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Nr. 218
Montag, äen 18. September 1939
113.Jahrgang
Schneller Bormarsch der russischen Truppen
Die Rote Armee besetzte Tarnopol, Baranoviee und andere Städte — Die polnische Regierung geflohen
Moskau, 17. Sept. Ln der Nacht vom Samstag auf Sonntag ist dem polnischen Botschafter in Moskau, Erzqbowski, eine Note der Sowjetregiernng überreicht worden, in der mitgeteilt wird, die Sowjetregierung sehe sich gezwungen, zur Wahrung ihrer eigenen Interessen und zum Schutze der weih- russischen und ukrainischen Minderheiten in Ostpolen ihren Truppen den Befehl zu erteilen, am Sonntag morgen um 6 Uhr Moskauer Zeit (4 Uhr MEZ.) die sowjetisch-polnische Grenze zu überschreiten. Der Vormarsch der sowjetischen Armee wird auf der ganzen Linie der Grenze von Polozk im Norden bis Kamenz- Podolsk im Süden gleichzeitig erfolgen.
Der Vormarsch der Sowjetarmee in Ost polen erfolgt unter gleichzeitiger voller Wahrung der Neutralität Sow- jctruhlands im gegenwärtigen Konflikt. Da der polnische Staat zur Zeit nicht mehr als existierend zu betrachten ist, kommen nach Ansicht der Sowjetregiernng die mit ihm früher abgeschlossenen Verträge in Fortfall.
Die Sowjetnote an die ausländischen Missionen
Blutsmätzig verwandte Ukrainer und Weihrussen der Willkür ausgeliefert — Sowjetregierung kann sich nicht weiter neutral zu diesen Tatsachen verhalten
Moskau, 17. Sept. Die Note der Sowjetregierung an die ausländischen Regierungen über den Einmarsch der Sowjettruppen in Ostpolen, die gleichlautend allen ausländischen Missionen in
Heeresbericht vom Samstag
Przemysl und Bialystok genommen — Der Ring bei Kutno ^ verengt — 8888 Gefangene und 128 Geschütze bei Warschau
Berlin, 16. Sept. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Die Südgruppe des deutschen Ostheeres trieb auch am 15. September die versprengten Teile der polnischen Südarmee vor sich her. Mit ihnen wird vor den Toren Lembergs und am Tanew bei Vilgoraj noch gekämpft. Przemysl wurde genommen. Weit ostwärts davon haben motorisierte Truppen Wlodzimierz erreicht.
Unter Einsatz neuer deutscher Kräfte wurde der Ring am die bei Kutno eingeschlossenen polnische Armee verstärkt und im Angriff verengt.
Nach Abwehr der feindlichen Durchbruchsversuche süd - ostwärts Warschaus brachten unsere Truppen dort 8VVÜ Gefangene und 128 Geschütze ein und stehen jetzt dicht um P r a g a.
Bialystok wurde genommen. Der Kampf um die Zitadelle von Brest ist noch im Gange.
Die Luftwaffe vereitelte den Versuch der letzten polnischen Transportbewegungen gegen die Ostgrenze.
Im Westen feindliche Artillerietätigkeit bei Saarbrücken. Oertliche feindliche Vorstöhe wurden unter erheblichen Verlusten für den Gegner abgewiesen.
Luftangriffe aus deutsches Reichsgebiet fanden nicht statt.
Heeresbericht vom Sonntag
12 888 Gefangene und 88 Geschütze bei Siedlce — Kutno und Deblin genommen — 111 Flugzeuge erbeutet — Truppen aus Nord und Süd vereinigen sich bei Wlodawa. — Sender Wilna und Baranowiecze zerstört
Berlin, 17. Sept. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Die SäuberungOstgaliziens schritt am 18. September weiter fort. Lemberg ist von drei Seiten umstellt, polnischen Kräften zwischen Lemberg und Przemysl der Rückzug nach Südosten verlegt. Nördlich der San-Mündung dringen unsere Truppen in Richtung Lublin weiter vor. Deblin wurde genommen. 188 »«zerstörte Flugzeuge fielen dort in unsere Hand. Bei Wlodawa südlich Brest haben sich die vordersten Aufklärungstruppen der aus Ostpreuhen und der aus Oberschlesien und der Slowakei angesetzten Armeen die Hand gereicht.
DieSchlachtvonKutno nimmt ihren planmähigen Verlauf. Von Westen her wurdeKutnogenomme«.
Moskau zuging, ist am Sonntag morgen auch dem deutschen Botschafter in Moskau zugestellt worden.
Die Note hat folgenden Wortlaut: *
„Herr Botschafter! Der polnisch-deutsche Krieg hat die innere Unhaltbarkeit des polnischen Staates erwiesen. Im Lause der zehntägigen Operationen hat Polen alle seine Industriegebiete und kulturellen Zentren verloren. Warschau als Residenzstadt Polens besteht nicht mehr. Die polnische Regierung ist zersägen und bekundet keinerlei Lebenszeichen. Das bedeutet, dah der polnische Staat und seine Regierung tatsächlich anfgehört haben, Zu existieren. Dadurch haben die Verträge ihre Gültigkeit verloren, die zwischen der Sowjetunion und Polen bestanden. Sich selbst überlassen und ohne Führung geblieben, hat sich Polen in ein bequemes Feld für jegliche Zufälle und lleberraschunge« verwandelt, die eine Bedrohung für die Sowjetunion schaffe« können. Infolgedessen kann die Sowjetregierung, die bisher neutral war, sich nicht weiter neutral zu diese« Tatsachen verhalten.
Die Sowjetregierung kan» sich auch nicht gleichgültig dazu verhalten, dah die mit ihr blutsmätzig verwandten Ukrainer und Weißrussen, die auf dem Territorium Polens leben und der Willkür des Schicksals ausgeliefert find, schutzlos bleiben.
Angesichts dieser Sachlage hat die Sowjetregierung das Oberkommando der Roten Armee angewiesen, den Truppen den Befehl zu erteilen, die Grenze zu überschreiten und das Leben und
die Bzura nach Norden überschritte«. Warschau ist eng umschlossen.
Um die Bevölkerung der polnischen Hauptstadt vor schwerstem Leid und Schrecken zu bewahren, hat die deutsche Wehrmacht den Versuch unternommen, durch einen Offizier den polnischen Militärbefehlshaber von Warschau zur Aufgabe seines zwecklosen Widerstandes in einer offenen Millionenstadt zu veranlassen. Der polnische Militär- besehlshaber in Warschau hat es abgelehnt, den deutschen Offizier z« empfangen.
Der Versuch abgesprengter polnischer Trappen, über Siedlce nach Südosten zu entkommen, endete mit -er Gefangennahme von 12 888 Mann. 88 Geschütze, 6 Panzerwagen und 11 Flugzeuge wurden außerdem erbeutet.
Bei weiter ungünstiger Wetterlage nahm die Luftwaffe ostwärts der Weichsel durch wiederholte Angriffe auf Truppenansammlungen und Marschkolonnen dem zurückflutenden Gegner die Möglichkeit, seine Verbünde zu ordnen. Die Rundfunksender Wilna und Baranowicze wurden durch Luftangriffe zerstört.
Im Westen erlitt der Feind bei einigen Stotztruppenunternehmungen in der Gegend von Zweibrücken erhebliche Verluste. Ein feindlicher Fesselballon wurde abgeschossen. Luftangriffe auf das Reichsgebiet fanden nicht statt.
Das rasche voräringen äer Russen
DNB. Moskau, 17. Sept. Die erste sowjetamtliche Verlautbarung über die Operationen der Roten Armee in Ostpolen wird soeben bekanntgegeben.
Darin heißt es, daß am Morgen des 17. September die sowjetischen Truppen die sowjetisch-polnische Grenze in deren gesamten Verlaus von der Duna im Norden bis zum Dnjestr im Süden überschritten haben. Nach Ueberwältigung des schwache» Widerstandes polnischer Vorposten wurden im Norde« die Ortschaften Glebockie, Molodeczno und andere besetzt. Zn Richtung auf Baranowice wurde der Njemenflutz überschritten und die Ortschaften Mir u. Snow, sowie der wichtige Eisenbahnknotenpunkt Baranowice besetzt. In der Westukraine wurde der Vormarsch der Sowjetarmee in bemerkenswertem Tempo durchgeführt: Die Städte Rowno, Dubno, Tarnopol und Kolomea sind bereits in russischer Hand. Durch den Vorstoß auf Kolomea ist die Grenze zwischen Polen und Rumänien von den Sowjettruppen bereits zum größten Teil abgeschnitten. Bon den sowjetischen Luststreit- kräften wurden ferner sieben polnische Flieger und drei polnische Bombenflugzeuge abgeschossen.
Das Wilna-Gebiet will wieder zu Litauen
DNB. Königsberg, 18. Sept. Wie aus Wilna gemeldet wird, haben sich verschiedene litauische und polnische Organisationen an die litauische Regierung gewandt mit der Bitte, das Wilnaer Gebiet in den litauischen Staatsverband aufzuuehmeu.
Eigentum der Bevölkerung der westliche« Ukraine und des westlichen Weißrußland unter ihre» Schuß zu nehmen.
Gleichzeitig beabsichtigt die Sowjetregiernng, alle Maßnahmen zu treffen, um das polnische Volk aus dem unglückseligen Krieg herauszuführe«, in de« es durch seine uaveraüuftigen Führer gestürzt wurde, und ihm die Möglichkeit W geben, ei« friedliches Leben wieder aufzunehmen.
Empfangen Sie, Herr Botschafter, die Versicherung usw."
In dem Begleitschreiben des Autzenkommissars Molotow an die hiesigen Missionen wird darauf hingewiesen, daß die Sowjetunion eine Politik der Neutralität in den Beziehungen zu den betreffenden Staaten durchführen werde.
Ansprache Molotorvs über «Me SouH^» fender
Moskau, 17. Sept. Am Sonntag vormittag hielt der sowiet- russische Regierungschef und Außenkommissar Molotow eins über sämtliche sowjetischen Sender verbreitere Rundfunkansprache, in der er den erfolgten Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen der Oeffentlichkeit bekanntgab.
Nach einer kurzen Schilderung der durch den raschen Vormarsch der deutschen Truppen in Osteuropa entstandenen neuen Lage und des eingetretenen Bankerotts des bisherigen polnischen Staatsgebildes sagte der Außenkommissar, die letzte Phase des Zusammenbruchs Polens habe einen für die Sowjetunion als Nachbarstaat Polens in zunehmendem Maße bedrohlichen Charakter angenommen Trotzdem sei die Sowjetunion bis zur letzten Stunde neutral geblieben, aber sie könne der Entwicklung nunmehr nicht weiter tatenlos zusehen. Außerdem könne niemand von der Moskauer Regierung verlangen, daß sie dem Schicksal der unterdrückten und von den Polen entrechteten weißrusstschen und ukrainischen Bevölkerung Ostpolens gleichgültig gegenüberstehe. Die Moskauer Regierung halte es vielmehr für ihre heilige Pflicht, der stammes- und blutsverwandten Bevölkerung der Westukraine uud des westlichen Weißrußland ihre brüderliche Hand zur Hilfe zu reichen.
In Anbetracht dessen habe die Sowjetregierung der polnischen Botschaft in Moskau eine Note überreichen lasse«, worin mitgeteilt wird, daß das Oberkommando der Roten Armee ange wiesen wurde, den sowjetrussischen Truppen de» Befehl zu erteilen, die bisherige sowjetrussisch-poknische Grenze zu überschreiten, um Leben und Eigentum der Bevölkerung der Westukraine und des westlichen Weißrußland unter ihren Schutz zu nehmen. Die Sowjetregierung wäre zudem immer bereit, dem polnischen Volk zu helfen, der furchtbaren Katastrophe zu entrinnen, in die es durch die abenteuerliche und gewissenlose Pol i ti k seiner Regierung geraten sei.
Die der polnischen Botschaft bereits übermittelte Note werde gleichzeitig allen Regierungen zur Kenntnis gebracht, mit denen die Sowjetunion diplomatische Beziehungen unterhält, mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, daß die Sowjetunion gesonnen sei, gegenüber allen diesen Staaten auch weiterhin ihre Politik der Neutralität aufrechtzuerhalten.
Die Rote Armee, so fuhr Molotow fort, stehe jetzt vor einer ehrenvollen Aufgabe. Die Sowjetregierung sei gewiß, daß ihre Truppen diese Aufgabe in voller Disziplin und entsprechend ihrer ruhmvollen Tradition bewältigen werden. Die Bevölkerung der Sowjetunion werde aufgefordert, die Armee bei dieser