6. Seite - Nr. 221
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafters
Montag, de« 25. September 1339
Das SMaiesgrab
Fürsorge der Wehrmacht für die Ruhestätte ihrer gefallenen Helden
NSK. Deutschland steht im Kampf um Lcbmsraum und Lebensrecht, der ihm vom Neid und Haß der Gegner aufgezwungen wurde. Nach den Worten des Führers hat das deutsche Volk als verschworene Gemeinschaft Ziesen Kampf ausgenommen; nur so ist es unüberwindlich. An der äußeren Front gegen den Feind, an der inneren Front des Arbeitseinsatzes in Stadt und Land — überall steht die verschworene Gemeinschaft in geschloffenem Einsatz bis zum Sieg. Aus dem Dröhnen der Hämmer, aus dem Summen der Dreschmaschinen, aus dem Knattern der Gewehrs und Krachen der Geschütze formt sich die große Schicksalssmn- phonie unseres Volkes, immer stärker und mächtiger anschwellend zu einem gewaltigen Chor der Zuversicht und Siegesgewißheit.
Auch die ernsten Klänge fehlen nicht in diesem Thor: die Stimmen des Opfers, das jeder Kampf nun einmal fordert. Da sind die kleinen Opfer der Einschränkung auf diesem oder jenem Gebiet, die größeren des Einsatzes der ganzen Existenz und die größten: die Hingabe des Lebens im Dienst des Volkes. Alle diese Opfer aber werden für die Gemeinschaft und von der Gemeinschaft gebracht. Am stärksten und deutlichsten kommt das gerade bei dem größten Opfer zum Ausdruck: wer draußen vor dem Feind sein Leben läßt, fällt für die Gemeinschaft. Und er fällt inmitten der nm engsten und festesten verschworenen Gemeinschaft: der wafsentragenden Mannschaft der Nation. Kameraden fochten Schulter an Schulter an seiner Seite, Kameraden betteten ihn zur letzten Ruhe, Kameraden liegen neben ihm im Soldatengrab — wahrlich eine verschworene Gemeinschaft im Leben und im Tod.
Dieses Band soll durch Ueberführung einzelner Gefallener in die Heimat nicht zerrissen werden. Dort, wo das deutsche Heer gesuchten und gesiegt hat, dort sollen auch die Gräber der Gefallenen liegen als unvergängliche Zeugen für die Kraft und Stärke deutschen Soldatentums in der Abwehr feindlicher Angriffe auf deutsches Land. Rings um die Grenzen des Reiches liegen wie ein Wall die Gräber der Weltkxiegskämpfer, die den Boden des Reiches schützten. Ihnen reihen sich würdig die Gräber dieses Feldzuges an; vor diesem Eemeinschaftsgedanken müssen alle Eigenwünsche verstummen.
Jeder aber, der eine« lieben Angehörigen auf dem Felde der Ehre verloren hat, soll die Gewißheit hüben: das Groß- deutsche Reich wird die für die Ehre und Freiheit des deutschen Volkes Gefallenen niemals vergessen. Insbesondere sieht es die deutsche Wehrmacht als eine selbstverständliche Ehrenpflicht an, für ihre gefallenen Kameraden zu sorgen. Das Oberkommando der Wehrmacht hat die Kriegergräberfürsorge bereits ausgenommen und in. enger Verbindung mit dem Volksbund Deutsche Kriegergräberfürsorge eine geeignete Organisation geschaffen, die sich sofort aller Gräber annehmen und dafür Sorge tragen wird, daß so bald als möglich in den Kampfgebieten würdige Ehrenstätteu errichtet werden. Das deutsche Volk kann die Gewißheit haben, daß kein einziges seiner Soldatengräber vergessen wird und daß die Ehrenstätten aller unserer Gefallenen würdig ausgestaltet werden: als zeitenüberdauernde Zeugen deutscher Kraft und Opferbereitfchaft.
Die deutsches Baser« i« Salizies
Aus Schwaben, Hessen und der Pfalz eingewandert
NSK. Von dem mittelalterlichen Deutschtums Galiziens ist nur wenig übrig geblieben. Der verdienstvolle Erforscher der gewaltigen Aufbauleistung des Deutschtums inner- balb der Staatsgrenzen dessen, was seit 1919 Polen genannt wurde, Dr. Lück, hat festgestellt, wie weit Gebiete auch im westlichen Galizien einstens deutsch waren. Daß Krakau und Lemberg in den Jahren 1277 dezw. 1352 mit Magdeburgischem Stadtrecht begabt wurden und einstens deutsche Bürgerstädte waren, ist bekannt. Neben ihnen gab es noch zahlreiche kleine deutsche Städte in Galizien, deren Deutschtum im Laufs der Jahrhunderte aber langsam verschwand.
Die 60 000 Deutschen, die heute in Galizien wohnen, sind ! Nachkommen jener Kolonisten, die zur Zeit Kaiser Jo- ! sephs kl. hauptsächlich in Ostgalizien, und zwar um Sam- l bor, Lemberg, Stryj, Stanislau und Kolonie« angestedelt
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31. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Ich denk mir: vorerst nach Sonnberg!" sagte Ulrike.
„Ich auch! Wann?"
„In einer guten Stunde."
„Herrlich! Ich auch! Und ich begleite Sie, Ulrike!"
Rittmeister v. Braun trug eine enge Reiterjacke. In einer Seitentasche steckte das Wochenblatt. Den runden Halbzylinder schob er sich jetzt in das Genick.
Auf dem Hauptplatz begann jetzt die erste der eingerückten Dorfkapellen ihren Marsch zu intonieren und Herr v. Braun versuchte, damit Schritt zu halten.
Dann hielt er stramm vor dem runden Tisch, schob den Hut von rückwärts herunter, machte seine Verbeugung, näherte sich Melitten, küßte ihr die Hand und hauchte: „Guten Abend, Gnädigste, mein Kompliment! Sie sehen entzückender aus als je. Sie übertreiben Ihre Schönheit!"
Dann trat der Rittmeister vor Magda hin.
„Sie sehen blaß aus, Teuerste, als ob Sie ins Kloster gechen wollten. Uout lasse, rour casse, Wut passe! Ich habe den Vorzug, Ihnen meine Verehrung zu Füßen zu legen."
Und zum Adlerwirt: „Guten Abend, Herr Feldner! Und zu Dr. Schubert: „Doktor, es ist mir eine Augenweide, Sie wieder zu sehen!" Und zu Ferdinand: „Geliebter Freund! Kopf hoch! Es kommt immer anders, Gott sei Dank!"
„Darf ich Sie zu einer Tasse Tee bitten?" fragte Frau Melitta.
„Bitten, bitten! Einen Mann bittet eine schöne Frau nicht! Sie befehlen, daß ich eine Tasse trinke und der Sklave gehorcht."
m. Sw stammen aus der Pfalz, dem Schwabenlande und aus Hessen. Auch einige Egerländer und Zipfer kamen dazu. Weit verstreut über das ganze Land wurden die Dörfer angelegt. Der Regierung-kam es darauf an, die tüchtigen deutschen Bauern den Be- wohnernzum Vorbild zu setzen, um sie zur deutschen Wirtschaftsweise anzuspornen und höhere Steuern aus dem Lande zu erhalten. Völkische Ziele verfolgte Joseph II. mit seiner Kolonisation nicht, sondern lediglich fiskalische. Hütte er das Deutschtum fördern wollen, so wäre es ihm leicht gewesen, einige große Güter zu parzellieren und auf ihnen geschlossen deutsche Siedlungsgebiete zu schaffen. Auch die erzieherische Ileberlegung war falsch. Es entstanden zwar überall deutsche Dörfer, aber jedes auf sich gestellt mußte einzeln den Kampf mit der Umwelt aufnehmen, denn nach dem Tode Josephs II. interessierte man sich in Wien nicht mehr für diese Gründungen. Die Slawen lernren kaum etwas von den Deutschen, denn sie verstanden den tieferen Sinn deutscher.Arbeit nicht, ja sie hatten auch gar keinen Trieb dazu, mehr zu arbeiten, denn das Mehreinkommen ging ja doch nur in die Taschen der Barone und Juden.
Daß das von der Regierung im Stich gelassene, völlig von ukrainischer Bevölkerung umgebene Streudsutschtum völkisch und wirtschaftlich gut vorwärts gekommen ist, wenn es auch meistens auf drittklassigen Böden angestedelt wurde, ist nur auf die außerordentliche Zähigkeit des slldwestdeut- schen Siedlerstammes zurückzuführen.
Insgesamt wurden 184 Dörfer mit 20 000 Eiedlerstellen begründet; später kamen noch 21 Gemeinden hinzu. Es wurde kein einziger Siedler auf bereits bewohntem Lande angesiedelt, sondern es wurde lediglich Unland verliehen, so daß die Einwanderer also unbedingte Kolonisten waren. Sie haben niemanden von ihrem Grund vertrieben, was so gerne behauptet wird.
Als nach 1866 Galizien aus der österreichisch-deutschen Verwaltung in die polnische Landesoerwaltung überging, wurden die katholischen Schulen sofort polonisiert, während die Protestanten ihre Schulen deutsch erhielten. Wirtschaftlich kamen die Dörfer ganz gut voran. 1907 entstand zur Abwehr gegen die leider auch deutsch sprechenden Juden der „Bund der christlichen Deutschen", der auch die Gegensätze zwischen katholisch und evangelisch überbrückte und als völkischer Schutzverein sehr gut arbeitete. Er besaß eine eigene Zeitung und gründete mit Hilfe des Wiener Schulvererus ljetzt VDA.) zahlreiche Schulen. 1919 wurde das Genossenschaftswesen begründet, das seine eigene Zentrale in Lemberg hatte, wo auch höhere deutsche Schulen wirkten. Der Weltkrieg zerschlug sämtliche Dörfer und den ganzen Wohlstand. Es gab nur noch Trümmer. Manche Siedlungen waren völlig dem Erdboden gleichgemacht
Ohne Hilfe des Staates, eher noch gegen dessen Maßnahmen, bauten die Deutschen Galiziens wieder auf. Niemand stand ihnen anfänglich zur Seite. Sie hatten nur ihre fleißigen Hände und ihren unerschütterlichen Tatwillen. Selbst eine Volkshochschule haben sie sich geschaffen als Krönung ihres bäuerlichen Werkes.
So sind die Deutschen in Galizien wertvollster Bestandteil des Landes, das ihnen unendlich viel verdankt und in dem sie dennoch nicht die Entfaltung gefunden haben, die ihrem Können zukommt. Sie sind aber Zeugen deutscher Leistung im ehemaligen polnischen baal-mebiet und als solche vor allem Zeugen gegen die polnische Herrschaft der letzten zwanzig Jahre. F. H R.
Aus der Gauhauptstadt
Stuttgart, 22. Sept. Am Donnerstag fand unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Dr. Strölin eine Beratung mit de» Ratsherren statt. Zu Beginn der Sitzung gedachte der Oberbürgermeister des Führers und unserer tapferen Soldaten sowie all der Volksdeutschen in Polen, die ihren heldenhaften Einsatz für ihr Deutschtum mit dem Leben bezahlen mutzten. Die ersten Punkte der Tagesordnung betrafen die in den letzten Wochen eingetretenen Veränderungen des Aufgabenkreises der Stadtverwaltung. Der Oberbürgermeister gab einen Ueberblick über die neuen bedeutungsvollen Ausgaben der Stadtverwaltung auf dem Gebiete der Ordnung der Lebensmittelversorgung
der Bevölkern«« und .-- ---- mit Textilien,
Schuhwaren, Brenn- und Treibstoffen. Die Ausgabe der Lebensmittelkarten und der Bezugsscheine für Spinnstoffe und Schuhwaren geschieht in enger Zusammenarbeit mit der Partei. Um wer Bevölkerung die teilweise weiten Wege zu den bisherigen Bezugsscheinstellen zu ersparen und gleichzeitig die Anträge auf Bezugsscheine auf Grund örtlicher Kenntnisse der Verhältnisse in kleineren Bezirken eingehender prüfen zu können, sind nun in
..Ilen Ortsgruppenbezirken Zweigstellen für die Ausgabe von Bezugsscheinen für Spinnstoff und Schuhwaren eingerichtet worden. Die Sicherstellung des Fam i l i enwnterh a l ts für die Angehörigen unserer Soldaten stellt ebenfalls eine große zusätzliche Aufgabe der Stadtverwaltung dar. Zu ihrer Durchführung hat die Stadtverwaltung im ganzen Stuttgarter Gebiet 16 besondere Dienststellen eingerichtet. Dadurch wird eine rasche und zufriedenstellende Betreuung der Angehörigen der Einberufenen gewährleistet. Auf dem Gebiete der ! Jugendfürsorge handelt es sich jetzt besonders darum, den Betrieb der Krippen und Kindergärten dem durch die erweiterte Berufsarbeit der Frauen gesteigerten Bedürfnis anzupassen. Dies macht nicht nur eine Verlängerung der Betriebsdauer, sondern auch die Schaffung erweiterter Möglichkeiten für Pflege und Speisung der Kinder notwendig. Die entsprechenden Maßnahmen werden von der Stadtverwaltung in engster Zu- - sammenarbeit mit der NSV. und der NS.-Frauenschaft durch- geführt. Erfreulicherweise war es auch möglich, zur Entlastung der städtischen Kinderheime das Viktor-Köchl-Haus wieder als Kinderheim und Kinderheilstütte einzurichten. Die ärztliche Versorgung der Stuttgarter Bevölkerung wurde sichergestellt, insbesondere wurden auch auf dem Gebiete des Krankenhaüswesens i durch Einrichtung von Hilfskrankenhäusern alle erforderlichen ! Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.
Alle diese Veränderungen in dem Aufgabenkrets der Stadtverwaltung werden sich selbstverständlich auch auf die Gestaltung des Haushaltsplans auswirken. Dieser wird allerdings in erster Linie durch den Kriegsbeitrag beeinflußt, der nach der Kriegswirtschaftsverordnung vom 1. September 1939 von den Ländern, Gemeinden und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten ist. Der Beitrag wird nicht durch Stcuererhöhungen auf die Bevölkerung abgewälzt. Er muß vielmehr ausschließlich durch Beschränkung der Ausgaben eingespart werden. Es ist daher notwendig, daß eine Reihe an sich dringender, aber nicht unmittelbar kriegswichtiger Bauvorhaben auf dem Gebiete des Hoch- und Tiefbauwesens eingestellt oder zurllckgestellt werden muß.
Sehr eingehend befaßten sich sodann die Ratsherren mit verschiedenen Luftschutzfragen. Weitere Verhandlungsgegenstände betrafen Grundstücksangelegenheiten und eine Eemeindegrenze- änderung zwischen Stuttgart und Fellbach zur Erweiterung der Gartenstadt Luginsland. Zum Schluß wurde den Ratsherren über die Wiederaufnahme des Unterrichts an den Stuttgarter Schulen berichtet. Es ist zu hoffen, daß bis Anfang nächster Woche der größte Teil der Stuttgarter Schulkinder wenigstens einige Stunden am Tag die Schule besuchen kann.
Aumo»!
Durch Ohrfeigen reich geworden
Der rumänische Zirkusclown Tandeanu, der kürzlich in den Ruhestand trat, rühmt sich, dadurch ein großes Vermögen erworben zu haben, daß er sich ohrfeigen ließ. Nach seinen Berechnungen hat er während seiner Laufbahn 130 600 Ohrfeigen ?in- ! Lecken müssen. Sie brachten ihm ein Honorar von einer viertel I Million Schweizer Franken. Bei jedem Vertrag, den er mit einem Z'.rkusdirektor absthwß, ließ er genau die Honorare für einzelne Backpfeifen je nach ihrer Schwere festsetzen. Er lehnte es dabei ab, nur zum Schein aeohrfeigt zu werden und behauptet, keinen der U m zugedachten Schläge durch feiges Ausweichen pariert zu habe«.
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Die kleine Inge ist bei der Tante zu Besuch. Dort gibt es Kaffee und Kuchen. Von diesen kann Inge nicht genug bekommen. Meint die Tante mahnend: „Inge, wenn es einem am besten schmeckt, soll man aufhören!" Erwidert Inge: „Aber Tantchen, es schmeckt mir ja noch nicht am besten, es schmeckt ! mir erst gut!"
Heidebrink ist jung verheiratet. Er trifft feinen Freund l Waldmüller aus der Straße.
, „Gratuliere, alter Bursche", sagt Waldmüller, „ich habe ge- , hört, daß deine Frau aus einer sehr feinen alten Familie ge- ! kommen ist!"
i „Gekommen ist?" stöhnt Heidebrink, „sie hat sie mitgebracht!"
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§ Lehrer: „Also Paulchen, nun paß mal gut auf. Deine ! Mutter kauft sich einen neuen Mantel für hundert Mark, eine j Tasche für fünfzig und einen neuen Hut für zwanzig Mark. . Was gibt das zusammen?"
> Paulchen: „Einen mächtigen Krach mit Papa!"
Rittmeister v. Braun ließ sich breit nieder; schlürfte an der Tasse, dann entfaltete er dks „Wochenblatt".
„Ich bin wie ein altes Weib", sagte er dazu, „ich lese die Zeitung zutrst von hinten. Also die Unglücksfälle: die Todesanzeigen und Konkurse, Verlobungen und Hochzeiten. Nun, jeder Oberbrunncr wird diese wuchtige Anzeige gelesen haben: Jakob Feldner, Gastwirt ,Zum Schwarzen Adler*, und Frau Melitta Barberini, geb. Tittilini, grüßen als Verlobte!"
Der Adlerwirt nahm jetzt eine befriedigte Miene an.
„Ich lasse jedes verlobte Paar leben!" fügte Herr v. Braun hinzu. „Auch die heimlich Verlobten!"
Frau Melitta neigte dankbar ihr Köpflein.
„Nun und dann blättere ich weiter in der Presse, die es sich angelegen sein läßt, nicht nur Berichte von Tatsachen zu bringen, sondern auch goldene Regeln für das Lebensverhalten aufzustellen: -aooo, auf Seite sechs!"
Der Rittmeister machte ein ernstes Gesicht, aber um seine Mundwinkel zuckte der Spott.
„Lebensweisheiten in Sprüchen: 13. Fortsetzung", las Herr v. Braun. „Ein wenig trocken. Darf ich lesen?" wandte er sich an Frau Melitta.
„Bitte!"
„Also: Eine junge Frau muß man nicht eher loben, bis man sie einmal überwintert hat. — Eine junge Frau ohne Scham, ein Acker ohne Sam', ein junger Geselle ohne Zucht, bringen selten gute Frucht!"
Jetzt sagte Dr. Schubert: „Alles sehr interessant, aber gehört dies hierher?"
Rittmeister v. Braun setzte sich etwas höher. „Die Gnädigste hat mich gebeten, zu lesen. Ich tue es daher: Eine junge Frau, weiches Brot und grünes Holz richten ein Haus zugrunde. — Eine schöne Frau briugt den gescheitesten Mann aus dem Text."
„Hören Sie jetzt schon auf mit diesem Blödsinn!" sagte der Ädlerwirt.
Herr Ferdinand hatte die ganze Zeit über kaum ein Wort gesprochen. Er sagte auch jetzt nicht mehr, als: „Herr v. Braun, lesen Sie noch das letzte Sprichwort, damit Schluß ist."
„Kommt schon: Ein alter Mann, der freit, ist nicht gescheit."
Aller Augen richteten sich auf den Adlerwirt. Der stieß den Stuhl zurück:
„Wie soll ich das auffassen, Herr v. Braun?"
Da reckte sich der Rittmeister in voller Höhe auf: „Ganz so, wie es gemeint ist!" Und sich gegen Feldner verbeugend:
„Ich absentiere mich bis auf weiteres. Ich geh nach Sonnberg!" Dann zu Dr. Schubert: „Ich versichere Sie meiner aufrichtigsten Wertschätzung!" Dann zu Herrn Ferdinand: „Ich fürchte... Pardon! Die normalen Beziehungen zu einer jungen Stiefmama regeln sich mit der Zeit von selbst!" und nun zu Magda: „Fräulein Magda, wenn ich Ihnen den Arm reichen darf...?"
Jetzt setzte die zweite der Dorfkapellen ein; mit nach- brummelndem Baß klang es vom Hauptplatz herüber: „Muß i denn, muß i denn ...?"
„Sie gehen wirklich, Herr v. Braun?" fragte der Adlerwirt. Der Ton seiner Stimme klang nicht ganz sicher.
„Sehr wohl!"
Der Rittmeister machte wortlos vor Frau Melitta noch eine Verbeugung. Dann wandte er sich an die Tochter.
„Fräulein Magda!"
Aber die sagte: „Gehen Sie nur, Rittmeister, ich komme bald nach. Aber ich muß noch hinausschreien, was in mir brennt. Ich bin noch nicht alt und kann nicht spöttelnde Worte machen. Gehen Sie doch auch, Dr. Schubert! Geh doch. Ferdinand! Allein will ich sein mit ihm und mit ihr! Allein!"
Die drei Männer entfernten sich langsam.
„So!" atmete Magda auf. „So!"
(Fortsetzung folgt.)