige Versuchs unternommen, um im Ausland gegen Deutschland zu Hetzen, ja schon dreimal vorher einen Attentatsplan bearbeitet. Er hat mit Zeit­schriften und Broschüren, sogar mit einem kleinen Geheim­sender gegen seine Heimat gearbeitet. Mit welchen Geld­mitteln? Mit den eigenen? Wer von Straffer weiß, kann nur lachen. Nein, mit geborgten, geschenkten und ihm bereitwillig von allen deutschfeindlichen Regierungen zur Verfügung gestellten Geldern, die ihm noch vor wenigen Wochen erlaubten, ein Haus in Zürich zu kaufen, von wo er jetzt über Frankreich naK England geflohen ist. Dieser Otto Straffer mag ein gefährliches Subjekt gewelen sein, aber niemals ein Subjekt aus eigenen Gnaden. Er batte keine Verbindunaen nack Deutschland mebr. Seine frühere . Schwarze Front" war längst in alle Winde zerstreut wor­den. Er wußte nur noch um einige Reste, vielleicht nur um jen-n einzigen, der durch den Nan>sn des Attentäters, Georg Eller, bezeichnet ist. Diesen Attentäter svürte er auf. Ihn ließ er im englischen Solde ausbilden. Mit ibm verabredete er die Einzelheiten der Tat. Non ibm holte Eller das ermlllche Geld, das er zum Kauf der Bestand­teil« seiner Höllenmaschine brauchte. Unter seinem Ein­flüsse fuhr er, nach Verlegung des Zeitvunktes der Küh- rerrede, noch einmal nach München zurück, um die Atten- ^tatsvorbereitungen bis zum letzten Augenblick zu über­wachen, um ganz sicher zu gehen. Eine solche verbrecherische Handlungsweise ist niemals in ihre letzten Stadien ein Ergebnis freier Entschlüsse. Auf ihr lastete bereits jener ^.ruck, der die Agenten mit harten Drohungen zur letzten Vollendung ihres Verbrechens zwana. der Druck des ena-

tischen Geheimdienstes, der über Straffer das Bllrger- bräu-Attentat bis zum letzten ^Tüpfelchen organisierte und der schließlich doch scheitertMsveil eine höhere Macht gegen den ach so moralischen Jpjelligence-Servics eingriff

Wer abzuleugnen versucht, soWe auch die Meldung über die Verhaftung der beiden westeuropäi­sch e n L e i t e r des britischen Geheimdien­stes sehr genau lesen. Auch sie ist aufschlußreich genug. Sie zeigt jenen weiteren Kreis von Deutschenhassern, die bei dem Anschlag ihre Hand im Spiel hatten und die ihrerseits durch ihre eigene Verranntheit und Dummheit den englischen Geheimdienst hereinlegten. Sie zeigt das Spiel der Emigranten! Mit welchem Mittel sind die Nach­barn von Herrn Chamberlain in der Downingstreet gekö­dert worden? Mit ihren eigenen haßerfüllten Wünschen! Sie hofften darauf, daß in Deutschland eine Revolution entstehen könnte. Sie glaubten den Emigranten und such­ten nach jenen deutschen Offizieren, die man angeblich für England gewinnen und gegen Adolf Hitler einsetzen könnte. Sie stöberten in jedem menschlichen Dreckhaufen nach solchen Subjekten. Sobald diese Mördersuche, diese ver­zweifelte Bemühung um angeblich vorhandene Anti- Hitlerleute bei der deutschen geheimen Staatspolizei bekannt wurde, entschloß man sich mit nüchterner Kühle, daraus jene einfachen Folgerungen zu ziehen, die sich bei klarem Nachdenken geradezu ausdrängten. Man schickte deutsche Beamte in die englische Revolutions- und Attentatshoch­burg in der holländischen Hauptstadt. Man gab ihnen den Auftrag, die Verbindung mit dem Secret-Service aufzu­nehmen und in die von ihnen geforderten Anschlags- und Aufruhrpläne einzustimmen. Die deutschen Beamten bekamen sogar eine ganze Funkausrüstung von den briti­schen Leitern des Geheimdienstes in die Hand gedrückt, um damit aus Deutschland nach England funken zu können und den Herren Chamberlain und Churchill jene Schlag­worte und Parolen zu liefern, die sie zum Betrug ihres eigenen Volkes im Londoner Unter- und Oberhaus benö­tigten. Vis zum letzten Augenblick, d. h. bis zur Verhaftung der Londoner Intelligenzler und selbst noch Tage danach bat so der deutsche Geheimdienst den englischen an der Nase herumgeführt. Auf seiner Seite stand das gute Gewissen. Auf der Seite der anderen aber wurde man unsicher durch das fehlgeschlagene Münchener Attentat und den Zusammenbruch jener Verbindungen, die über Otto Straffer zu dem Attentäter Georg Elser führten.

Heute ist der unterirdische britische Krieg ebenso zusam­mengebrochen wie der zur Luft, zur See und auf dem Lande. Die Welt hat jetzt das Wort. Sie muß und sie wird sprechen. Und wer nicht selbst von dem englischen Geheim­dienst bestochen und gekauft wurde, kann nur das eine Urteil über England abgeben: Schuldig! Dieses Urteil wird in dem Buch der Geschichte eingeschrieben bleiben.

Vorarlberg schuf Wohnungen für die SMrroler

Die auf Grund friedlicher Uebereinkunft vereinbarte frei­willige Umsiedlung der Deutsch-Südtiroler hat den Gau Tirol- Vorarlberg vor die Aufgabe gestellt, dafür zu sorgen, daß Süd­tiroler, die sich im Gau Tirol-Vorarlberg niederlassen wollen, auch Unterkunftsmöglichkeiten finden. Die Partei griff hier ein und berief als Bauträger für ein großzügiges Bauprogramm die Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft der DAF.Neue Heimat", dieGemeinnützige Wohnungsbaugesell­schaft Dornbirn" und die GesellschaftAlpenländische Heimstät­ten". Die Finanzierung der Bauten geschieht in der Weise, daß das Reich je Wohnungseinheit einen bestimmten Zuschuß gibt, während die Trägergesellschaften 10 Prozent der Vausumme aus dem Eigenkapital beischießen. Der Rest wird von den Geld­instituten als Hypothekdarlehen genommen. Bis jetzt sind meh­rere 100 Wohnungen bezugsfertig, zum Teil sind sie bereits bezogen. Das Eesamtvorhaben im Gau umfaßt bisher ins- bruck 5000, auf Bludenz 100, auf Dornbirn 300, auf Bregenz gesamt 8200 Wohneinheiten, wovon allein auf Jnns- 400 und auf Kufstein 230 entfallen. Zu diesen Bauten kommen noch kleinere Vorhaben in den verschiedensten Orten und Woh­nungen für landwirtschaftliche Arbeiter.

Der Lohnstop

Neue Richtlinien des Neichsarbeitsministers

Berlin, 23. Nov. Zur Klärung verschiedener Zweifelsfragen hat der Reichsarbeitsminister zur Lohnstop-Verorduung eine im Reichsarbeitsblatt Nr. 32 Teil l Seite 527 veröffentlichte Verwaltungsanordnung erlassen. Diese soll eine einheitliche Handhabung des Lohnstops im ganzen Reich sicherstellen.

Die am 12. Oktober 1939^atsächlich geltenden oder bereits vor diesem Tage rechtswirksam vereinbarten Loyn- und Gehaltssätze dürfen ohne Zustimmung des Reichstreuhänders der Arbeit weder erhöht noch gesenkt werden. Ebenso wie die Löhne und Ge­hälter sind auch die sonstigen regelmäßigen Zuwendungen zu be­handeln. Die regelmäßig im Betrieb gezahlten Kinderzulagen, Leistungszulagen, Erfolgsvergütungen usw. find in der gleichen Höhe wie bis zum 12. Oktober 1939 weiter zu zahlen. Aenderun- gen solcher Zulagen bedürfen der Zustimmung des Reichstreu­händers der Arbeit.

Die Anordnung des Reichsarbettsmtnisters sagt weiter, daß sich das Verbot einer Erhöhung der Erfolgsvergü­tungen grundsätzlich nur aus den vereinbarten Anteil am Um­satz, Gewinn usw. bezieht. Es entspricht jedoch nicht dem Sinne der Lohnstop-Verorduung, daß sich in Auswirkung der kriegswirt­schaftlichen Verhältnisse ohne individuelle Leistung eine un­angemessene Erhöhung des Eesamtverdienstes bei gleichbleiben­dem Anteil ergibt. Niemand soll am Kriege verdienen;, des­wegen ist in solchen Fällen die durch die Kriegsverhältnisse be­dingte Erhöhung unzulässig und eine der Lohnstopverordnung entsprechende Festsetzung der Vergütung geboten. 2m Zweifel wird auch hier der Reichstreuhänder der Arbeit zu entscheiden haben.

Es entspricht dem Verbot ungerechtfertigter Lohn- oder Ge­haltserhöhungen, daß eine Verbesserung der Verdienste durch ein­malige Zuwendungen ebenso ausgeschloffen sein muß wie eine Uebernahme der dem Gefolgsmann auferlegten Steuern durch den Unternehmer. Dagegen sind einmalige Zuwendungen, die bisher in Betrieben aus bestimmten Anlässen (z. B. Eeburts- beihilfen, Sterbegelder usw.) üblicherweise in bestimmter Höhe gewährt wurden, auch weiterhin in gleichem Umfange zulässig.

Um einer Entlohnung nach der Leistung nicht im Wege zu stehen, läßt die Lohnstop-Verordnung entsprechende Verdienst­erhöhungen ohne besondere Zustimmung des Reichstreuhänders der Arbeit zu, wenn das Gefolgschaftsmitglied in eine in Tarif­ordnungen oder vom Reichstreuhänder der Arbeit gebilligten Betriebs- und Dienstordnungen vorgesehene höher entlohnte Altersstufe, Berufs- oder Tätigkeitsgruppe einrückt. Bestehen Zweifel, so wird es sich empfehlen, den Reichstreuhänder der Arbeit anzurufen.

Ausgeprobte Akkorde dürfen nach der Anordnung des Reichsarbeitsministers nur erhöht oder gesenkt werden, wenn sich die äußeren, nicht in der Person des Gefolgsmannes liegen­den Bedingungen, unter denen seinerzeit die Akkorde festgesetzt worden sind, geändert haben.

Der Lohnstop untersagt in gleicher Weise eigenmächtige Lohn­erhöhungen wie Lohnsenkungen. Es soll jedoch nicht verhindert werden, daß nichtleistungsbedingte Entgelte auf einen angemesse­nen Stand zurückgeführt werden. Um jedoch willkürliche Kür­zungen auszuschließen, ist auch bei einem betrieblichen Abbau sogenannter Locklöhne die Zustimmung des Reichstreuhänders der Arbeit einzuholen. Das gleiche gilt, wenn eine Herabsetzung der Löhne infolge ungünstiger Wirtschaftslage in einzelnen Be­trieben nicht zu vermeiden ist. Hinsichtlich der Weihnachtsgratifi­kationen erfolgt noch eine besondere amtliche Klarstellung.

Schweres Verkehrsunglück belgischer Truppen. Ein schwe­res Verkehrsunglück, dessen Opfer ausschließlich Soldaten waren, ereignete sich auf der Landstraße nach Löwen. Ein Militärlastkraftwagcn fuhr in der Dunkelheit in eine von der llebung zurllckkehrende Gruppe von Soldaten. Zahl- reiche Soldaten mußten mit schweren Verletzungen in ein Militärlazarett übergeführt werden. Der Lastwagen ver­suchte unbehindert zu entkommen, konnte aber in Namur angehalten werden. Man vermutet, daß der Wagenführer angetrunken war.

Der Ärief eines Verräters

Nachstehend geben wir den Wortlaut des im ewi­gen Artikel erwähnten handschriftlichen Briefes 'wieder, in dem Otto Straffer auf seine Pläne, die Saar-Rückgliederung unmöglich zu machen, eingeht. Eins Namensliste der in dem Brief durch Nummern Lezeichneten Personen ist beigefügt.

Paris, den 22. Juni 1934.

Lieber Freund!

Ich freue mich, endlich Gelegenheit zu haben, Ihnen einen kurzen Bericht über die bisherigen Ergebnisse meiner Reise zu­senden zu können.

Nach meiner Ankunft am 18. abends begab ich mich andern Tags gleich zu E (Nr. 1), mit dem ich kurz meine Pariser Mission besprach und der die Verbindung zu Nummer 2 herstellte. Lei­der war M. C. persönlich abwesend, doch empfing mich sein Pri­vatsekretär, mit dem ich eine stundenlange Aussprache hatte, die abends mit einem gemeinsamen Souper schloß, an das sich am 21. nochmals eine Aussprache bei einer Tasse Tee in meinem Hotel anschloß. Im Zusammenhang damit wurde ich an Num­mer 3 und Nummer 4 verwiesen, mit denen ich ebenfalls Aus­sprachen von dreiviertel bis eineinhalb Stunden hatte. Besonders die Unterhaltung mit 4, der einer der katholischenFührer ist, war von höchstem Interesse, zumal er besonderer Vertrauens­mann von Nummer 2 ist. Das Ergebnis dieser Aussprachen war ungefähr folgendes: Frankreich hält sich strikt an den Vertrag und hat fürExperimente" an der Saar des­wegen kein Interesse, weil es 1- fürchtet, daß man ihm die Verantwortung dafür zuschieben würde; 2. weil es hofft, daß bis zur Abstimmung wesentliche Aenderungen im Reich eintreten; 3. weil es der Meinung ist, daß bei Erzielung einer hohen Min­derheit die Genfer Entscheidung ohnehin gegen Hitler ausfallen dürste.

Um so mehr Wert aber legte man gerade aus Erzielung einer solchen hohen Minderheit durch Propaganda. Ne­ben der Propaganda unter den Katholiken, die schon im Gange ist, sucht man nach Möglichkeiten unter den Hitlerleuten selbst Propaganda machen zu können. Hier hofft man ganz be­sonders auf mich, da sowohl Marxisten wie Juden (und Katholiken) für diesen Personenkreis nicht in Frage kommen.

Ich habe in der gleichen Angelegenheit umgehend mit zwei verschiedenen Leuten wie 5 und 6 gesprochen, wobei Nr. 5 be­geistert meinem Saarplan zustimmte, während Nr. 6 (in lleber- einstimmung mit den Herren 2 bis 4) sich ausschließlich für Propaganda aussprach, wobei er ganz klar zu erkennen gab, daß Frankreich das letzte Wort noch nicht gesprochen habe. Ich bin heute abend noch mit dem FührerderDeutschen Katho­

liken und Saarkämpser Nr. 7 zusammen, der die Gelder für die Neue Saarpost" beschafft hat, und werde mich über seine Mei­nung unterrichten.

Zusammenfaffend glaube ich, daß nach dem Eesamteindruck mein Plan einerAktion" nicht die notwendige Voraussetzung findet, so daß er aufzugeben ist. Dagegen ist die Propaganda ebenso notwendig wie erwünscht, wobei mir vor allem die Propaganda unter den Nazis selbst zufiele, die teils durch meine Zeitung, teils durch Flugschriften und Broschü­ren zu erfolgen hätte (wofür ich Ihnen ja einen Plan aus­gearbeitet habe).

Aus den zahlreichen interessanten Details meiner Gespräche mit den Vorgenannten sowie mit zahlreichen deutschen und fran­zösischen Bekannten (darunter ein langes Gespräch mit Nr. 8) sind u. a. folgende Einzelheiten interessant:

1. Nach neuesten Nachrichten soll Amerika bereit sein, einer gemilderten" deutschen Regierung 'erhebliche Rohstoffkre­dite einzuräumen; desgleichen will Frankreich in diesem Falle das 300 OOO-Mann-Heer gewähren, wenn gleichzeitig Deutschland nach Genf zurückkehrt. Welche perfonellen und sach­lichen Sicherungen für dieseMilderung" verlangt werden sollen, war eindeutig nicht zu erfahren. Allem Anschein nach versteht man darunter eine Kabinettsumbildung im Reich, an die ich persönlich nicht recht glaube. Sollte sie aber kommen, so würde es sich nur um einen Schachzug Hitlers handeln, um obige Ge­schenke des Auslandes zu erhalten.

2. An unsere HerrenN a t i o n a l b o I s ch e w i st e n" glaubt man sehr. Für das große Interesse, das man an uns nimmtz zeugt u. a. der Artikel, den ich Ihnen gab, sowie die Zusicherung, wöchentlich im Straßburger Sender Auszüge aus meiner Zeitung zu bringen.

Alles in allem bin ich mit dem Erfolg sehr zufrieden und hoffe ihn durch eine große Propaganda an der Saar und im Reich entsprechend nutzbar machen zu können, wobei ich nach wie vor um Ihre feste Mitarbeit bitte.

In diesem Sinne grüßt und handschlagt Ihr

(gez.) Otto Straffer.

Liste

Nr. 1 Minister des Innern a. D. Erzesiusky, Rue de L'Abbti Rousselot 7.

Nr. 2 Mr. Tornmöre, Quai d'Orsay.

Nr. 3 M. Rscouly, Editions de France, Avenue Rapp 20.

Nr. 4 Mr. Robert d'Harcourt, Rüe de Erenelle 113.

Nr. 5 Graf Michael Karolyi.

Nr. 6 Deputä Erumbach.

Nr.7 Ministerialdirektor Spieker.

Nr. 8 Willi Münzender g,Rote Hilfe".