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Nr. 257
Donnerstag, äen 2. November 1939
113. Jahrgang
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auf den wesentlichen Warengebieten abgeschloffen
DNB. (DHD) Moskau, 1. Nov. Die deutsch-sowjetischen > Wirtschaftsverhandlungen in Moskau sind nunmehr auf den wesentlichen Warengebieten zum Abschluß gebracht worden.
Ein Teil der deutschen Unterhändler in Moskau begibt sich jetzt s für einige Tage nach Berlin, um an den Besprechungen teil- , zunehmen, die, wie bereits gemeldet, in Berlin zwischen einer Kommission der Sowjetregierung und der deutschen Regierung über größere industrielle Bestellungen der Sowjetunion statt- siuden.
Rach Abschluß dieser Besprechungen und der damit verbundenen Besichtigungen werden sich die deutsche» Unterhändler zum Abschluß der Gesamtverhandlungen wieder nach Moskau zurück begeben.
Rußland und seine Nachbarn
Aus der Rede des russischen Außenkommissars Molotow
Die Verhandlungen mit Finnland
Den neuen Beziehungen der Sowjetunion zu den baltische» Staaten widmete Molotow einen besonderen Abschnitt seiner Rede. Die Beistandspakte mit den drei baltischen Staaten bezeichnet der Redner als das Ergebnis des absoluten Vertrauens und gegenseitigen Verständnisses, das zwischen der Sowjetunion und diesen Staaten herrsche. 2n Würdigung der besonderen geographischen Lage dieser Staaten, die sozusagen den Zugang zur Sowjetunion von der Ostsee her darstellten, seien die Sowjetregierung und die Regierung der baltischen Staaten übereingekommen, der Kriegsmarine, der Luftwaffe und einer begrenzten Anzahl von Landtxupp.en der Sowjetunion Basen und Standorte in den baltischen Ländern einzuräumen.
Mit besonderem Nachdruck wandte sich der Außenkommissar dann gegen dieVerleumdungeneinergewissenaus- ländischen Presse, die behauptete, daß mit der Durchführung dieser Pakte die Sowjetisierung der baltischen Staaten verbunden sei. „Das Geschwätz über dieSowjetisierungder B a l t e n st a a t e n", so bemerkte Molotow wörtlich, „ist das Produkt antisowjetischer Provokationen und soll nur unseren Feinden nutzen." Die Unverletzbarkeit der Souveränität der baltischen Staaten und das Prinzip der Nichteinmischung in deren innere Verhältnisse sei klipp und klar in den Beistandsverträgen festgelegt. Die Bedeutung der mit den baltischen Staaten getroffenen wirtschaftlichen Vereinbarungen stellte Molotow weiter besonders heraus.
Einer besonderen und ausführlichen Darlegung unterzog Molotow im weiteren die gegenwärtige Phase der sowjetisch-finnischen Beziehungen. Das Verhältnis zu Finnland sei für die Sowjetunion von nicht geringerer Wichigkeit als die Beziehungen zu den drei baltischen Staat, um so mehr, als die Sicherheit der nordwestlichen Grenze der Sowjetunion und der bedeutendsten sowjetischen Hafenstadt Leningrad davon abhänge. Leningrad liege nur 32 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt, in einer Entfernung also, die geringer sei als die Schußweite moderner Gefchütze. In ernster und eindringlicher Weise wies Molotow darauf hin, daß die Sicherheit der Seeverbindungen Sowjet- rußlands im Finnischen Meerbusen und Leningrad selbst in unmittelbarem Zusammenhang damit stehe, ob Finnland eine freundliche oder feindliche Haltung der Sowjetunion gegenüber einnehme.
Die Verhandlungen, die zwischen der Sowjetrcgierung und der Regierung Finnlands über diese Fragen in jüngster Zeit — auf Initiative der Sowjetregierung hin — geführt wurden, seien noch nicht beendet. Sie seien überschattet von der Tatsache, daß in Finnland anderweitige äußere Einflüsse seitens dritter Mächte im Spiele seien. Nichtsdestoweniger habe die Sowjetunion das Recht und die Pflicht, wirksame Maßnahmen durchzuführen, die zum Schutze ihrer Sicherheit im Finnischen Meerbusen und der Landgrenze in der Umgebung der 3)^-Millionen-Stadt Leningrad dienen, deren Vevölkerungs- zahl allein diejenige ganz Finnlands nahezu erreiche.
In großen Zügen gab der Außenkommissar dann das maßvolle und weitsichtige Programm der sowjetrussischen Vorschläge an Finnland bekannt. Die Sowjetunion habe weder Absichten auf Wyborg, noch auf die Alands-Inseln, noch wolle sie gar einen Druck auf Schweden und Norwegen ausüben, wie dies sinnlose und böswillige Gerüchte behaupteten, die im Ausland Verbreitung fanden. „Unsere Vorschläge an Finnland sind vielmehr", so erklärte Molotow wörtlich, „sehr bescheiden und beschränken sich auf solche Maßnahmen, die zu unserer Sicherheit und zur Herstellung wahrhaft freundschaftlicher Beziehungen mit Finnland nötig sind." Die Sowjetregierung habe ursprünglich Finnland den Abschluß eines Beistandspaktes nahegelegt auf einer ähnlichen Grundlage wie die mit den baltischen Staaten abgeschlossenen Verträge. Die finnischen Unterhändler hätten jedoch die Ansicht vertreten, daß dies mit dem Grundsatz der absoluten Neutralität Finnlands nicht vereinbar sei. Die Sowjetregierung habe daraufhin, wie Molotow nunmehr bekannt gab, nicht auf ihrem ersten Vorschlag bestanden. Sie habe ihre Vorschläge beschränkt auf die Uebergabe einiger Inseln des Finnischen Meerbusens und auf den Vorschlag, die Landgrenze nördlich von Leningrad „um ein paar Dutzend Kilometer
nach Norden vorzufchieden". 2m Austausch dafür habe die Sowjetregierung Finnland einen zweimal so großen Distrikt im Gebiet Sowjet-Kareliens angeboten.
Weiter habe die Sowjetregierung vorgeschlagen, ein kleines Stück finnischen Territoriums an der Ausfahrt aus dem Finnischen Meerbusen zur Benutzung als Marinebasis durch Pakt zu erwerben. Dieser Stützpunkt solle für die Sowjetunion in Ergänzung der der estnischen Küste gegenüberliegenden Basis Baltisch-Port die volle Sicherheit im Finnischen Meerbusen garantieren und würde damit zugleich auch den 2nteressen der Verteidigung der finnischen Küste entsprechen.
Molotow deutete an, daß in dieser letzteren Frage bis jetzt noch kein Einvernechmen mit der finnischen Regierung erzielt worden sei. Trotzdem habe die Sowjetregierung sich zu einer Reihe weiterer Zugeständnisse bereit erklärt. Sie habe z. B in der Frage der Befestigung der Alands- 2 nseln, die Finnland besonders am Herzen liege, ihre grundsätzliche ablehnende Stellungnahme zurückgenominen.für den Fall, daß Finnland selbst die Befestigung durchführe und kein dritter Staat daran teilnehme, sofern auch die Sowjetunion nicht beteiligt sei. Weiter habe die Sowjetregierung eine Aufhebung ihrer Grenzbefestigungen in Aussicht gestellt, eine Reihe striktester Garantien für die exakte Durchführung ihrer Vorschläge sowie die Herstellung von für beide Seiten vorteilhaften wirtschaftlichen Beziehungen.
„Wir können nicht annehmen, daß Finnland sich weigern wird, unsere Vorschläge anzunehmen", so sagte der Außenkommissar. Er befürchte, daß eineAblehnungder sowejtrussischen Pläne für Finnland mit ernsthaften Nachteilen verbunden sein könne, und hoffe nur, daß die finnischen regierenden Kreise sich nicht dazu entschlössen und sich durch gewisse „äußere Einflüsse" gegen die Sowjetunion aufstacheln ließen. Bei einigem guten Willen kberde es Finnland' nicht schwerfallen, den minimalen sowjetrussischen Wünschen entgegen- zukommen, deren Verwirklichung eine dauernde Basis für freundschaftliche politische und wirtschaftliche Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Finnland verspricht.
2m Zusammenhang mit der finnischen Frage habe, wie Molotow weiter ausführte, der Präsident der Vereinigten Staaten, Herr Roosevelt, es für nötig erachtet, sich in die Fragen der sowjetisch-finnischen Beziehungen einzumischen. Roosevelt habe am 21. Oktober ein Telegramm an den Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets, Kalinin, gerichtet, worin er seine Wünsche für die „Unabhängigkeit" Finnlands bekundet habe. 2n Moskau hat, wie Molotow ironisch bemerkte, die Botschaft Roosevelts um so größeres Befremden, erregt, als der amerikanische Präsident offenbar über seinen Sorgen um die „Unabhängigkeit" Finnlands ihm näherliegende Fragen wie die „Unabhängigkeit" Eubas oder der Philippinen vergessen habe!
Trotzdem habe Herr Kalnin Herrn Roosevelt geantwortet, die
Mailand, 1. Nov. Die außenpolitische Rede Molotows findet in der oberitalienischen Presse ein starkes Echo. Man hebt die heftige Polemik des russischen Außenministers gegen den ideologischen Krieg durch die demokratischen Staaten hervor und unterstreicht Molotows eindeutige Feststellungen, daß Frankreich und England die Verantwortung für den Krieg tragen. „Popolo d'2talia" stellt fest, daß Molotow den von den Demokratien gewollten Krieg als verrückt und verbrecherisch bezeichnet« und zitiert die Stelle der Rede, in der Molotow erklärte, die Regierungen von England und Frankreich wollten den Krieg nicht beenden, sondern suchten neue Vorwände, um den Konflikt gegen Deutschland weiter zu betreiben. Der „Lorriere della Sera" unterstreicht, daß auch Rußland eine starkes Deutschland für notwendig halte.
Bern, 1. Nov. Die Molotow-Rede wird von den schweizerischen Blättern sehr ausführlich wiedergegeben. Die Ueberzeugung ist jetzt allgemein, daß die deutsch-russische Zusammenarbeit ein ausschlaggebender Faktor der europäischen Politik ist. Die völlige Aenderung, die innerhalb weniger Monate in den Beziehungen zwischen Berlin und Moskau eingetreten ist, bestärkt diejenigen Kreise in ihrer Haltung, die für die Schweiz schon immer eine Beteiligung an den westlichen Propagandafeldzügen, abgelehnt haben.
Brüssel, 1. Nov. „Libre Velgique" überschreibt ihre Meldung mit der Balkenüberschrift: „Molotow klagt England als den Angreifer an". 2n der „Nation Velge" heißt es, „Molotow wirst Frankreich und England vor, den Frieden zu verwerfen. Er erklärte, daß es verbrecherisch sei, den Krieg fortzusetzen." Die „Gazette" schreibt: „Molotow beschuldigt Frankreich und England, einen unsinnigen und verbrecherischen Krieg zu führen."
Oslo, 1. Nov. Die Rede Molotows beherrscht das Bild der norwegischen Presse. Neben der Bekanntgabe der russischen Forderungen an Finnland und der dadurch, wie es heißt, neue« Situation, werden vor allem Molotows vorbehaltloses Eintreten für Deutschland und seine Anprangerung des ungerechtfertigten Krieges der Westmächte sowie ihrer imperialistischen Kriegsziele besonders bervoraeboben So kckireibt Rolioo-n"-
Der Bericht des OKW.
Oertliche Artillerie- »nd Spähtrupp-Tätigkeit im Westen
Berlin, 1. Nov. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: !
2m Westen örtliche Artillerie- nnd Spähtrupp-Tätigkeit sowie einzelne Stoßtrupp-Unternehmen.
Die Zahl der am 30. Oktober an der Westfront und über der Nordsee abgeschossene« Flugzeuge hat sich aus sechs- darunter vier britische, erhöht. -
Fünf Handelsschiffe versenkt
Convoy schützt nicht vor dentschen ll-Booten
Oslo» 1. Nov. Die Mannschaft eines schwedischen Schiffes, das in Oslo eintraf, berichtet laut „Tidens Tegn", daß sie im Atlantischen Ozean in der Nacht zum 20. Oktober 61 Mann des englischen Schiffes „Clan Lhisholm" gerettet hat. Die Geretteten erzählten, daß ihr Schiff zu einem von Gibraltar abgegangenen, aus 24 Fahrzeugen bestehende« Couooy gehörte, der am 14. Oktober unter Begleitnng englischer Kriegsschiffe nach England abging. Dieser Convoy sei von drei deutsche« U-Booten angegriffen worden. Die Gerettete« erklärten, mit eigenen Augen gesehen zu habe«, daß hierbei mindestens fünf Handelsschiffe versenkt wurden, drei englische und zwei französische Ein Teil der Mannschaft des „Clan Lhisholm" ist von den schwedischen Schissen in England an Land gesetzt worden.
Sowjets könnten erwidern, daß gerade die Sowjetunion die Unabhängigkeit Finnlands zur Grundlage ihrer Beziehungen zu diesem ihrem Nachbarstaat gemacht habe, und daß nichts anderes als die Festigung der Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten zur Sicherheit der Sowjetunion und Finnlands den Gegenstand der gegenwärtigen Verhandlungen bilde.
Die Beziehungen zur Türkei
2m Anschluß daran sprach Molotow über die gegenwärtigen Beziehungen der Sowjetunion zur Türkei. Die ursprüngliche Absicht der Sowjetunion in den letzten Verhandlungen mit der Türkei habe darin bestanden, einen auf das Schwarze Meer und auf die Meerengen begrenzten Beistandspakt mit der Türkei abzuschließen. Da die Sowjetunion, entsprechend ihrer Freundschaftspolitik gegenüber dem Deutschen Reich, in keinem Falle auch nur die Möglichkeit eines Konfliktes zulassen wollte, habe sie der Türkei vorgeschlagen, die Meerengen für die Kriegsschiffe aller Staaten, mit Ausnahme der Userstaaten des Schwarzen Meeres, zu sperren. Die Türkei Hab« jedoch, angeblich auf Grund ihrer bereits gegenüber den Westmächten übernommenen Verpflichtungen, diese Vorschläge ab- gelehnt. Dennoch habe der Meinungsaustausch mit der Türkei viel beiaetraaen zur Klärung der beiderseitigen politischen Stand- (Fortsetzung siehe Seite 2)
j wünschenswerten Deutlichkeit legte Molotow dar, daß einer engen Zusammenaubeit zwischen Rußland und Deutschland nichts im Wege stehe. Er machte sich völlig zum Fürsprecher des deutschen Standpunktes in der Auffassung der europäischen Lage und wies die Sinnlosigkeit der Fortsetzung des Krieges durch die Westmächte für eine Wiederaufrichtung Polens nach.
Stockholm, 1. Nov. Das Bild der Stockholmer Presse ist völlig von der Rede des russischen Außenkommissars Molotow beherrscht. Die Zeitungen heben naturgemäß in erster Linie die Ausführungen Molotows mit Finnland hervor, sowie die Versicherung des Außenministers, daß Rußland nicht die Absicht habe, einen Druck auf Schweden und Norwegen auszuüben. Daneben finden die unzweideutigen Feststellungen des russischen Außenministers über die Kriegspolitik der Westmächte und die Kritik an der Haltung des amerikanischen Präsidenten besonders starke Beachtung. „Folkets Dagblad" betont, daß Molotow die Westmächte als Angreifer gebrandmarkt habe und daß nach russischer Ansicht Deutschland als ein Eckstein des Friedens stark sein müsse.
Amsterdam, 1. Nov. Die Molotow-Rede steht im Vordergrund des 2nteresses der holländischen Presse. Die Stellen der Rede werden besonders hervorgehoben, in denen Außenkommissar Molotow über das gute deutsch-russische Verhältnis spricht und die Haltung Englands und Frankreichs geißelt. 2nsbesondere der Absatz, in dem es heißt, daß England und Frankreich die Angreifer sind, da Deutschland einen aufrichtigen Friedenswillen zu erkenne gegeben habe, wird herausgestellt. Ferner wird betont, daß nach den Worten Molotows die Beziehungen der Sowjetunion zu Deutschland auf einer völlig neuen Grundlage aufgebaut worden seien, daß die Sowjetunion gegen die Verewigung des Systems von Versailles sei, und daß sie ferner ein starkes Deutschland als notwendige Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden in Europa ansehe.
Belgrad, 1. Nov. Die Rede Molotows wird von „Politika" und „Vreme" ausführlich veröffentlicht. „Vreme" kennzeichnet den 2nhalt der Rede durch die Schlagzeile „Molotow beschuldigt England und Frankreich, den Krieg verlängert zu haben".
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