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Nr. 224

Montag, äen 25. September 1939 113. Jahrgang

Die Vernichtung der polnische« Armee

Stolzer Rechenschaftsbericht des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht Vorgeschichte und Verlauf des Feldzugs in Polen

Glänzendes Zusammenwirken aller Waffen

Berlin, 24. Sept.

Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:

Der Feldzug in Polen ist beendet. In einer zusammenhängen­de» Reihe von Vernichtungsschlachten, deren größte und entscheidendste die im Weichselbogen war, wurde das polnische Millionenheer geschlagen, gefangen oder zersprengt. Keine ein­zige der polnischen aktiven oder Reservedioisionen, keine ihrer selbständigen Brigaden usw. ist diesem Schicksal entgangen.

Nur Bruchteile einzelner Verbände konnten sich durch dis Flucht in die Sumpfgebiete Ostpolens der sofortigen Vernich­tung entziehen. Sie erliege» dort den sowjetrussische« Truppen.

Von der gesamten polnischen Wehrmacht kämpft zur Zeit nur mehr ein geringfügiger Rest auf hoffnungslosem Posten in Warschau, in Modlin und auf der Halbinsel Hela. Daß er das noch kann, verdankt er ausschließlich der gewollte» Schonung unserer Truppe» und unserer Rücksichtnahme aus die polnische Zivilbevölkerung.

Deutsche Voraussicht

Als sich seit dem Frühjahr 1939 die Anzeichen verstärkten, daß Polen, bauend auf die ihm zugesicherte fremde Hilfe, in der Verfolgung seiner weitgespannten nationalen Interessen auch einen Wafsengang mit dem Deutschen Reich nicht scheuen würde, wurden in sorgfältigen Prüfungen die rpahrscheinlichen Opera­tionsabsichten Polens zu klären versucht. Die aus der polnischen Literatur und aus der Tagesjournalistik gewonnenen Eindrücke gaben in Verbindung mit den unterdes bekanntgewordenen mili­tärischen Maßnahmen der polnischen Heeresleitung ein ungefäh­res Bild der Absichten der polnischen Führung.

In einer Reihe von Besprechungen des Führers mit den Oberbefehlshabern des Heeres, der Marine und der Luftwaffe, ihren Eeneralstabschefs und dem Chef des Oberkom­mandos der Wehrmacht wurden die sich daraus für die deutsche Wehrmacht ergebenden operativen Gedanken erörtert und geklärt.

Polnische Absichten

Schon die Verfolgung der allgemeinen und der wissenschaft­lichen Literatur Polens vermittelte ein Bild der Vorstellungen, das sich der polnische private und staatliche Chauvinismus über die künftige Entwicklung des polnischen Staates gemacht hatte. Publizistische Forderungen der Tagespresse sowie rednerische Ergüsse polnischer Militärs verstärkten diese Eindrücke. Der im Zuge der polnischen Mobilmachung in Erscheinung tretende Aufmarsch der polnischen Streitkräfte dürfte als letzte Bestätigung dieser Absichten gelten.

Die polnische Heeresleitung lebte in Unterschätzung der deut­schen Wehrkraft in dem Glauben, daß es ihr mit Rücksicht auf die Bindung starker deutscher Kräfte im Westen des Reiches gelingen würde, den Krieg im Osten zumindest in einem gewissen Ausmaß offensiv führen zu können. Der beherrschende Gedanke war, den Freistaat Danzig sofort zu besetzen, Ostpreußen von drei Seiten anzugreifen und als vom übrigen Reich abgeschnürte Insel einzunehmen.

Zu diesem Zweck fand folgende Kräftegruppierung statt: Eine polnische Armee im Raum nördlich von Warschau, ebenso befähigt, einen etwa drohenden deutschen Vormarsch aus Ost­preußen gegen Warschau zu hemmen, wie stark genug, den eigenen Angriff durchzuführen. Diese polnische Gruppe sollte rechts flankiert werden durch eine beachtliche Kräfteansammlung, die aus östlicher Richtung Ostpreußen bedrohen konnte, am linken Flügel durch eine sehr starke Armee im Korridor. Die Aufgabe der Korridorarmee war, den Freistaat Danzig zu besetzen, um dann auch von dieser Seite offensiv gegen Ost­preußen Vorgehen zu können. Um dieser Operation die not­wendige Rückendeckung zu geben, wurde im Raume von Posen die weitaus stärkste polnische Armee ausgestellt. Sie sollte im Falle eines deutschen Angriffes gegen den Korridor mit ihren überlegenen Kräften die Flanke dieses Angriffes bedrohen. Sie konnte aber ebenso der südwärts von ihr marschierenden schwächeren polnischen Armee jederzeit zu Hilfe eilen. Durch ihre Stärke und ihre zentrale Aufstellung im Raume um Posen bedrohte sie somit durch ihre bloße Existenz jede deutsche Angriffsoperation aus dem mittleren Oberschlesien und aus Pommern in der tiefen Flanke. Die polnische Südarmee im Raume KrakauLemberg war nach Auffassung der polnischen Heeresleitung stark genug, um die wichtigen Industriegebiete zu schützen. Sie konnte je nach dem Verlauf der Operation noch zu weiteren Einsätzen herangezogen werden, sei es zur direkten Hilfeleistung der anderen polnischen Armeen, sei es zum Angriff gegen das für Deutschland lebenswichtige oberschlesische Indu­striegebiet.

Ziel der deutschen Operationen

Das Ziel der deutschen Operationen war, die im großen Weichselbogen konzentrierte gewaltige polnische Armee umfas­

send anzugreisen, zu stellen und zu vernichten. Zu diesem Zweck wurden vom Oberbefehlshaber des Heeres Generaloberst von Brauchitsch (Chef des Eeneralstabes, General der Artil­lerie Halber) zwei Heeresgruppen gebildet:

a) Die Heeresgruppe Süd unter dem Befehl des General­oberst von Rundstedt, mit Generalleutnant von Mark­stein als Chef des Eeneralstabes.

b) Die Heeresgruppe Nord unter dem Befehl des General­oberst von Bock, mit Generalleutnant von Salmuth als Chef des Eeneralstabes.

Der Heeresgruppe Süd waren drei Armeen unterstellt: Die Armee des Generaloberst List, die Armee des Generals der Artillerie von Reichenau, und die Armee des Generals der Infanterie Vlaskowitz.

Der Heeresgruppe Nord waren unterstellt: Die Armee des Generals der Artillerie von Kluge, und die Armee des Generals der Artillerie von Küchler.

Ausgaben der beiden Heeresgruppen:

Der Auftrag der Heeresgruppe Süd war, mit der mittleren Armee des Generals von Reichenau aus dem Raum um Kreuzburg in nordöstlicher Richtung auf die Weichsel durch- znstotzen. Zur Abschirmung der rechten Flanke dieser Armee sollte die Armee des Generaloberst List aus Oberschlesien und am Nordrand der West-Beskiden in östlicher Richtung Vorgehen. Ihre Aufgabe war, die dort befindlichen polnischen Kräfte zu stellen, um sie dann mit den von Süd nach Nord aus dem,slowa­kischen Raum einbrechenden Verbänden zu umfassen und ihnen, wenn möglich, den Rückweg nach Osten zu verlegen. Zur Sicherung der linken Flanke des Generals von Reichenau sollte die Armee, des Generals Vlaskowitz aus dem Raum östlich

Mussolini zur j

Rom, 23. Sept. Anläßlich des Empfanges der führenden poli­tischen Leiter von Bologna im Palazzo Venezia hat Mussolini seit Monaten zum ersten Mal wieder in einer Rede zur Lage Stellung genommen.

Wir treffen uns hier", so erklärte der Duce im wesentlichen, zu einer stürmischen Zeit, die nicht nur die europäische Karte, sondern vielleicht die der Kontinente aufs Spiel setzt. Es ist nichts natürlicher, als daß diese gewaltigen Ereignisse und ihre Rückwirkungen in Italien auch bei uns eine starke innere Anteil­nahme ausgelöst haben."

Von den von freimaurerischer und jüdischer Seite verbreiteten verlogenen Berichten ausgehend, führte der Duce aus, das italie­nische Volk wisse, daß man den Steuermann, besonders wenn er auf stürmischer Fahrt ist, nicht stören noch jeden Augenblick von ihm Nachrichten über den Kurs verlangen dürfe.

Wenn ich einmal wieder auf dem Balkon erscheine", rief Mussolini,und das ganze italienische Volk zusammenrufen werde, um meine Stimme zu hören, wird das nicht geschehen, um ihm ein Bild der Lage zu entwerfen, sondern um ihm wie seinerzeit am 2. Oktober 1935 oder am 9. Mai 1936 Entscheidun­gen, und zwar Entscheidungen von geschichtlicher Tragweite, anzukündigen. Vorläufig ist dies nicht der Fall. Unsere Politik ist in der Erklärung vom 1. September festgelegt worden und es besteht kein Grund, sie abzuändern. Sie entspricht unseren nationalen Interessen, unseren politischen Vereinbarungen und Pakten und dem Wunsch aller Völker einschließlich des deutschen Volkes,.den Konflikt zumindest zu lokalisieren. Uebrigens befin­det sich Europa nach der Liquidierung Polens noch nicht tatsächlich im Kriege. Die Massen der Heere sind noch nicht aufeinandergeprallt. Man kann den Zusammen­stoß vermeiden, wenn man sich darüber Rechenschaft gibt, daß es eine sinnlose Illusion ist, Positionen aufrecht erhalten oder noch schlimmer wieder aufrichten zu wollen, die die Geschichte und der Dynamismus der Völker verurteilt haben. Die Regierungen von Paris und London haben gewiß nicht mit der klugen Ueberlegung, den Konflikt nicht ausdehnen zu wollen und auch nicht mit der russischenvollendeten Tatsache" gerechnet. Daraus ergibt sich aber, daß sie die moralische Recht­fertigung für die Rückgängigmachung der vollendeten deutschen Tatsache in Frage gestellt haben. In einer Lage, die wie die derzeitige voller Unbekannten ist, hat sich bei den Massen des echten italienischen Volkes spontan die Losung verbreitet: sich militärisch vordere um jeder Möglichkeit entgegentreten zu .können, jeden möglichen Friedensversuch unterstützen und Wach­stum und schweigsam arbeiten. Das muß so sein und ist der Stil des Faschismus."

Der Duce hat, wie die amtliche Meldung über seine Rede im Palazzo Venezia hinzufügt, mit klarer und fester Stimme gesprochen und seine Worte bei den wichtigsten Punkten und Stellen mit besonderem Nachdruck hervorgehoben. Nach meiner Rede, die oft durch stürmischen Beifall unterbrochen wurde, haben die faschistischen Leiter eine begeisterte Treuekundgebung für den Duce veranstaltet.

Breslau ebenfalls in allgemeiner Richtung auf Warschau gestaf­felt Vorgehen, um so den zu erwartenden Flankenstoß der pol­nischen Heeresgruppe aus dem Raum Posen aufzufangen und abzuwehren.

Der Auftrag der Heeresgruppe Nord war, mit der Armee des Generals der Artillerie von Kluge in kürzester Frist die Verbindung mit Ostpreußen herzustellen, den Weichselüber­gang zwischen Bromberg und Graudenz zu erzwingen und mit einer aus Ostpreußen gegen Graudenz angesetzten Gruppe dann in allgemein östlicher Richtung die Vereinigung mit dem Nord­flügel der Heeresgruppe Süd zu suchen. Die zweite Armee des Generaloberst von Bock unter dem Befehl des Generals der Artillerie von Küchler hatte den Auftrag, aus Ostpreußen über den Rarem und Bug östlich der Weichsel die Verbindung mit der Armee des Generals von Reichenau herzustellen, bzw. War­schau vom Oste» abzuriegeln.

Im Zuge der weiteren Operationen sollte versucht werden, polnische Streitkräfte, denen unter Umständen der Rückzug über die Weichsel doch gelingen würde, durch eine erweiterte große Umfassung hinter Sau und Bug abzufangen.

Hervorragende Leistungen

Alle aus dieser Anlage sich ergebenden Operationen nmrdle« von der Führung hervorragend gemeistert und von der Truppe glänzend gelöst. Das erste große Operationsziel, möglichst starke Teile des feindlichen Heeres westlich der Weichsel zur Schlacht zu stellen und zu vernichten, ist in einem geschichtlich einmaligen Ausmaß gelungen. Ja einer zusammenhängenden Schlachten­folge gelang es, das Schicksal des polnischen Heeres und damit das des ganzen Feldzuges praktisch bereits nach acht Tagen zu

(Fortsetzung siehe Seite 2)

olttischerr Lage

Stimmen zur Mussolini-Rede

Fortsetzung des Krieges geradezu sinnlos

i Rom, 24. Sept. Die Rede des Duce steht im Mittelpunkt der italienischen Presse. Ilebereinstimmend wird dabei der tiefe Widerhall und die Zustimmung unterstrichen, die die ebenso unmißverständlichen als verantwortungsbewußten Worte Mus­solinis in Deutschland und in den neutralen Staaten hervor­gerufen haben. Der Direktor des halbamtlichenEiornale d'Jtalia" schreibt:Am Scheidewege zwischen Krieg und Frie­den fordere Mussolini die Kriegführenden zur Selbstbesinnung auf, indem er die Widersprüche und die Widerstnnigkeit des bevorstehenden Konfliktes aufzeige. Das Polen von Versailles, um dessentwillen Großbritannien und Frankreich interveniert haben, existiere nicht mehr und werde niemals mehr auferstehen. Indem die Westmächte sich zwar mit Deutschland, aber nicht mit Rußland im Kriegszustand betrachteten, weil sie offenbar die Ausdehnung des Konfliktes auf Asien und deshalb auf eine für ihre imperialen Interessen besonders gefährliche Zone fürchteten, hätten sie jeden Vorwand verloren, um gegen Deutschland ins Feld zu ziehen.

Belgien zur Rede Mussolinis

Brüssel, 24. Sept. Die Sonntagsblätter geben die Rede Mus­solinis an hervorragender Stelle wieder. Ganz besonders werden die Aeußerungen Mussolinis unterstrichen, daß nach der Liqui­dierung Polens Europa sich nicht wirklich im Krieg befindet und daß ein Konflikt noch vermieden werden könne.Nation Beige" bringt die Ueberschrift:Mussolini verliert nicht die Hoffnung, den Zusammenstoß der bewaffneten Massen zu ver­meiden".

Amsterdam, 24. Sept. Die Rede Mussolinis findet in der hol­ländischen Presse starke Beachtung. Besonders hervorgehoben werden die Feststellungen des Duce, daß nach der Liquidierung Polens kein Grund zur Wetterführung des Krieges vorhanden sei und daß Europa sich noch nicht tatsächlich im Kriege befindet. Stark beachtet wird auch die Mahnung des Duce, daß die West­mächte sich besinnen sollten. Hervorgehoben wird ferner die Fest­stellung des Wunsches Italiens, den Konflikt zu lokalisieren bzw. beizulegen sowie der Ausdruck der ständigen italienischen Bereitschaft und Entschlossenheit, der aus den Worten des Ducs gesprochen habe.

DasHandelsblad" spricht dann von der Möglichkeit, daß, falls die Westmächte den Rat Mussolinis unbeachtet ließen, Ita­lien seinerseits den Zeitpunkt für gekommen erachten könnte, einzugreifen.

Beachtung der Rede Mussolinis in Neuyork

Neuyork, 24. Sept. Die Neuyorker Abendpresse berichtet in großer Aufmachung über dis Rede Mussolinis in Rom unter ganzseitigen Schlagzeilen wieDer Duce erklärt, die Zeit ist gekommen, Frieden zu schließen." Die Blätter heben besonders die Andeutung Mussolinis über die Möglichkeit der Ankündi­gung von Entscheidungen geschichtlicher Tragweite hervor.