2. Seite Nr. 218

Nagolder TagblattDer Gesellschafter'

Montag, den 18. September 193g

Ausgabe durch ehrliche und aufopfernde Arbeit jedes Einzelnen zu unterstützen. Die Regierung beabsichtige nicht, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln oder anderen Waren Be­schränkungen zu unterwerfen, selbst in dem Falle, wenn die Operationen des Heeres sich längere Zeit hinziehen sollten. Die Regierung denke nicht daran, zur Einführung des Kartensystems aus Lebensmittel oder andere Waren zu schreiten, da die Sowjet­union mit allem Notwendigen ausreichend versorgt sei. Die Mnze Bevölkerung der Sowjetunion siehe, so schloß Molotow, in dieser Stunde hinter der Regierung und könne neuen, noch nie dagewesenen Erfolgen auf dem Gebiete des friedlichen Auf­baues ihrer Industrie und Landwirtschaft entgegensetzen, sowie neuen Ruhmestaten der Roten Armee an den Fronten des Kampfes.

Testung Brest-Lttowsk gefallen

Auch die Zitadelle eingenommen

Berlin, 17. Sept. Die Zitadelle von Vrest-Litowsk wurde eingenommen. Damit ist die Festung Brest-Litowsk in deutscher Hand. Bei Wegnahme der Zitadelle wurde» 609 Gefangene ge­macht.

Erfolgreicher Handelskrieg auf den Meeren

Kriegsmarine gegen restliche polnische Widerstandsnester bei Hela

Berlin, 17. Sept. Die Kriegsmarine führte in Ost- uns Nordsee und im Atlantik den Handelskrieg erfolgreich fort.

I« der Ostsee griffen Seestreitträfte mit ihrer Artillerie in den Kampf gegen die letzten noch Widerstand leistende« pol­nischen Truppen bei Gdingen und Hela ei».

Deutsches U-Boot schießt zwei englische Flieger ab

Berlin, 17. Sept. (OKW.) Wie ein im Handelskrieg an­gesetztes ll-Boot meldet, hat es am 1t. September während der gemäß Priscnordnung vorgenommeneu Untersuchung des eng­lischen DampfersFanadhead" zwei angreifende Flugzeuge des englischen FlugzeugträgersArt Royal" zum Absturz gebracht und die lleberlebenden (zwei Offiziere) der abgeschossenen Flug­zeuge gerettet.

Polnische Regierung flüchtet nach

Bukarest, 17. Sept. Am Sonntag um 19.30 Uhr osteuro­päischer Zeit find der polnische Staatspräsident und die gesamte polnische Regierung, soweit sie sich noch in Polen befandeu, aus de« polnischen Grenzort Kuty über die Flutzbrücke aus rumäni­sche» Gebiet Lbergetreten. Sie halten sich vorläufig in Wischnicz, gegenüber von Knty, auf.

Rumänien wahrt seine Neutralität

Bukarest, 17. Sept. Wie der Vertreter des DRV. von maß­geblicher Seite erfährt, wird der Einmarsch der russischen Trup­pen in Polen keine Reaktion in Rumänien auslösen. Rumänien ist zwar mit Polen durch einen Beistands- und Militär­pak t v e r b u n d e n, der bei einem sowjetrusstschen Angriff auf Polen in Kraft treten soll. Rumänien vermag aber nach Kennt­nisnahme der russischen Begründung aus dem unter voller Wah­rung der russischen Neutralität erfolgten Einmarsch in Palen keinerlei Angriffshandlungen abzuleiten. Ferner liegt kein Ab­zeichen dafür vor, daß Polen gegen den russischen Einmarsch Widerstand leistet. Eine polnische Regierung be­stehe de facto nicht mehr. Unter diesen Umständen bleibt Rumänien bei der bisher verfolgten Politik der strikten Neu­tralität.

Einschreiten der rumänischen Regierung

DiplomatischeAssflüge" nach Pole»

Bukarest, 17. Sept. Da die in Polen akkreditierten Diploma­ten es vorgezogen haben, ihren ständigen Aufenthalt in Lzerno- witz zu nehmen und nur noch täglich für eiste knappe Stunde die Reste des polnischen Außenministeriums in Zaleszczyki zu be­suchen, hat die rumänische Regierung hierin eine Verletzung ihrer Neutralität erblickt und Maßnahmen getroffen, um diese diplo­matische Tätigkeit zu unterbinden. Es wurde den betreffenden ausländischen Diplomaten anheimgestellt, ihren Aufenthalt als Privatpersonen in Rumänien zu nehmen, sich aber in diesem Falle jeder weiteren Tätigkeit zu enthalten und die Ausflüge über die Grenze zu unterlassen.

WarschauzurNebergabeaufgefordert

Millionen von Flugblättern über Warschau abgeworfen

Berlin, 17. Sept. Um Leib und Leben der Zivilbevölkerung in Warschau zu schonen, hat die deutsche Wehrmacht am Samstag 8 Uhr einen deutschen Offizier als Parlamentär nach Warschau entsandt, um die Stadt zur kampflosen Uebergabe aufzufordern und dadurch unabsehbares Blutvergießen zu ver­hindern. Der deutsche Parlamentär ist um 8.30 Uhr beim Stab eines polnischen Infanterie-Regiments eintroffen und verlangte, zum Kommandanten vou Warschau geführt zu werden, um diese schriftliche Aufforderung des Kommandierenden deutschen Gene­rals zu überbringen. Dieses Verlangen wurde von dem Köl­nischen Kommandeur au den Kommandanten von Warschau wei­tergeleitet. Nach 1)4 ständigem Warten erhielt der deutsche Par­lamentär die Antwort, daß sich der Warschauer Stadt­kommandant weigere, ihn auch nur zu empfan­gen. Auf das Verlangen des deutschen Offiziers, die schriftliche Botschaft dem Warschauer Stadtkommandanten aus irgend eine andere Weise zu übermitteln, wurde auch dies abgelehnt. >

Da der Befehlshaber der deutschen Truppen vor Warschau annehmen mußte, daß die polnische ZivilbevAkerung von diesen Tatsachen keinerlei Kenntnis erhalten würde, hat das Ober­kommando der Wehrmacht in Uebereinstimmumg mit ihrem Wunsche, Frauen und Kinder zu schonen, am Samstag nachmit­tag 15.10 Uhr durch mehrere Flugstaffeln der deutschen Luftwaffe Millionen Exemplare von Flugblättern über Warschau abwerfen lasten.

Das Flugblatt hat folgenden Wortlaut:

An die Bevölkerung von Warschau!

Eure Regierung hat die Stadt zum Kriegsgebiet gemacht und des Charakters einer offenen Stadt entkleidet. Eure militärische Leitung hat nicht nur mit schwerer Artillerie hineinschietzeu lassen, sondern sie hat euch aufgefordert, in jeder Straße Barri­kaden zu errichten und den deutschen Tuppen heftigsten Wider­stand zu leisten. Durch die Aufforderung, daß auch die Zivil­bevölkerung mit den Waffen in der Hand den deutschen Truppen Widerstand zu leisten hat und damit Franktireurkrieg führt, hat

!

Di« Aebergabe von Gdingen

Der Stadtpräsident von Gdingen übergibt die Stadt dem deut­schen General.

(Associat. Preß. Zander-Multipl.K.)

MM

eure Regierung das Völkerrecht gebrochen. Da diesem Ausruf . von einem Teil der Warschauer Bevölkerung Folge geleistet war- z den ist, wurde Warschau Kampfgebiet. Trotzdem wurden bisher ge- ! mäß dem Befehl des Führers nur Stadtteile von militärischer ^ Bedeutung, die Bahnhöfe, Flugplätze, Kasernen und Durch- marschstrahen sowie Stadtteile mit militärischen Anlagen mit ! Bomben beworfen. Es wird nunmehr folgende Aufforderung an den Militärbefehlshabe» in Warschau gerichter: >

1. Die Stadt ist mit allen Teilen innerhalb zwölf Stunden !

den deutschen Truppen, welche Warschau umzingelt halten, zur ! kampflosen Besetzung zu übergeben. !

2. Die polnischen Truppen in Warschau haben sich in der glei- !

chen Zeit den deutschen Militärbefehlshabern zu ergeben. !

3. Falls der Aufforderung Folge geleistet wird, ist dem näch- ! sten deutschen Militärbefehlshaber die Uebergabe anzuzeigen. >

4. Sollte der Aufforderung nicht Folg« geleistet werden, so hat die Zivilbevölkerung zwölf Stunden Zeit, das Stadtgebiet ^ auf den Straßen nach Siedlce und nach Garwolin zu verlassen, j Nach Ablauf dieser zwölf Stunden wird in diesem Falle das ge­samte Stadtgebiet Warschaus als Kampfgebiet mit allen sich daraus ergebenden Folgen behandelt.

Nach diesem Flugblatt-Abwurf hat nunmehr die Zi­vilbevölkerung die Möglichkeit, die Stadt unversehrt zu räumen. Diese Aufforderung gilt gleichzeitig als letzte Warnung an den militärischen Befehlshaber in Warschau.

Warschau bittet um Annahme eines Parlamentärs

Berlin, 17. Sept. Nachdem der Kommandant von Warschau es bekanntlich noch am Samstag abgelehnt hatte, einen in die Stadt gesandte« deutschen Parlamentär zu empfangen, hat er am Sonntag dnrch Funkspruch an das Oberkommando des deut­sche« Heeres um Annahme eines polnischen Parlamentärs gebeten.

Bon deutscher Seite wurde daraufhin dem Kommandanten vou Warscha» die Bereitwilligkeit, einen polnische« Parlamentär anzunehmen, übermittelt.

ArrgriffsKbfichten Englands gegen Holland?

Absonderliche Andeutung in London

Brüssel, 17. Sept Das führende flämische VlattStan- daard" weist auf einen besonders unverschämten Leitartikel derTimes" über die belgische Neutralität hin. Er enthalte, sagt Standaard", einige sonderbare Aeußerungen, die, wie das Blatt durchblicken läßt, auf etwaige Angriffsabsichten Englands gegen Holland schließen lassen. In demTimes"-Artikel werde u. a. begrüßt, daß Belgien und Holland kein Militärbündnis ab­geschlossen hätten, und es werde gesagt, daß wenn eines der bei­den Länder angegriffen würde, das andere dem Konflikt fsrn- bleiben könne. Der militärische Mitarbeiter derTimes" schreibt ferner, daß Belgien mit einer möglichen Verletzung des hollän­dischen Gebietes rechnen müsse. DerStandaard" schreibt dann folgendes:Nach derTimes" ist es gut, daß Belgien neutral ist. Es ist gut, daß Belgien und Holland kein Bündnis ab-

gc chlossen haben. Belgien wird seine Nordgren;e verstärken müstcn im Hinblick aus einen Einfall in Holland. Wir überlassen es der Spitzfindigkeit des Lesers, herauszufinden, welches die Bddeutung dieser Betrachtungen derTimes" ist. Das englische Jnsormationsmimsterium verbreitet einen Bericht, wonach Eng­land jederzeit und unter allen Umständen die Neutralität Bel­giens achten werde, aber auch bedingungslos die Politik voll­ständiger Neutralität und Unabhängigkeit Belgiens gutyciße. Die Mitteilung schließt sich an die Betrachtung derTimes", daß cs aut sein würde, daß Belgien den Holländern nicht helfen würde, wenn sie angegriffen würden und umgekehrt.

Man fragt sich beim Lesen des Artikels derTimes" unwill­kürlich: Wo will das Blatt hinaus? Muß man hieraus den Eindruck gewinnen, daß der Schreiber des Artikels mit einer Verletzung der holländischen Neutralität rechnet? Die Lektüre des Artikels erweckt auf jeden Fall ein ziemlich unbehagliches Gefühl."

Warnung vor der englischen Agitation

Nestyork, 16. Sept. In einer Rundfunkansprache warnte Oberst Lindbergh das amerikanische Volk vor einer Verwicklung der Vereinigten Staaten von Amerika in den Krieg in Europa. Amerikas Sicherheit, so führte er aus, liege nicht in einer Beteiligung an den überlieferten Konflikten der europäischen Nationen, sondern in der inneren Haltung des amerikanischen Volkes. Wenn Amerika in Europa für die Demo­kratie kämpfe, so laufe es Gefahr, die eigene Demokratie zu ver­lieren.Wir dürfen uns nicht durch die fremde Propaganda irresühren lasten, die da behauptet, unsere Grenzen lägen in Europa", so erklärte Lindbergh,ein Blick auf die Landkarte zeigt klar, wo Amerikas wahre Grenzen liegen. Der Ozean ist selbst für eine moderne Luftmacht ein erhebliches Hindernis."

Amerika stehe jetzt vor der Entscheidung, sich entweder von den europäischen Fragen völlig fernzuhalten oder aber dauernd und dann energisch sich an ihrer Lösung zu betei­ligen. In letzterem Falle aber würden etliche Tausende von Flugzeugen und Kanonen zu einem Siege nicht ausreichen. Auch müßten dann Millionen aus der besten amerikanischen Jugend geopfert werden. Gerade zur Zeit des Europakrieges habe Amerika eine Friedensaufgabe.

Deutlich genug spielte Lindbergh auf dis deutschfeindliche Agitation in Amerika an, als er am Schluß seiner Ansprache vor derheimtückischen Propaganda" warnte, die versuche, das amerikanische Volk zu einem Kurs zu verleiten, den die heutige und noch die kommende Generation bezahlen müßte.

Die Rede Lindberghs findet in ganz Amerika starke Beach­tung, da der Ozeanbezwinger kein Berufspolitiker ist, selten im Rundfunk das Wort nimmt und in Fragen der Landesverteidi­gung als eine Autorität gilt.New-Pork Herald Tribüne" schreibt unter dem ersten Eindruck der Ansprache, Lindberghs Appell könne aus die geplante Aufhebung des Kriegsmaterial­ausfuhrverbotes eine starke Wirkung haben.

GowjetruMch-japanisches Abkommen

Der Grenzkonflikt im Fernen Osten beigelegt

Moskau, 16. Sept. Wie eine amtliche Verlautbarung bestä­tigt. ist am Freitag von dem sowjetrusstschen Außenkommissar Molotow- und dem japanischen Botschafter in Moskau, Togo, ein Abkommen unterzeichnet worden, das dem heftigen und mehrere Monate lang andauernden Erenzkonflitt an der Grenze zwischen Ser Aeußeren Mongolei und Mandschukuo ein Ende setzt.

Das Abkommen hat folgenden Wortlaut:Im Ergebnis der in den letzten Tagen stattgefundenen Besprechungen zwischen dem japanischen Botschafter in Moskau, Togo, und dem Außen­kommissar Molotow, sind beide Seiten, das heißt die japanisch­mandschurische und die sowjetrusstsch-mongolische, zu folgender Vereinbarung gekommen:

1. Die japanisch-mandschurischen Truppen und die sowjetisch­mongolischen Truppen stellen am 16. September um 2 Ilhr nach Moskauer Zeit jegliche Kriegshandlungen ein

2. Die japanisch-mandschurischen Truppen und die sowjetisch­mongolischen Truppen bleiben auf den von ihnen am 15. Sep­tember um 13 Uhr nach Moskauer Zeit eingenommenen Linien.

3. Vertreter der Truppen beider Seiten schreiten an Ort und Stelle unverzüglich zur Ausführung der Punkte 1 und 2 des gegenwärtigen Abkommens.

4. Die Gefangenen und Toten beider Seiten werden aus­getauscht, was die Vertreter der Truppen beider Seiten an Ort und Stelle unverzüglich vereinbaren und sofort zur Ausführung bringen.

Außerdem wurde in den Besprechungen zwischen Togo und Molotow eine Vereinbarung darüber erzielt, daß zum Zwecke

der Festlegung der Grenzen zwischen der Aeußeren Mongole: und Mandschukuo im Gebiete des kürzlichen Konfliktes sobald wie möglich eine Kommission gebildet wird aus zwei Vertretern der sowjetisch-mongolischen Seite und zwei Vertretern der japanisch-mandschurischen Seite. Dir Kommission wird ihre Arbeit sofort nach ihrer Bildung aufnehmen."

Die gleichzeitig amtlich mitgeteilte Ernenuuug des bisherigen sowjetrussische« Geschäftsträgers in Tokio, Smetani«, zum Bot­schafter der Sowjetunion in Japan wird als weiteres Anzeichen dafür angesehen, daß der sowjetrussisch-japanische Ausgleich vom guten Willen beider Seiten getragen ist, und daß ihm die Bedeutung einer dauernden Verständigung znkommt.

Die Kämpfe an der Grenze zwischen der Aeußeren Mongolei und Mandschukuo hatten sich seit Juli d. I. fast ununterbrochen in der Gegend des Vuir-Nor-Sees abgespielt und hatten auf beiden Seiten eine große Anzahl von Opfern gefordert. Von umso größerer Bedeutung ist die jetzt erfolgte Beilegung dieses schweren Konfliktes, die die Bahn freilegeu dürfte, für eine noÄ umfassendere Verständigung zwischen Moskau und Tokio.

Protest gegen Hungerblockade

Verletzung feierlicher Zuficherung durch England und Polen

Berlin, 17. Sept. Amtlich wird mitgeteilt: Die französische und die britische Regierung haben bei Abbruch ihrer Beziehungen zu Deutschland eine gemeinsame Erklärung über die von ihnen beabsichtigten Methoden der Kriegführung veröffent­licht und der Reichsregierung zur Kenntnis gebracht. Die fran­zösische Regierung hat dabei um eine Antwort der Reicbsreaie-