2. Seite - Sir. 273

schritt. Es sei bis jetzt nicht möglich gewesen, die Frage der vor dem Kriege abgeschlossenen Lieserungsorrträge zu lösen. Der britische Standpunkt sei, daß die vor dem 2. September in der Schweiz bestellten und inzwischen fertiggestellten Ware,: nicht von England abgenommen werden könnten, da der Krieg die Umstände verändert habe und außerdem dann ein Präzedenzfall für die nach anderen Ländern vergebenen Aufträge getämffen werde. Der diplomatische Korrespondent des Blattes muß zu­geben, daß das Verhalten Englands einen schweren Schlag für die Schweiz darstelle, da sich die Verträge wertmäßig auf 1,5 Mil­lionen Pfund beliefen. Der Verzicht auf einen derartigen Betrag sei ein schweres Problem für ein kleines Land wie die Schweiz. Die Frage, die sich für England ergebe, sei aber nicht nur rein wirtschaftlicher Natur, sondern auch politischer, denn Deutschland zum Beispiel habe sich ohne irgend welche Vorbehalte dazu bereit erklärt, alle vor dem Krieg mit der Schweiz abgeschlossenen Lie­ferungsverträge auch jetzt zu erfüllen.

NnmFgliche Zustande in englische» Gefäng­nissen

Menschenunwürdige Behandlung treibt z» Neoolten

Amsterdam, 20. Nov. In den letzten 14 Tagen ist es in meh­reren englischen Gefängnissen zu schweren Zwischenfällen und Revolten gekommen, die ihre Ursache in der menschenunwürdigen Behandlung haben, unter der die Insassen stehen.News Lhro- nicle" und andere englische Zeitungen selbst mußten mehrfach über die Gefängnisaufstände berichten, die in verschiedenen Tei­len Englands ausgebrochen waren. Besonders die Insassen des Gefängnisses in Bristol sind allem Anschein nach furchtbar ge­quält worden, denn hier hat sich die Erregung innerhalb von zwei Wochen zweimal in heftigen Revolten Luft gemacht, die wie derDaily Expreß" am Sonntag meldete, mit Waffengewalt niedergeschlagen werden mußten. DieYorkshire-Post" meldet, daß drei Mosley-Anhänger noch heute im Gefängnis säßen. Das gleiche Blatt gibt den Bericht eines nach acht Wochen aus der Haft entlassenen britischen Faschisten wieder, der ein sprechendes Beispiel für die menschenunwürdige Behandlung und die furcht­baren Zustände in den britischen Gefängnissen ist. Nach dem Be­richt derPorkshire-Post" war dieser britische Faschist bereits zwei Tage vor (!) Ausbruch des Krieges von seinen eigenen Landsleuten verhaftet worden. Man habe ihm nicht einmal Zeit gegeben, sich von seiner Frau zu verabschieden. Während seiner gesamten achtwöchigen Inhaftierung habe man ihn in einer von Ungeziefer verpesteten Zelle festgesetzt. Zweimal sei er auf je fiinf Stunden in ein Loch eingesperrt gewesen, das gerade groß genug gewesen sei, um darin stehen zu können. Erst nach drei Wochen und nach einer Reihe von Appellationen habe man ihm eine Anklageschrift ausgehändigt, in der ihm mitgeteilt worden sei, die britischen Behörden hätten ihn festnehmen lassen, weil sie im voraus angenommen hätten, daß er sich in staatsfeind­licher Weise betätigen würde. Er stelle aber diese Anklage in Abrede, da sie offenbar deshalb gegen ihn vorgebracht sei, weil er 1934 elf Monate in Deutschland gewesen sei. Als man ihn dann schließlich entlassen habe, habe man keine weiteren Gründe für seine Verhaftung und auch nicht für seine Freilassung be- kauutgegeben

Der Jude lobt Len PoiLu

Ho« Belisha spricht Frankreichs Armee seineBe­wunderung" aus

Brüssel, 20. Nov. Der jüdische Kriegsminister Englands, Höre Belisha, hat bei seiner Besuchsfahrt durch das englische Auf­marschgebiet in Nordfrankreich auch französische Truppenteile be­sichtigt und dabei seineBewunderung" für die französische Armee ausgesprochen. Die Armee Frankreichs sei, so sagte der Vertreter Judas, diebeste Armee der Welt". Höre Belisha verließ am Sonntag, wie Reuter meldet, das Kriegsgebiet, nachdem er man höre und staune den von den britischen Expeditions­truppen besetzten Sektor besucht undauf dieser Tour mehr als 160 Kilometer zurückgelegt hatte, wozu er> vier Stunden be­nötigte". Der Kriegsminister traf mit einer ganzen Anzahl hoher französischer Offiziere zusammen und inspizierte französische Be­obachtungsposten, eine unterminierte Brücke und mobile Tank­hindernisse. In einer Ansprache vor englischen, französischen und amerikanischen Berichterstattern sagte Höre Belisha, daß er bei seinem Besuch der britischenFrontabschnitte" sehr beeindruckt gewesen sei, durch dengroßartigen Verwaltungsapparat nnd die große Leichtigkeit, mit der die ganze militärische Maschine Lese, trotz der schlechten Wetterumstände"

Kleine Nachrichten ans aller Well

A-Totenkopf-Standarte in Krakau. Am Samstag rückte unter Führung des U-Brigadeführers Breithaupt eine ff-Totenkops-Standarte in Krakau ein, um am Sitz des Eeneralgouverneurs ihren Dienst anzutreten. Die Männer 1>er U-Totenkopf-Standarte in ihren schwarzen Uniformen wurden von der deutschen Bevölkerung und ihren deutschen Kameraden der anderen deutschen Formationen freudig begrüßt.

5üv Lettland-Deutsche i« die alte Heimat zurückgekehrt. Im Zusammenhang mit der Umsiedlung der deutschen Volksgruppe aus Lettland in das Reich wird jetzt bekannt­gegeben, daß bis zum 19. November bereits über 20 500 Deutsche Lettland verlassen haben. Damit ist ungefähr ein Drittel der deutschen Volksgruppe Lettlands bereits ab- gewandert.

Ausstellung der deutschen Wirtschaft und Technik in Sofia.

Die Ausstellung der deutschen Wirtschaft und Technik wurde ,am Sonntag in der Hauptstadt Bulgariens durch den Prä­sidenten des Werberates der deutschen Wirtschaft, Professor Dr. Hunke, eröffnet.

Neuer Lehrgang Langemarck-Studium. Als erster der neuen Lehrgänge des Langemarck-Studiums, die in Rostock, Dresden, Halle, Jena und wahrscheinlich auch in Wien ein­gerichtet werden, wurde am Samstag der Lehrgang Rostock mit einer Feier im Rostocker Rathaus eröffnet.

Die Goethe-Medaille für Eeheimrat Borst. Der Führer hat dem ordentlichen Professor em. Geheimen Medizinalrat Dr. med. Maximilian Borst in München aus Anlaß der ! Vollendung seines 70. Lebensjahres in Anerkennung feiner Verdienste um die Krebsforschung die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen.

Der Kaiser von Japan empfing den neuen Botschafter der Sowjetunion, Smetanin, der in Gegenwart des japanischen Außenministers sein Beglaubigungsschreiben überreichte.

Belgien protestiert. Der belgische Botschafter in London hat wie die Agentur Belga aus London berichtet im englischen Auswärtigen Amt wegen der ständigen lleber- ifiiegung belgischen Gebietes durch englische Flugzeuge pro­testiert.

Defaitistische" Verbünde in Frankreich aufgelöst. 149 ^Organisationen, die in dem Verdacht stehen,defaitistischen" Verbänden angeschlossen zu sein, sind durch Gerichtsbeschluß

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

ausgelöst worden. An der Spitze steht die Vereinigung der Arbeitergewerkschaften von Paris und Umgebung, die als die Spitzenorganisation aller Pariser Arbeiterverbände angesehen werden muß. Bei den anderen Verbänden Han- , delt es sich zum Teil um sportliche Organisationen, kultu- ! relle und soziale Vereinigungen usw.

Gefängniseeoolten in England. Die Londoner Sonntags- ! presse muß über weitere Unruhen und Aufstände in engli- s fchen Gefängnissen berichten, nachdem es erst kürzlich in ; dem Gefängnis von Bristol zu schweren Ausschreitungen s gekommen war. So ist es in Exeter, in den Gefängnissen j von Dartmoor, Chelmsford, Lewis und Cardiff zu Unruhen i gekommen. s

Zusammenstöße in Indien. Nach einer Reutermeldung i aus Sukkur in Britisch-Jndien ist es dort am Sonntag wie- ! der zu einem schweren Zusammenstoß zwischen Hindus und j Mohammedanern gekommen, bei dem es nicht weniger als ! 11 Tote und 23 Verwundete gab. s

Posträuber England. Das Staatsdepartement in Wa- > fhington gab weitere Fälle bekannt, in denen für Demsch- s land bestimmte Post aus den Vereinigten Staaten durch die Engländer von amerikanischen Dampfern heruntergeholt i und beschlagnahmt wurde. So sind 368 Postsäcke von dem j DampferBlack Tern" der Black Diamond-Linie am 11. Ok- j tober in Weymouth und 700 Postsäcke von dem Dampfer s !Exeter" der American Export-Linie am 6. November in s Gibraltar geraubt worden. ^

Fliegeralarm im Firth of Forth. Nach in Amsterdam vor- j liegenden Londoner Meldungen wurde am Sonntag außer ! in Nordschottland auch im Firth of Forth und an der Ost- f käste Schottlands Fliegeralarm gegeben. s

s

Daladier und Hore-Belisha. Ministerpräsident Daladier ! hat sich am Montag mittag in das Hotel des britischen ! Kriegsministers Bore-Belisha begeben, um an einem Essen s teilzunehmen. Anst/'-chmd fand zwischen Daladier, Höre- ; Belisha und '... -arbeitern im Kriegsministerium -

eine Kons. !

Flugzeugzusammenstoß in Sidney. Beim Zusammenstoß, i zweier Flugzeuge, die sich gerade anschickten, im Flughafen ^ von Sidney zu landen, wurden sechs Personen getötet. j

Post an Kriegsgefangene irn Femdssland

Den Angehörigen von kriegsgefangenen Soldaten im Feindes­land soll der Postverkehr möglichst erleichtert werden. Ls sind aber folgende Bestimmungen genau zu beachten:

Briefe haben bis auf weiteres die AufschriftKriegsgelange- - nen-Post" undGebührenfrei" zu tragen und dürfen nicht über ! 250 Gramm wiegen. Briefumschläge sollen nicht gefüttert sein ! und sind vorteilhaft offenzulassen. Ein Zwang hierzu besteht ! jedoch nicht. Einseitige Beschreibung von höchstens vier Vogen s mit Schreibmaschine oder in lateinischer Handschrift ist erwünscht, j jedoch nicht zwingent ^

?Die den Angehörigen bekanntgegebene Anschrift des Kriegs- i gefangenen ist genau und sorgfältig anzugeben (Name, Eefan- s genen- und Lagernummer, Land). Der Absender ist auf der s Rückseite zu vermerken. Die Briefe oder Postkarten werden s portofrei befördert und können in jeden Briefkasten gesteckt ' werden- s

Es wird im Interesse des Kriegsgefangenen empfohlen, keine j Mitteilungen oder solche Einlagen zu machen, welche die Veför- ! derung des Briefes aufhalten könnten. Geldsendungen an Kriegsgefangene sind vorläufig nicht zugelassen, lieber Paket­sendungen, die vorläufig noch nicht zugelassen sind, erfolgen dem­nächst Bestimmungen.

Wer Briefe an Kriegsgefangene oder Internierte ins Aus- ! land schreibt, muß sich darüber klar sein, daß alle Sendungen ! dort geöffnet und kontrolliert werden. Man unterlasse daher ! Mitteilungen jeder Art, aus denen der Feind Material für seinen Nachrichtendienst oder seine Propaganda entnehmen kann. Auch harmlos gemeinte Bemerkungen über innerdeutsche Verhältnisse oder über persönliche Nöte können vom Gegner aufgebauscht und zu einem Kampfmittel gegen Deutschland aus­genutzt werden. Jeder Briefschreiber fei sich daher bewußt, daß s er für die Verhinderung feindlicher Propagandalüaen mit- §

Dienstag, den 21. November 1S3S

verantwortlich ist. Er bedenke auch, wie sehr er einem kriegs­gefangenen Deutschen fein Los erschwert, wenn er ihm Mittei­lungen macht, die ihn seelisch belasten.

Postoerkehr mit internirrten Reichsangehörigen im Feindesland

Berlin, 19. NM Die Zivil-Internierten im Feindesland wer­den von der Deutschen Postverwaltung den Kriegsgefangenen gleichgestellt, lieber die Form des Postverkehrs wird folgendes bekanntgegeben:

1. Briefsendungen (Briefe und Postkarten) an Zivil-Inter­nierte, deren genaue Jnternierten-Anschrift bereits bekannt ist, können gebührenfrei bei jeder Postanstalt aufgegeben werden.

2. Die Nachrichten dürfen nur persönlichen Inhalts sein. Es empfiehlt sich, zunächst nur kurzgefaßte Postkarten zu über­senden.

3. Die Sendung ist mit der deutlichen Anschrift:Jnternier- tensendung, Gebührenfrei" zu versehen.

4. Für vermutlich internierte Personen in Feindesland, deren Anschrift noch nicht bekannt ist, sind zunächst amtliche Ermitt­lungen nach ihrem Aufenthaltsort notwendig, bevor eine Nach­richt übermittelt werden kann. Diese Ermittlungen werden auf Antrag kostenfrei von dem Auswärtigen Amt, Berlin W. 8, Kronenstraße 10, dnrchgeführt. Der Schriftwechsel mit dem Aus­wärtigen Amt über Internierte oder vermutlich Internierte ist gebührenfrei. Derartige Sendungen an das Auswärtige Amt sind mit dem VermerkJnternierten-Sendung, Gebührenfrei" zu versehen.

Hausmusik heule erst recht!

Zum 21. Novembei

Seit Jahren ist derTag der deutschen Hausmusik" zn einem festen Begriff des deutschen Musiklebens geworden. Im Rahmen des kulturellen Schaffens in Deutschland ist der Hausmusik ein ganz besonderer Platz zugewiessn wor­den. Sie hätte keine stärkere Förderung erfahren können als durch die tatkräftige Unterstützung, die sie heute durch die gesamte Musikerziehung erfährt, angefangen bei dem Schulorchester bis zu den musikalischen Arbeitskreisen des - Volksbildungswerks und zu den Arbeitsgemeinschaften, die in das Verständnis bestimmter Musikwerke hineinzüwachfen stieben. Aus diesem Musikverstehen und Musikerleben aber führt der direkte Weg zur Selbstausübung.

Hausmusik wird meist in begrenztem Rahmen gepflegt. Ein kleiner Kreis musizierender Menschen findet sich zusam­men, der in feinen Mußestunden sich die Pflege guter deut­scher Musik zur Aufgabe macht. Diese kleinen Gemeinschaf­ten, die sich im gleichen Streben zufammenfinden, helfen ganz besonders stark Brücken schlagen von Mensch zu Mensch. Oft genug werden dadurch Volksgenossen aus ganz verschie­denen Lebenskreisen und Berufen zufammengeführt. Hand­arbeiter und Geistesarbeiter bringen Schulter an Schulter im gleichen Takt der Musik ihre Instrumente zum Schwin­gen und Klingen, und beide spüren das Glück des Zusam- menspiels, das die unsterblichen Werke großer Merster der Töne lebendig werden läßt.

Am Tage der HaPnnusik aber weitet sich der Nahmen des kleinen Kreises vielfach. Man ist in den letzten Jahren mehr und mehr dazu übergegangen, an diesem Tage so­genannteoffene Hausmusikstunden" zu veran'talten, die häufig in Privathäusern durchgeführt werden, aber jedem zugänglich sind. Ihnen reihen sich die Musikstunden an, die in kleineren Konzerträumen abgehalten werden und ganz im Zeichen der Hausmusik stehen. Es sind meist Gemein­schaftsveranstaltungen von Musikerziehern und ihren Schü­lern, Sing- und Spielscharen der HI., vonKraft durch Freude" oder der NS.-Frauenschaft. In einer lebendigen und wirkungsvollen Programmgestaltung ist dies die stärkste Werbung für neue Freunde der Hausmusikpflege.

Wir brauchen die gute Hausmusik stärker denn je. Musik hebt uns gerade in ernsten, schweren Zeiten über manche Sorge des Lebens hinaus. Die Musik hat, wie Neichsmini- ster Dr. Goebbels unlängst ausführte, heute mehr denn je die große Aufgabe, unser Volk zu erheben und seine see­lischen Kräfte zu stärken.

Husarenstück einer Aufklärungsabteilung im Westwall-Vor­feld. Ein seltsames Wiedersehen

NSK. Am Westwall, im November. PK.

Als Ke Engländer und Franzosen Deutschland den Krieg erklärten, da war es der Grenzschutz, meist alte erfahrene Män­ner ans dem Weltkriege, die den Erenzwall und sein Vor- gelände schützte«. Zu ihnen stießen als erste reguläre Truppe die Aufklärungsabteilungen der Divisionen, For­mationen, die die Tradition der Kavallerie von früher weiter­führen. Von der vielbesungenen Romantik der Reiterei ist wenig übriggeblieben. Das Rößlein wurde gegen das Stahlroß ein­getauscht, mit vielen Pferdestärken geht es auf geländegängigen Wagen jetzt gegen den Feind.

Die Aufklärungsabteilungen sind es, die in der Regel als erste Truppe Feindfühlung erhalten, die Stellung des Gegners auskundschasteten, mit ihm anbandeln und so lange in erster Linie aushalten, bis die gefechtsstärkere Infanterie eingreift. Der alte Reitergeist lebt in de« Schwadronen dieser Aufklä­rungsabteilungen weiter. ManchesHusarenstücklein" wurde von ihnen im Vorfelde des Westwalls vollbracht. Schmunzelnd erzählen die Reitersmänner der Neuzeit von diesen Taten.

Der Franzmann hatte sich da rechts und links einer Brücke eingenistet und konnte von dort ans der Aufklärungsabteilung richtiggehend in den Kochtops gucken, das ganze Gelände ein- sehen, das sie besetzt halten mußte. Das ärgerte die braven Reitersmänner. Das tonnten und wollten sie sich nicht bieten lassen. Die Stellung des Feindes wurde durch Spähtrupps erkundet. In Zugstärke saß er mit mehreren eingebauten Maschi­nengewehren in dem Rest an der Brücke und hatte dazu noch Baumbeobachtungen eingerichtet, die jede Bewegung im Nie­mandslande zwischen den Linien sofort erkennen mußten. Zeigte sich jemand, ging sofort die Knallerei los. Vis in die Nähe der Brücke führte ein Bahndamm. Er war die einzige gute Deckung gegen Sicht, die das Gelände bot. Auf der Ausnützung dieser Deckung baute der Rittmeister einer Schwadron seinen Plan auf, die Franzosen auszuheben.

Links und rechts vom Bahndamm robbten zwei Gruppen vor. Eine dritte Gruppe ging ein Stucks Wegs mit der Ein­heit rechts des Dammes und bog dann zu einer umfassenden Bewegung in eine Mulde ein. Das Unternehmen wurde am hellichten Tage gestartet. Der große Coup sollte um die Mit­tagsstunde gelandet werden.

Und er gelang- Unbemerkt kamen Ke Truvven sin die Näbe

der Brücke. Plötzlich hatte der Franzmann doch Lunte gerochen. Ein großes Parlieren, Gestikulieren und Kommandieren begann in seinem Graben. Aufgeregt sprangen die Poilus umher. Die ersten Maschinengewehrsalven peitschten der linken Gruppe, die allein vom Franzmann erkannt worden war, entgegen. Sie ging in Deckung.

Währenddessen hatte sich die Abteilung, Ke den Feind von der Flanke fassen sollte, durch die Mulde gearbeitet. Für sie gab es jetzt kein Halten mehr. Der junge Leutnant, der sie führte, stand hundert Meter vor seinen Männern freihändig schießend. Die Kavalleriegeschütze, die im nahen Walde aus­gefahren waren, deckten den Feind zu. Jeder Schutz saß. Die erste Granate holte den Baumbeobachter von feiner Kanzel. Handgranaten sausten in die französischen Gräben. Schwere Maschinengewehre riegelten das Hintere Gelände ab.

Die vollends überraschten Franzmänner suchten durch den Bahneinschnitt zu entkommen. Aber auch für sie gab es keine Rettung mehr. Die Maschinengewehre der mittleren Gruppe bekamen sie zu fassen. Fünf französischen Soldaten drückten sich gegen die Mauer der Brücke. Sie hoben die Hände hoch und mußten den Weg in die Gefangenschaft antreten. Die Verluste der Franzosen an Toten und Verwundeten waren sehr hoch. Fast ihr ganzer Zug war aufgerieben. Um die Mittagsstunde traten die Reitersmänner, von denen nur einer leicht verletzt war, den Rückweg an.

Plötzlich gab es eine neue Ueberraschung. Sie ist so eigen­artig, daß man glauben möchte, sie sei dem Hirne eines phan- rasiereichen Romanschriftstellers entsprungen. Ein Franzose und ein Deutscher betrachten sich eingehend. Auf einmal fallen sie sich in die Arme, beklopfen sich die Schulter, schütteln sich die Hände, sind außer sich vor Freude. Es sind alte Bekannte. Sie haben vor Jahren zusammen in einer Pariser Hotelküche als Köche gearbeitet. Vergessen ist die Handgranatenballerei, die Schießerei der letzten Viertelstunde. Aus erbittert kämpfenden Feinden sind wieder Freunde geworden. Der Mensch hat zum Menschen gefunden.

Diese Wiedersehensfreude teilte sich auch den andern mit. Die Franzosen, denen man bewußt die schlimmsten Dinge von der Behandlung in deutscher Gefangenschaft vorschwindelt, sehen bald mit eigenen Augen, daß sie anständig behandelt werden. Eie werden dem Divisionskommandeur, der das Abholen dieses fast schulmäßig angelegten Unternehmens aus nächster Nähe mitbeobachtet hat, vorgeführt. Der General kann den tapferen deutschen Offizieren und Männern, von denen später einige mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet werden, zu ihrem großen Erfolg Glück wünschen. Dr. Gabel.