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Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
Dienstag, den 2t. Oktober 1839
meint der" Oberleutnant zu meiner Rechten. Inzwischen haben wir uns aber vor allem mit schneidigen Stoßtrupp- unternehmungen Respekt verschafft. Nun ist's wieder ruhiger geworden, hin und wieder bellt mal die Ari, aber im allgemeinen scheint man drüben keine große Lust zum Kämpfen zu haben." Verständlich!
Seit Wochen liegen unsere Gefechtsvorposten in diesem Ort. der Feind nahm von der jenseitigen Höhe, die auf französischem Boden liegt, die Straße unter Feuer, schoß auf jeden einzelnen Mann. Was machten unsere Landser? Sie erfanden eine „Tarnkappe", sie bauten einen Weg, der durch einen weißen Bindfaden gekennzeichnet und sicherlich der eigenartigste Weg ist, den die ganze Westfront besitzt. Man kann ihn in finstersten Nächten finden, braucht nur am Faden entlangzutasten und, ohne vom Feinde eingesehen zu werden, erreicht man den Eefechtsftand am jenseitigen Ausgang des Ortes.
Am Faden durch das Labyrinth
In einem Keller beginnt er. Ein großes Loch in der Wand führt nach draußen, hart an der Hinterwand des Hauses vorbei, eine Scheune nimmt uns auf, dan geht's wieder im Zick-Zack-Kurs durch einen niedrigen Stall hinein in des Kellers unterirdische Gewölbe, immer weiter, durch einen unheimlich schwarzen Gang, in dem die Hand tastend den weißen Faden sucht. Nun quetschen wir uns wieder bei Tageslicht durch einen kaum 50 Zentimeter breiten, aber über 30 Meter langen Hohlpfad, huschen durch Keller und Gewölbe und erreichen nach abenteuerlicher Irrfahrt endlich den Gefechtsunterstand, in dem nur zwei Petroleumlampen ein karges Licht spenden. Jetzt können wir aber dem Feind ins Nest schauen, und haben das Bewußtsein, daß der von unserem Kommen keine Ahnung hat. Aber wenn er sich mal die Fenster der ersten Häuser näher anschauen würde — die Sandsäcke und die schwarzen Mündungsrohre —. dann würde ihm vielleicht eine furchtbare Ahnung kommen.
„In rabenschwarzen Nächten, wie jetzt, wagt er sich doch bis in unser Dorf", erzählt uns der Feldwebel eines Stoßtrupps, „und so müssen wir besonders des Nachts auf Draht sein, denn ^!00 Meter sind schnell zurückgelegt." Um an einen deutschen Gefechtsunterstand heranzukommen, muß der Feind jedoch nicht nur über tüchtige Kerle, sondern auch über allerlei Dusel verfügen. 400 Meter sind wohl kurz, können aber für den Gegner tausenderlei unangenehme Ueberraschungen bergen. Und sie bergen solche Ueber- raschungen!
Der Poilu will nicht . . .
Da liegt nun das Land! Friedlich und still! 20 Meter vor uns flattern ein paar Hühner — französische Hühner, die von drüben überliefen, und von denen unter Landsern behauptet wird, daß sie schon türmen, wenn sie eine Feldmütze sehen (auch verständlich!): 50 Meter vor uns Trichter
neben Trichter, Granatlöcher, Zeichen des Krieges; wieder 50 Meter weiter die Leiche einer im Minenfeld krepierten Kuh . . . und wieder 100 Meter weiter, in dem Kugelbaum, der feindliche Baumbeobachter. Er wird uns in dieses ^Ltinute bestimmt sehen . . . warum er nicht schießt? Nun, wir ahnen es: er ist ein Mann aus seinem Volke, und im . Grunde haßt er jene internationalen Kriegshetzer genau l so wie wir . . . der Poilu will nicht für Englands Eeldfack verbluten . . .
Gevichtssaa»
Zuchthaus und Sicherungsverwahrung für einen Heiratsschwindler
i Freiburg, 22. Okt. Mit seinen 31 Jahren ist der aus Freiburg l stammende Ernst Lederle vor Gericht kein unbeschriebenes Blatt mehr. Sein Strafregister weist zwölf Vorstrafen auf. Nunmehr hatte sich Lederle wiederum wegen einer Anzahl Darlehensund Heiratsschwindeleien vor der Freiburger Strafkammer zf. verantworten. Mit Hilfe falscher Namen und eigenmächtig gugelegter Berufsbezeichnungen wandte er sich an heiratswillige Frauen, die immer wieder auf die Hochstapelei des Angeklagten hereinfielen und ohne Bedenken ihre Spargroschen dem Schwindler gaben. In Bad Dürrheim hatte sich Lederle mehrere Wochen als Darlehensschwindler betätigt. Das Urteil lautete wegen Rückfallsbetrugs in 18 Fällen auf sechs Jahre Zuchthaus und 1800 NM. Geldstrafe. Da es sich bei Lederle um einen Gewohnheitsverbrecher handelt, ordnete das Gericht die Sicherungsverwahrung an.
Sie wollte sich und ihr Kind vergiften Karlsruhe, 22. Okt. Wegen versuchten Totschlags verurteilte die 2. Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe die 44 Jahre alte Ehefrau Frieda Jost geb. Wanz aus Wilserdingen zu fünf Monaten Gefängnis, abzüglich zwei Monate Untersuchungshaft. Die Angeklagte hatte am 30. Juni in ihrer Wohnung in Karlsruhe nach einem häuslichen Streit mit ihrem Manne in ihrer Wohnung in Karlsruhe nach einem häuslichen Streit mit ihrem Manne in ihrer Wohnung sich mit ihrer achtjährigen Tochter Alma in der Küche eingeschlossen, den Gashahn geöffnet, um mit der Tochter zusammen aus dem Leben zu scheiden. Als ihr Sohn Franz nach Hause kam, hat sie auf dessen Aufforderung die Türe geöffnet. Dieser hat dann seine Schwester Alma, die nicht mehr laufen konnte, aus der Küche herausgetragen. Nur durch seine Hilfe konnte das Kind am Leben erhalten werden. Die Angeklagte gab die Tat zu. Sie hatte sich berechtigte Vorwürfe ihres Mannes so zu Herzen genommen, daß sie sich zu der Verzweiflungstat entschloß. Das Gericht billigte der Angeklagten weitgehend Milderungsgründe zu.
Er konnte das Stehlen nicht lasten Karlsruhe, 22. Okt. Wegen fortgesetzten erschwerten Diebstahls verurteilte die 2. Strafkammer den 49 Jahre alten ledigen
MW
Englische Hellseher
Der nebenstehend abgebildete Lastwaaen trägt die Aufschrift:
. Dos ist für Dich, Adolf!" So ist es richtig! Das Hanen schon die Polen auf ihre Täcks und Kanonen gesch i den, die dann später auch wohlbehalten ihren Adressaten erreichten — aber als willkommene Kriegsbeute einer, geschlagenen Armee.
lPresse-Hoffmann, Zand.-M.-K.)
Urheberrechtsschutz durch VerlagSanstalt Manz, München
54 Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Der versteckte sein gelehrtes Mannstum gar oft hinter der Maske der Drolligkeit; er stellte sich ungeschickter, als er in Wirklichkeit war. Sie hatte ihm einmal heimlich in Sonnberg zugeschaut, wie er neben dein Stall Kieferscheiter erst sägte und dann auf dem Klotz in Späne spaltete. Er tat dies aus freien Stücken als eine Art Sport, der Nutzen brachte.
Ein Doktor der Philosophie, der reich war, in einer Bauernwirtschaft Holz kleinmachen! Ein Philister hätte ihn ausgelacht! Und wie dieser feine Herr die harte Arbeit ausgezeichnet verstand!
Dr. Schubert fühlte dieses Lächerliche seines Tuns... in den flachen Köpfen anderer.
Und als damals Magda herankam und anerkennende Worte gesprochen Hatte, da stellte er sich linkisch, weil erste damals noch zu gering eiugeschätzt hatte.
Am Kirchweihsonntag Chatte er Teller gespült: ja, aber er hatte Etagen gebaut mit Wasserkaskaden; und hatte den iettigen Rest der Brathühner mit der sauberen Holzasche überstreut. Er handelte also genau nach den Gesetzen der Chemie und der Physik und wäre wahrscheinlich, nein sicher, imstande, für eine Niesenküche einen sinnreichen Apparat aufzubauen, der das Spülen um die Hälfte erleichterte und hygienischer machte.
Sie hätte sich ihm nicht kameradschaftlich angeschlossen, wenn sie nicht deutlich empfunden hätte, daß in diesem Manne die Vernunft Herrscherin war, die zeitweilig mit feiner dichterischen Phantasie im Streite lag.
Die Vernunft, die große Leidenschaften dämpft.
Die aber nur dann Großes baut, wenn sie in den Dienst einer reinen Leidenschaft tritt.
Dieser Dr. Schubert war reines Gold; aber an der Legierung, die es für den Gebrauch bedurfte, da fehlte es.-
42.
Verlobung.
„Fritzl! Ich habe etwas ganz Ernstes mit dir zu reden!" begann Magda.
„Leg los!"
„Ich muß aber bei dieser ganz ernsthaften Unterhaltung ,Sie' zu dir sagen dürfen, nicht wahr?" Magda ärgerte sich selber; dieser Ton Paßte jetzt nicht in das Trauerhaus.
„Also, Dr. Schubert, es sind da verschiedene Gründe... fragen Sie nicht darnach!... wenn ich nun doch Ihre Frau würde?"
Dr. Schubert saß mit übereinandergeschlagenen Beinen in dem Sessel hineingeräkelt. Er schlug nun auch die Arme übereinander.
„Bitte, weiter!"
„Ich würde mich bemühen, Ihnen eine gute Frau zu sein. Aber... was sehen Sie mich so verzweifelt an? Erschrecke ich Sie?"
„Durchaus nicht! Weiter! Ich glaube nicht verzweifelt, sondern nur überrascht auszusehen."
„Und sonst wissen Sie nichts zu antworten?" Ihr sank der Mut, weiterzusprechen.
„Doch!"
„Und was?" .
Dr. Schubert setzte sich jetzt ganz korrekt hin. „Sie sind", begann er, „in einer seelischen Bedrängnis. Ich kann mir den und jenen Gedanken machen... es reimt sich nicht alles in meinem Geiste zusammen... weil ich nicht Detektiv spielen will..."
„Du bist schrecklich!"
Friedrich Wilhelm Ernst aus Baden-Baden zu vierzehn Monaten Gefängnis. Der Angeklagte hatte in dreizehn Fällen in Baden-Baden ini Juni und Juli ans Kraftwagen PhotoapMc- rate, Werkzeuge, Kleidungsstück.' und Gebrauchsgegenstünde rin Wert von mehreren hundert Mark entwendet und die Sachen zu Schleuderpreisen versilbert.,
Vmrtes Allerlei
s Wie England Steuer eintrieb
Während des englisch-französischen Krieges am Ende des ^ 17. Jahrhunderts griff die britische Regierung zu einer Steuermethode, die in der ganzen Geschichte des Abendlandes einzigartig dastehen dürfte. Im Jahre 1694, als der englische Staatsschatz dringend Geld benötigte, wurde eine Steuer ausgeschrieben, die das Ableben jedes englischen Bürgers mit einer Abgabe belastete. Wer starb, mußte bezahlen, oder richtiger, die Verwandten des Toten hatten die Sterbesteuer aufzubringen. Vier Shillinge waren das Minimum, mit dem der Tod eines Armen bewertet wurde, während ein Herzog oder eine Herzogin gegen die Zahlung einer Gebühr von 50 Pfund glorreich zu ihren Ahnen eingehen durften. Aehnlich hielt man es mit den Geburten. Für jedes Kind, das das Licht der Welt erblickte, mußte eine Gebühr entrichtet werden. Das Kind eines armen Mannes wurde mit zwei Shilling besteuert, während ein Herzog für jeden Familiennachwuchs 25 Pfund zu bezahlen hatte.
„Toter" meldet sich wieder
Ein Gericht in Ppern, Belgien, schrieb vor kurzem an den Maurer Leon Allaert in Oostcamp einen Brief, um ihn zu einer Verhandlung vorzuladen. Der Bürgermeister von Oost- camp teilte dem Gericht mit, daß der Adressat seit 21 Jahren verstorben sei. Leon Allaert war im Jahre 1914 schwerkrank in ein Krankenhaus in Bruges gebracht worden. Er war schon genesen, da mußte er sein Bett räumen, das für einen Schwerkranken gebraucht wurde. Seine Personalien, die über dem Bett angebracht waren, wurden versehentlich nicht entfernt. Der Schwerkranke starb, und so kam es, daß dem zuständigen Standesamt das Ableben von Lson Allaert mitgeteilt wurde. In Wirklichkeit aber begab sich der angeblich Verstorbene nach seiner Gesundung wieder an die Arbeit. Im Ort Oostcamp hielten ihn alle Einwohner für gestorben. Die standesamtliche Eintragung, die vor 21 Jahren gemacht wurde, soll jetzt korrigiert werden, da der „Tote" selbstverständlich gegen sein Ableben schärfsten Protest eingelegt hat.
Eine kuriose Wette
Im Jahre 1518 wettete ein Königsberger Bürger, namens Rumelau, er wolle von Königsberg nach Danzig in einer kupfernen Bratpfanne übers Haff und die Weichsel fahren. Da s man dies für unmöglich hielt, so wettete man um eine hohe ! Summe Geldes. Rumelau ließ sich durch nichts anfechten, bestieg am 15. August seine Bratpfanne und gelangte so glücklich nach Danzig, wo er — wie der Bericht sagt — mit Musik empfangen , wurde.
! Anekdoten
s - Erueräle und Hunds ^
s Der Große Kurfürst war immer in Begleitung seiner mach- i Ligen deutschen Dogge zu sehen, die fast alle Feldzüge ihres ! Herrn mitgemacht hatte. Als in der Schlacht bei Fehrbellin der § Hund eine verloren gegangene Regimentsfahne zurückbrachte, i wurde er für diese Tat auf dem Schlachtfeld ausgezeichnet.
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i Der große Kriegswissenschastler und Schüler Scharnhorsts,
: Elausewitz, hielt einst in Berlin eine Vorlesung über deutsche i Kriegführung. Plötzlich gewahrte er, daß sich im Zuhörerraum s zwischen den Offizieren ein Hund befand, der sich durchaus nicht s wohlerzogen und gesittet benahm. Da eilte Elausewitz zur Tür,
- packte den Vierbeinigen am Halsband und beförderte ihn mit i folgenden Worten auf den Korridor: „So wie diesem hier, j meine Kameraden, wird es jedem ergehen, der ungerusen in ! das deutsche Heer einzudringen wagt!"
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i Als der Generalfeldmarschall Moltke eines Nachts im Biwak ' bei einem Lichte arbeitete, warf sein kleiner Hund das Licht ! um, so daß der Gefechtsplan, an dem Moltke arbeitete, Feuer ! fing und verbrannte. Moltke sprach: „Du würdest nicht so mun- ! ter springen, begriffst du das Unglück!" Dann nahm er einen neuen Vogen und machte sich wieder an die Arbeit.
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„Aber ich glaube", fuhr Dr. Schubert fort, „wenn eine Magda Feldncr einem Manne sagt, sie würde ihn heiraten, daß sie daun zu ihrem Worte stünde wie ein Fels. Der Grund hierfür muß keineswegs leidenschaftliche Liebe sein, aber er ist unzweifelhaft ehrenhaft. Und es wird die Pflicht dieses Mannes sein, sich dieses riesigen Vertrauens würdig zu zeigen. Magda, wenn Sie Ihr Leben in meine Hände legen wollten.. . und Sie sagen es ja so klar und unmißverständlich ... lachen Sie mich, um Gotteswillen nicht aus! Ich liebe Sie doch und könnt doch gar nicht Nein sagen!"
Magda reichte ihm die Hand.
Er nahm sie und streichelte sie weich. „Magda, Sie werden meine Frau und es wird eine geraume Zeit währen, bis Sie mich wirklich lieben. Sie haben mich bisher nur recht gern! Vielleicht der beste Anfang."
„Jetzt philosophieren Sie wieder!"
„Magda, ich Hab in Wien, im Cottage-Viertel, eine Villa. Ich habe nun einmal das Unglück, nicht arbeiten zu müssen, sondern nur arbeiten zu wollen! Du bekommst die Hälfte von diesem Hans. Und ich werde warten, bis du die Grenze aufhebst. Wenn es nämlich nicht gar zu lang dauert! Denn sonst könnt ich in deiner Hälfte Hausfriedensbruch begehen. Und wenn es schon so kommen soll, dann schnell! Ich kann nur noch bis zum Ende der Woche hierbleiben. Dann muß ich zu einem Kongreß nach Paris. Nur etwa auf eine Woche wieder. Wir werden- also jetzt auf den Balkon des .Schwarzen Adlers? treten und uns als verlobtes Paar den erstaunten Insulanern zeigen!"
„Nein! Das werden wir lassen, Doktor, aber mit Papa könnten Sie sprechen!"
Sie stand auf und er auch.
„Die Zustimmung deines Vaters trage ich bereits in der Tasche", sagte jetzt Dr. Schubert, „jetzt an das Reale zu denken und darnach zu handeln, ist wichtiger."
- (Fortsetzung folgt.).